Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.07.2013, Az. IX ZB 44/11

9. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4440

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Gegenstand

Zwangsgeldfestsetzung gegen Insolvenzverwalter: Vornahme der geforderten Handlung vor Rechtskraft der Entscheidung


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 26. Zivilkammer des [X.] vom 27. Dezember 2010 aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten wird der Zwangsgeldbeschluss des [X.] vom 30. September 2010 aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde hat der weitere Beteiligte zu tragen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

In dem am 8. Juli 2003 über das Vermögen der Schuldnerin eröffneten Insolvenzverfahren war der Beteiligte zu 1 als Insolvenzverwalter bestellt. Das Verfahren wurde durch Beschluss vom 30. Oktober 2007 aufgehoben. Am 6. Oktober 2008 wurde die [X.] angeordnet. Mit Verfügung vom 11. August 2010 setzte das Insolvenzgericht dem Insolvenzverwalter zum Abschluss der [X.] unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 € eine Frist von einem Monat. Nach einer dem Verwalter antragsgemäß bis zum 17. September 2010 gewährten Fristverlängerung zeigte dieser unter dem 9. September 2010 an, er habe die Verteilung vorgenommen, wobei er zum Nachweis Kopien von handschriftlich ausgefüllten [X.] zur Akte reichte. Das Insolvenzgericht setzte das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € fest. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter seinen Antrag, den Zwangsgeldbeschluss aufzuheben, weiter.

II.

2

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 58 Abs. 2 Satz 3 [X.], Art. 103 f EG[X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

3

1. Das [X.] hat ausgeführt: Der Insolvenzverwalter habe trotz Mahnung den erforderlichen Nachweis über den Abschluss der Verteilung nicht geführt. Auch habe er über die Verwendung des restlichen [X.] keine ordnungsgemäße Rechnung gelegt. Ausweislich des mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Kontoauszugs befinde sich auf dem Konto weiterhin ein Betrag in Höhe von 25 €, der zu verteilen sei. Dass dieser Betrag für etwaige Rückstellungen benötigt werde, sei nicht dargelegt. Auch belege der Kontoauszug, dass der Verwalter die Überweisungsträger vom 6. September 2010 verspätet zur Bank gegeben habe, weil deren Abbuchungen erst am 15. September 2010 erfolgt seien. Es sei auch nicht ersichtlich, aus welchem Grund sich die Verteilung durch den Verwalter über einen derart langen Zeitraum erstreckt habe. Ungeklärt sei schließlich, aus welchem Grund die Ausschüttung der auf die Gläubigerin Nr. 5 des Schlussverzeichnisses entfallenden Quote an einen Rechtsanwalt M.    erfolgt sei, obwohl für diese Gläubigerin ein anderer Rechtsanwalt aufgetreten sei.

4

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

5

a) Die Festsetzung des Zwangsgeldes nach § 58 Abs. 2 [X.] ist aufzuheben, wenn der Insolvenzverwalter die nach § 58 Abs. 1 [X.] vom Insolvenzgericht geforderte Handlung vornimmt, bevor die Entscheidung über die Zwangsgeldfestsetzung rechtskräftig wird ([X.], Beschluss vom 1. Dezember 2011 - [X.]/11, [X.], 50 Rn. 4). Zweck der Zwangsgeldfestsetzung ist es, [X.] Verhalten des Verwalters zu erzwingen, nicht aber eine begangene Pflichtverletzung zu sanktionieren ([X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.], [X.], 1132, 1134; vom 1. Dezember 2011, aaO).

6

b) Gemessen hieran ist das Zwangsgeld aufzuheben.

7

aa) Das Beschwerdegericht ist zwar mit Recht davon ausgegangen, dass die Vorlage von Ablichtungen von [X.] kein tauglicher Nachweis über den Vollzug der [X.] (§ 205 [X.]) darstellt. Allein dies hatte das Insolvenzgericht mit der Aufforderung zum Abschluss der Schlussverteilung angemahnt. Den Ablichtungen ist nicht zu entnehmen, ob die Überweisungen ausgeführt wurden. Auch gehört zum Vollzug der [X.] nicht nur ihre Durchführung (§ 205 Satz 1 [X.]), sondern auch die dahingehende Rechnungslegung (§ 205 Satz 2 [X.]). Jedenfalls hierzu waren die mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Kontoauszüge nicht geeignet. Sie vermochten weder eine Rückstellung in Höhe von 25 € zu erklären noch den Grund für die Auszahlung an einen anderen Vertreter der Gläubigerin Nr. 5.

8

bb) Der Insolvenzverwalter hat jedoch mit Schriftsatz vom 3. November 2010 und damit vor Erlass der Beschwerdeentscheidung sowohl die vollständige Durchführung der [X.] nachgewiesen als auch entsprechend Rechnung gelegt (vgl. [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2011, § 205 Rn. 9; FK-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 205 Rn. 8). Aus welchem Grund er die Nachweise nicht früher eingereicht hatte, ist nach dem Zweck der Zwangsgeldfestsetzung ebenso unbeachtlich wie die Frage, weshalb er die [X.] nicht hatte früher abschließen können. Das Beschwerdegericht hat den maßgeblichen Schriftsatz bei seiner Entscheidung somit unberücksichtigt gelassen. Es ist damit dem verfassungsrechtlich geschützten Anspruch des Insolvenzverwalters auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht gerecht geworden. Dem steht nicht entgegen, dass der Verwalter seinen Vortrag nicht an das Beschwerdegericht gerichtet hatte. Hierzu hatte er keine Veranlassung, weil er keine Abgabenachricht erhalten hatte.

III.

9

Die Entscheidung des [X.] kann daher keinen Bestand haben. Da in der Sache keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, sondern der Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Der Zwangsgeldbeschluss des [X.] vom 30. September 2010 ist auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters aufzuheben.

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens sind die Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 ZPO gegeben. Die außergerichtlichen Kosten der erfolgreichen Rechtsbeschwerde gelten als Auslagen des Insolvenzverwalters.

[X.]

                  [X.]

Meta

IX ZB 44/11

04.07.2013

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Hamburg, 27. Dezember 2010, Az: 326 T 106/10

§ 58 Abs 1 InsO, § 58 Abs 2 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.07.2013, Az. IX ZB 44/11 (REWIS RS 2013, 4440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4440

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Referenzen
Wird zitiert von

IX ZB 42/14

IX ZB 44/11

Zitiert

IX ZB 190/11

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