Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.02.2010, Az. 26 W (pat) 29/09

26. Senat | REWIS RS 2010, 9493

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "Pussy FM/PUSSY Deluxe (Wort-Bild-Marke/Gemeinschaftsmarke)/Pussy Deluxe" – zur Kennzeichnungskraft - Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit – keine klangliche, schriftbildliche und begriffliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 305 53 748

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 10. Februar 2010 unter Mitwirkung...

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Gegen die für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 09, 16, 25, 35, 38 und 41 eingetragene Wortmarke 305 53 748

2

[X.]

3

ist Widerspruch eingelegt worden aus der für

4

"Möbel; Bettwäsche; nicht alkoholische Getränke; Unternehmensführung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten"

5

registrierten prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 004234415

Abbildung

6

und aus der für die Waren

7

"Schreibwaren; Taschen, soweit in Klasse 18 enthalten; textile Bekleidungsstücke, Schuhe"

8

eingetragenen älteren Wortmarke 303 54 142

9

Pussy [X.]

sowie aus der für die Waren

"Parfümeriewaren; Tonträger ([X.], Schallplatten, Kassetten); Schmuckwaren; Schreibwaren; Taschen, soweit in Klasse 18 enthalten; Bekleidungsstücke; Schuhwaren, soweit in Klasse 25 enthalten"

registrierten prioritätsälteren [X.]

Abbildung

Die Markenstelle für Klasse 38 des [X.] hat mit Beschluss vom 13. März 2008 die Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, unbeschadet teilweise bestehender Dienstleistungsidentität bestehe bei mittlerer Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken - eine gesteigerte Kennzeichnungskraft hätten die Widersprechenden nicht glaubhaft gemacht - keine Verwechslungsgefahr, da die angegriffene Marke einen ausreichenden [X.] zu den Widerspruchsmarken einhalte. Unabhängig davon, dass der Bildbestandteil der Widerspruchsmarken 004234415 und 302 60 679 in der angegriffenen Marke nicht enthalten sei, bestehe auch keine die Verwechslungsgefahr begründende Ähnlichkeit in den Wortbestandteilen der sich gegenüberstehenden Marken. Weder die Widerspruchsmarken, noch die angegriffene Marke würden durch deren Wortbestandteil "Pussy" geprägt. Der [X.] könne daher nicht auf den insoweit übereinstimmenden Wortbestandteil der [X.] beschränkt werden. Nachdem die weiteren Wortbestandteile "[X.]" und "[X.]" in den jeweiligen Vergleichsmarken keine Entsprechung fänden, sei die angegriffene Marke "[X.]" mit den Widerspruchsmarken "Pussy [X.]" weder in klanglicher, noch in schriftbildlicher Hinsicht verwechselbar, es bestehe auch keine begriffliche Ähnlichkeit.

Hiergegen wenden sich beide Widersprechenden mit ihrer Beschwerde. Ihrer Auffassung nach sei die Markenstelle fehlerhaft von lediglich mittlerer Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ausgegangen. Mit "Pussy [X.]"-Produkten seien in den vergangenen Jahren Umsätze zwischen zwei und drei Millionen Euro pro Jahr erzielt worden. Der in der Vergangenheit in erheblichem Umfang betriebene Werbeaufwand (Teilnahme an internationalen Modemessen, regelmäßige Presseveröffentlichungen, Ausstattung von Prominenten mit "Pussy [X.]"-Bekleidungsstücken) und zahlreiche in Lizenz tätige Vertriebsunternehmen, die "Pussy [X.]"-Produkte auf dem Markt präsentierten, belegten zusätzlich die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken. Es bestehe auch hinreichende Zeichenähnlichkeit. Die verfahrensgegenständlichen Marken würden durchgängig von deren identischem Wortbestandteil "Pussy" geprägt, so dass beim [X.] allein auf diesen abzustellen sei. Die übrigen Wortbestandteile der [X.] seien demgegenüber ausschließlich beschreibender Natur. "[X.]" stelle als Abkürzung für "Frequenzmodulation" eine gängige Bezeichnung für Radiosender und -übertragungen dar. "[X.]" stehe als allgemein verständlicher Begriff für "ausgezeichnete Qualität".

Die Widersprechenden beantragen sinngemäß,

den angegriffenen Beschluss des [X.] vom 13. März 2008 aufzuheben und die Löschung der verfahrensgegenständlichen Marke 305 53 748 "[X.]" anzuordnen.

Der Markeninhaber hat im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt. Im Verfahren vor der Markenstelle hat er dargetan, dass sich aus Sicht des angesprochenen Verkehrs sein Geschäftsfeld, das sich auf das Betreiben eines Radiosenders konzentriere, in einer die Verwechslungsgefahr ausschließenden Weise von demjenigen der Widersprechenden unterscheide, im Übrigen fehle es an einer die Verwechslungsgefahr begründenden Zeichenähnlichkeit.

Zum weiteren Vorbringen wird auf die zwischen den Verfahrensbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung des [X.] ist frei von [X.]. Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Die gegen diese Feststellung der Markenstelle erhobenen Einwände verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen [X.] in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. [X.], 1066, 1067/1068 -

Hiernach gilt für den gegen die angegriffene Marke erhobenen Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 004234415 "Pussy [X.]":

Die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen sind teilweise identisch (Unterhaltung und kulturelle Aktivitäten), teilweise besteht Dienstleistungsähnlichkeit - zwischen den für die angegriffene Marke geschützten Dienstleistungen "Werbung" und der für die Widerspruchsmarke eingetragenen "Unternehmungsführung", vgl.

