Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. V ZB 41/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14176

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V [X.]
vom
12. März 2015

in dem Zwangsversteigerungsverfa[X.]
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
EuInsVO Art. 5 Abs. 1
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 267 Abs.
1 lit. [X.] folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Erfasst der Begriff des dinglichen Rechts gemäß Art.
5 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfa[X.] ([X.]. [X.] 2000 Nr. L 160 S.
1) eine nationale Regelung, wie sie in § 12 des [X.]. § 77 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung enthalten ist, wonach [X.] kraft Gesetzes als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen und der Eigentümer insoweit die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz dulden muss?
[X.], Beschluss vom 12. März 2015 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 12. März 2015
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
Czub, die Richterinnen Dr.
Brückner und
Weinland und [X.]
Kazele

beschlossen:

Das Verfa[X.]
wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der [X.] wird
zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts
gemäß
Art. 267 Abs.
1 lit. [X.]
folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Erfasst der Begriff des dinglichen Rechts gemäß
Art.
5 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfa[X.] ([X.]. [X.] 2000 Nr. L 160 S.
1) eine
nationale Regelung,
wie
sie
in § 12 des Grundsteuergesetzes
i.[X.]. § 77 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung
enthalten ist, wonach
[X.] kraft Gesetzes als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen
und der Eigentümer insoweit die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz dulden muss?

Gründe:
I.
Die Schuldnerin, eine [X.] nach [X.] Recht, ist Eigentümerin des im Rubrum genannten Grundstücks
in [X.], [X.].
Mit Urteil vom 6. Mai 2013 ordnete
der
Tribunal de Grande Instance de Mulhouse, Frank[X.]ch, das Betriebssanierungsverfa[X.]
) für die
Schuldnerin
an und beauftragte 1
-
3
-

einen gerichtlich bestellten Verwalter mit deren Betreuung [X.]

.
Am 15. Mai 2013 beantragte die Gemeinde [X.]

wegen rückständiger Grundsteuern
für die [X.] vom 1.
Oktober 2012 bis zum 30. Juni 2013 in Höhe von 7.471,19

ie Zwangsversteigerung des
Grundstücks
und
bescheinigte die Vollstreckbarkeit der Forderungen.
Mit Beschluss vom 21. Mai 2013 hat
das Amtsgericht die Zwangsversteigerung angeordnet. Der dagegen gerichteten Erinnerung der Schuldnerin hat es nicht abgeholfen. Das [X.] hat ihre sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Schuldnerin er[X.]chen, dass die Anordnung der Zwangsversteigerung aufgehoben und der Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch gelöscht wird.
II.
Die Begründetheit der nach
§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO
statthaften und nach §
575 ZPO
auch im Übrigen zulässigen
Rechtsbeschwerde hängt
in entscheidungserheblicher Weise von der Beantwortung der im Tenor formulierten Vorlagefrage durch den Gerichtshof der [X.] ab.
1. Der Anwendungsbe[X.]ch der Verordnung ([X.]) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfa[X.] ([X.]. [X.] 2000 Nr. L 160 S.
1) in der zuletzt durch die Durchführungsverordnung ([X.]) Nr. 663/2014 des Rates vom 5. Juni 2014 ([X.]. [X.] 2014 Nr. L 179 S. 4) geänderten Fassung ([X.], nachfolgend EuInsVO)
ist sowohl räumlich als auch
sachlich eröffnet. Bei dem Verfa[X.] des "redressement [X.]" handelt es sich um eines der in Art. 2 Buchstabe a EuInsVO i.[X.]. [X.] der Verordnung genannten Insolvenzverfa[X.]. Der
für die Schuldnerin auftretende "administrateur [X.]" gehört zu den in Art. 2 Buchstabe b 2
3
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-
4
-

EuInsVO i.[X.]. Anhang C der Verordnung bezeichneten Verwaltern. Die [X.]
geht in ihrem Anwendungsbe[X.]ch den Vorschriften des in §§
335 ff. [X.] geregelten [X.] Internationalen Insolvenzrechts vor (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Februar 2011 -
V [X.], [X.]Z 188, 177
Rn.
11
[X.]).
2.
Gemäß Art. 4 Abs. 1 EuInsVO unterliegt das
Insolvenzverfa[X.]
dem
[X.]
Recht. Dieses regelt auch die
Auswirkungen der Verfa[X.]seröffnung auf Rechtsverfolgungsmaßnahmen einzelner Gläubiger
(Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe f EuInsVO).
Feststellungen zu dem [X.] Recht, die das Beschwerdegericht nicht für erforderlich gehalten hat, kann der Senat selbst treffen (näher Beschluss vom 3. Februar 2011
-
V
[X.], [X.]Z 188, 177 Rn. 14 [X.]). Danach begründet
die Eröffnung des

