Bundessozialgericht, Urteil vom 02.09.2014, Az. B 1 KR 11/13 R

1. Senat | REWIS RS 2014, 3188

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Krankenversicherung - augenärztliche Behandlung - Erkrankung an altersbedingter Makuladegeneration (AMD) - Individualanspruch - Versorgung mit Lucentis - Anspruch auf Kostenerstattung für selbst beschaffte privatärztliche Verordnung und Behandlung bei grundlosem Fehlen einer entsprechenden Abrechnungsposition - Kostenfreistellung zur Vermeidung von Mehrkosten eines Kostenerstattungsanspruchs


Leitsatz

1. Erkranken Versicherte, haben sie gegen ihre Krankenkasse einen konkreten Individualanspruch auf Krankenbehandlung, nicht bloß ein subjektiv öffentlich-rechtliches Rahmenrecht oder einen Anspruch dem Grunde nach.

2. Kann ein Versicherter seinen Anspruch auf gebotene vertragsärztliche Versorgung mit einem Fertigarzneimittel wegen grundlosen Fehlens einer Abrechnungsposition nicht verwirklichen, hat er Anspruch auf Kostenerstattung oder -freistellung für entsprechende selbst beschaffte privatärztliche Verordnung und Behandlung.

3. Will eine Krankenkasse Mehrkosten eines Kostenerstattungsanspruchs aufgrund einer fälligen, eventuell aber überhöhten ärztlichen Privatabrechnung vermeiden, muss sie dem Versicherten Kostenfreistellung für den Rechtsstreit über die Abrechnung anbieten.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2478 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Umfang zu gewährender Kostenerstattung für die privatärztliche Behandlung mit dem Fertigarzneimittel [X.].

2

Die Klägerin ist Alleinerbin des verwitweten, 2009 verstorbenen, bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versichert gewesenen J (im Folgenden: Versicherter). Der Versicherte litt unter altersbedingter Makuladegeneration beidseits, überwiegend klassisch subfoveal mit subretinaler Blutung. Er beantragte wegen deutlicher Aktivität und Visusabfall auf 0,1, die Kosten für drei privatärztliche intravitreale Injektionen in das rechte Auge mit [X.] zu übernehmen (13.8.2007; Bescheinigung des Augenarztes Priv.-Doz. Dr. L. vom 10.8.2007), da diese indizierte Leistung nicht in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen war. Das europaweit zur Behandlung der altersbedingten feuchten Makuladegeneration zugelassene (22.1.2007) Fertigarzneimittel [X.] (Wirkstoff: Ranibizumab) ist ein monoklonaler Antikörper. Dieser hemmt ein Protein, das an der Ausbildung kleiner Blutgefäße beteiligt ist ([X.]). Die Zulassung umschreibt als Art der Anwendung "Durchstechflasche zum einmaligen Gebrauch. Nur zur intravitrealen Anwendung". Der Apothekenverkaufspreis von [X.] belief sich im Zeitpunkt der Antragstellung und Durchführung der Injektionen auf 1523,26 [X.] je [X.]. Die Beklagte bewilligte dem Versicherten die Medikamentenkosten für drei [X.]injektionen bis zur Höhe von 2400 [X.] zuzüglich der Behandlungskosten bis zur Höhe von 891,78 [X.] abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung. Es sei möglich, die vertriebene [X.] auf zwei oder drei patientengerechte Darreichungsformen aufzuteilen. Das [X.] habe sich hierzu bereit erklärt (Bescheid vom [X.]). Der Versicherte machte mit seinem Widerspruch geltend, er habe einen Leistungsanspruch auf die Verabreichung von [X.] mit bloß einmaliger Verwendung der Durchstechflasche entsprechend der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Bei Verwendung als Rezeptur anstelle des Fertigarzneimittels entfalle auch die Gefährdungshaftung des pharmazeutischen Unternehmers (§ 84 [X.] <[X.]>). Der Versicherte vereinbarte mit Priv.-Doz. Dr. L. private Behandlung mittels "Injektion eines Medikamentes in den Glaskörper" nach Maßgabe der Gebührenordnung für Ärzte ([X.]; pro Injektion 400 [X.]: 271,77 [X.] analog Ziff 1383 [X.] = Vitrektomie, Glaskörperstrangdurchtrennung, Faktor 1,865 sowie 128,23 [X.] gemäß Ziff 445 [X.] = Zuschlag bei ambulanter Durchführung, Faktor 1,0; keine Leistung der [X.]; 27.8.2007). Er erhielt von Priv.-Doz. Dr. L. drei intravitreale Injektionen mit privatärztlich verordnetem [X.] (16.10.2007, 15.11.2007 und 17.12.2007; Kosten insgesamt 5769,78 [X.]). Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27.11.2007). Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß zur vollen Erstattung der Kosten verurteilt (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat nach Annahme des [X.] der Beklagten in Höhe von 3291,78 [X.] die auf teilweise Klageabweisung in Höhe von 2478 [X.] gerichtete Berufung zurückgewiesen: Der Kostenerstattungsanspruch sei nicht auf diesen Umfang beschränkt (Urteil vom 28.2.2013).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 13 Abs 3, § 31 Abs 1, § 12 Abs 1 [X.]B V; § 21 [X.]; Art 3 Abs 1 VO ([X.]) 726/04 und §§ 6, 12 [X.]. Die Beklagte habe den Erstattungsbetrag rechtmäßig auf das Anerkannte beschränkt. Die Abrechnung sei nicht konform zur [X.] erfolgt.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 28. Februar 2013 aufzuheben, das Urteil des [X.] vom 12. Mai 2010 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie auf Zahlung von mehr als 3291,76 [X.] gerichtet ist.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten [X.] ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] die Berufung der Beklagten gegen das [X.] auch insoweit zurückgewiesen, als es die Beklagte über die von ihr anerkannten 3291,78 Euro hinaus zur Zahlung von weiteren 2478 Euro verurteilt hat. Die Beklagte lehnte es nämlich rechtswidrig ab, zunächst dem Versicherten und nach dessen Tod der [X.]lägerin als dessen Alleinerbin (§§ 58, 59 [X.]) die vollen [X.]osten für selbst beschaffte drei intravitreale Injektionen mit privatärztlich verordnetem [X.] in Höhe von insgesamt 5769,78 Euro zu erstatten. Die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage § 13 [X.] S 1 Fall 2 [X.] (dazu 1.) sind erfüllt. Die Beklagte lehnte es zu Unrecht ab, die vollen [X.] vorab zu übernehmen und unmittelbar mit dem Leistungserbringer abzurechnen. Die Beklagte konnte den Versicherten nicht auf Leistungen mittels Auseinzelung von [X.] verweisen (dazu 2.). Der Versicherte beschaffte sich deshalb die notwendige Behandlung selbst (dazu 3.). Dadurch entstanden ihm die geltend gemachten [X.]osten (dazu 4.).

