Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2015, Az. II ZR 181/14

II. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10937

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR
181/14
Verkündet am:

19. Mai 2015

Stoll

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der II.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19.
Mai 2015
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
[X.]ergmann, die
Richterinnen Caliebe und [X.] sowie [X.]
Drescher und [X.]orn

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der [X.]eklagten wird unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 16. April 2014 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Nichtigkeit der [X.] der Hauptversammlung der [X.]eklagten vom 28. August 2009 mit Ausnahme der [X.]eschlüsse zu den [X.] und 7 festgestellt ist, und das Urteil des [X.]s
Mühlhausen vom 20. Juni 2013 wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die [X.]eschlüsse der Hauptver-sammlung der [X.]eklagten vom 28. August 2009 über die Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien (Punkt 6 der Tagesordnung) und über die Zustimmung zum Abschluss eines [X.]eherrschungs-
und Gewinnabfüh-rungsvertrags (Punkt 7 der Tagesordnung) nichtig sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 45% und die [X.]eklagte 55%.
Von Rechts wegen
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-
Tatbestand:
Die Klägerin ist Aktionärin der nicht börsennotierten beklagten [X.] und wendet sich mit der [X.] gegen die [X.] der Hauptversammlung der [X.]eklagten vom 28. August 2009 über die Gewinnverwendung (Tagesordnungspunkt 3), die Entlastung des Vorstands (Tagesordnungspunkt 4), die Wahl des Abschlussprüfers (Tagesordnungspunkt 5), die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien (Tagesordnungspunkt 6), den Abschluss eines [X.]eherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrags mit der Land-schafts-
und Grünanlagenbau M.

