Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.09.2011, Az. X B 113/10

10. Senat | REWIS RS 2011, 3533

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Gegenstand

Anforderungen an den Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage bei Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache - Abgrenzung eines Kapitalkontos von einem Darlehenskonto bei Einbringungsfällen


Leitsatz

1. NV: Ein schlüssiger und substantiierter Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage bei Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache erfordert die Darlegung, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Frage zweifelhaft und streitig ist.

2. NV: Es ist geklärt, dass die zur Abgrenzung eines Kapitalkontos von seinem Darlehenskonto im Rahmen des § 15a EStG entwickelten Grundsätze auch im Anwendungsbereich des § 24 UmwStG gelten.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) liegen entweder nicht vor oder sind nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O gebotenen Form dargelegt worden.

2

1. Sofern die Klägerin in der Versagung der Anwendung des § 24 des [X.]es ([X.]) in der im Streitjahr 2004 geltenden Fassung eine verschärfende, vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Auslegung der Vorschrift sieht, soweit die Gegenleistung für die Einbringung nicht ausschließlich in [X.] besteht, fehlt es an einer dem § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O entsprechenden Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O.

3

a) Macht der Beschwerdeführer geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O), so muss er zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Dafür ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert. Des Weiteren muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 22. März 2011 [X.]/10, [X.], 1165; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.). Hat der [X.] ([X.]) bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer darüber hinaus begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung zu dieser Frage für erforderlich hält. Hierzu muss er substantiiert vortragen, inwiefern und aus welchen Gründen die höchstrichterlich beantwortete Frage weiterhin umstritten ist, insbesondere welche neuen und gewichtigen, vom [X.] noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und/oder in der Literatur gegen die Rechtsprechung des [X.] vorgebracht worden sind (ständige [X.]-Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 [X.]/06, [X.]/NV 2007, 1705; vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 116 Rz 33, m.w.N.).

4

b) Die Beschwerde der Klägerin, die nicht ausdrücklich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützt ist, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

5

Die Klägerin hat es insbesondere versäumt, eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren.

6

Zudem bleibt unklar, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Die Beschwerdebegründung der Klägerin erschöpft sich im Wesentlichen in den Aussagen, der [X.] und Beschwerdegegner (das Finanzamt) und das Finanzgericht ([X.]) [X.] in der vorliegenden Einbringung einen entgeltlichen Veräußerungsvorgang, soweit die Gegenleistung nicht ausschließlich in [X.] erfolgt sei. Die Versagung der Anwendung des § 24 [X.] beruhe auf einer verschärfenden Auslegung der Vorschrift, die als Tatbestandsvoraussetzung lediglich eine Mitunternehmerstellung verlange. Dies werde in dem diesbezüglichen Schreiben des [X.] ([X.]) vom 25. März 1998 ([X.], 268) ohne weiteren Kommentar übergangen und in der Literatur streitig behandelt. Nachweise, die dieses Vorbringen stützen könnten, fehlen jedoch.

7

In Bezug auf das [X.]-Urteil vom 16. Dezember 2004 [X.]/00 ([X.]E 209, 62, [X.] 2005, 554) trägt die Klägerin lediglich vor, dass --aus ihrer Sicht-- kein vergleichbarer Sachverhalt vorliege, da der [X.] in diesem Urteil ausgeführt habe, dass nur Zahlungen in das Privatvermögen schädlich seien. Im Übrigen setzt sie sich mit der Rechtsprechung und den Auffassungen im Schrifttum zu der Frage der Einbringung gegen Vermögensvorteile, die nicht in [X.] bestehen, nicht (hinreichend) auseinander (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 8. Dezember 1994 [X.], [X.]E 176, 392, [X.] 1995, 599, und vom 11. Dezember 2001 [X.], [X.]E 197, 411, [X.] 2002, 420; aus dem Schrifttum: Widmann in Widmann/ [X.], Umwandlungsrecht, § 24 [X.] [X.] ff.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 24 Rz 62; [X.]/ [X.]/[X.], [X.], [X.], 5. Aufl., § 24 [X.] [X.] ff.; [X.]/Patt/[X.]/ [X.], [X.], 2. Aufl., Teil [X.] Rz 6.6.2; [X.]/Patt/ Pung/Möhlenbrock, [X.], 6. Aufl., § 24 Rz 59 ff., und Schlößer in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 24 Rz 77 f. und 146 ff.).

8

Soweit die Klägerin ausführt, dass eine klare Aussage des [X.] zu dieser Fragestellung noch fehle, kann ein solcher Hinweis allein nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache begründen (vgl. [X.]-Beschluss vom 23. August 1994 [X.]/94, [X.]/NV 1995, 412).

9

2. Mit ihrem Vorbringen, dass noch fraglich sei, ob die Kriterien zur Abgrenzung eines [X.] von einem Darlehenskonto, die weitgehend zu § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) herangezogen würden, auch für § 24 [X.] gelten könnten, vermag die Klägerin ebenso wenig die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache schlüssig und substantiiert darzutun.