Die Widerspruchsmarke 004234415 "Pussy [X.]" verfügt über eine mittlere Kennzeichnungskraft. Von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist nicht auszugehen. Die von den Widersprechenden diesbezüglich vorgelegten Nachweise reichen hierfür nicht aus. Der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden zu 2) vom 9. September 2009 liegen lediglich pauschale Angaben über Umsatzzahlen, Werbekampagnen und [X.] zugrunde, ohne diese im Einzelnen zu spezifizieren. Insbesondere erlauben die vorgetragenen Umsätze auch keine Beurteilung, wie sie sich auf die einzelnen von den Widerspruchsmarken beanspruchten Waren und Dienstleistungen verteilen. Unterschieden wird auch nicht nach den einzelnen Widerspruchsmarken. Die eingereichten Auszüge aus Produktkatalogen legen zudem nur eine Benutzung für "Bekleidungsstücke", gegebenenfalls noch für "Schuhe, Schuhwaren, soweit in Klasse 25 enthalten, Taschen und Schreibwaren" nahe. Den Anforderungen, die die Rechtsprechung an das Vorliegen einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft stellt (vgl. [X.]/

Den angesichts dieser Umstände des Falles erforderlichen, zum Ausschluss einer Verwechslungsgefahr führenden [X.] hält die angegriffene Marke ein.

Bei der umfassenden Beurteilung der unmittelbaren Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist stets auf den durch die Gesamtheit vermittelten Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen (vgl. [X.], 326, 327 -

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann hiervon im Streitfall nicht ausgegangen werden. Dem steht bereits der einen beschreibenden Anklang vermittelnde Begriffsgehalt des Zeichenbestandteils "Pussy" entgegen, dem der angesprochene Verkehr in Verbindung mit dem Bildbestandteil der Widerspruchsmarke, auf dem ein Katzenkopf abgebildet ist - in Anlehnung an den gleichlautenden englisch-sprachigen Begriff "pussycat" (= "Miezekatze") - die Verkleinerungsform von "Katze", also "Kätzchen", entnimmt. Zudem kann den Widersprechenden nicht darin gefolgt werden, dass der Bestandteil der angegriffenen Marke "[X.]" beim [X.] zu vernachlässigen sei. Die aus sich heraus nicht ohne weiteres verständliche Abkürzung "[X.]" weist aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers für den Bereich der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen keinen naheliegenden beschreibenden Anklang auf. Der mit Abkürzungen im Bereich des Internetradios nicht ohne weiteres vertraute angesprochene Verkehr könnte in "[X.]" zwanglos etwa einen Firmenhinweis oder ähnliches vermuten. Schließlich führte selbst die Annahme einer Kennzeichnungsschwäche des Markenbestandteils "[X.]" der angegriffenen Marke nicht dazu, dass letzterer beim [X.] nicht zu berücksichtigen wäre (vgl. [X.]/

Eine hiervon abweichende Beurteilung ist auch nicht in Richtung auf die gegen die angegriffene Marke erhobenen Widersprüche aus der Wortmarke 303 54 142 "Pussy [X.]" und der [X.] "Pussy [X.]" veranlasst. Unabhängig von bestehender Waren- bzw. Dienstleistungsidentität oder -nähe und [X.]falls mittlerer Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken scheidet auch insoweit eine Verwechslungsgefahr aus, da die angegriffene Marke "[X.]" nicht von ihrem Bestandteil "Pussy" geprägt wird und durch ihren Zusatz "[X.]" einen ausreichenden [X.] zu den Widerspruchsmarken einhält. Insoweit ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen.

Der Fall bietet keinen Anlass, vom Grundsatz, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 71 Abs. 1 Satz 2 [X.]), abzuweichen.

Meta

26 W (pat) 29/09

10.02.2010

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.02.2010, Az. 26 W (pat) 29/09 (REWIS RS 2010, 9493)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9493

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

28 W (pat) 19/15 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "BARTH www.automobile-barth.de (Wort-Bild-Marke)/ABARTH (IR-Marke)/ABARTH (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)" – zur Kennzeichnungskraft – Warenidentität – zu …


28 W (pat) 20/15 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "BARTH www.lack-barth.de (Wort-Bild-Marke)/ABARTH (IR-Marke)/ABARTH (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)" – zur Kennzeichnungskraft – Warenidentität – zu …


27 W (pat) 76/09 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "7 KANAL7 (Wort-Bild-Marke)/KABEL 1 (Wort-Bild-Marke)/7 (Wort-Bild-Marke)/7 PRO SIEBEN (Wort-Bild-Marke, Gemeinschaftsmarke)" – Insolvenzverwalter als …


27 W (pat) 77/09 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "7 KANAL7 INT (Wort-Bild-Marke)/KABEL 1 (Wort-Bild-Marke)/7 (Wort-Bild-Marke)/7 PRO SIEBEN (Wort-Bild-Marke, Gemeinschaftsmarke)" – Insolvenzverwalter …


24 W (pat) 42/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "STUDIO 7/7 (Widerspruchsmarke zu 1], Unionsmarke, Bildmarke)/Pro 7 (Widerspruchsmarke zu 2], Unionsmarke)" – …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.