[X.] als beherrschter Gesellschaft (Tagesordnungspunkt 7), die Entlastung des Aufsichtsrats (Tagesordnungs-punkt 8) und die Neuwahl des Aufsichtsrats (Tagesordnungspunkt 9). Die [X.] über die Versammlung wurde vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichnet.
Das [X.] hat der [X.] stattgegeben. Gegen die Zurückweisung ihrer [X.]erufung richtet sich die vom [X.]erufungsgericht zugelassene Revision der [X.]eklagten.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat teilweise Erfolg und führt mit Ausnahme der [X.]eschlüsse zu Tagesordnungspunkt 6 (Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien) und zu Tagesordnungspunkt 7 (Zustimmung zum Abschluss eines [X.]e-herrschungs-
und Gewinnabführungsvertrags) zur Abweisung der [X.].
I.
Das [X.]erufungsgericht (OLG [X.], Urteil vom 16.
April 2014 -
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U
609/13, juris) hat ausgeführt, die [X.]eschlüsse der Hauptversammlung sei-1
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en nach § 241 Nr. 2 [X.] nichtig, weil sie entgegen § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht ordnungsgemäß notariell beurkundet worden seien. Die [X.]eschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 7, mit dem die Hauptversammlung dem Abschluss ei-nes [X.]eherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrages zwischen der [X.]eklagten als dem herrschenden Unternehmen und ihrer hundertprozentigen [X.] als dem abhängigen Unternehmen zugestimmt habe, habe nach § 293 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 [X.] einer Mehrheit bedurft, die mindestens drei Viertel des bei der [X.]eschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasse. Dass auf der Hauptversammlung somit ein [X.]eschluss gefasst worden sei, der nicht § 130 Absatz 1 Satz 3 [X.] unterfalle, führe dazu, dass die gesamte Niederschrift über die Hauptversammlung
zur [X.]eurkundung der [X.]eschlussfassung notariell aufzunehmen gewesen sei.
II.
Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung mit Ausnahme der Feststellung der Nichtigkeit des [X.] zum Abschluss eines [X.]eherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrages (Tagesordnungspunkt 7) nicht stand.
1. Die [X.]eschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3 bis 6, 8 und 9 sind, anders als der [X.]eschluss zu Tagesordnungspunkt 7, nicht nach § 241 Nr. 2 [X.] nichtig. Nach § 241 Nr. 2 [X.] ist ein [X.]eschluss der Hauptversammlung nur dann nichtig, wenn er nicht nach § 130 Abs. 1 und 2 Satz 1 und Abs. 4 [X.]
beurkundet ist. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist jeder [X.]eschluss der [X.] durch eine über die Verhandlung notariell aufgenommene [X.] zu beurkunden. [X.]ei [X.]en wie der [X.] reicht eine vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu unterzeichnende Niederschrift aus, soweit keine [X.]eschlüsse gefasst werden, für die das Gesetz eine Dreiviertel-
oder größere Mehrheit bestimmt (§ 130 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Zur Protokollierung der [X.]eschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3 bis 6, 8 5
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5
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und 9 genügte die durch den Aufsichtsratsvorsitzenden unterzeichnete [X.], weil nur für den [X.]eschluss zu Tagesordnungspunkt 7 eine Dreiviertel-mehrheit erforderlich war. Wenn auf einer Hauptversammlung ein [X.]eschluss gefasst wird, für den das Gesetz eine Dreiviertel-
oder größere Mehrheit be-stimmt und der damit stets durch eine notariell aufgenommene Niederschrift zu beurkunden ist, muss ein anderer, nicht diesen Mehrheitserfordernissen unter-liegender [X.]eschluss nicht in der vom Notar aufgenommenen Niederschrift be-urkundet sein, sondern genügt dafür eine vom Aufsichtsratsvorsitzenden unter-zeichnete Niederschrift.
a) Es ist streitig, ob bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften nach §
130 Abs. 1 [X.] dann, wenn in der Hauptversammlung ein [X.]eschluss gefasst wird, der nach dem Gesetz eine qualifizierte Mehrheit voraussetzt, die gesamte Niederschrift von einem Notar beurkundet werden muss (so MünchKomm
[X.]/[X.], 3. Aufl., § 130 Rn. 30; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 130 Rn. 14c; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 130 Rn. 24; [X.]/[X.], [X.], § 130 Rn. 29; [X.] in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 130 [X.] Rn. 12; [X.], [X.], 2. Aufl., § 130 Rn. 29; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., § 130 Rn. 40;
Ziemons in [X.], [X.], 2. Aufl., § 130 Rn.
37; [X.] in [X.]ürgers/Körber, [X.], 3. Aufl., § 130 Rn. 33; [X.], NJW 2010, 20, 21; [X.], [X.] 2009, 425, 428 f.) oder ob die Niederschrift in notariell beurkundete und in vom Aufsichtsratsvorsitzenden unterzeichnete [X.] teilbar ist (so [X.]/[X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 130 Rn. 153 ff.; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 241 Rn. 190; [X.] in Gärtner/
[X.]/[X.], Anfechtungs-
und Nichtigkeitsgründe im Aktienrecht, 2. Aufl., Teil [X.] Rn. 742; [X.]/[X.]/Kiem, [X.], 3. Aufl., Rn. 165; [X.]lanke, [X.][X.] 1995, 681, 682; [X.], AG 1994, 429, 440; [X.]/[X.], AG 2007, 561, 566).

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b) Die Auslegung des Gesetzes ergibt, dass die Niederschrift im Sinne der letztgenannten Ansicht teilbar ist.
aa)
Teilbarkeit des Hauptversammlungsprotokolls legt zunächst der Wortlaut von § 130 Abs. 1 [X.] nahe. Satz 1 ist allerdings nicht eindeutig. [X.] muss jeder [X.]eschluss durch eine über die Verhandlung aufgenommene Niederschrift beurkundet werden. Wird betont, dass jeder [X.]eschluss

beurkun-det werden muss, spricht das für Teilbarkeit. Wird hervorgehoben, dass über die Verhandlung eine Niederschrift aufgenommen werden soll, liegen eine ein-heitliche Protokollierung und das Verständnis

