Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.10.2012, Az. 29 W (pat) 59/11

29. Senat | REWIS RS 2012, 1775

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "deli garage kraftstoff/Kraftstoff" – Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne – im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren besteht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes keine Begründungspflicht


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 017 774

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 31. Oktober 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und der Richterin am Landgericht Uhlmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

deli garage kraftstoff

3

ist am 23. März 2009 angemeldet und am 15. Mai 2009 unter der Nummer 30 2009 017 774 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für Waren und Dienstleistungen der

4

Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

5

Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere);

6

Klasse 35: Einzelhandelsdienstleistungen in den Bereichen: Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse, gartenwirtschaftliche Erzeugnisse, Tabakwaren und sonstige Genussmittel.

7

Gegen diese Marke, veröffentlicht am 19. Juni 2009, hat der Inhaber der älteren Wortmarke

8

Kraftstoff

9

Widerspruch erhoben. Sie wurde am 5. November 2004 unter der Nummer 304 52 731 in das Register eingetragen u. a. für Waren der

Klasse 33: Spirituosen und Liköre.

Der Widerspruch richtet sich nur gegen die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren der Klasse 33.

Die Markenstelle für Klasse 35 des [X.] hat mit Beschluss vom 30. März 2011 eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zwar seien die Vergleichsmarken in Klasse 33 für identische Waren eingetragen und die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die angegriffene Marke halte aber den erforderlichen deutlichen [X.] noch ein. Die Marken unterschieden sich deutlich in ihrer Wortlänge, woraus sich ein unterschiedlicher Sprech- und Betonungsrhythmus ergebe. Die allein bei der angegriffenen Marke vorangestellten Bestandteile „deli“ und „garage“ reichten aus, Hör- und [X.] zu vermeiden. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die angegriffene Marke im Sinne einer Tankstelle mit einem Angebot von Delikatessen, Autopflege- und –reparatur sowie Kraftstoffen verstehen. Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr könne aufgrund der unterschiedlichen Wortlänge und sowie der typischen Umrisscharakteristik der Bestandteile „deli garage“ ebenfalls ausgeschlossen werden. Für andere Arten von Verwechslungsgefahren sei nichts dargetan oder ersichtlich. Die jüngere Marke wirke nicht wie eine Weiterentwicklung der Widerspruchsmarke.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er ist der Ansicht, die in Klasse 33 für identische Waren registrierten Marken seien aufgrund des in beiden Zeichen enthaltenen Bestandteils „Kraftstoff“, der die angegriffene Marke präge, verwechselbar. „Kraftstoff“ sei auch kein Gattungsbegriff, der vernachlässigbar wäre. Im geschäftlichen Verkehr werde der Name „deli garage“ als Firmenname und „Kraftstoff“ als Produktname gebraucht. Alkoholische Getränke seien zunehmend auch Massenprodukte, weshalb die Aufmerksamkeit nicht besonders hoch eingeschätzt werden dürfe. Das Publikum erwarte unter der Bezeichnung „Garage“ keine Tankstelle, sondern eine mit [X.] abschließbare, überdachte und durch feste Wände umschlossene Abstellmöglichkeit für Fahrzeuge. In einer solchen Garage oder einer so im [X.] [X.] Raum bezeichneten [X.] werde kein Verkaufsgeschäft für Delikatessen und Getränke erwartet. Nur im [X.] Sprachraum würden manche Feinkostgeschäfte mit Imbiss als „deli“ bezeichnet. In der ehemaligen [X.] sei dieser Begriff (häufiger aber [X.]) maximal umgangssprachlich für die [X.] benutzt worden. Für Getränke, insbesondere Spirituosen werde dieser Begriff im [X.]n Sprachraum nicht einmal in Abkürzungen gebraucht. Die angegriffene Marke werde entweder ohne die Zusätze „deli garage“ verwendet oder die Zusätze werden so klein geschrieben, dass nur der Begriff „kraftstoff“ ins Auge falle, wie eine Internetrecherche ergeben habe ([X.]. 47 f. [X.]). Die Verzierung bzw. der Firmenname „deli garage“ verschwinde nahezu vollständig in der Außenwirkung ([X.]. 49 f. [X.]). Er sei weder zur Begründung seines Widerspruchs aufgefordert worden, noch sei ihm ein vermeintlich auf den Widerspruch antwortender Schriftverkehr der Inhaberin der angegriffenen Marke zur Kenntnis gebracht worden, so dass ihm die Möglichkeit einer Replik versagt geblieben sei.