Auch insoweit legt die Klägerin nicht --den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O entsprechend-- dar, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist.

Im Übrigen hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 12. Oktober 2005 [X.]/04 ([X.]/NV 2006, 521) --mit Hinweis auf das [X.]-Schreiben in [X.], 268, 339, Tz. 24.08 [X.]. dem [X.]-Schreiben vom 30. Mai 1997, [X.] 1997, 627, unter Nr. 4-- klargestellt, dass die zur Abgrenzung eines [X.] von einem Darlehenskonto im Rahmen des § 15a EStG entwickelten Grundsätze auch im Anwendungsbereich des § 24 [X.] gelten. Mit dieser Entscheidung hat sich die Klägerin nicht hinreichend auseinandergesetzt und insbesondere nicht aufgezeigt, aus welchen Gründen unbeschadet des zitierten Urteils ein weiterer Klärungsbedarf durch den [X.] besteht.

3. Ein Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O führen könnte, liegt nicht vor.

a) Soweit die Klägerin vorbringt, das [X.] sei auf das teilweise in der Literatur vertretene und bereits in der Klagebegründung vom 25. Januar 2009 vorgetragene Argument nicht eingegangen, dass ein Veräußerungsgewinn schon deshalb nicht entstehen könne, weil das steuerliche Betriebsvermögen nach der Einbringung genauso hoch gewesen sei wie vor der Einbringung, kann darin keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 [X.]O) gesehen werden.

Dem Anspruch auf rechtliches Gehör entspricht eine Verpflichtung des Gerichts, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen. Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es darf insbesondere Vorbringen unerörtert lassen, das nach seiner Rechtsauffassung unerheblich oder unsubstantiiert ist. Insbesondere braucht das [X.] nicht zu jeder Rechtsausführung der Beteiligten Stellung zu nehmen und im Einzelnen zu begründen, weshalb es dieser nicht folgt, wenn die tragenden rechtlichen Erwägungen für seine Entscheidung dargestellt werden ([X.]-Beschlüsse vom 10. Mai 2002 [X.]/01, [X.]/NV 2002, 1314, m.w.N., und vom 13. Juli 2004 [X.]/03, [X.]/NV 2004, 1544).

Im Übrigen trägt die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 15. Juni 2010 vor, ein Veräußerungsgewinn sei durch Bildung einer negativen Ergänzungsbilanz nicht entstanden bzw. der die Buchwerte übersteigende Betrag sei durch eine negative Ergänzungsbilanz neutralisiert worden. Dazu führt das [X.] in dem angefochtenen Urteil in den Entscheidungsgründen ausdrücklich aus, dass ein durch die "Zuzahlung" entstandener Gewinn nicht durch Erstellung einer entsprechenden negativen Ergänzungsbilanz vermieden werden könne.

b) Sollte die Klägerin mit ihrem Vorbringen, dass bisher keine Verluste entstanden seien und damit keine Verlustverrechnung habe vorgenommen werden können, eine unrichtige Darstellung des der Entscheidung des [X.] zu Grunde liegenden Sachverhalts rügen, kann auch dies keinen Verfahrensmangel begründen.

Einwendungen gegen die Richtigkeit des im [X.]-Urteil festgestellten Tatbestandes können nicht als Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O im [X.] gerügt werden, sondern müssen gegebenenfalls zum Gegenstand eines Antrags auf [X.] (§ 108 [X.]O) gemacht werden (z.B. Senatsbeschluss vom 15. Oktober 2008 [X.]/08, [X.]/NV 2009, 41). Dies gilt auch für entscheidungserhebliche Tatsachen, die lediglich in den Entscheidungsgründen des Urteils mitgeteilt werden (z.B. [X.]-Beschluss vom 24. April 2007 XI B 35/06, [X.]/NV 2007, 1268; Gräber/Stapperfend, a.a.[X.], § 108 Rz 3). Das [X.] hatte in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausgeführt, dass Verluste der [X.] entstanden und auf ein besonderes Konto gebucht worden seien.

4. Soweit die Klägerin sich mit ihrem Vortrag gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung richtet, kann die Zulassung der Revision nicht darauf gestützt werden. Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich genommen nicht die Zulassung der Revision (z.B. Senatsbeschluss vom 4. August 2010 [X.]/09, [X.]/NV 2010, 2102; Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 24, 68 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N.). Eine Ausnahme hiervon kommt nur dann in Betracht, wenn das angefochtene Urteil derart schwerwiegende Fehler bei der Auslegung des revisiblen Rechts aufweist, dass die Entscheidung des [X.] "objektiv willkürlich" erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (z.B. [X.]-Beschlüsse in [X.]/NV 2010, 2102, und vom 30. August 2001 [X.], 80/01, [X.]E 196, 30, [X.] 2001, 837). Dies ist nicht vorgetragen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O).

Meta

X B 113/10

07.09.2011

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 28. April 2010, Az: 2 K 1144/09, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 24 UmwStG 2002, § 15a EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.09.2011, Az. X B 113/10 (REWIS RS 2011, 3533)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3533

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