Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.11.2020, Az. 28 W (pat) 520/20

28. Senat | REWIS RS 2020, 292

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – „leckerlogisch/LECKER/LECKER Bakery (Wort-Bildmarke)/LECKER (Wort-Bildmarke)“ – unzulässige Nichtbenutzungseinrede - teilweise identische Waren und Dienstleistungen, teilweise Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit - keine klangliche, bildliche und begriffliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2016 227 708

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 23. November 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Am 30. September 2016 ist die Wortmarke 30 2016 227 708

2

leckerlogisch

3

angemeldet und am 25. November 2016 für nachfolgende Dienstleistungen in das Markenregister eingetragen worden:

4

[X.]: Ausbildung, Erziehung; Betrieb eines Kindergartens [Erziehung oder Unterhaltung]; Betrieb eines Sommercamps [Unterhaltung und Erziehung]; Bildung, Erziehung und Unterricht; Bildung, Erziehung, Unterhaltung und Sport; Dienstleistungen von Kindergärten [Erziehung]; Durchführung von Konferenzen zu Erziehungsfragen; Erteilen von Auskünften in Erziehungs- und Ausbildungsfragen; Erziehung im Hinblick auf die körperliche Gesundheit; Erziehung in Bezug auf das Bewegungsbewusstsein; Erziehung in Bezug auf Umweltschutz; Erziehung und Unterricht; Erziehung und Unterricht für Kinder; Erziehung, Ausbildung; Erziehungs- und Unterrichtsdienstleistungen; Organisation von Wettbewerben [Erziehung oder Unterhaltung]; Sportliche Erziehung; Veranstaltung von Wettbewerben [Erziehung und Unterhaltung]; Wettbewerbsveranstaltung [Erziehung oder Unterhaltung]; Zurverfügungstellen von Ausbildung, Unterricht und Erziehung

5

[X.]: Beratungsleistungen in Bezug auf Catering von Speisen und Getränken; Büro-Catering für die Verpflegung mit Kaffee; Catering; Catering für Lieferung von europäischer Küche; Catering von Speisen und Getränken für Institutionen; Catering von Speisen und Getränken für Messe- und Ausstellungsgelände; Catering von Speisen und Getränken in Ausstellungsräumen; Catering von Speisen und Getränken in Konferenzeinrichtungen; Catering zur Bereitstellung von Nahrungsmitteln; [X.]; [X.] für firmeneigene Cafeterias; [X.] für Konferenzzentren; [X.] für Lehranstalten; [X.] für Schulen; [X.] für Unternehmen; Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Gästebetreuung [Verpflegung von Gästen]; Mobiles Catering; Verpflegung von Gästen; Verpflegung von Gästen mit Nahrungsmitteln und Getränken für wohltätige Zwecke; Verpflegung von Gästen mit Speisen und Getränken.

6

Gegen diese Eintragung hat die Beschwerdeführerin am 29. März 2017 Widerspruch eingelegt aus den folgenden drei Schutzrechten:

7

1. Wortmarke 30 2008 051 300

8

[X.]

9

Sie ist eingetragen für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42, in den Klassen 16 und 41, auf die der Widerspruch gestützt wird, für folgende Waren und Dienstleistungen:

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten), insbesondere Papierservietten, Papiertaschentücher, Toilettenpapier, Haushaltspapier, Papierhandtücher; [X.], insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Kataloge und Prospekte; Buchbinderartikel; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Schreibwaren; Plakate; Abziehbilder; Sammelkarten [Papierwaren]; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Drucklettern; Druckstöcke

[X.]: Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung sowie Unterhaltung über das [X.]; Beratung und Auskünfte über Unterhaltung, auch im [X.]; Durchführung von Spielen im [X.]; Filmproduktion, [X.], [X.]; Produktion von Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunksendungen; Erstellen von Texten (ausgenommen für Werbezwecke), insbesondere für Video- und Teletextprogramme; Filmvermietung [Filmverleih]; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.] (ausgenommen für Werbezwecke), insbesondere von Zeitschriften, Zeitungen, Büchern; Erziehung; Ausbildung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