8

1. Rechtsgrundlage für die Erstattung der [X.]osten ist § 13 [X.] S 1 Fall 2 [X.] (hier anzuwenden in der seit 1.7.2001 geltenden Fassung des Art 5 [X.] Buchst b [X.]X Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, [X.] 1046). Die Norm bestimmt: Hat die [X.] eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung [X.]osten entstanden, sind diese von der [X.] in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der in Betracht kommende [X.]ostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die [X.]n allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB [X.], 190 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.]1 mwN - [X.]; [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]3; [X.], 137 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]5; vgl zum Ganzen: [X.] in [X.], Handbuch der [X.]rankenversicherung, [X.], 19. Aufl, Stand: 1.1.2013, § 13 [X.] Rd[X.] 233 ff). Versicherte haben aus § 27 [X.] nicht lediglich ein bloßes [X.] Rahmenrecht oder einen bloßen Anspruch dem Grunde nach (so noch [X.], 271, 279 = [X.]-2500 § 13 [X.] f = Juris Rd[X.]7), sondern einen konkreten [X.], dessen Reichweite und Gestalt sich aus dem Zusammenspiel mit weiteren gesetzlichen und untergesetzlichen Rechtsnormen ergibt (zum [X.] Versicherter vgl BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 [X.]R 32/04 R - Rd[X.]4, [X.] 2007, 276; [X.], 241 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]1 mwN; [X.] in [X.], Handbuch der [X.]rankenversicherung, [X.], 19. Aufl, Stand 1.1.2013, § 13 [X.] Rd[X.]3 f). Für den Anspruch aus § 13 [X.] S 1 [X.] genügt es, dass der Versicherte zwar keinen [X.] oder Sachleistungsanspruch nach Maßgabe des Leistungserbringungsrechts hat, wohl aber einen sachleistungsersetzenden [X.]ostenerstattungs- oder -freistellungsanspruch wegen Systemversagens. So liegt es hier.

9

2. Der Versicherte hatte zur [X.] 2007 einen Naturalleistungsanspruch auf drei intravitreale Injektionen mit ärztlich verordnetem [X.] wegen feuchter Makuladegeneration. Welche Leistungen die [X.]n allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben, bemisst sich grundsätzlich nach dem Zusammenspiel von Leistungs- und Leistungserbringungsrecht (dazu a). Der Versicherte hatte zwar keinen Naturalleistungsanspruch auf intravitreale Injektionen mit privatärztlich verordnetem [X.] nach Maßgabe des Leistungserbringungsrechts, als die Beklagte den Antrag teilweise ablehnte. Denn es fehlte an einer Abrechnungsposition für eine vertragsärztliche intravitreale Injektion im [X.] (dazu b). Der Versicherte hatte aber wegen Systemversagens einen Anspruch gegen die Beklagte darauf, dass sie die vollen [X.]osten der Injektionen vorab übernimmt, unmittelbar mit dem Leistungserbringer abrechnet und ihn freistellt oder sie ihm erstattet. Zu Unrecht lehnte es die Beklagte ab, dem Versicherten Freistellung oder Erstattung der [X.]osten der Injektionen in vollem Umfang zu gewähren (dazu c).