Der Wortlaut von § 130 Abs. 1 Satz 3 [X.], dass eine privatschriftliche Niederschrift ausreicht, soweit keine [X.]eschlüsse gefasst werden, für die das Gesetz eine Dreiviertel-
oder größere Mehrheit bestimmt, belegt aber, dass die Niederschrift durch den Aufsichtsratsvorsitzenden sich auf den einzelnen [X.]e-schluss bezieht, weil es andernfalls sofern

heißen müsste.
bb) Für Trennbarkeit der Niederschrift in notariell beurkundungsbedürfti-ge [X.]eschlüsse und in [X.]eschlüsse, bei denen die Niederschrift durch den [X.] genügt, und gegen eine einheitliche Protokollierung der gesamten Hauptversammlung spricht die Entstehungsgeschichte des Geset-zes. Sie bezeugt den Willen des Gesetzgebers, das Erfordernis der notariellen [X.]eurkundung bei der [X.] auf einzelne [X.]eschlüs-se zu beschränken. Der Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts sah zunächst vor, dass eine privat-schriftliche Niederschrift des Vorstands bei [X.]en ausreicht, sofern

keine Grundlagenbeschlüsse gefasst werden ([X.]T-Drucks. 12/6721, [X.]). In der [X.]eschlussempfehlung des Rechtsausschusses wurden die Wörter sofern

durch soweit

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schlüsse, für die das Gesetz keine Dreiviertel-

ersetzt ([X.]T-Drucks. 12/7848 S. 5). Diese Änderung wurde in der [X.]eschluss-empfehlung [X.] wie folgt begründet: Der Rechtsausschuss hat die [X.]efreiung von der notariellen [X.]eurkundung jetzt ausdrücklich auf [X.]eschlüsse beschränkt, für die das Gesetz keine Dreiviertel-
oder größere Mehrheit bestimmt. Die [X.]e-gründung des Entwurfs führt diese Grundlagenbeschlüsse im Einzelnen auf. Im Übrigen bleibt es auch der nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft immer un-benommen, die Hauptversammlung insgesamt von einem Notar protokollieren zu lassen.