2. Wort-/Bildmarke zu 30 2016 010 063

Abbildung

Sie ist eingetragen für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42, in den Klassen 16 und 41, auf die der Widerspruch gestützt wird, für folgende Waren und Dienstleistungen:

Klasse 16: Papier, Pappe [Karton] und Waren aus diesen Materialien [soweit in Klasse 16 enthalten], nämlich Papierservietten, Papiertaschentücher, Toilettenpapier, Haushaltspapier und Papierhandtücher; Plakate aus Papier; Fahnen aus Papier; [X.], insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Kataloge und Prospekte; Buchbinderartikel; Fotografien; [Abzüge]; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate]; Schreibwaren; Plakate; Abziehbilder; Sammelkarten [Papierwaren]; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen; Büroartikel [ausgenommen Möbel]; Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus Papier, Pappe oder Kunststoff; Drucklettern; Druckstöcke

[X.]: Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung sowie Unterhaltung über das [X.]; Unterhaltung mittels digitaler Daten, diese bereitgestellt über Datennetze, insbesondere mittels digitalen Herunterladens, digitalen Streamings, [X.]; Durchführung von Spielen im [X.]; Beratung und Auskünfte über Unterhaltung, auch im [X.]; Filmproduktion, ausgenommen [X.], [X.], [X.]; Produktion von Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunksendungen, auch zur Bereitstellung über eine digitale Plattform; Erstellen von Texten [ausgenommen für Werbezwecke], insbesondere für Video- und Teletextprogramme; Filmvermietung [Filmverleih]; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.] [ausgenommen für Werbezwecke], insbesondere von Zeitschriften, Zeitungen, Büchern [auch in elektronischer Form]; Verlags- und Berichtswesen; Erziehung; Ausbildung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

3. Wort-/Bildmarke zu 30 2016 007 677

Abbildung

Sie ist eingetragen für Waren und Dienstleistungen der Klasse 5, 8, 9, 11, 14, 16, 18, 20 - 22, 24, 25, 29 - 33, 35, 38, 39, 41 - 43, in den Klassen 16, 41 und 43, auf die der Widerspruch gestützt wird, für folgende Waren und Dienstleistungen:

Klasse 16: Papier und Pappe; Dekorations- und Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen; Büroartikel [ausgenommen Möbel]; Filtermaterial aus Papier; Taschen, Beutel und Waren für Verpackungs-, Einpack- und Ablagezwecke aus Papier, Pappe oder Kunststoff; Papier- und Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate]; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; [X.]; [X.]; [X.], insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Kataloge, Prospekte, Magazine, Plakate, Poster; Abziehbilder; Sammelkarten [Papierwaren]; [X.], nämlich Aufbewahrungsbehältnisse aus Pappe für Zeitschriften und Druckerzeugnisse; Buchbindeartikel; Fotografien; Schreibwaren; Drucklettern; Druckstöcke; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten

[X.]: Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung sowie Unterhaltung über das [X.]; Unterhaltung mittels digitalen Daten, diese bereitgestellt über Datennetze, insbesondere mittels digitalen Herunterladens, digitalen Streamings, [X.]; Durchführung von Spielen im [X.]; Beratung und Auskünfte über Unterhaltung, auch im [X.]; Filmproduktion, ausgenommen [X.], [X.], [X.]; Produktion von Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunksendungen, auch zur Bereitstellung über eine digitale Plattform; Erstellen von Texten [ausgenommen für Werbezwecke], insbesondere für Video- und Teletextprogramme; Filmvermietung [Filmverleih]; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.] [ausgenommen für Werbezwecke], insbesondere von Zeitschriften, Zeitungen, Büchern [auch in elektronischer Form]; Verlags- und Berichtswesen; Erziehung; Ausbildung; sportliche und kulturelle Aktivitäten

[X.]: Vorübergehende Beherbergung von Gästen; Verpflegung von Gästen; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.