a) Die Beklagte hatte dem Versicherten im Rahmen der [X.]rankenbehandlung sowohl ärztliche Behandlung als auch Arzneimittelversorgung zu gewähren. Sie war nach § 27 Abs 1 S 2 [X.] [X.] dem Versicherten zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet, die vom Anspruch auf [X.]rankenbehandlung umfasst ist. Versicherte haben hiernach Anspruch auf [X.]rankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine [X.]rankheit - hier altersbedingte feuchte Makuladegeneration rechts, überwiegend klassisch subfoveal mit subretinaler Blutung - zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder [X.]rankheitsbeschwerden zu lindern. Die [X.]rankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung der Versicherten ua mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 [X.] [X.]; § 31 [X.]; [X.], 218 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.] mwN). Versicherte erhalten grundsätzlich die krankheitsbedingt notwendigen, nicht der Eigenverantwortung (§ 2 Abs 1 S 1 [X.]) zugeordneten Arzneimittel (§ 27 Abs 1 S 2 [X.] [X.]) aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen [X.]rankenversicherung ([X.]) aufgrund vertragsärztlicher Verordnung (BSG [X.]-2500 § 13 [X.] Rd[X.]4; [X.], 146 = [X.]-2500 § 35 [X.], Rd[X.]). Die Arzneimittel müssen hierzu apotheken- (§ 31 Abs 1 [X.]) und grundsätzlich - wie [X.] - verschreibungspflichtig sein (vgl § 34 Abs 1 S 1 [X.] und zB [X.], 30 = [X.]-2500 § 34 [X.], Rd[X.]1 ff - [X.] forte, hierzu [X.] Nichtannahmebeschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - [X.] 2013, 297; [X.], 183 = [X.]-2500 § 34 [X.], Rd[X.]5 ff mwN).

Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 [X.] ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, ggf modifiziert durch die Grundsätze grundrechtsorientierter Auslegung (vgl § 2 Abs 1a [X.], zuvor [X.]E 115, 25 = [X.]-2500 § 27 [X.] sowie zB BSG [X.]-2500 § 18 [X.] Rd[X.]4 mwN zur Rspr).

aa) [X.] eines Versicherten mit einem Fertigarzneimittel zur [X.]rankenbehandlung erfordert, dass es zu Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne gibt, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zB [X.], 1 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.] mwN). Hierzu bedarf es bei Fertigarzneimitteln der erfolgreichen arzneimittelrechtlichen Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Mittels (vgl § 1 [X.]; [X.], 132 Rd[X.] f, 20 = [X.]-2500 § 31 [X.] Rd[X.]6 f, 27 - Wobe-Mugos E; dem folgend zB BSG [X.]-2500 § 106 [X.] Rd[X.]). Dementsprechend sind Fertigarzneimittel mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 1, § 12 Abs 1 [X.]) grundsätzlich nicht von der Leistungspflicht der [X.] nach § 27 Abs 1 S 2 [X.] und 3, § 31 Abs 1 S 1 [X.] umfasst, wenn ihnen für die beabsichtigte Behandlung die nach § 21 Abs 1 [X.] (§ 21 neugefasst durch Bekanntmachung vom 12.12.2005, [X.] 3394, hier anzuwenden mit der Einfügung durch Art 2 [X.] Gesetz vom 20.7.2007, [X.] 1574 [X.]) erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (vgl zB [X.], 153 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 22 mwN - D-Ribose; [X.], 112 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]5 - Ilomedin; BSG [X.]-2500 § 13 [X.]6 Rd[X.] - [X.]; [X.], 103 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.] mwN - [X.] Öl; BSG [X.]-2500 § 31 [X.]5 Rd[X.] mwN). [X.] war zur [X.] des Versicherten arzneimittelrechtlich zur intravitrealen Anwendung bei altersbedingter feuchter Makuladegeneration zugelassen.

bb) Die [X.]n sind nicht bereits dann für eine ärztliche Behandlung leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der [X.] umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 [X.] grundsätzlich nur dann der Fall, wenn zunächst der [X.] in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 [X.] [X.] eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat und der Bewertungsausschuss sie zudem zum Gegenstand des [X.] gemacht hat (stRspr, vgl zum Ganzen zB [X.], 126, 128 = [X.]-2500 § 87 [X.]; BSG [X.]-2500 § 13 [X.]7 Rd[X.]4; [X.], 241 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]3 mwN; [X.], [X.] 2007, 461, 464 mwN). Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 [X.] iVm § 135 Abs 1 [X.] wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der [X.]n erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den [X.]n geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl [X.], 190 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] - [X.]; [X.], 137 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]6, stRspr; zur Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten vgl früher § 91 Abs 9 [X.] idF des Art 1 [X.]0 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen [X.]rankenversicherung <[X.]-Modernisie-rungsgesetz> vom 14.11.2003, [X.] 2190; jetzt § 91 Abs 6 [X.] idF des Art 2 [X.]4 Gesetz zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen [X.]rankenversicherung <[X.]-[X.]-stärkungsgesetz> vom [X.], [X.] 378; zur Verfassungsmäßigkeit und ihrer Überprüfung vgl grundlegend [X.], 190 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.]4 ff mwN - [X.]; s auch zB [X.], 261 = [X.]-2500 § 35 [X.], Rd[X.] 26 mwN).