durch den Hinweis, dass die [X.]efreiung von der notariellen [X.]eurkundung auf bestimmte [X.]eschlüsse beschränkt werde, wird klargestellt, dass die Protokollie-rungsform auf die jeweiligen [X.]eschlüsse, nicht auf die gesamte Hauptversamm-lung bezogen ist. Wenn weiter ausgeführt wird, dass auch die nichtbörsenno-tierte Aktiengesellschaft frei sei, die Hauptversammlung insgesamt von einem Notar protokollieren zu lassen, wird zudem vorausgesetzt, dass sie auch nur teilweise von einem Notar protokolliert werden kann.
Dass der Gesetzgeber mit der Gesetzesänderung die kleine [X.] durch Erleichterungen und Deregulierung für mittelständische Unter-nehmen attraktiv machen, auf Formalitäten wie bei den großen Publikumsge-sellschaften verzichten sowie Kosten senken wollte, besagt dagegen nichts da-zu, ob eine gemischte Protokollierung möglich oder ausgeschlossen ist. Die Notarkosten sinken durch eine partielle [X.]eurkundung nicht wesentlich ([X.]/
[X.], [X.], 11. Aufl., § 130 Rn. 14c). Dass der Gesetzgeber die kleine Aktien-gesellschaft dem [X.]-Recht angleichen wollte ([X.]T-Drucks. 12/6721 S. 5 f., [X.]) und bei der [X.] grundsätzlich keine notarielle [X.]eurkundung der [X.] erforderlich ist, lässt keine Rückschlüsse zu. Auch bei der kleinen Aktiengesellschaft ist grundsätzlich eine notarielle [X.]eurkundung nicht erforderlich. Allerdings spricht eine beabsichtigte Angleichung an das [X.]-12
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8
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Recht für eine Trennbarkeit in notariell beurkundete und nicht notariell beurkun-dete [X.]eschlüsse, die bei der [X.] allgemein anerkannt ist, wenn auch wegen der weniger aufwändigen Einladung und des überschaubaren Gesellschafter-kreises häufig mehrere Versammlungen abgehalten werden. Dass es bei der Aktiengesellschaft gekünstelt wäre, wenn zwei Hauptversammlungen abgehal-ten würden, eine mit und eine ohne notarielle [X.]eurkundung, und dies zudem wegen der doppelten Einladung kostenintensiver als eine Hauptversammlung insgesamt mit notariellem Protokoll wäre, ist kein Argument gegen eine einheit-liche Protokollierung.
cc) Systematisch kann für eine [X.]eschränkung der Pflicht zur notariellen [X.]eurkundung auf die einzelnen [X.]eschlüsse, für die das Gesetz eine Dreiviertel-
oder größere Mehrheit bestimmt, angeführt werden, dass Satz 3 zunächst ge-nerell die privatschriftliche Niederschrift erlaubt und es sich bei der notariellen Protokollierung von [X.]eschlüssen mit qualifizierter Mehrheit daher innerhalb der Regelung des Satzes 3 zur nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft um eine Ausnahme handelt. § 130 Abs. 5 [X.] spricht nicht eindeutig dafür, dass die gesamte Hauptversammlung einheitlich beurkundet werden muss. Zwar sieht Absatz 5 als Regelfall die Einreichung einer öffentlich beglaubigten Abschrift der Niederschrift vor, während nur im Fall des Absatzes 1 Satz 3 eine vom [X.] unterzeichnete Abschrift genügt. Wenn eine ge-mischte Protokollierung durch Notar und Aufsichtsratsvorsitzenden möglich ist, lässt sich das aber auch dahin verstehen, dass eine öffentlich beglaubigte Ab-schrift einzureichen ist, soweit notariell beurkundet ist, und im Übrigen, nämlich für alle [X.]eschlüsse, die von Absatz 1 Satz 3 erfasst werden, eine vom [X.] unterzeichnete Abschrift. Dass insgesamt nur eine als unbestimmter Artikel zu verstehen ist, lässt sich § 130 Abs. 5 [X.] nicht entnehmen.
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dd) Der Zweck der notariellen Niederschrift, bei [X.]eschlüssen mit qualifi-zierter Mehrheit für eine erhöhte Rechtssicherheit zu sorgen, sagt ebenfalls we-nig darüber aus, ob eine einheitliche [X.]eurkundung erforderlich ist oder nicht. Es i-cherheit der notariellen Niederschrift profitieren zu lassen, nur weil sie in der-selben Hauptversammlung gefasst werden.
ee) Die durch eine doppelte Protokollierung möglicherweise auftretenden Schwierigkeiten sind in der Regel überwindbar und können genauso bei der [X.]eurkundung durch einen oder mehrere Notare auftreten. Es gibt kein Verbot, eine Hauptversammlung mehrfach zu beurkunden ([X.]GH, Urteil vom 16.
Februar 2009 -
II ZR 185/07, [X.]GHZ 180, 9 Rn. 8 -
Kirch/Deutsche [X.]ank).