Mit Beschluss vom 31. August 2018 hat das [X.], Markenstelle für [X.], die Widersprüche zurückgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die von der Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 16. Juni 2017 erhobene Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Benutzung der [X.] sei unzulässig, da die fünfjährigen Benutzungsschonfristen zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede noch nicht abgelaufen seien.

Ausgehend von einer jeweils durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der [X.] bestehe aufgrund der Unähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken auch dann keine Verwechslungsgefahr, wenn identische Waren und Dienstleistungen verfahrensgegenständlich seien. Deshalb komme es auf die Frage der Identität/Ähnlichkeit der relevanten Waren und Dienstleistungen der [X.] nicht an.

Zur Begründung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1) verweist die Markenstelle auf den Schriftsatz der Widersprechenden vom 14. September 2017, in dem diese auf die Bekanntheit der unter der Marke angebotenen Waren und Dienstleistungen eingegangen sei. Dabei handele es sich offenbar ganz überwiegend um informationstragende, inhaltsbestimmte Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41, auf die sich der Widerspruch stütze. Dafür könne aber ein beschreibender Anklang nicht in Abrede gestellt werden. Das Adjektiv "lecker" stehe für besonders wohlschmeckend (aussehend, erscheinend), vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/lecker. Schließlich befassten sich die den Widerspruch begründenden Produkte mit dem Thema Essen, für das das Adjektiv "lecker" zumindest eine positiv-sachbezogene Erwartung wecke. Für den Verkehr liege es nahe, dass die so gekennzeichneten Informationsmedien sich vorrangig mit wohlschmeckendem Essen befassten.

Auch die Widerspruchsmarke zu 2) hält die Markenstelle für durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Zwar handele es sich hier nicht um eine Wortmarke, aber das Wort [X.] werde zuerst erkannt und durch "[X.]" weiter dahingehend konkretisiert, dass sich die relevanten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 thematisch vorrangig mit Backwaren befassten.

Zur Begründung der von ihr angenommenen durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 3) führt die Markenstelle aus, zwar habe der Bestandteil "[X.]" die Bedeutung besonders wohlschmeckend (aussehend, erscheinend) und könne damit werblich auf die Thematik der Produkte und Tätigkeiten in den Klassen 16 und 41 sowie eines Teils des Angebots in [X.] (Verpflegung) hinweisen. Aus der Kennzeichnungsschwäche eines [X.] könne jedoch nicht ohne weiteres auf die allein maßgebende Kennzeichnungskraft der Gesamtbezeichnung geschlossen werden, die Marke insgesamt weise eine prägnante Graphik auf.

Den danach gebotenen strengen Abstand halte die jüngere Marke zu den drei [X.] ein.

Bezüglich der Widerspruchsmarke zu 1) scheitere eine Verwechslungsgefahr klanglich, schriftbildlich und inhaltlich an dem Wortbestandteil der jüngeren Marke "logisch". Dies gelte auch bezüglich der [X.] zu 2) und 3), die sich zusätzlich auch durch ihre graphische Gestaltung von der jüngeren Marke unterschieden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden vom 5. Oktober 2018. Sie begründet die Verwechslungsgefahr insbesondere damit, dass die von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft der drei [X.] aufgrund langjähriger Benutzung gesteigert sei. Zur intensiven Benutzung der [X.] verweist sie auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren. Aufgrund der Bekanntheit der [X.] werde die angegriffene Marke von dem Bestandteil "lecker" geprägt.

Vor dem Hintergrund der dominierenden Wirkung des ersten Elements "lecker", das identisch zu den Marken der Widersprechenden sei, werde der Verkehr dazu neigen, den Zusatz "logisch" weitestgehend zu ignorieren. Zumindest trete dieses Element gegenüber dem Element "lecker" zurück. Zum einen deshalb, weil es sich um ein klar beschreibendes Wortzeichen handele – zum andern deshalb, weil dem Verkehr das erste Element "lecker" sehr bekannt sei und er bereits in einem ersten Schritt nach Wahrnehmung der ersten beiden Silben eine Zuordnung zu den ihm bereits bekannten Marken der Widersprechenden vornehmen könne und werde.