b) Als der Versicherte die Übernahme der [X.] bei der Beklagten beantragte, diese die Leistung ablehnte und der Versicherte sie sich anschließend selbst beschaffte, konnte die Beklagte die [X.] dem Versicherten nach Maßgabe des vertragsärztlichen Leistungserbringungsrechts nicht als Naturalleistung zur Verfügung stellen. Das beruhte darauf, dass der [X.] eine Empfehlung für intravitreale Injektionen nicht für erforderlich hielt, der [X.] (vgl § 87 Abs 1 [X.]) aber keine Position für intravitreale Injektionen enthielt. Der [X.] sah die Applikation von [X.] mittels intravitrealer Injektion nicht als neue ärztliche "Behandlungsmethode" im Sinne der [X.] an und lehnte aus diesem Grund eine Empfehlung ab. Der Bewertungsausschuss schuf für intravitreale Injektionen keine Abrechnungsposition im [X.]. Der [X.] sieht für solche Fälle auch keine Analogbewertung vor. Stationäre [X.]rankenhausbehandlung anstelle vertragsärztlicher Behandlung kam nicht in Betracht. [X.]rankenhausbehandlung ist nämlich nicht bereits deshalb erforderlich, weil eine bestimmte Leistung nach den Regeln der ärztlichen [X.]unst zwar ambulant erbracht werden kann, vertragsärztlich aber mangels positiver Empfehlung des [X.] oder Aufnahme einer Position in den [X.] nicht zu Lasten der [X.] geleistet werden darf (vgl BSG [X.]-2500 § 13 [X.]9, zum Fehlen einer [X.]-Empfehlung).

Der Versicherte hatte in dieser Situation auch keinen Anspruch auf zumindest vertragsärztliche Verordnung von [X.]. Denn eine vertragsärztliche Anwendung kam mangels [X.]-Position nicht in Betracht. Das Arzneimittel darf nur ärztlich angewendet werden, denn es ist allein zur intravitrealen Injektion bestimmt. Solche Injektionen dürfen aufgrund der zu beachtenden qualitativen Anforderungen an Präzision und Sterilität nur von Ärzten vorgenommen werden, was keiner näheren Darlegung bedarf. Eine isolierte vertragsärztliche Verordnung, bei der anschließend eine eigentlich gebotene vertragsärztliche Anwendung nicht gesichert ist, dient keinem zulässigen Zweck einer [X.]rankenbehandlung im Rahmen vertragsärztlicher Versorgung (§ 72 Abs 2 [X.]).

c) Der Versicherte hatte aber wegen Systemversagens einen sachleistungsersetzenden Freistellungs- oder [X.]ostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sind Leistungen in einem solchen Ausnahmefall in den [X.]-Leistungskatalog einbezogen, ohne dass es einer positiven Empfehlung des [X.] und einer Aufnahme der Methode in den [X.] bedarf. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats erstreckt den Anwendungsbereich der Regelung des § 13 [X.] S 1 Fall 2 [X.] über den ausdrücklich geregelten [X.]ostenerstattungsanspruch hinaus auch auf Fälle der [X.]ostenfreistellung (stRspr, vgl zB [X.], 241 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]0), wenn aufgrund Systemversagens eine Lücke im Naturalleistungssystem besteht, die verhindert, dass Versicherte sich die begehrte Leistung im üblichen Weg der Naturalleistung verschaffen können.

Grundsätzlich erbringt die [X.] den Versicherten - soweit hier von Interesse - vertragsärztliche Leistungen, indem sie - in der Regel vermittelt durch die [X.]assenärztlichen Vereinigungen ([X.], § 73 Abs 2, § 75 Abs 1 S 1 und 2 [X.]) - ihnen eine Vielzahl von zugelassenen Leistungserbringern verfügbar hält, unter denen sich die Versicherten den gewünschten Therapeuten frei auswählen und sich dann von ihm behandeln lassen (vgl [X.], 6 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]). Der Versicherte erhält die von ihm zu beanspruchenden Leistungen in der Regel dementsprechend nicht unmittelbar von der [X.] in Natur, sondern von Leistungserbringern. Die [X.]n bedienen sich regelmäßig der zugelassenen Leistungserbringer, um die Naturalleistungsansprüche der Versicherten zu erfüllen. Deshalb schließen sie über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den Vorschriften des Vierten [X.]apitels des [X.] Verträge mit den Leistungserbringern (vgl § 2 Abs 2 S 3 [X.] idF durch Art 4 [X.] Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27.12.2003, [X.] 3022; zuvor § 2 Abs 2 S 2 [X.]). Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung Zugelassenen (Ärzte etc) frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden (§ 76 Abs 1 S 1 und 2 [X.], hier anzuwenden in der Fassung durch Art 6 [X.]7 Gesetz vom 28.5.2008, [X.] 874 mWv 1.7.2008).