werden, ist zwar grundsätzlich eine Zuordnung von Erklärungen bzw. Wider-sprüchen zum [X.]eschlussgegenstand erforderlich. Das führt aber nicht dazu, dass Erklärungen und Widersprüche auch in derselben Form wie der dazuge-hörige [X.]eschluss protokolliert sein müssen. Die Protokollierung eines -
grundsätzlich an keine Form gebundenen (vgl. [X.]/[X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 130 Rn. 247 mwN)
-
Widerspruchs kann ebenso wie die von Fragen bzw. Auskunftsverweigerungsgründen auch der privatschriftlichen Niederschrift des Aufsichtsratsvorsitzenden überlassen bleiben, weil es sich nicht um die [X.]e-schlussfassung im engeren Sinn handelt. Auch eine nur vom [X.] unterzeichnete Niederschrift muss Fragen, Auskunftsverweigerungs-gründe und Widersprüche dokumentieren; es ist kein Grund ersichtlich, warum er sie nicht auch dann protokollieren kann, wenn der [X.]eschluss, auf
den sich die Frage oder der Widerspruch bezieht, notariell beurkundet werden muss.
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Wenn aus der Niederschrift selbst der Tagesordnungspunkt nicht er-kennbar ist, zu dem eine Frage oder ein Widerspruch aufgenommen ist, kann eine Zuordnung erschwert oder verhindert werden. Solche [X.] können sich aber auch in ausschließlich vom Notar gefertigten Protokollen stellen. Sie sind keine Folge der getrennten Protokollierung, sondern einer [X.] Protokollierung. Die möglicherweise höhere Gefahr einer [X.] Protokollführung bei Niederschriften, die nur vom Aufsichtsratsvorsit-zenden unterzeichnet werden, hat der Gesetzgeber mit der Öffnung der [X.]eur-kundung für die nicht speziell dafür ausgebildeten Aufsichtsratsvorsitzenden in [X.] genommen.
(2) Auch bei der Protokollierung von [X.]n wie der Ab-setzung oder Vertagung von Tagesordnungspunkten oder über einen Debat-tenschluss entstehen keine besonderen Schwierigkeiten durch eine gemischte Niederschrift. [X.] bedürfen grundsätzlich nicht derselben (qualifizierten) Mehrheit wie [X.], auf die sie sich beziehen, son-dern können mit einfacher Mehrheit gefasst werden (Rieckers in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 133 Rn. 32; [X.]/[X.], 3. Aufl.,
§ 133 Rn. 31). Sie sind daher nicht schon deshalb notariell zu protokollieren, weil sie einem [X.]eschluss zuzuordnen sind, für den eine Dreiviertel-
oder größere Mehrheit vorgeschrieben ist. Wenn wegen der verschiedenen Urkunden eine eindeutige Zuordnung der [X.] nicht mehr sinnvoll möglich ist, liegt dies nicht an der [X.]eurkundung durch verschiedene Personen, sondern an einer un-klaren [X.]eschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter oder einer unklaren Protokollierung.
(3) Etwaige durch eine einander widersprechende Protokollierung von Fragen bzw. Antwortverweigerungsgründen oder eines Widerspruchs im Falle verschiedener Niederschriften des Notars und des Aufsichtsratsvorsitzenden 18
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entstehende [X.]eweisprobleme sind lösbar. Sie können auch bei der vollständi-gen Protokollierung in notarieller Form auftreten, ohne dass dabei die [X.] der Protokollierung in Frage gestellt ist. Die Protokollierung der Fragen und Antwortverweigerung bei § 131 Abs. 5 [X.] und des Widerspruchs bei § 245 Nr. 1 [X.] dient [X.]eweiszwecken und ist nicht Voraussetzung für die [X.], die sich aus der Nichtbeantwortung einer vom Aktionär gestellten Frage ergeben ([X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 131 Rn. 43), oder für die Wirksamkeit eines Widerspruchs ([X.]/[X.], 3. Aufl., § 245 Rn. 39 mwN; vgl. [X.], 291, 293). Zwar ist die [X.]eweiswirkung der eingereichten Niederschrif-ten eingeschränkt, wenn zwei Protokolle gefertigt werden und in einem Proto-koll eine Frage oder ein Widerspruch enthalten sind, im anderen aber nicht. Aber auch bei einem ausschließlich von einem Notar gefertigten Protokoll kann der Aktionär beweisen, dass entgegen dem Schweigen der Niederschrift eine Frage gestellt oder ein Widerspruch zur Niederschrift erklärt, aber nicht aufge-nommen worden ist (vgl. [X.]/[X.], 3. Aufl., § 245 Rn. 39 mwN; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 245 Rn. 29). Insoweit erleichtert es dem Aktionär sogar den [X.]eweis des zu Protokoll erklärten Widerspruchs oder der gestellten und nicht beantworteten
Frage, wenn sie in einer Niederschrift bei Schweigen des anderen Protokolls enthalten sind.
(4) Unterschiedliche Feststellungen zu den gefassten [X.]eschlüssen und eine unterschiedliche Wiedergabe des Inhalts der [X.]elege über die Einberufung nach § 130 Abs. 3 [X.] führen ebenfalls nicht zu unüberwindbaren Schwierig-keiten bei der [X.]eweisführung. Dem notariellen Protokoll kommt nach § 415 Abs.
1 ZPO besondere [X.]eweiskraft zu ([X.]GH, Urteil vom 16.
Februar 2009 -
II
ZR 185/07, [X.]GHZ 180, 9 Rn. 12 -
Kirch/Deutsche [X.]ank), während das pri-vatschriftliche Protokoll durch den Aufsichtsratsvorsitzenden grundsätzlich der freien [X.]eweiswürdigung gemäß § 286 ZPO unterliegt ([X.] in [X.]/
[X.], [X.], 2. Aufl., § 130 Rn. 1), so dass mit einem anderen Inhalt der [X.]
-
12
-
chen Niederschrift allein kein Gegenbeweis gegen den Inhalt der vom Notar gefertigten Niederschrift geführt ist (§ 415 Abs. 2 ZPO). Eine [X.]eweiswürdigung zum [X.]eschlussinhalt kann auch bei einem ausschließlich notariell geführten Protokoll einer Hauptversammlung erforderlich werden, wenn -
wie nicht sel-ten
-
neben dem notariellen Protokoll eine privatschriftliche Aufzeichnung gefer-tigt wird.
2.
Der [X.]eschluss zu Tagesordnungspunkt 7 (Zustimmung zum [X.] eines [X.]eherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrags mit der Land-schafts-
und Grünanlagenbau M.

