Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2000, Az. V ZR 252/98

V. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3306

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[X.] DES VOLKESURTEILV ZR 252/98Verkündet am:28. Januar 2000R i e g e l ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 28. Januar 2000 durch [X.] [X.], [X.], Tropf,[X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 25. Februar 1998 auf-gehoben.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] des [X.] vom 27. Juni1997 wird zurückgewiesen.Die Beklagte hat auch die Kosten der Rechtsmittelverfahren zutragen.Von Rechts [X.]:Durch notariellen Vertrag vom 23. November 1989 übertrug der [X.] Beklagten, seiner Tochter, "im Wege vorweggenommener Erbfolge" [X.] an einem Grundstück in [X.], [X.] , bebaut miteinem Wohnhaus, in dem der Kläger mit seiner Ehefrau und die Beklagte mitihrer Familie wohnte. Dem Kläger und seiner Ehefrau wurde ein lebenslangesunentgeltliches Wohnrecht an zwei Zimmern, Küche und Bad des [X.] 3 -geräumt. Ergänzend verpflichtete sich die Beklagte zu notarieller Urkunde vom5. Februar 1990, den Kläger und seine Ehefrau bei Bedarf in gesunden undkranken Tagen "zu pflegen und zu betreuen bzw. kostenlos pflegen und be-treuen zu lassen". Sie wurde als Erbbauberechtigte in das Grundbuch einge-tragen. Im Mai 1995 zog sie nach Scheitern ihrer Ehe aus dem Haus aus. [X.] der Beklagten litt zu dieser Zeit bereits an Blutzucker, [X.] Bluthochdruck; der Kläger erlitt im Juni 1995 einen Schlaganfall. [X.] wurden von der Beklagten trotz Aufforderung nicht mehr erbracht. [X.] Haushalt anfallenden Arbeiten und die Versorgung des [X.] und seinerEhefrau wurden, soweit nötig, von den [X.] der Beklagten und deren [X.] geleistet.In der Folge kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien überInhalt und Umfang der von der Beklagten übernommenen Pflegeverpflichtung.Mit Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 8. Juni, 30. Juni und 25. Juli 1995forderte der Kläger die Beklagte auf, Pflegeleistungen zu erbringen und setzteihr dafür eine Frist bis zum 4. August 1995, für deren fruchtlosen Ablauf er [X.], zukünftig Pflegeleistungen abzulehnen. Nachdem die Beklagte [X.] nicht nachkam, erklärte er mit Schreiben vom 17. August 1995den Rücktritt vom Vertrag. Am 28. Juni 1996 belastete die Beklagte das Erb-baurecht mit einer Grundschuld über 130.000 [X.] Klage auf Rückauflassung des Erbbaurechts hat das [X.]; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner [X.] der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils; die [X.] beantragt, die Revision [X.] 4 -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat unter anderem ausgeführt: Ein Rücktrittsrechtdes [X.] sei nach § 9 Nds. [X.]. mit Art. 96 EG[X.] ausgeschlos-sen, da ein [X.] vorliege. Auch wenn man dieser Auffassung nichtfolge, scheide ein Rücktritt des [X.] nach § 326 [X.] aus. Zwar sei die [X.] mit tatsächlich erforderlichen Pflegeleistungen in Verzug gewesen. [X.] habe aber das Unterbleiben der Leistungen in wesentlicher [X.] unberechtigte Forderungen mitverursacht, was eine eigene Vertragsun-treue darstelle.II.Die Revision hat Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückauflas-sung des Erbbaurechts (§ 327 Satz 1; § 346 Satz 1 [X.]), weil er wirksam [X.] mit der Beklagten zurückgetreten ist (§ 326 Abs. 1 [X.]).1. Zu Unrecht beurteilt das Berufungsgericht das Schuldverhältnis zwi-schen den Parteien als [X.]