Mit Blick auf eine Reduzierung der Marke "leckerlogisch" auf den dominanten Teil "lecker" unterliege der angesprochene Verkehr einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr zwischen den jeweils streitbefangenen Marken.

Durch die selbständig kennzeichnende Stellung des Elements "lecker" in der Marke "leckerlogisch" mit der Folge der Prägung der Gesamtmarke sowie vor dem Hintergrund der gesteigerten Kennzeichnungskraft durch Benutzung der "[X.]"-Widerspruchsmarke sei daher zumindest eine assoziative Verwechslung vorliegend nicht ausgeschlossen.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des [X.], Markenstelle für [X.], vom 31. August 2018 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke 30 2016 227 708 aufgrund der Widersprüche aus den Marken 30 2008 051 300, 30 2016 010 063 und 30 2016 007 677 anzuordnen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 11. März 2020 trägt sie vor, eine Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben. Es bestehe kein Anlass, einen Wortbestandteil der angegriffenen Marke "leckerlogisch" wegzulassen oder zu vernachlässigen, etwa durch Aufteilung in die Wortbestandteile "lecker" und/oder "logisch", so wie es die Widersprechende offenbar zugrunde lege. Eine zergliedernde Betrachtungsweise sei dem Markenrecht bereits fremd und selbst kennzeichnungsschwache Bestandteile würden nicht von vornherein außer Betracht gelassen. Abgesehen davon seien alle Wortbestandteile der angegriffenen Marke gleichermaßen prägend für die Gesamtmarke "leckerlogisch".

Beide Elemente ergäben in ihrer Verbindung "leckerlogisch" einen Sinn, so dass kein Teil weggelassen oder vernachlässigt werden könnte. Die angesprochenen Verkehrskreise würden alle Wortbestandteile der angegriffenen Marke mit gleicher Aufmerksamkeit beachten. Bereits der unterscheidende Wortbestandteil "logisch" genüge, um der angegriffenen Marke "leckerlogisch" ein eigenständiges Klangbild gegenüber den drei [X.] zu verleihen.

Die von der Widersprechenden behauptete gesteigerte Kennzeichnungskraft der [X.] infolge Benutzung wird von der Inhaberin der angegriffenen Marke bestritten. Dagegen würde auch das von ihr im Amtsverfahren vorgelegte [X.] sprechen, wonach es laut der [X.] vom 9. Juni 2017 bereits 481 Marken mit dem Wortbestandteil "lecker" gebe, wovon ca. 200 Treffer gültige Marken beträfen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke erhebt nochmals ausdrücklich die Einrede der Nichtbenutzung gegenüber der am 7. August 2008 angemeldeten Widerspruchsmarke zu 1). Die Widersprechende habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie diese Wortmarke "[X.]" innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch tatsächlich markenmäßig in den registrierten Klassen benutzt habe.

Die Widersprechende hat hierzu mit Schriftsatz vom 17. April 2020 reagiert. Aus ihrer Sicht sei vorliegend zumindest von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr auszugehen. Sie habe in den vergangenen Jahren mit großem Aufwand und besonderer Sorgfalt eine Markenfamilie rund um das Stammzeichen "[X.]" für bestimmte Produktbereiche geschaffen. Hierzu verweist sie auf eine als Anlage [X.] eingereichte Übersicht einiger registrierter Kennzeichenrechte der "[X.]"- Markenfamilie der Widersprechenden.

Die von der Markeninhaberin erhobene [X.] gegen die Widerspruchsmarke zu 1) sei nicht zulässig, da das Widerspruchsverfahren gegen diese Marke erst am 23. Juli 2015 beendet worden sei, wie die Markenstelle mit Hinweis vom 22. Juni 2017 mitgeteilt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, da sich die Vergleichsmarken nicht in verwechslungsfähiger Art und Weise gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gegenüberstehen.

