Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2001, Az. V ZR 56/00

V. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 2160

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.] 56/00Verkündet am:22. Juni 2001R i e g e lJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.] und die [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das [X.]eil des [X.] [X.] vom 13. Januar 2000aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Mit notariellem Vertrag vom 27. August 1992 verkaufte die Klägerin ([X.] noch Gemeinde W.) dem Beklagten ein im Außenbereich [X.], etwa2.000 qm großes, Grundstück zu einem Kaufpreis von 55.000 DM unter [X.] jeder Gewährleistung. Die Klägerin übernahm aber in Ziff. [X.] des [X.] dafür, daß die Bebauung des Grundstücks mit zwei Einfamilien-häusern mit ausbaufähigem Dachgeschoß nach vorherigem Abriß der bei [X.] vorhandenen Gebäude zulässig ist. Der Kaufpreis sollte [X.] von vier Wochen nach Mitteilung des Notars, daß ein Bauvorbescheid in- 3 -Fassung und Umfang der durch die Klägerin übernommenen [X.], fällig sein. Nach Zahlung sollte der Besitz auf den Käufer übergehen.Der Beklagte veräußerte am 24. Februar 1993 eine 1.000 qm großeTeilfläche des Grundstücks zu einem Kaufpreis von 100.000 DM an einenDritten. Nach Vorliegen eines ablehnenden Bauvorbescheids vom 9. Juli 1993,mit dem nur ein Einfamilienhaus als genehmigungsfähig erklärt wurde, trat [X.] von diesem Kaufvertrag zurück. Am 2. März 1994 verkaufte er dasgesamte Grundstück zu einem beurkundeten Kaufpreis von 100.000 [X.]. Daraufhin forderte die Klägerin den Beklagten am 2. Juni 1994 auf, [X.] innerhalb von drei Monaten bei dem Notar zu hinterlegen. Der [X.] verlangte am 18. Juli 1994 von der Klägerin Schadensersatz wegenNichterfüllung mangels vertragsgemäßer Bebaubarkeit. Nach erneuter Fristset-zung unter Ankündigung einer Rückabwicklung des Kaufvertrages bei [X.] im September 1994 erklärte die Klägerin mit Schreiben vom26. Oktober 1994 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Beklagte hinterlegte [X.] 1996 den Kaufpreis und wurde am 18. Juni 1997 im Grundbuch [X.] eingetragen.Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage Berichtigung des Grundbuchs,hilfsweise Rückübertragung des [X.] um [X.] gegen [X.]. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufungder Klägerin hat das [X.] das [X.]eil abgeändert und dem [X.] stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, derenZurückweisung die Klägerin [X.] -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat es offen gelassen, ob der Beklagte wegenSittenwidrigkeit des Kaufvertrages zur Rückauflassung verpflichtet ist. [X.] Wirksamkeit des Vertrages schulde er nämlich die Rückübertragung [X.] unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß § 326 [X.]. [X.] Parteien bei ihrer Fälligkeitsabrede nicht an die Möglichkeit gedacht hätten,daß der Antrag auf Erlaß eines Bauvorbescheids abschlägig beschieden wer-den könne, sei diese im Wege ergänzender Vertragsauslegung so zu verste-hen, daß der Kaufpreis mit Weiterverkauf des Grundstücks am 2. März 1994unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vertrages zur Hinterlegung auf [X.] fällig geworden sei. Der Beklagte sei durch Mahnung der Kläge-rin in Zahlungsverzug gesetzt worden. [X.] könne, ob dem Beklagtenwegen der hinter dem Vertrag zurückbleibenden Bebauungsmöglichkeit [X.] zustünden. Denn ein darauf beruhendes [X.] habe den durch [X.]ang der Mahnung eingetretenen Verzug [X.] können, weil es nicht vor oder bei Eintritt der Verzugsvoraussetzun-gen geltend gemacht worden sei.Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung [X.] allen Punkten stand.- 5 -II.Die Klägerin kann vom Beklagten mangels eines Rücktrittsrechts gemäߧ§ 346, 327, 326 Abs. 1 [X.] nicht Rückauflassung des Grundstücks verlan-gen.1. Nicht zu beanstanden ist allerdings entgegen der Rüge der [X.] ergänzende Auslegung der im Falle eines ablehnenden Bauvorbescheidslückenhaften Fälligkeitsvereinbarung durch das Berufungsgericht dahingehend,daß der Kaufpreis mit dem Weiterverkauf des Grundstücks am 2. März 1994unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vertrages fällig wurde. Die ergänzen-de Auslegung einer Individualvereinbarung gehört zum Bereich der tatrichterli-chen Feststellung und ist vom Revisionsgericht nur beschränkt überprüfbar.Sie bindet das Revisionsgericht nur dann nicht, wenn sie unter Verletzung dergesetzlichen Auslegungsregeln und der aus ihnen entwickelten allgemeinenAuslegungsgrundsätze vorgenommen worden ist, wenn sie gegen [X.] oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder den unterbreiteten Sachver-halt nicht erschöpfend gewürdigt hat (Senat, [X.], 110, 115; [X.], [X.]. v.29. September 1999, [X.], [X.], 273, 274). [X.] liegen hier nicht vor. Insbesondere verstößt die Vertragsausle-gung nicht gegen den Grundsatz einer möglichst nach beiden Seiten hin inter-essengerechten Auslegung (vgl. Senat, [X.]Z 115, 1, 5; Senat, [X.]