ein allgemeines
Vollstreckungsverbot (Art. L 631-14 Abs. 1 i.[X.]. Art. L 622-21 Abs. 2 Code de Commerce). Weder für dinglich gesicherte Gläubiger noch für den Fiskus oder die Sozialversicherungsträger bestehen Sonderregelungen (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl., Rn. 633 ff.; [X.]/[X.], [X.] Handels-
und Wirtschaftsrecht, 3.
Aufl., Rn. [X.]; MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl., Anhang Band
3, Länderbericht Frank[X.]ch Rn.
11; Bauer[X.]s in [X.]/[X.], Handbuch Insolvenzrecht in [X.] [2014],
Länderbericht Frank[X.]ch Rn. 155).
Allerdings bleiben gemäß
Art. 5 Abs. 1 EuInsVO dingliche Rechte eines Gläubigers oder eines [X.]
an unbeweglichen Gegenständen, die sich im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats befinden, von der Eröffnung des Insolvenzverfa[X.]s unberührt.
3.
Nach [X.] Recht sind die [X.], die zu der Anordnung der Zwangsversteigerung geführt haben, öffentliche Lasten gemäß §
12 Grundsteuergesetz ([X.]). Öffentliche Lasten beruhen zwar auf öffentlichem Recht. Sie sind aber dingliche Verwertungsrechte, da der 5
6
-
5
-

Eigentümer gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 [X.] die Zwangsvollstreckung in das Grundstück dulden muss
(vgl. [X.], NJW 1985, 756). Funktionell
entsprechen sie
einem Grundpfandrecht
(vgl. [X.]/Rüsken, [X.], 12. Aufl., §
77 Rn. 3; [X.], Erschließungs-
und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 27 Rn. 1).
Im Einzelnen:
a)
Maßgebliche Normen des [X.] Rechts:
§ 12 [X.] bestimm

§ 77 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung ([X.]) bestimmt:

dem Grundbesitz ruht, hat der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz zu dulden

§ 10 Abs. 1 des
Zwangsversteigerungsgesetzes ([X.]) lautet auszugsweise wie folgt:

[X.] nach folgender :
3. die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Ja[X.] rückständigen Beträge; wiederke[X.]de Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Ja[X.]

.
4. die Ansprü

b) Für die Entstehung einer öffentlichen Last bedarf es einer gesetzlichen Regelung, wie sie in § 12 [X.] enthalten ist. Der Begriff selbst ist nicht gesetzlich definiert. Es besteht aber Einigkeit darüber, dass eine öffentliche Last eine Abgabenverpflichtung
ist, die auf öffentlichem Recht beruht, durch wiederke[X.]de oder einmalige Geldleistung zu erfüllen ist und nicht nur die persönliche Haftung des Schuldners, sondern auch die dingliche Haftung des Grundstücks voraussetzt (vgl. nur Senat, Beschluss vom 30. März 2012
-
V [X.], [X.], 997 Rn. 4 [X.]). Öffentliche Lasten entstehen unabhängig davon, ob ein Zwangsversteigerungsverfa[X.] eingeleitet worden ist oder nicht ([X.], Urteil vom 18.
Februar 2010 -
IX
ZR 101/09, NJW-RR 7
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9
-
6
-

2010, 1022 Rn. 6; Senat, Beschluss vom 6.
Oktober 2011 -
V [X.], NJW-RR 2012, 87
Rn.
18). In das Grundbuch werden sie nicht eingetragen (§ 54 GBO). Die Grundsteuer ist die einzige Steuer, die eine
solche
öffentliche Last begründet. [X.] Beiträge und Abgaben
sind
dagegen
häufig als öffentliche Lasten ausgestaltet.
Im Bundesrecht gilt dies zum Beispiel für Erschließungskosten nach dem Baugesetzbuch (§
134 Abs. 2 BauGB). Daneben sieht das Landesrecht öffentliche Lasten vor. Beispielsweise
können Kommunalabgaben wie [X.] oder Kosten der Abwasserversorgung und Abwasserbeseitigung öffentliche Lasten sein
(näher
Senat, Beschluss vom 30. März 2012 -
V [X.], [X.], 997 Rn. 5
f.; [X.], [X.], 20. Aufl., §
10 Rn.
6.1
ff.). Auch für diese Art von öffentlichen Lasten gilt regelmäßig die in § 77 Abs. 2 Satz 1 [X.] angeordnete Duldungspflicht des Eigentümers.

c) Die
öffentliche Last gemäß § 12 [X.] ist wie eine Hypothek akzessorisch, weil sie von dem Bestehen einer
Abgabenschuld abhängt ([X.], NJW 1987, 2098, 2099; NVwZ 1999, 178, 182; Troll/[X.], Grundsteuergesetz, 8. Aufl., §
12 Rn. 2). Sie setzt
aber nicht notwendig voraus, dass der Eigentümer selbst die Steuer schuldet und für diese persönlich, also mit seinem sonstigen Vermögen, haftet.