1. Die Frage der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. [X.] [X.], 1098, Rdnr. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 933, Rdnr. 32 – [X.]; [X.], 237 – PICARO/[X.]; [X.], 488, Rdnr. 9 – [X.]/[X.]; [X.], 1040, Rdnr. 25 – [X.]/pure; [X.], 235, Rdnr. 15 – [X.]/[X.]; [X.], 484, Rdnr. 23 – [X.]; [X.], 905, Rdnr. 12 – [X.]; [X.], 258, Rdnr. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 859, Rdnr. 16 – [X.]; [X.], 60, Rdnr. 12 – [X.]). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Marken hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], a. a. [X.] – [X.]; [X.]. 2010, 129, Rdnr. 60 – [X.][X.]; [X.] 2013, 833, Rdnr. 30 – Culinaria/[X.]; a. a. [X.] – [X.]/pure).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen einer kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr bei allen drei [X.] nicht vor.

Widerspruchsmarke zu 1)

a) Die mit Schriftsatz vom 11. März 2020 nochmals erhobene [X.] der Markeninhaberin gegen die Widerspruchsmarke zu 1) ist unzulässig. In den Fällen, in denen gegen die Eintragung der Widerspruchsmarke selbst Widerspruch erhoben worden war, tritt gemäß § 26 Abs. 5 i.V.m. i.V.m. § 43 Abs. 1 [X.] a.F. i.V.m. § 158 Abs. 5 [X.] anstelle des Tages der Eintragung der Widerspruchsmarke der Zeitpunkt des Abschlusses dieses Widerspruchsverfahrens ([X.]/Hacker Thiering [X.], 12. Aufl., § 43 Rdn. 11). Nachdem das Widerspruchsverfahren gegen die Widerspruchsmarke zu 1) erst am 23. Juli 2015 beendet wurde, war die fünfjährige Benutzungsschonfrist zum Zeitpunkt der Erhebung der [X.] im März 2020 noch nicht abgelaufen.

b) Die zugunsten der angegriffenen Marke in der [X.] eingetragenen Dienstleistungen sind mit für die Widerspruchsmarke zu 1) in der [X.] eingetragenen Dienstleistungen teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich. Keine Ähnlichkeit besteht zwischen den im Wesentlichen Catering betreffenden die Dienstleistungen der angegriffenen Marke der [X.] und den zugunsten der Widerspruchsmarke zu 1) in den Klassen 16 und 41 eingetragenen Waren und Dienstleistungen, so dass insoweit eine Verwechslungsgefahr schon an der fehlenden Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit scheitert.

c) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1) ist in Bezug auf die Dienstleistungen der [X.] von Haus aus unterdurchschnittlich. Das Adjektiv "lecker" hat laut [X.] die Bedeutung besonders wohlschmeckend (aussehend, erscheinend). In Bezug auf die Dienstleistungen der [X.] wird der Verkehr diesem Wort einen inhaltsbeschreibenden Begriffsinhalt entnehmen, nämlich dass sich die so gekennzeichneten Dienstleistungen mit dem Thema Essen befassen, für das das Adjektiv "lecker" zumindest eine positiv-sachbezogene Erwartung weckt. Für den Verkehr liegt es nahe, dass die so gekennzeichneten Informationsmedien sich vorrangig mit wohlschmeckendem Essen befassen.

Die von der Widersprechenden geltend gemachte Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung hätte zur Folge, dass die von Haus aus unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durchschnittlich wäre. Dabei ist zu beachten, dass der erweiterte Schutzumfang sich auf die (eingetragenen) Waren/Dienstleistungen beschränkt, für die durch eine entsprechende Benutzung eine gesteigerte Verkehrsgeltung anzuerkennen ist. Diese erhöhte Kennzeichnungskraft kann auch auf eng verwandte Waren/Dienstleistungen ausstrahlen ([X.]/Hacker/Thiering, [X.], a. a. [X.], § 9 Rdn. 181).

Letztlich kann es dahingestellt bleiben, ob die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1) aufgrund intensiver Benutzung bezüglich der Dienstleistungen der [X.] als durchschnittlich oder gar als überdurchschnittlich anzusehen ist, da eine Verwechslungsgefahr auch dann an der fehlenden Markenähnlichkeit scheitern würde.

d) [X.], klanglich und begrifflich unterscheiden sich die Marken im Gesamteindruck durch den Bestandteil "logisch" der angegriffenen Marke ausreichend voneinander.