Dem Wahlrecht der Versicherten entsprechen die ihnen erwachsenden Obliegenheiten, um [X.] zu erhalten. Sie haben regelmäßig einen der zugelassenen Ärzte etc auszuwählen und zur Behandlung unter Vorlage der [X.]rankenversicherungskarte aufzusuchen. Dabei ist den Versicherten geläufig, dass sie die Leistungen abgesehen von gesetzlichen Zuzahlungen kostenfrei erhalten. Wenn sie dagegen eine Leistung außerhalb des [X.] in Anspruch nehmen wollen, etwa weil die Versorgung mit zugelassenen Leistungserbringern vermeintlich nicht sichergestellt ist, müssen sie vorher die [X.] aufsuchen, um ihr zu ermöglichen, die angebliche Versorgungslücke zu überprüfen. Die Prüfung der [X.] ist auf das Vorhandensein einer Versorgungslücke beschränkt, die aus dem konkreten ärztlich festgestellten Bedarf erwächst, und erstreckt sich lediglich auf die Möglichkeiten, sie zu schließen (vgl zum Ganzen [X.] 99, 180 = [X.]-2500 § 13 [X.]5, Rd[X.]2 ff mwN).

Welche Leistungen die [X.]n allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben, bemisst sich grundsätzlich - wie dargelegt - nach dem Zusammenspiel von Leistungs- und Leistungserbringungsrecht. Fehlt es an den erforderlichen Regelungen, um Versicherten die gebotenen Leistungen in der dargelegten Weise zu verschaffen, müssen die [X.]n hierfür durch Vorkehrungen außerhalb des [X.] Sorge tragen. Hierzu dient die Rechtsgrundlage des § 13 [X.] S 1 Fall 2 [X.]. Es genügt in diesem Sinne für den Anspruch auf [X.]ostenfreistellung aus § 13 [X.] S 1 Fall 2 [X.], dass der Versicherte zwar keinen [X.] oder Sachleistungsanspruch nach Maßgabe des Leistungserbringungsrechts hat, wohl aber einen sachleistungsersetzenden [X.]ostenerstattungs- oder -freistellungsanspruch wegen Systemversagens. Der Anspruch sichert, dass Versicherte ihren [X.] trotz der Mängel im System der Leistungserbringung verwirklichen können.

Der Senat hat dies bereits bejaht, wenn der [X.] bei seiner Entscheidung gegen höherrangiges Recht verstieß (vgl zB [X.], 62, 67 f = [X.]-2500 § 27a [X.]), etwa weil er objektiv willkürlich ein sektorenübergreifendes Prüfverfahren nicht auf eine Empfehlung einer Methode für eine spezifische Indikation für die vertragsärztliche Versorgung erstreckte. In solchen Fällen gibt § 13 [X.] S 1 Fall 2 [X.] Versicherten ua das Recht, von ihrer [X.] zu verlangen, von den [X.]osten der betreffenden Leistung freigestellt zu werden, wenn sie notwendig ist (vgl dazu [X.], 62, 74 f = [X.]-2500 § 27a [X.]; [X.], 241 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]6 mwN; [X.], [X.] 2007, 461, 464). Gleiches gilt, wenn zwar der [X.] rechtmäßig über eine Empfehlung entschied, der Bewertungsausschuss aber eine danach mögliche Aufnahme (mindestens) einer Abrechnungsposition in den [X.] unterließ, obwohl ohne (mindestens) eine solche Leistungsposition im [X.] die gebotene ambulante Versorgung der Versicherten nicht möglich ist (vgl in diesem Sinne auch [X.], 239, 243 = [X.]-2500 § 87 [X.]4 S 50; [X.], 247, 253 = [X.]-2500 § 135 [X.]1; [X.] in jurisP[X.]-[X.], 2. Aufl 2012, § 87 Rd[X.]1; [X.], [X.] 2007, 461, 464; vgl auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand August 2014, [X.] § 87 Rd[X.]3 mwN). So liegt der Fall hier.