. Nach gefestigter Rechtsprechung desSenats, an der er festhält, wird eine Grundstücksübertragung allein durch eineWohnrechtsgewährung mit Pflege- und Versorgungsverpflichtung im [X.] noch nicht zum [X.] (vgl. z.B. Urteile v. 4. Dezember 1981,V [X.], [X.], 208, 209; v. 28. Oktober 1988, [X.], [X.] 1989,70; v. 23. September 1994, [X.], NJW-RR 1995, 77, 78). Dieser hat inder Regel die Gewährung des vollen Unterhalts mit Wohnrechtsgewährungzum Inhalt, wobei dem Übernehmer [X.] oder Grundstück überlassen wird,- 5 -kraft dessen Nutzung er sich eine eigene Lebensgrundlage verschaffen undgleichzeitig den dem Altenteiler geschuldeten Unterhalt gewinnen kann ([X.], 41, 43). Der Wesenszug eines solchen Altenteils liegt in dem Nachrückender folgenden Generation in eine die Existenz - wenigstens teilweise - begrün-dende Wirtschaftseinheit (vgl. Senatsurt. v. 28. Oktober 1988, aaO, m.w.N.).Diese Voraussetzungen sind weder behauptet noch festgestellt. Das [X.] gelangt zu einer anderen Beurteilung nur deshalb, weil es imrechtlichen Ansatzpunkt von der Senatsrechtsprechung abweicht.2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind nach seinenFeststellungen auch die Voraussetzungen eines wirksamen Rücktritts nach§ 326 Abs. 1 [X.] erfüllt.a) Das Schuldverhältnis zwischen den Parteien ist nach seiner Ergän-zung um die Pflegeverpflichtung der Beklagten ein gegenseitiger Vertrag nach§§ 320 ff [X.]. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe die Pflegever-pflichtung für die Übertragung des Erbbaurechts übernommen. Die Beklagte istdem nicht entgegengetreten, sondern geht in ihrer [X.] davon aus, daß zwischen den Parteien ein gegenseitiger Vertrag beste-he, auf den die Regeln der §§ 320 ff [X.] anzuwenden seien. Entgegen [X.] des Berufungsgerichts ist unerheblich, ob der Wert der Pflegever-pflichtung den Wert des Erbbaurechts erreicht. Auch wenn die Parteien im [X.] auf die objektiven Wertverhältnisse eine teilweise unentgeltliche Zuwen-dung beabsichtigten, liegt ein gegenseitiger Vertrag nach §§ 320 ff [X.] vor.b) Das Berufungsgericht nimmt nach seinen unangefochtenen tatsächli-chen Feststellungen an, daß sich die Beklagte mit den übernommenen [X.] 6 -geleistungen in Verzug befand. Sie hat die unstreitig nötigen Leistungen nachihrem Auszug trotz Mahnung weder erbracht noch erbringen lassen und dieseauch nicht in der erforderlichen Weise tatsächlich angeboten (§ 294 [X.]).Auch die Voraussetzungen für ein bloß wörtliches Angebot (§ 295 [X.]) lagennicht vor.c) Rechtsfehlerhaft hält es einen Rücktritt des [X.] wegen eigenerVertragsuntreue für ausgeschlossen. Es sieht diese in einer angeblich unbe-rechtigten Zuvielforderung des [X.], weil er mit Schreiben vom 8. Juni 1995eine 24-stündige Betreuung der Mutter gefordert habe, die in diesem Umfangnicht erforderlich gewesen sei. Ferner habe er Betreuungsleistungen [X.] abgelehnt, obwohl diese nach dem Vertragswortlaut ohne Ein-schränkung zulässig gewesen seien. Jedenfalls aber habe der Kläger bei er-gänzender Vertragsauslegung im Hinblick auf die veränderten [X.] der Beklagten in einem zumutbaren Rahmen die Einschaltung von [X.] Hilfspersonen zur Betreuung und Pflege hinnehmen müssen.Der vom Berufungsgericht angesprochene Gesichtspunkt einer angebli-chen Zuvielforderung des [X.] betrifft allerdings nicht die aus § 242 [X.] ungeschriebene Voraussetzung von § 326 [X.], nämlich die [X.] (vgl. [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 326[X.]