[X.] als beherrschter Gesell-schaft) ist dagegen nach § 241 Nr. 2 [X.] nichtig. Nach § 130 Abs. 1 Satz 3 [X.] war er notariell zu beurkunden, weil das Gesetz für den Zustimmungsbe-schluss der Aktiengesellschaft zu einem [X.]eherrschungs-
und Gewinnabfüh-rungsvertrag eine Dreiviertelmehrheit bestimmt. Nach § 293 Abs. 1 Satz 2, Abs.
2 [X.] wird ein [X.]eherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag, wenn die herrschende Gesellschaft eine Aktiengesellschaft ist, nur wirksam, wenn die Hauptversammlung mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel des bei der [X.]eschlussfassung vertretenen Grundkapitals zustimmt.
3.
Der [X.]eschluss zu Tagesordnungspunkt 6 (Ermächtigung des [X.] zum Erwerb eigener Aktien) ist nach § 241 Nr. 3 [X.] und damit aus anderen Gründen nichtig. Ein Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 [X.] muss eine Frist zur Geltungsdauer der [X.] festlegen. Ein Ermächtigungsbeschluss, der keine konkrete Frist enthält, ist nach § 241 Nr. 3 [X.] nichtig, weil die Vorschrift des § 71 Abs. 1 Nr. 8 [X.] dem Gläubigerschutz dient ([X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 71 Rn. 19e;
[X.]/Rachlitz, [X.], § 71 Rn. 61; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 71 Rn. 107; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 71 Rn. 197; Drygala in KK-[X.], 3. Aufl., § 71 Rn. 137).
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Der [X.]eschluss zu Tagesordnungspunkt 6, mit dem der Vorstand zum Erwerb eigener Aktien der [X.]eklagten nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 [X.] ermächtigt wurde, enthält keine Frist. Eine Frist über die Geltungsdauer lässt sich dem [X.]e-schluss auch nicht durch Auslegung entnehmen. Zwar können [X.], die den Aktionären bei Einberufung der Hauptversammlung ihrem wesentli-chen Inhalt nach bekanntgemacht wurden, bei der Auslegung von Hauptver-sammlungsbeschlüssen herangezogen werden, wenn sie gemäß § 130 Abs. 3 [X.] der Niederschrift als Anlage beigefügt oder inhaltlich in die Niederschrift aufgenommen worden sind ([X.]GH, [X.]eschluss vom 30.
Januar 1995 -
II
ZR
132/93, [X.], 372, 373; Urteil vom 16.
Dezember 1991 -
II
ZR
58/91, [X.]GHZ 116, 359, 366). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Aus dem in der Niederschrift festgehaltenen Vortrag des [X.]vorsitzenden in der Hauptversammlung zur Ermächtigung ergibt sich nichts zu einer Frist. In dem von der [X.]eklagten während des Rechtsstreits vor-gelegten [X.]eschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 6 ist zwar eine Frist ent-halten. Dass der Wortlaut dieses [X.]eschlussvorschlags der Hauptversammlung bei der Einberufung bekanntgegeben wurde und als Anlage zur Niederschrift genommen wurde, ist aber nicht ersichtlich.
4. Der [X.]eschluss zu Tagesordnungspunkt 3 über die Gewinnverwendung ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht nach §§ 253, 241 Nr. 3 [X.] wegen eines Verstoßes gegen die [X.]indung an den festgestellten Jahresabschluss nichtig. Allerdings ist die Hauptversammlung beim [X.]eschluss über die Verwendung des [X.]ilanzgewinns an den festgestellten Jahresabschluss gebunden (§ 174 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Wenn der Gewinnverwendungsbe-schluss die [X.]indung an den Jahresabschluss nicht beherzigt, führt dies nach allgemeiner Auffassung zur Nichtigkeit nach § 241 Nr. 3 [X.] (MünchKomm
[X.]/[X.], 3. Aufl., § 253 Rn. 7; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., §
253
Rn. 2; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 253 Rn. 8; [X.]/[X.], 23
24
-
14
-
[X.], 11. Aufl., § 253 Rn. 3), insbesondere wenn ein anderer [X.]etrag als der im Jahresabschluss ausgewiesene [X.]ilanzgewinn verteilt wird ([X.] in [X.]/
[X.], [X.], 2. Aufl., § 253 Rn. 4 f.).
Aus dem Vortrag der Klägerin, nach dem Gewinnverwendungsbeschluss sei eine Einstellung in die Gewinnrücklagen in Höhe von insgesamt