Der [X.] hielt rechtmäßig eine Empfehlung einer intravitrealen Injektion als neue Behandlungsmethode nicht für erforderlich (§ 135 Abs 1 S 1 [X.]). Er ging vertretbar davon aus, die Applikation von [X.] mittels intravitrealer Injektion nicht als neue ärztliche "Behandlungsmethode" im Sinne der [X.] zu qualifizieren. Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der [X.] sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches [X.]onzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter [X.]rankheiten rechtfertigen soll (vgl zB [X.], 233, 237 = [X.]-2500 § 31 [X.] - [X.]; vgl [X.], 51, 60 = [X.]-2500 § 27a [X.] 2 mwN; [X.], 241 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]5 mwN). Die Applikation von Arzneimitteln durch Injektionen in den menschlichen [X.]örper ist als wissenschaftliches [X.]onzept schon lange bekannt und als solche im [X.] abgebildet, nicht aber der spezielle [X.] der intravitrealen Injektion. Es hält sich jedenfalls im Rahmen des Ermessens des Normgebers [X.], aus diesem Grund für den Gesamtkomplex intravitrealer Injektionen keine zusätzliche Empfehlung auszusprechen.

Der Bewertungsausschuss kam demgegenüber ohne tragfähige Sachgründe zunächst seinem gesetzlichen Auftrag nicht nach, für intravitreale Injektionen Abrechnungspositionen im [X.] zu schaffen (vgl auch Antwort der Bundesregierung auf die [X.]leine Anfrage - BT-Drucks 17/10912 -vom 18.10.2012, BT-Drucks 17/11080 [X.]). Ohne diese Positionen ist die intravitreale vertragsärztliche Applikation von [X.] bei feuchter Makuladegeneration nicht möglich. Die Versorgung betrifft - unter Berücksichtigung insbesondere der Erkenntnisse aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung - mit dem Erhalt der Sehfähigkeit für betroffene Versicherte eine [X.]ernleistung der [X.]. Sie steht als solche - bei wie dargelegt bestehender Beachtung der gesetzlichen Vorgaben - nicht zur Disposition des untergesetzlichen Normgebers, mag er auch im Interesse des Patientenschutzes Regelungen zur Qualitätssicherung vorsehen. Erst ab Oktober 2014 wird der [X.] die Gebührenordnungsposition ([X.]) 31371 für den operativen Eingriff am rechten Auge, die [X.] 31372 für den operativen Eingriff am linken Auge und die [X.] 31373 für einen beidseitigen Eingriff enthalten, zudem für die Abrechnung der Verlaufskontrolle für das rechte Auge die [X.] 06334 und für das linke Auge die [X.] 06335. Für belegärztliche Operationen werden laut [X.]assenärztlicher Bundesvereinigung ([X.]ÄBV) analog dazu Gebührenordnungspositionen in das [X.]apitel 36 des [X.] aufgenommen. Ärzte, die die intravitreale Injektion danach vornehmen, benötigen eine Genehmigung ihrer [X.]ÄV. Eine Vereinbarung zur Qualitätssicherung, die die Anforderungen an die Ärzte definiert, soll ebenfalls zum 1.10.2014 in [X.] treten (vgl Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 328. Sitzung am 25.6.2014 zur Änderung des [X.], [X.] 2014, [X.] ff; [X.]ÄBV, Praxisnachrichten, [X.] bei Augenerkrankungen ab Oktober im [X.], 26.6.2014).

Die Beklagte musste den Versicherten nach der Rechtsfolge des § 13 [X.] S 1 [X.] in vollem Umfang für die selbst beschaffte Leistung von entstandenen [X.]osten freistellen oder diese in der entstandenen Höhe erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Reichweite des [X.]ostenerstattungsanspruchs bestimmt sich auch insoweit maßgeblich nach der konkreten Lücke im Leistungssystem, die er zu schließen hat (vgl [X.], 161 = [X.]-2500 § 13 [X.], Rd[X.]8, 23 mwN - [X.]; [X.], 289 = [X.]-2500 § 27 [X.] 23, Rd[X.]3; [X.] in [X.], Handbuch der [X.]rankenversicherung, [X.], 19. Aufl, Stand: 1.1.2013, § 13 [X.] Rd[X.] 274 mwN). [X.] die rechtswidrige Leistungsablehnung der [X.] eine privatärztliche Selbstverschaffung des Versicherten, beschränkt sich der Erstattungsanspruch auf eine der Naturalleistung entsprechende Leistung (vgl BSG [X.]-2500 § 13 [X.] Rd[X.], 27 mwN). Bei der Leistungskonkretisierung ziehen die Bestimmungen für privatärztliche Leistungen und nicht diejenigen für das Naturalleistungssystem die Grenzen für die Verschaffung einer entsprechenden Leistung. Nach den [X.], den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) war die Injektionsbehandlung des Versicherten mit [X.] notwendig (vgl zur Einbeziehung der Nachbehandlung der Injektion Urteil des Senats vom selben Tage - B 1 [X.]R 65/12 R -).

d) Der Versicherte musste sich auch nicht auf eine Auseinzelung von [X.] verweisen lassen. [X.] eine [X.] durch die konkrete Wahl des privatärztlichen Leistungserbringers entstehende Mehrkosten vermeiden, weil zB nicht die Grenzen des gesetzlichen Preisrechts der [X.] eingreifen, kann sie allerdings nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Versicherten im Rahmen ihrer die Leistungen ablehnenden Entscheidung auf konkrete günstige Möglichkeiten angemessener Selbstbeschaffung hinweisen (vgl [X.], 289 = [X.]-2500 § 27 [X.] 23, Rd[X.]4). Die Beklagte bot indessen dem Versicherten zur Schließung der Lücke im Versorgungssystem aufgrund des Systemversagens keine Möglichkeit angemessener Selbstbeschaffung an, auf die er sich im Interesse einer [X.]ostenminderungsobliegenheit hätte einlassen müssen.