Der Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss des [X.] vom 30. März 2011 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und vertritt die Auffassung, dass der von den sich überschneidenden Waren der „alkoholischen Getränken“ angesprochene Verbraucher aufgrund der Altersbegrenzung für hochprozentigen Alkohol ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit mitbringe. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei deutlich geschwächt, weil der Begriff „Kraftstoff“ oder „Sprit“ die in der Umgangssprache gebräuchliche Bezeichnung für Alkohol sei (Anlagen [X.], [X.]. 24 – 27 [X.], und [X.], [X.]. 28 – 31 [X.]). Der Bestandteil „deli garage“ der angegriffenen Marke schließe eine Verwechslungsgefahr sowohl klanglich, schriftbildlich als auch begrifflich aus. Es sei nicht ersichtlich, dass der Wortstamm „Kraftstoff“ Bestandteil von Serienmarken der Widersprechenden sei. Bei der Bewertung der Verwechslungsgefahr im Widerspruchsverfahren komme es nicht auf die Form der Nutzung an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1.

Die sich gegenüberstehenden Marken unterliegen nicht der Gefahr einer Verwechslung nach §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.], 865, 866 – [X.]; [X.], 598, 599 – Kleiner Feigling; [X.], 783, 784 – [X.]/[X.]; [X.], 60, 61 [X.]. 12 – [X.]; [X.], 859, 860 [X.]. 16 – [X.]; [X.] 2008, 405 [X.]. 10 – [X.]; [X.], 906 – [X.]; [X.], 258, 260 [X.]. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 484, 486 [X.]. 23 – Metrobus; [X.], 235 [X.]. 15 – [X.]/[X.]; [X.] [X.], 237, 238 – [X.]/PICASSO).

a)

Ausgehend von den beschwerdegegenständlichen Waren der angegriffenen Marke werden die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung identischer Waren verwendet.

Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.], 507, 508 – [X.]/R[X.], [X.], 601 – d-c-fix/CD-FIX; [X.] [X.] 2009, 47, 53 [X.]. 65 – Edition Albert René).

Die angegriffene Marke ist in Klasse 33 für „alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“ eingetragen. Die für die Widerspruchsmarke in Klasse 33 registrierten Waren „Spirituosen und Liköre“ sind alkoholische Getränke, so dass von identischen Waren auszugehen ist.

b)

Mit den vorgenannten Waren wird über den teilweise in Betracht kommenden Fachverkehr hinaus ein breites Publikum angesprochen.

Soweit allgemeine Verkehrskreise zu berücksichtigen sind, ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware und/oder Dienstleistung befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach der Art der Ware bzw. der in Anspruch genommen Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (BGH [X.] 2000, 140, 144 – [X.]/[X.]; GRUR 1998, 942, 943 linke Spalte – [X.]; [X.] [X.] 1999, 236, 239 [X.]. 24 – [X.]/Loint’s).

Die Aufmerksamkeit des Publikums bei der Auswahl der hier betroffenen alkoholischen Getränke wird, auch unter Berücksichtigung der Altersbegrenzung für hochprozentigen Alkohol, abhängig von der Preisklasse und dem Qualitätsniveau entweder bei alltäglichen [X.] gering oder bei Luxusartikeln erhöht sein. Es kann daher insgesamt von keinem höheren als einem normalen Aufmerksamkeitsgrad ausgegangen werden.

c)

Die Widerspruchsmarke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Das Wort „Kraftstoff“ bezeichnet einen Stoff, durch dessen Verbrennung ein Motor angetrieben wird. Es wird in der Regel synonym gebraucht für „[X.], Treibstoff“ oder umgangssprachlich „Sprit“ ([X.] – [X.], 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Dagegen ist „Kraftstoff“ gerade nicht beschreibend für „Spirituosen und Liköre“, denn um eine entsprechende Verbindung herzustellen, sind denklogisch zu viele Zwischenschritte notwendig.

Selbst wenn „Kraftstoff“ in der Umgangssprache eine gebräuchliche Bezeichnung für Alkohol wäre, wofür die Recherche des Senats allerdings keinen Beleg ergeben hat, so wird damit doch vielmehr auf den Ethanolgehalt in [X.] angespielt als auf ein alkoholhaltiges Getränk.

Das Wortzeichen „Kraftstoff“ ist damit für die Widerspruchswaren der Klasse 33 nicht beschreibend, so dass eine Reduzierung des Schutzumfangs nicht in Betracht kommt.

d)

Trotz Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand noch ein.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u.a. [X.] [X.], 428, 431 [X.]. 53 – [X.]; BGH [X.] 2000, 420, 421 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im ([X.] und im [X.] zu ermitteln.

