Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2005, Az. XII ZB 270/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 925

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[X.][X.]/04
vom 9. November 2005 in der Familiensache

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 9. November 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Familien-senats des [X.] vom 18. November 2004
wird auf Kosten des Beklagten verworfen. [X.]: 2.740 •.

Gründe: [X.] Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist der Beklagte verur-teilt worden, an die Klägerin Trennungsunterhalt zu zahlen. Gegen das ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 30. Juni 2004 zugestellte Urteil hat er mit [X.] vom 12. Juli 2004, beim [X.] eingegangen am 14. Juli 2004, Berufung eingelegt. Eine Begründung des Rechtsmittels ist bis zum Ablauf der bis zum 20. September 2004 verlängerten Berufungsbegrün-dungsfrist nicht eingegangen. Am 13. Oktober 2004 hat er - per Telefax - eine Berufungsbegründung eingereicht, in der als Datum der 16. September 2004 angegeben ist. Gleichzeitig hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-gen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. 1 - 3 - Zur Begründung dieses Antrags hat er vorgetragen: Die Überwachung von Notfristen sei im Büro seiner Rechtsanwältin so organisiert, dass die zu-ständige [X.] mit der Zusendung der eingehenden Post die [X.] oder andere Fristen vermerke und den Vorgang an die zu-ständige Büroangestellte weiterleite. Diese Fristen würden ebenfalls im [X.]kalender und zusätzlich im Computer jeweils mit Vorfrist und Fristablauf notiert. Zusätzlich werde eine Eintragung der Frist im Kalender der jeweiligen Handakte vorgenommen. Bei Ablauf der Vorfrist werde die Akte dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt mit einem auffälligen Vermerk vorgelegt. Am Morgen des Fristab-laufs werde die Sache auf Erledigung überprüft und, wenn sie noch nicht erle-digt sei, noch einmal mit einem auffälligen Aufkleber "heute Fristablauf" in der gleichen Weise vorgelegt. Zum Büroschluss werde weiter kontrolliert, ob alle [X.] erledigt seien, erst dann werde die Frist gelöscht. Die Eintragung und die Kontrolle der Fristen obliege der [X.] Im vorliegenden Fall habe sie zwar richtig die Vor- und Hauptfrist notiert, doch versehentlich die Frist vom 20. September 2004 gestrichen, obwohl sie nicht kontrolliert habe, ob die [X.] fristgerecht abgesandt worden sei. Diese sei nach dem Diktat am 16. September 2004 gefertigt und in die normale Post ge-geben, jedoch nicht sicherheitshalber per Telefax versandt worden. Die Büro-vorsteherin habe nach der Fertigung des [X.]es eine Abschrift in der Akte abgeheftet, das Original zur Post gegeben und den Fristablauf vom 20. September bereits am 16. September gestrichen, obwohl nicht sicherge-stellt gewesen sei, dass die [X.] auch am [X.] 2004 bei dem [X.] eingegangen sei. Zur Glaubhaftmachung des tatsächlichen Ablaufs hat der Beklagte eine eidesstattliche Versicherung der [X.] vorgelegt, in der es hin-sichtlich der Büroorganisation heißt, der [X.] seien die Vorschriften der Kanzlei über die Behandlung von Fristen bekannt. 2 3 - 4 - Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verwor-fen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten. I[X.] Die gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig. 1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 der Bestimmung nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzli-che Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordern. a) Die Voraussetzungen der ersten beiden Alternativen liegen hier nicht vor. b) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entschei-dung des [X.] erforderlich, wenn das Berufungsgericht bei der Versagung der begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von der stän-digen Rechtsprechung des [X.] abgewichen ist. Nach gefestig-ter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Ge-währung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechts-staatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise 4 5 6 7 8 - 5 - zu erschweren ([X.], 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - [X.] ZR 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz ver-stößt die angefochtene Entscheidung indessen nicht. 2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten gehört, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener [X.] rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der [X.] nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in de-nen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig zur Bearbeitung vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine [X.] schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die [X.] in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst ge-strichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der [X.] also gefertigt und abge-sandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausge-henden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Pro-zessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden [X.] anhand des Fris-tenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird ([X.] vom 17. Oktober 1990 - [X.] ZB 84/90 - [X.]R ZPO § 233 Ausgangs-kontrolle 1 und vom 22. Oktober 1986 - [X.] - [X.]R ZPO § 233 Rechtsmittelbegründung 1; [X.] Urteil vom 11. Januar 2001 - [X.]/00 - [X.]R ZPO § 233 Ausgangskontrolle 13). Dies entspricht der ständigen Recht-sprechung des [X.]. 9 - 6 - 3. Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei nicht auszuschließen, dass die Fristversäumung auf einer fehlenden wirksamen Ausgangskontrolle hinsichtlich fristwahrender Schriftsätze in der vom Beklagten beauftragten Rechtsanwaltskanzlei beruhe. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäu-mung der Berufungsbegründungsfrist weder von ihm selbst noch von seinem Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verschuldet worden ist. Dass die [X.] und insbesondere die Ausgangskontrolle in dem Büro der erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten in einer den [X.] der ständigen Rechtsprechung entsprechenden Weise organisiert waren, lässt sich der eidesstattlichen Versicherung der [X.] nicht entnehmen. Denn in dieser werden die diesbezüglichen Vorschriften der [X.] 11 - 7 - lei nicht im Einzelnen dargelegt. Damit kann nach den allein glaubhaft gemach-ten Tatsachen aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Fristversäumnis verhindert worden wäre, wenn eine wirksame Ausgangskontrolle bestanden hätte. Hahne [X.] [X.] Vézina Dose Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 08.06.2004 - 3 [X.]/02 - [X.], Entscheidung vom 18.11.2004 - 3 UF 332/04 -

Meta

XII ZB 270/04

09.11.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2005, Az. XII ZB 270/04 (REWIS RS 2005, 925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 925

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Rechtsanwaltsverschulden bei Berufungsbegründungsfristversäumung: Erforderliche Darlegung zur Kanzleiorganisation bei möglicher Fristenstreichung durch den Rechtsanwalt selbst


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