Zu Recht hat das [X.] bereits darauf abgestellt, dass die arzneimittelrechtliche Zulassung für [X.] ua nur den einmaligen Gebrauch des Mittels und der Durchstechflasche umfasst, um Verunreinigungen durch Mehrfachentnahmen zu vermeiden. Aus diesem Grund regte der Ausschuss für Humanarzneimittel bei der [X.] (vgl Art 5 Abs 1 der VO [X.]26/2004 vom 31.3.2004, [X.], [X.]) eine Reduktion des [X.] an, um Mehrfachentnahmen zu verhindern. Die Stellungnahme des [X.], wonach Mehrfachentnahmen aus der [X.] enthaltenden Durchstechflasche die mikrobielle Sicherheit beeinträchtigen können und die Gefahr von Substanzveränderungen besteht (14.4.2010), bestätigt ebenfalls dieses Risiko. Es mag zwar zu erwägen sein, dass in vollem Umfang aufgeklärte Versicherte aufgrund freier Entscheidung sich auf ein solches oder vergleichbare Risiken einlassen können, wenn etwa eine Auseinzelung im Rahmen arzneimittelrechtlich zulässiger Anwendung des Arzneimittels unter Reinraumbedingungen erfolgt mit der Folge, dass der [X.] [X.]osteneinsparungen möglich sind. Die Versicherten trifft jedoch keinesfalls eine Obliegenheit, solch höhere Risiken im Interesse von [X.]osteneinsparungen hinzunehmen.

3. Der Versicherte beschaffte sich aufgrund des Systemversagens die in Rede stehende notwendige Behandlung selbst. Das folgt aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.]. Soweit die Beklagte demgegenüber meint, der Versicherte habe von vornherein Systemgrenzen nicht beachten wollen, greift dieser Einwand nicht durch. Selbst wenn man das - vom [X.] so nicht festgestellte - Vorbringen der Beklagten zugrunde legt, hielt sich der Versicherte im Rahmen der - wie aufgezeigt durch das Systemversagen geprägten - Systemgrenzen, wenn er sich die Injektionen von Priv.-Doz. Dr. L. besorgen wollte. Denn darauf hatte er Anspruch, wie oben dargelegt (vgl nochmals [X.], 289 = [X.]-2500 § 27 [X.] 23, Rd[X.]3).

4. Durch die selbst beschaffte Behandlung entstanden dem Versicherten auch die geltend gemachten [X.]osten. Die Beklagte zieht dies hinsichtlich der Arzneimittelkosten zu Recht nicht in Zweifel. Nach den [X.], den erkennenden Senat bindenden, nach dem Gesamtzusammenhang getroffenen Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) war der Versicherte bei der Behandlung 2007 nicht (mehr) zuzahlungspflichtig. Das [X.] hat mit zutreffenden Erwägungen aber auch bejaht, dass die Abrechnungen der ärztlichen Behandlung konform mit der [X.] sind. Bei der ärztlichen Gebührenordnung handelt es sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. Vorbehaltlich eines anders lautenden Bundesgesetzes verpflichtet § 1 Abs 1 [X.] alle Ärzte, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der [X.] zu berechnen (vgl hierzu zB BSG [X.]-2500 § 116b [X.] Rd[X.]; zum Anwendungsbereich auch [X.], 289 = [X.]-2500 § 27 [X.] 23, Rd[X.]7 ff). Die Fälligkeit der Vergütung hängt davon ab, dass die Rechnung die formellen Voraussetzungen der Regelung des § 12 Abs 2 bis 4 [X.] erfüllt. Dies entspricht dem Zweck der komplexen Regelung über den notwendigen Inhalt einer Rechnung, dem Zahlungspflichtigen, von dem weder medizinische noch gebührenrechtliche [X.]enntnisse erwartet werden können, eine Grundlage für eine Überprüfung der in Rechnung gestellten Leistungen zu geben. Die Fälligkeit wird nicht davon berührt, dass die Rechnung mit dem materiellen Gebührenrecht nicht übereinstimmt (vgl insgesamt [X.], 252, Rd[X.] ff).