. v.27. September 1991, [X.], NJW-RR 1992, 182; [X.], [X.]. v. [X.], [X.], NJW 1994, 2228, 2229). Die Interessen des Beklagtensind ausreichend berücksichtigt. Ihm stand es frei, das von der Klägerin erwor-bene Grundstück weiterzuveräußern. Entgegen der Ansicht der Revision wer-den dem Beklagten zustehende Gewährleistungsansprüche durch einen [X.] unabhängig von dessen Wirksamkeit nicht berührt (vgl. Senat,- 6 -Beschl. v. 10. Juni 1998, [X.] 324/97, NJW 1998, 2905). Auch der [X.] ist beachtet, weil die Auslegung an einen konkreten Aktdes Weiterverkaufs, mag dieser auch rechtlich unwirksam sein, anknüpft [X.], wie dies die Revision vorträgt, an eine nur beiläufig geäußerte [X.]sabsicht.Soweit das Berufungsgericht zur Begründung seiner ergänzenden Ver-tragsauslegung ausgeführt hat, die Fälligkeit des Kaufpreises sei mit [X.] des Grundstücks unabhängig davon eingetreten, ob zu diesem Zeit-punkt die Frage der vertraglich vereinbarten Bebaubarkeit geklärt gewesen sei,ist dem nicht zu entnehmen, daß es dem Beklagten die Geltendmachung ihmwegen einer fehlenden Bebaubarkeit zustehender Gegenrechte verwehrenwollte. Wollte das Berufungsgericht das gleichwohl zum Inhalt seiner Ausle-gung machen, würde das der Interessenlage des Beklagten nicht gerecht undwäre mithin für den Senat nicht bindend.2. Rechtsfehlerhaft ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, der [X.] sei durch die Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 2. Juni 1994 inVerzug gesetzt worden.a) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, wenn er sich auf eine Einredestützen kann, die ihm ein dauerndes oder wenigstens zeitweiliges Leistungs-verweigerungsrecht gewährt (Senat, [X.]Z 113, 232, 236 m.w.N.). Solche zurdauernden Leistungsverweigerung berechtigenden Einreden sind sowohl [X.] des nicht erfüllten Vertrages nach § 320 [X.] als auch die [X.] nach § 478 [X.]. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann der Käufer bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache [X.] 7 -sprüche (§§ 459 ff [X.]) aber grundsätzlich erst nach Gefahrübergang geltendmachen; vor Gefahrübergang bestimmen sich seine Rechte nach den allge-meinen Vorschriften ([X.]Z 138, 195, 207). Im vorliegenden Fall ist der [X.] gemäß [X.] Ziff. 1 des Vertrages erst nach Zahlung des [X.] auf den Beklagten übergegangen. Bis dahin richtetensich die Rechte des Beklagten, was die Revision übersieht, nach den allgemei-nen Vorschriften.b) [X.] stand dem Beklagten im Zeitpunkt der [X.] ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 [X.] zu. Denn [X.] kann schon vor Gefahrübergang die Annahme einer mangelhaften Sa-che als nicht vertragsgemäße Leistung ablehnen und die Zahlung des Kauf-preises verweigern (Senat, [X.]Z 129, 103, 106; [X.]/[X.], [X.](1995) [X.]. zu §§ 459 ff [X.]. 24; [X.]/Grunewald, [X.], 10. Aufl., vor§ 459 [X.]. 6; [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., Einf. vor § 320 [X.]. 18). [X.] tatsächliche Bebauungsmöglichkeit hinter den vertraglichen Vereinbarun-gen zurückbleibt, hat das Berufungsgericht unterstellt.c) Es kann offenbleiben, ob die Erklärung der Klägerin, die Gewährlei-stung für die Bebauung des [X.] mit zwei Einfamilienhäusernmit ausbaufähigem Dachgeschoß zu übernehmen, Gegenstand einer vertragli-chen Beschaffenheitsangabe (§ 459 Abs. 1 [X.]) oder die Zusicherung einerEigenschaft (§ 459 Abs. 2 [X.]; vgl. Senat [X.]Z 117, 159, 162) ist. [X.] darin nur eine vertragliche Beschaffenheitsangabe liegt, begründet [X.] Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten. Dem steht der zwischen [X.] vereinbarte [X.] nicht entgegen. Denn für dieZeit vor Gefahrübergang schränkt ein [X.] den [X.] 8 -der Leistungspflicht des Verkäufers nicht ein (Senat, [X.]Z 129, 103, 104 f).Das bloße Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts hinderte den [X.] ([X.]Z 84, 42, 44; 116, 244, 249; [X.], [X.]. v. 7. Okto-ber 1998, [X.], NJW 1999, 53). Darauf, ob der Beklagte es geltendgemacht hat, kommt es nicht [X.] Nach alldem kann das angefochtene [X.]eil keinen Bestand haben.Das Berufungsgericht hat zum Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechtsbisher keine Feststellungen getroffen. Es wird zu klären haben, ob das [X.] infolge eingeschränkter Bebaubarkeit einen Sachmangel aufweist. Dasist nicht bereits aufgrund des ablehnenden Bauvorbescheids vom 9. Juli 1993zu bejahen. Denn die Frage, ob aus dem materiellen Baurecht ein Sachmangelfolgt, kann von den Verwaltungsbehörden nicht mit bindender Wirkung für [X.] entschieden werden (Senat, [X.]Z 117, 159, 166; 122, 1, 5). [X.] wird sich das Berufungsgericht außerdem mit der bisher offengelassenen Frage zu befassen haben, ob der Kaufvertrag wegen Verstoßesgegen die guten Sitten unwirksam ist (§ 138 Abs. 1 [X.]).[X.] Tropf[X.]KleinLemke

Meta

V ZR 56/00

22.06.2001

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2001, Az. V ZR 56/00 (REWIS RS 2001, 2160)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2160

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