. 10 m.w.N.), sondern greift in den geschriebenen Tatbestand ein, weil indiesem Zusammenhang nach den Umständen des Falles zu entscheiden ist, [X.] die Wirksamkeit der Mahnung (und damit den Verzug)oder die Nachfristsetzung in Frage stellt (vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., [X.]. 143). Das Berufungsgericht gerät damit in [X.] 7 -derspruch zu seiner eigenen Auffassung, die Beklagte habe sich mit den Pfle-geleistungen in Verzug befunden.Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt aber eine rele-vante Zuvielforderung des [X.] nicht vor. Es bestehen schon erheblicheZweifel daran, ob er mit Schreiben vom 8. Juni 1995 von der Beklagten eineBetreuung "rund um die Uhr" forderte. Dies kann jedoch offenbleiben, denn [X.] mit Schreiben vom 30. Juni 1995 eine solche Forderung jedenfalls [X.], sondern sich darauf beschränkt, ganz konkrete Betreuungsleistun-gen, nämlich die Bereitung des Frühstücks und eines warmen [X.] die Sauberhaltung der Wohnung und das Wäschewaschen mit Bügeln,zu fordern und im Fristsetzungsschreiben vom 25. Juli 1995 hierauf Bezug ge-nommen sowie dargelegt, daß die Beklagte diese Leistungen außerhalb ihrerArbeitszeit erbringen könne. Entgegen der Auffassung des [X.] der Kläger mit Schreiben vom 30. Juni 1995 die Erbringung von [X.] durch Dritte nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern ist der [X.] Beklagten entgegengetreten, daß die Pflegeleistungen generell von [X.] werden könnten und nahm eine solche Berechtigung nur für Ausnah-mefälle (z.B. Krankheit oder Urlaub der Beklagten) an. [X.] darin auf [X.] der vom Berufungsgericht vorgenommenen ergänzenden Vertrags-auslegung eine Zuvielforderung des [X.], so würde dies jedenfalls nachden Umständen des Falles weder die Wirksamkeit der Mahnung noch die [X.] in Zweifel ziehen. Es wäre vielmehr von einer wirksamen [X.] zur Erbringung der Leistung im geschuldeten Umfang auszugehen(§ 242 [X.]). Die Differenzen der Parteien betrafen die schwierige Frage [X.]. Die Eltern der Beklagten befanden sich unstreitig in einergesundheitlich bedrohlichen Situation. Der Kläger hatte einen Schlaganfall er-- 8 -litten und war gerade eben aus dem Krankenhaus entlassen worden, [X.] war ebenfalls nur bedingt einsatzfähig. Eine Betreuung war für die Elternder Beklagten von herausragender Bedeutung. Ihr Wunsch, von einer ihnenvertrauten Person gepflegt zu werden, erscheint verständlich und auf [X.] der vom Berufungsgericht vorgenommenen ergänzenden Vertrags-auslegung (Drittleistungen in zumutbarem Rahmen) ebenfalls nicht unverhält-nismäßig und überzogen. Vor diesem Hintergrund mußte die Beklagte [X.] und Fristsetzung jedenfalls als Aufforderung verstehen, nunmehrüberhaupt tätig zu werden und konnte nicht davon ausgehen, die Eltern [X.] angebotene Pflegeleistungen ablehnen. Demgegenüber hat sie [X.] darauf beschränkt, verbal ihre Pflegebereitschaft auszudrücken und durchihr Schreiben vom 14. Juni 1995 auch noch den Eindruck erweckt, es [X.] einer Begutachtung zur Pflegebedürftigkeit. Dies blieb ganz ent-scheidend hinter ihrer vertraglichen Verpflichtung zurück.Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.[X.] Lambert-Lang Tropf[X.] Lemke

Meta

V ZR 252/98

28.01.2000

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2000, Az. V ZR 252/98 (REWIS RS 2000, 3306)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3306

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