Soweit der Versicherte im Rahmen der Selbstbeschaffung einer ihm vorenthaltenen [X.]-Leistung einer nach [X.] fälligen Forderung ausgesetzt ist, kann ihn die auf [X.]ostenerstattung in Anspruch genommene [X.] nicht darauf verweisen, er hätte auf eigenes Risiko einen Rechtsstreit gegen eine möglicherweise nach materiellem Gebührenrecht überhöhte Rechnung führen müssen. Dies würde vernachlässigen, dass die [X.] den Versicherten erst durch die rechtswidrige Leistungsablehnung oder Nichtleistung einer unaufschiebbaren Leistung in die Verlegenheit gebracht hat, sich das ihm [X.] selbst zu beschaffen. Die [X.] kann vielmehr dem Versicherten anbieten, ihn in einem Rechtsstreit auf Abrechnungsminderung zu unterstützen und von den [X.]osten freizustellen mit der Folge, dass sich bei einem Erfolg der Umfang der zu erstattenden [X.]osten reduziert. Die Beklagte machte hiervon keinen Gebrauch. Sie kann sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, die Abrechnung der intravitrealen Injektionen analog einer Vitrektomie nebst Zuschlag (§ 6 Abs 2 [X.], Ziff [X.], 445) entsprechend der seinerzeit bestehenden Empfehlung des [X.] sei überhöht gewesen, mag dies im Ergebnis auch nach später ergangener Rechtsprechung hinsichtlich des Zuschlags zutreffen (vgl zB [X.] Urteil vom 26.1.2011 - AN 15 [X.] 08.02057, AN 15 [X.] 10.00633, AN 15 [X.] 10.00634).

Anders läge es, wenn dem Versicherten etwa deshalb gar keine [X.]osten entstanden, weil der behandelnde Arzt anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der [X.] in Rechnung stellte und den Auslagenersatz pauschalierte (vgl zB BSG [X.]-2500 § 13 [X.]7 S 79 mwN; BSG [X.]-2500 § 116b [X.] Rd[X.] 22; [X.] NJW 1992, 737; [X.], 1879 ff). Trotzdem - ohne positive [X.]enntnis dieser Rechtslage - geleistete Zahlungen kann der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt hat (vgl BSG [X.]-2500 § 116b [X.] Rd[X.] 22; [X.], 1879 ff).

Der Versicherte war vorliegend indes entgegen der Auffassung der Beklagten nach diesem Maßstab fälligen, [X.]-konformen Forderungen ausgesetzt. Zu Recht hat das [X.] insoweit auch an offenkundigen, sich im Abgleich mit der zuvor abgeschlossenen korrekten Honorarvereinbarung ergebenden Schreibfehlern keinen Anstoß genommen. So enthielten die Rechnungen das Datum der Erbringung der Leistung, Nummer und Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistungen sowie den jeweiligen Betrag und den Steigerungssatz und für die Analogleistung unter Einbeziehung der Honorarvereinbarung vom 27.8.2007 eine für den Zahlungspflichtigen verständliche Beschreibung der entsprechend bewerteten Leistung ("Injektion eines Medikamentes in den Glaskörper") mit dem Hinweis "Analog" sowie der Nummer 1383 und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung "Vitrektomie, Glaskörperstrangdurchtrennung als selbständige Leistung".

5. Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 [X.], § 52 Abs 1 und [X.] sowie § 47 Abs 1 S 1 und [X.] G[X.]G.

Meta

B 1 KR 11/13 R

02.09.2014

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Köln, 12. Mai 2010, Az: S 5 KN 30/07 KR, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 SGB 5, § 12 Abs 1 SGB 5, § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB 5 vom 19.06.2001, § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 5, § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 5, § 31 Abs 1 S 1 SGB 5, § 34 Abs 1 S 1 SGB 5, § 72 Abs 2 SGB 5, § 87 Abs 1 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB 5, § 135 Abs 1 S 1 SGB 5, § 21 Abs 1 AMG 1976 vom 20.07.2007, § 1 Abs 1 GOÄ 1982, § 6 Abs 2 GOÄ 1982, § 12 Abs 2 GOÄ 1982, § 12 Abs 3 GOÄ 1982, § 12 Abs 4 GOÄ 1982, MVVRL, Nr 31372 EBM-Ä 2008 vom 25.06.2014, Nr 31373 EBM-Ä 2008 vom 25.06.2014, Nr 06334 EBM-Ä 2008 vom 25.06.2014, Nr 06335 EBM-Ä 2008 vom 25.06.2014

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 02.09.2014, Az. B 1 KR 11/13 R (REWIS RS 2014, 3188)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3188

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 1 KR 65/12 R (Bundessozialgericht)


B 1 KR 34/17 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Anspruch auf Nagelspangenkorrektur nur als vertragsärztliche Leistung - keine Verschaffung durch selbstständig tätige, …


B 1 KR 44/12 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Systemversagen bei objektiv willkürlicher Nichtempfehlung einer neuen Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss - …


B 1 KR 25/11 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankenkassenwechsel - Pflicht zur Erfüllung von bereits entstandenen Geldleistungsansprüchen durch frühere Krankenkasse - …


B 1 KR 6/20 R (Bundessozialgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 69/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.