Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.02.2010, Az. VI ZR 139/08

6. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 9800

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Gegenstand

Erstattung von Mietwagenkosten nach Kfz-Unfall: Darlegungs- und Beweislast für Zugänglichkeit eines günstigeren Tarifs als des Unfallersatztarifs


Leitsatz

1. Für die Frage, ob ein günstigerer Tarif als der sogenannte Unfallersatztarif "ohne weiteres" zugänglich war, kommt es darauf an, ob dem Geschädigten in seiner konkreten Situation "ohne weiteres" ein günstigeres Angebot eines bestimmten Autovermieters zur Verfügung stand .

2. Es obliegt dem Schädiger, der einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) geltend macht, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umstanden "ohne weiteres" zugänglich gewesen ist .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin und der Streithelferin wird das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] vom 21. Mai 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil der Klägerin ergangen ist.

Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Erstattung weiterer Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 30. April 2005. Die Haftung der [X.] dem Grunde nach steht außer Streit.

2

Das Fahrzeug der Klägerin, ein [X.], wurde in der [X.] vom 3. bis 10. Mai 2005 repariert. Während dieser [X.] mietete die Klägerin bei der Streithelferin einen [X.] an, für den ihr Mietwagenkosten in Höhe von 1.838,60 € in Rechnung gestellt wurden. Die Beklagte zahlte als Haftpflichtversicherer des Schädigers hierauf 749,82 €.

3

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat ihr das [X.] unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils weitere 162,38 € zuerkannt. Dagegen richten sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin und ihrer Streithelferin, mit denen diese die nicht zugesprochenen weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 883,20 € begehren, und die Anschlussrevision der [X.], die eine Abweisung der Klage erreichen will.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin nur ein Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten auf der Basis des "[X.]" für acht [X.]iettage auf der Grundlage des "[X.] 2006" zu. Die Erforderlichkeit des in Rechnung gestellten [X.] könne offen bleiben, weil feststehe, dass der Klägerin in der konkreten Situation die [X.]ietung eines Pkw zum "[X.]" ohne weiteres möglich gewesen sei.

5

Hierfür habe der Geschädigte darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt zumindest auf Nachfrage kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen sei. Zwar trage die Klägerin unter Beweisantritt vor, dass ihr eine [X.]ietung zu einem günstigeren Tarif nicht möglich gewesen sei. Diesem Beweisangebot habe aber nicht nachgegangen werden müssen. Es sei nämlich [X.], dass es im Bereich der [X.], dem [X.] zuzurechnen sei, ohne weiteres möglich sei, einen Pkw zum "[X.]" anzumieten. Bei [X.]ietungen in unterschiedlichsten Situationen sei den Kammermitgliedern der übliche "[X.]" angeboten worden. Hinzu komme, dass es in [X.] mehr als 20 Mietwagenvermieter gebe. Die Klägerin und ihre Streithelferin hätten auch keine dezidierten Behauptungen dazu aufgestellt, wie sich die für ihren Vortrag benannten Zeugen auf eine etwaige Nachfrage nach einem [X.] verhalten hätten.

6

Die Klägerin habe nicht damit rechnen können, dass die von der Streithelferin gefertigte Übersicht einen repräsentativen Überblick über das örtliche [X.] ermöglichte. Letztlich könne die Erkennbarkeit des überhöhten [X.] bei der [X.]ietung dahinstehen: Verzichte ein Geschädigter ohne Kenntnisse betreffend das übliche Preisniveau auf Anfragen bei Drittunternehmen, obgleich hierzu Gelegenheit bestehe, nehme er billigend in Kauf, dass er sich auf ein ungünstiges Angebot einlasse und letztlich nicht erforderliche Kosten verursache.

II.

7

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision der Klägerin und der Streithelferin nicht stand, wohingegen die [X.] der [X.] keinen Erfolg hat.

8

A. Revision der Klägerin und der Streithelferin:

9

1. In seinem rechtlichen Ansatz entspricht das Berufungsurteil der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats.

Danach kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die [X.]ietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem "[X.]" teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem "[X.]" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2008 - [X.]/07 - [X.], 1370 Rn. 14 m.w.[X.]).

Nach diesen Grundsätzen müssen grundsätzlich Feststellungen zur Erforderlichkeit des [X.] getroffen werden, wenn der Geschädigte Umstände vorträgt, die einen gegenüber dem "[X.]" höheren Unfallersatztarif rechtfertigen sollen. Solche Umstände haben die Klägerin und die Streithelferin geltend gemacht, indem sie vorgetragen haben, die Klägerin sei nicht in der Lage gewesen, einen Mietpreis vorzufinanzieren, und eine [X.]ietung zum "[X.]" hätte neben der nicht möglichen Angabe der voraussichtlichen Mietdauer die Leistung einer Sicherheit und Vorauszahlung des Mietpreises mittels einer Kreditkarte erfordert, welche die Klägerin nicht besessen habe (vgl. dazu Senatsurteile [X.], 19, 26; vom 14. Februar 2006 - [X.] - [X.], 564 Rn. 9; vom 20. März 2007 - [X.]/05 - [X.], 235 Rn. 13, 17 f.; vom 19. Februar 2008 - [X.] - [X.], 554 Rn. 18).