Eine Markenähnlichkeit käme lediglich dann in Betracht, wenn der erste mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende Bestandteil "lecker" den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägen oder in dieser eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehmen würde. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden.

Eine hinreichende Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil kann regelmäßig nicht angenommen werden, wenn sich dieser Bestandteil – wie vorliegend der Fall – als lediglich gleichgewichtig mit anderen Markenteilen darstellt. So darf insbesondere in dem praktisch recht häufig auftretenden Fall gleichermaßen kennzeichnungsschwacher Bestandteile nicht einem Markenelement eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung zugemessen werden; vielmehr genießt die Marke insoweit in ihrer Gesamtheit Schutz. Wird der Gesamteindruck – wie hier – durch gleichwertige Elemente bestimmt, kann grundsätzlich nicht angenommen werden, ein Element sei allein geeignet, den Gesamteindruck zu prägen oder wesentlich mitzubestimmen ([X.] 1991, 319 – [X.]; GRUR 1996, 775 – [X.]; [X.], 433 – [X.]/[X.] LIFE).

Die angesprochenen Verkehrskreise werden den Bestandteil "logisch" der jüngeren Marke nicht vernachlässigen. Der Annahme einer Prägung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke steht entgegen, dass in dieser die Begriffe "lecker" und "logisch" zusammengeschrieben und aufeinander bezogen sind. Eine solche Verquickung nach Art eines einheitlichen Gesamtbegriffs kann auch durch für sich genommen beschreibende Bestandteile vermittelt werden (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rdn. 426 ff.) und führt von der Annahme einer prägenden Funktion eines Bestandteils der angegriffenen Marke weg (vgl. BPatG 27 W (pat) 522/17 – [X.]Hello Cupcake).

Die angesprochenen Verkehrskreise haben keine Veranlassung, den in einem Wort geschriebenen Gesamtbegriff "leckerlogisch" in seine einzelnen Bestandteile aufzuspalten, was der Annahme einer Prägung entgegensteht.

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden besteht zwischen den Marken auch keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung. Abgesehen von der originären Kennzeichnungsschwäche des gemeinsamen [X.] "lecker" nimmt dieser Bestandteil in der angegriffenen Marke zum einen keine selbständig kennzeichnende Stellung ein. Von einer solchen kann nämlich regelmäßig dann nicht ausgegangen werden, wenn der betreffende Bestandteil vollständig in das jüngere [X.] integriert ist. So verhält es sich – wie vorliegend der Fall – u. a., wenn die verschiedenen Bestandteile zu einer gesamtbegrifflichen Einheit oder zu einem einheitlich wirkenden [X.] verschmolzen oder sonst inhaltlich aufeinander bezogen sind (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a [X.], § 9 Rdn. 493). Zum anderen kommt dem Markenelement "lecker" in der angegriffenen Marke auch nicht die Funktion eines Stammbestandteils zu, da er mit der weiteren Komponente "logisch" begrifflich verknüpft ist und somit nicht eigenständig hervortritt. Damit entfällt eine wesentliche Voraussetzung für das Vorliegen der von der Widersprechenden geltend gemachten mittelbaren Verwechslungsgefahr (vgl. [X.]//Hacker/Thiering, a.a.[X.], § 9 Rdn 531).

Widerspruchswort-/Bildmarke zu 2)

a) Die von der Markeninhaberin im Amtsverfahren mit Schriftsatz vom 16. Juni 2017 erhobene [X.] war gemäß § 43 Abs. 1 [X.] a.F. i.V.m. § 158 Abs. 5 [X.] unzulässig, da die fünfjährige Benutzungsschonfrist der am 17. Juni 2016 eingetragenen Widerspruchsmarke zu 2) noch nicht abgelaufen war.