Abweichung von einem Cent vor, ergibt sich eine Abweichung des [X.]eschlusses über die Verwendung des [X.]ilanzgewinns vom festgestellten Jahresabschluss, den die Klägerin nicht [X.] hat, aber nicht. Soweit mit dem Gewinnverwendungsbeschluss gegen §
174 Abs. 2 [X.] verstoßen worden sein sollte, wäre der Gewinnverwen-dungsbeschluss nur anfechtbar, aber nicht nichtig. Verstöße gegen § 174 Abs.
2 [X.] bilden keinen [X.], sondern können nur zur Anfecht-barkeit führen ([X.]/[X.], 3. Aufl.,
§ 253 Rn. 7; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 253 Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., §
253 Rn. 7; [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 253 Rn. 5; [X.]/

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[X.], [X.], 11.
Aufl., § 253 Rn. 3). Die Klägerin hat ihre [X.]eschlussmängelkla-ge aber erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist erhoben (§ 254 Abs. 2, § 246 Abs. 1 [X.]).

[X.]ergmann

Caliebe

Reichart

Drescher

[X.]orn
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.06.2013 -
1 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.04.2014 -
2 [X.] -

Meta

II ZR 181/14

19.05.2015

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2015, Az. II ZR 181/14 (REWIS RS 2015, 10937)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10937

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