2. [X.] hat in seinem rechtlichen Ausgangspunkt auch zutreffend gesehen, dass die Frage, ob ein Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, nur ausnahmsweise offen bleiben kann, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation "ohne weiteres" zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere [X.]ietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte. Die Frage, ob die geltend gemachten höheren Mietwagenkosten aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich sind, kann auch offen bleiben, wenn zur Überzeugung des Tatrichters feststeht, dass dem Geschädigten die [X.]ietung zum "[X.]" nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist. Denn der Geschädigte kann in einem solchen Fall einen den "[X.]" übersteigenden Betrag im Hinblick auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung auch dann als im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Geldbetrag ersetzt verlangen, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt wäre (vgl. Senatsurteile vom 26. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.], 1286 Rn. 13; vom 24. Juni 2008 - [X.]/07 - aaO Rn. 25; vom 14. Oktober 2008 - [X.]/07 - [X.], 1706 Rn. 12, jeweils m.w.[X.]).

3. Trotz des zutreffenden rechtlichen Ansatzes halten die nachfolgenden Ausführungen des Berufungsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. [X.] hat die Frage der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB mit der Frage der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB vermengt und zu geringe Anforderungen daran gestellt, ob der Klägerin ein günstigerer Tarif "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre.

a) [X.] hat offen gelassen, ob der in Anspruch genommene Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB war. Für das Revisionsverfahren ist dies deshalb zu unterstellen.

b) [X.] durfte die Frage nicht mit der Begründung offen lassen, dem Kläger sei ein wesentlich günstigerer Tarif "ohne weiteres" zugänglich gewesen.

aa) [X.] geht zwar zutreffend davon aus, dass für die Frage, ob dem Geschädigten ein wesentlich günstigerer Tarif "ohne weiteres" zugänglich war, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Juni 2007 - [X.]/06 - aaO). Soweit es jedoch in diesem Zusammenhang ausführt, der Geschädigte habe "hierfür" darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt zumindest auf Nachfrage kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war, vermengt es die Frage der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB mit der Frage der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB. Im Streitfall geht es nur darum, ob die Erforderlichkeit des in Rechnung gestellten [X.] offen bleiben kann, da die Geschädigte ihrer Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB deshalb nicht nachgekommen ist, weil ihr ein wesentlich günstigerer Tarif "ohne weiteres" zugänglich gewesen ist. Die dafür maßgeblichen Umstände haben nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (Senatsurteil vom 24. Juni 2008 - [X.]/07 - aaO Rn. 26).

bb) Die Ausführungen des Berufungsgerichts stehen auch nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, soweit es darauf abstellt, es sei [X.], dass es im Bereich der [X.] ohne weiteres möglich sei, einen Pkw zum "[X.]" anzumieten. [X.] hat dabei zu geringe Anforderungen an die Prüfung der Frage gestellt, ob der Geschädigten ein wesentlich günstigerer Tarif "ohne weiteres" zugänglich gewesen ist.

[X.] hat nicht in dem für den Ausnahmefall des § 254 Abs. 2 BGB erforderlichem Maße auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abgestellt. Insoweit reicht die Feststellung nicht aus, dass es in [X.] mehr als 20 Mietwagenvermieter gebe, bei denen Mitgliedern der Berufungskammer bei unterschiedlichen [X.]ietungen jeweils der übliche "[X.]" angeboten worden sei. Bei der gebotenen subjektbezogenen Betrachtungsweise kommt es vielmehr darauf an, ob der Klägerin in ihrer konkreten Situation "ohne weiteres" ein günstigeres Angebot eines bestimmten Autovermieters zur Verfügung gestanden hätte. Im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB war es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht Aufgabe der Klägerin und ihrer Streithelferin "dezidierte Behauptungen" dazu aufzustellen, wie sich etwaige [X.] auf eine etwaige Nachfrage nach einem [X.] verhalten hätten. Es oblag vielmehr der [X.] und in der Begründung seines Urteils dem Berufungsgericht, konkrete Umstände aufzuzeigen, aus denen sich ergibt, dass der Klägerin ein günstigerer Tarif "ohne weiteres" zugänglich war, weil sie etwa bei der Streithelferin auch ein Fahrzeug zum "[X.]" hätte anmieten können (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 2006 - [X.] - aaO Rn. 1, 9) oder der Haftpflichtversicherer die Klägerin vor der [X.]ietung auf einen günstigeren Tarif hingewiesen hat. Darauf kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb verzichtet werden, weil die Geschädigte ohne Kenntnisse bezüglich des üblichen Preisniveaus auf Anfragen bei Drittunternehmen gänzlich verzichtet habe. Dies entbindet nicht davon, im konkreten Fall festzustellen, ob sich dies ausgewirkt hat. Daran fehlt es im Streitfall.