b) Die zugunsten der angegriffenen Marke in der [X.] eingetragenen Dienstleistungen sind mit für die Widerspruchsmarke zu 2) in der [X.] eingetragenen Dienstleistungen teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich. Keine Ähnlichkeit besteht zwischen den im Wesentlichen Catering betreffenden Dienstleistungen der angegriffenen Marke in der [X.] und den zugunsten der Widerspruchsmarke zu 2) in den Klassen 16 und 41 eingetragenen Waren und Dienstleistungen, so dass insoweit eine Verwechslungsgefahr schon an der fehlenden Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit scheitert.

c) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist in Bezug auf die Dienstleistungen der [X.] von Haus aus unterdurchschnittlich. Bezüglich des Adjektivs "lecker" wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Widerspruchsmarke zu 1) verwiesen. Das zum Grundwortschatz der [X.] gehörende Wort [X.] hat mit seiner Bedeutung "Bäckerei" ebenfalls einen die Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt.

Ob die von Haus aus unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 2) durch eine von der Widersprechenden behauptete intensive Benutzung gesteigert und damit durchschnittlich oder sogar überdurchschnittlich ist, kann dahingestellt bleiben, da eine Verwechslungsgefahr auch dann an der fehlenden Markenähnlichkeit scheitert.

d) Bildlich unterscheiden sich die Marken im Gesamteindruck bereits durch die graphische Ausgestaltung der als Wort-/Bildmarke geschützten Widerspruchsmarke zu 2) und die unterschiedlichen Bestandteile "logisch" und "[X.]" ausreichend voneinander. Wegen der Unterschiede dieser beiden Wortbestandteile besteht zwischen den Marken auch keine klangliche oder begriffliche Ähnlichkeit.

e) An dem bereits aufgezeigten gesamtbegrifflichen Charakter der jüngeren Marke scheitern auch die von der Widersprechenden behauptete Prägung sowie die selbständig kennzeichnende Stellung der allein für eine Verwechslungsgefahr in Betracht kommenden Bestandteils "lecker" der jüngeren Marke und die mittelbare Verwechslungsgefahr.

Widerspruchswort-/Bildmarke zu 3)

a) Die von der Markeninhaberin im Amtsverfahren mit Schriftsatz vom 16. Juni 2017 erhobene [X.] war gemäß § 43 Abs. 1 [X.] a.F. i.V.m. § 158 Abs. 5 [X.] unzulässig, da die fünfjährige Benutzungsschonfrist der am 6. Juni 2016 eingetragenen Widerspruchsmarke zu 3) noch nicht abgelaufen war.

b) Die zugunsten der angegriffenen Marke in den Klassen 41 und 43 eingetragenen Dienstleistungen sind mit zugunsten der Widerspruchsmarke zu 3) in diesen Klassen eingetragenen Dienstleistungen teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich.

c) Zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 3) wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Widerspruchsmarke zu 1) verwiesen. Ob die von Haus aus unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung als durchschnittlich bzw. überdurchschnittlich anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben, da eine Verwechslungsgefahr an der fehlenden Markenähnlichkeit scheitert.

d) Bildlich unterscheiden sich die Marken im Gesamteindruck durch die besondere graphische Gestaltung der als Wort-/Bildmarke geschützten Widerspruchsmarke zu 3) und den Wortbestandteil "logisch" der angegriffenen Marke ausreichend voneinander. Wegen des [X.] "logisch" sind die Marken auch klanglich und begrifflich nicht ähnlich.

e) An dem vorstehend aufgezeigten gesamtbegrifflichen Charakter der jüngeren Marke scheitern auch die von der Widersprechenden geltend gemachte Prägung, selbständig kennzeichnende Stellung und mittelbare Verwechslungsgefahr.

3. Zur Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 [X.] besteht kein Grund.

4. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da ein Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gestellt wurde (§ 69 Nr. 1 [X.]). Auch hat der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für sachdienlich erachtet (§ 69 Nr. 3 [X.]).

Meta

28 W (pat) 520/20

23.11.2020

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 Abs 5 MarkenG vom 25.10.1994, § 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994, § 158 Abs 5 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.11.2020, Az. 28 W (pat) 520/20 (REWIS RS 2020, 292)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 292

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