Entgegen der Ansicht des Widersprechenden ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Widerspruchsverfahren allein auf die eingetragene Form der Vergleichsmarken abzustellen, unabhängig davon, wie sie tatsächlich verwendet werden (BGH [X.], 859, 860 [X.]. 17 – [X.]; [X.], 1067, 1069 – [X.]/[X.]). Es ist daher unerheblich, ob nach dem Vortrag und der Internetrecherche des Beschwerdeführers die angegriffene Marke entweder ohne die Zusätze „deli garage“ verwendet oder die Zusätze so klein geschrieben werden, dass nur der Begriff „kraftstoff“ ins Auge fällt ([X.]. 47 ff [X.]).

aa)

Die sich hier gegenüberstehenden Marken werden weder klanglich noch schriftbildlich noch begrifflich ähnlich wahrgenommen.

aaa)

Eine klangliche Verwechslungsgefahr besteht nicht.

Das jüngere Zeichen wird in seiner Gesamtheit als „deli garage kraftstoff“ wahrgenommen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, wonach die Worte „deli“ und „garage“ in der angegriffenen Marke hinter dem Begriff „kraftstoff“ zurücktreten.

http://de.wikipedia.org/wiki/....; http://www.abkuerzungen.de/result.php?searchterm=deli&language=de&stylestandard). Zudem wird der Begriff „deli“ im [X.] Sprachgebrauch ebenfalls für die Bezeichnung eines Delikatessgeschäfts gebraucht (www.leo.org), aber „deli“ ist keine übliche [X.] Abkürzung für Delikatessen bzw. einen [X.]. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der in der ehemaligen [X.] umgangssprachlich gebräuchliche Begriff „deli“ nunmehr im gesamten [X.] bekannt ist.

Demgegenüber bezeichnet „garage“ einen Raum zum Einstellen von Kraftfahrzeugen und wird selten auch als Synonym für eine Autowerkstatt verwendet ([X.] – [X.], a. a. O.).

Mithin wird der Bestandteil „deli garage“ entweder als Delikatesse(nladen) in Verbindung mit einer Garage oder Autowerkstatt verstanden oder dem Begriff „deli“ wird keine bestimmte Bedeutung zugemessen. Jedenfalls ist „deli garage“ keine beschreibende Angabe für alkoholische Getränke und tritt daher nicht hinter dem Wort „kraftstoff“ zurück. Innerhalb der angegriffenen Marke sind die [X.] jeweils gleich gewichtet, so dass diese gerade nicht allein durch den Bestandteil „kraftstoff“ geprägt wird.

Es stehen sich somit die Zeichen „deli garage kraftstoff“ und „Kraftstoff“ gegenüber. Die Vergleichsmarken unterscheiden sich bereits deutlich in ihrer jeweiligen Zeichenlänge, so dass [X.], [X.] sowie Sprech- und Betonungsrhythmus differieren. Die der angegriffenen Marke vorangestellten Elemente „deli garage“ führen zu einer doppelten Zeichenlänge sowie einer deutlich höheren Silbenanzahl als bei der Widerspruchsmarke, woraus automatisch ein unterschiedlicher Sprech- und Betonungsrhythmus resultiert. Zudem ist gerade der stärker beachtete Wortanfang bei der angegriffenen Marke eindeutig unterschiedlich gestaltet und lehnt sich weder in der [X.] noch in der Aussprache an die Widerspruchsmarke an.

bbb)

Die Vergleichsmarken unterscheiden sich auch in schriftbildlicher Hinsicht deutlich.

Bei der insoweit maßgeblichen visuellen Wahrnehmung ist zu berücksichtigen, dass das Schriftbild von Marken erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel sogar wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort (vgl. [X.] 43, 108, 114 – [X.]/[X.]; BPatG [X.], 950, 954 – [X.]). Den bildlichen Gesamteindruck bestimmen meist die Anfangs- und Schlusselemente von Wörtern stärker als die Wortmitte.

Neben dem gemeinsamen Bestandteil „Kraftstoff“ bildet das der jüngeren Marke vorangestellte Element „deli garage“ schon aufgrund seiner Umrisscharakteristik und der unterschiedlichen Wortlänge einen markanten Unterschied. Es wird zudem aufgrund seiner Stellung am [X.] visuell deutlich wahrgenommen und prägt maßgebend den optischen Gesamteindruck, wodurch sich die angegriffene Marke schriftbildlich von der Widerspruchsmarke absetzt.

ccc)

Auch eine begriffliche Verwechslungsgefahr ist wegen des unterschiedlichen Sinngehalts der Vergleichsmarken ausgeschlossen.