4. Nach den vorstehenden Ausführungen kommt es für den Erfolg der Revision auf das weitere Vorbringen der Klägerin und der Streithelferin nicht mehr an. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Soweit sich die Klägerin und die Streithelferin gegen den Abzug einer Eigenersparnis in Höhe von 10% der Mietwagenkosten wenden, liegt die Schätzung des Berufungsgerichts gemäß § 287 ZPO im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung, in der sich im Interesse der Vereinfachung ein prozentualer Abzug durchgesetzt hat. Nachdem früher eine Ersparnis von 15-20% der Mietwagenkosten angesetzt worden ist (vgl. [X.], 372, 373; [X.], [X.] 2001, 204), wird heute teilweise eine Ersparnis von 10% der Mietwagenkosten (vgl. etwa [X.], 206, 208 und Urteil vom 21. April 2008 - 6 U 188/07 - juris Rn. 20; [X.], [X.] 2007, 985, 988; [X.] NZV 2008, 93, 95) und teilweise eine solche von 3-5% angenommen (vgl. etwa [X.] NZV 1994, 313, 315; [X.] VersR 1998, 1523, 1524 f.; [X.] VersR 2001, 208; [X.] [X.] 2007, 13, 16). Zum Teil wird die Auffassung vertreten, ein Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen in Höhe von 10% der Mietwagenkosten sei jedenfalls dann berechtigt, wenn der zu ersetzende Mietpreis nicht durch pauschale Zuschläge auf den [X.] einem deutlich höheren Unfallersatztarif angenähert sei ([X.], Urteil vom 21. April 2008 - 6 U 188/07 - aaO; vgl. auch [X.], [X.] 13/2009 [X.]. 5 E).

Einer Überprüfung des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO durch das Revisionsgericht sind enge Grenzen gezogen; es hat nur zu prüfen, ob die Schadensermittlung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht und ob wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer acht gelassen worden sind (vgl. Senatsurteile vom 2. Dezember 1975 - [X.] - [X.], 435, 437; vom 9. Oktober 1990 - [X.] - [X.], 437, 438). Derartige Rechtsfehler lassen die Erwägungen des Berufungsgerichts nicht erkennen. Ihnen ist insbesondere zu entnehmen, dass das Berufungsgericht eine mögliche geringere Eigenersparnis in seine Überlegungen einbezogen hat, jedoch aus sachlichen Gründen eine Schätzung auf 10% der Mietwagenkosten als angemessen ansieht.

b) Soweit sich die Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung der Höhe des "[X.]" im konkreten Fall wendet, kann das Berufungsgericht nach der gebotenen Zurückverweisung seine Schätzung unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin und der Streithelferin überprüfen.

B. [X.] der [X.]:

Die [X.] macht geltend, der vom Berufungsgericht für die Schätzung des "[X.]" zugrunde gelegte "[X.] 2006" stelle keine geeignete Schätzungsgrundlage dar. Diese Rüge hat keinen Erfolg.

1. [X.] gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer [X.] bleiben. Auch darf das Gericht nicht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - [X.]/07 - [X.], 699 Rn. 9; vom 14. Oktober 2008 - [X.]/07 - aaO Rn. 22). Demgemäß hat der Senat mehrfach ausgesprochen, dass der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den "[X.]" grundsätzlich auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des "[X.]" im Postleitzahlengebiet des Geschädigten (ggf. mit sachverständiger Beratung) ermitteln kann (vgl. Senatsurteile vom 9. Mai 2006 - [X.]/05 - [X.], 986, 987; vom 30. Januar 2007 - [X.]/06 - aaO Rn. 8; vom 12. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.], 1144 Rn. 10; vom 24. Juni 2008 - [X.]/07 - aaO Rn. 22). Er hat auch die Schätzung auf der Grundlage des "[X.] 2006" als grundsätzlich möglich angesehen (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - [X.]/07 - aaO Rn. 8 ff.; vom 19. Januar 2009 - [X.]/09 - unter [X.], z.[X.].). Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - [X.]/07 - aaO Rn. 9; vom 14. Oktober 2008 - [X.]/07 - aaO Rn. 19).