Die jüngere Marke enthält aufgrund der Aneinanderreihung verschiedener Worte eine Aufzählung der entsprechenden Begriffe, wohingegen die Widerspruchsmarke nur aus einem Wort besteht. Die sich gegenüberstehenden Zeichen stimmen ihrem Sinn nach jedoch weder vollständig noch im Wesentlichen überein.

bb)

Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr oder eine solche im weiteren Sinne sind bei den streitgegenständlichen [X.] ebenfalls zu verneinen.

Die Gefahr, dass Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, obwohl die beteiligten Verkehrskreise die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen, liegt nur dann vor, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen ([X.] GRUR 2005, 1042 [X.]. 28 f. - [X.]; [X.], 322 [X.]. 18 – [X.]; BGH [X.], 258 [X.]. 33 - INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 646 [X.]. 15 - OFFROAD).

aaa)

Die mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens greift unter dem Begriff des gedanklichen In-Verbindung-Bringens der jüngeren mit der älteren Marke dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet ([X.] 2007, 1071 [X.]. 40 - Kinder II).

Abgesehen davon, dass der Widersprechende nicht vorgetragen hat, dass er über eine auf dem Markt präsente Markenserie mit dem Stammbestandteil „kraftstoff“ verfügt ([X.] GRUR Int. 2007, 1009 [X.]. 64 - [X.]/[X.] [[X.]]), tritt der gemeinsame Bestandteil „kraftstoff“ in der angegriffenen Marke wegen der Gleichgewichtigkeit der übrigen [X.] nicht in der Art eines eigenständigen Wortstammes hervor und führt damit von der Vorstellung weg, es handele sich um eine Serienmarke ein und desselben Unternehmens.

bbb)

Mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Markenusurpation wird angenommen, wenn ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, neben einem bekannten und zumindest erkennbaren Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BGH [X.], 859, 860 [X.]. 18 – [X.]).

Zwar wird die Widerspruchsmarke in der jüngeren Marke vollständig übernommen, aber „deli garage“ ist weder ein bekanntes Unternehmenskennzeichen noch eine bekannte Marke der Beschwerdegegnerin. Abgesehen davon, dass die [X.] angegriffenen Marke nicht mehr unter „[X.]“ firmiert, hat die angegriffene Marke die damalige Unternehmensbezeichnung weder vollständig aufgenommen, noch hat es sich erkennbar um ein Unternehmenskennzeichen gehandelt. Dem gemeinsamen Element „kraftstoff“ kommt in der jüngeren Marke neben den Bestandteilen „deli garage“ daher keine eigenständig kennzeichnende Stellung zu.

cc)

Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne liegt nicht vor. Eine solche wird angenommen, wenn die Vergleichskennzeichnungen zwar als unterschiedlich und als solche verschiedener Unternehmen aufgefasst werden, jedoch gleichwohl aufgrund besonderer Umstände, insbesondere wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung, geschlossen wird, dass zwischen den Unternehmen Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art bestehen. Von einer solchen Verwechslungsgefahr kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn die ältere Marke zugleich Unternehmenskennzeichen ist ([X.], 598, 599 – Kleiner Feigling; [X.], 865, 867 - [X.]). Dies ist aber vorliegend nicht der Fall.

2.

Soweit der Beschwerdeführer behauptet, er sei weder zur Begründung seines Widerspruchs aufgefordert worden, noch sei ihm ein vermeintlich auf den Widerspruch antwortender Schriftverkehr der Inhaberin der angegriffenen Marke zur Kenntnis gebracht worden, ist diese mögliche Verletzung rechtlichen Gehörs spätestens dadurch geheilt worden, dass er im Beschwerdeverfahren erneut vollumfänglich vortragen konnte. Das rechtliche Gehör des Widersprechenden ist aber gar nicht verletzt worden. Denn nach Aktenlage hat die Inhaberin der angegriffenen Marke im Amtsverfahren zum Widerspruch trotz Aufforderung gar keine Stellungnahme abgegeben. Aufgrund des [X.] gemäß § 59 Abs. 1 [X.] besteht auch keine Begründungspflicht, weshalb eine Aufforderung zur Begründung des Widerspruchs entbehrlich war. Es obliegt den Beteiligten, in welchem Umfang sie ihrer Verpflichtung nachkommen, selbst an der Aufklärung der entscheidungserheblichen Umstände mitzuwirken und geeignetes Vorbringen vorzutragen.

Meta

29 W (pat) 59/11

31.10.2012

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.10.2012, Az. 29 W (pat) 59/11 (REWIS RS 2012, 1775)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1775

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