2. Nach diesen Grundsätzen begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Berufungsgericht den "[X.]" auf der Grundlage des "[X.] 2006" ermittelt hat. Es hält sich insoweit im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO.

a) Entgegen der Auffassung der [X.], die sich insoweit auf ein Urteil des [X.] stützt ([X.], 545), ist die Heranziehung des "[X.] 2006" für die erfolgte [X.]ietung im Mai 2005 revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. [X.] hat dies damit begründet, dass der Erhebungszeitraum dieses [X.] näher beim [X.]ietzeitraum liege als der Erhebungszeitraum des [X.] 2003. Auch wenn die [X.]ietung im Mai 2005 erfolgte, ist es nicht rechtsfehlerhaft, im Rahmen der Schätzung der Höhe des Schadens als Schätzgrundlage auf einen nach dem Unfallereignis erstellten Mietpreisspiegel zurückzugreifen, wenn dies - wie hier - aus sachlichen Gründen geschieht.

b) Die Beklagte hat auch nicht mit konkreten Tatsachen aufgezeigt, dass sich geltend gemachte Mängel des [X.] 2006 auf den zu entscheidenden Fall auswirken.

aa) Soweit die Beklagte darauf hinweist, in die Liste seien Unfallersatztarife als [X.]e eingeflossen, wenn Mietwagenunternehmen nur Unfallersatztarife anböten, ist dies nach ihrem eigenen Vortrag in der Liste offen gelegt, so dass der Tatrichter diesen Umstand bei seiner Schätzung berücksichtigen kann. Es ist nicht ersichtlich, dass sich dies unter den Umständen des Streitfalls ausgewirkt hat. [X.] ist aufgrund eines Vergleichs des Modus des [X.] 2006 mit dem gewichteten Mittel nach dem Mietpreisspiegel 2003 für [X.] und Nachbarstädte zu der Überzeugung gelangt, dass der Modus des [X.] 2006 jedenfalls für den Postleitzahlenbereich, in dem sich die Wohnung der Klägerin und die mit der Reparatur beauftragte Werkstatt befinden, keine derartigen Besonderheiten aufweist, dass sich Zweifel an seiner Eignung als Schätzgrundlage ergeben. Diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

bb) Auch der Vortrag, der Prozessbevollmächtigte der [X.] habe bei einer Internet-Recherche festgestellt, dass die Klägerin ein dem unfallgeschädigten Pkw vergleichbares Fahrzeug günstiger hätte anmieten können, lässt nicht erkennen, dass sich Mängel des [X.] 2006 auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Aus den vorgelegten Vergleichsangeboten ergibt sich, dass die Recherche Angebote für den Zeitraum von sieben Tagen betraf, bei denen es sich um [X.] handeln kann. [X.] hat seiner Schätzung jedoch den zweimaligen Ansatz eines Dreitagestarifs und eines Eintagestarifs für insgesamt acht Tage zugrunde gelegt, weil zum Zeitpunkt der [X.]ietung die Reparaturdauer noch nicht bekannt war.

cc) Entgegen der Auffassung der Revision musste das Berufungsgericht nicht dem Beweisangebot der [X.] nachgehen, im Selbstzahlergeschäft würden im Nachhinein immer [X.] abgerechnet, auch wenn sich der Kunde vorher nicht festgelegt habe. Nach § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist auch die Beweiserhebung in das (pflichtgemäße) Ermessen des Gerichts gestellt; dies bedeutet, dass das Gericht im Rahmen des § 287 ZPO an Beweisanträge nicht gebunden ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Januar 1986 - [X.] - [X.], 596, 597; vom 9. Oktober 1990 - [X.] - [X.], 437, 438). Einer Überprüfung des tatrichterlichen Ermessens durch das Revisionsgericht sind auch insoweit enge Grenzen gezogen; es hat nur zu prüfen, ob die Schadensermittlung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht und ob wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer acht gelassen worden sind (vgl. Senatsurteile vom 2. Dezember 1975 - [X.] - aaO; vom 9. Oktober 1990 - [X.] - aaO). Derartige Rechtsfehler lässt die Erwägung des Berufungsgerichts nicht erkennen, für die Gewährung von Rabatten bei der [X.]ietung über größere Zeiträume sei auch der Gesichtspunkt der besseren Planbarkeit des Einsatzes von Fahrzeugen maßgebend, die hier nicht gegeben war.

Galke                                 Wellner                               Pauge

                     [X.]                               von [X.]

Meta

VI ZR 139/08

02.02.2010

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Dresden, 21. Mai 2008, Az: 8 S 237/06, Urteil

§ 249 BGB, § 254 Abs 2 BGB, § 287 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.02.2010, Az. VI ZR 139/08 (REWIS RS 2010, 9800)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9800

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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