Vielmehr bleibt sie bestehen, wenn das Grundstück nach Festsetzung der Steuerforderung veräußert wird, sofern die Forderung fällig und vollstreckbar
ist. Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 [X.] muss der neue Eigentümer die Vollstreckung
in das Grundstück dulden (vgl. [X.], Urteil vom 18. Februar 2010 -
IX ZR 101/09, NJW-RR
2010, 1022 Rn.
11;
BayVGH, BayVBl 2011, 768, 769; [X.] in Tipke/[X.], [X.]/FGO, Stand: Oktober 2014, §
77 [X.] Rn.
13,
jeweils [X.]).
Die öffentliche Last begründet also eine zusätzliche Sachhaftung (vgl. Troll/[X.], aaO).
d) Aufgrund einer öffentlichen Last gemäß § 12 [X.] kann die Finanzbehörde in das Grundstück vollstrecken, also insbesondere -
wie hier -
die Zwangsversteigerung beantragen. In einem Zwangsversteigerungs-10
11
-
7
-

verfa[X.]
werden
laufende und rückständige [X.]
aus den letzten zwei Ja[X.] privilegiert
(§ 10 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) und
haben bei der [X.] daher Vorrang
. Zu letzteren zählen
insbesondere die
Grundpfandrechte von Kreditgebern, wie etwa Hypotheken und Grundschulden (§ 10 Abs. 1 Nr.
4 [X.]). Ältere Rückstände verlieren diese Privilegierung
zwar,
bleiben aber eine öffentliche Last, die die Vollstreckung in das Grundstück ermöglicht
(Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011

V [X.], NJW-RR 2012, 87 Rn. 18).
e) Wä[X.]d des Insolvenzverfa[X.]s steht der Finanzbehörde
aufgrund der öffentlichen Last ein Recht auf abgesonderte Befriedigung
gemäß § 49 [X.] zu
(vgl. [X.], Urteil vom 18. Februar 2010 -
IX ZR 101/09, NJW-RR 2010, 1022 Rn. 6 [X.]). Insoweit unterscheiden sich öffentliche Lasten von den sogenannten Privilegien der [X.] Rechtsordnungen, deren Inhaber auf eine vorrangige Befriedigung beschränkt sind (vgl. dazu etwa [X.], Dingliche Sicherungsrechte
in der Insolvenz, 2008, S.
153
ff.; [X.]/[X.], BGB [2015], Art. 43 [X.]BGB Rn. 671 ff.) und die
nicht unter Art. 5 EuInsVO fallen sollen (so [X.]/[X.], [X.] Bericht zu dem [X.]-Übe[X.]nkommen über Insolvenzverfa[X.], 1996, [X.], abgedruckt u.a. in [X.], Vorschläge und Gutachten zur Umsetzung des [X.]-Übe[X.]nkommens über Insolvenzverfa[X.]).
4. Ob die öffentliche Last gemäß § 12 [X.] als dingliches Recht im Sinne von Art. 5 Abs. 1 EuInsVO einzuordnen ist, lässt sich nicht mit der für eine Entscheidung durch den Senat erforderlichen Gewissheit beantworten (vgl. [X.], [X.]. 1982, 3415 Rn. 16).
a) Über die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 EuInsVO besteht in der Rechtsliteratur keine Einigkeit. Teilweise wird die Bestimmung
als Kollisionsnorm verstanden. Im Ergebnis
soll daher die lex [X.] sitae -
hier also das [X.] Recht -
darüber
entscheiden, ob ein dingliches Recht vorliegt
12
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-
8
-

oder nicht
(vgl.
etwa
Paulus, EuInsVO, 4. Aufl., Art. 5 Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.][X.], EuInsVO, Art. 5 Rn.
51). Überwiegend wird dagegen
angenommen, dass der Begriff des dinglichen Rechts
autonom auszulegen sei (vgl. nur [X.]/[X.], 6. Aufl., Art. 5 EuInsVO Rn.
4; [X.]/[X.], [X.]/[X.], Art. 5 [X.]-InsVO Rn. 7; FK-[X.]/[X.]/Schuster,
7. Aufl., Art. 5 EuInsVO Rn. 2
[X.]; [X.] in [X.]/Ringstmeier, Handbuch Insolvenzverwaltung, 9.
Aufl., [X.].
20 Rn.
295
[X.]). Der
erläuternde Bericht
ist insoweit nicht eindeutig. Einerseits soll in der Regel die lex [X.] sitae über die Einordnung als dingliches Recht bestimmen ([X.]/[X.], aaO, Nr. 100), andererseits soll Art. 5 Abs.
1 EuInsVO aber nicht unangemessen weit
ausgelegt werden
([X.]/[X.], aaO, [X.]).
b) Der vorlegende Senat
geht jedenfalls davon aus, dass Art. 5 Abs. 1 EuInsVO nicht allein deshalb anwendbar ist, weil
das Recht nach der lex [X.] sitae als dinglich
anzusehen ist. Vielmehr dürften
Art. 5 Abs. 2 EuInsVO eigenständige und autonom auszulegende Vorgaben für die Auslegung von Art. 5 Abs.
1 EuInsVO
zu entnehmen sein
(in diesem Sinne auch
[X.]/[X.], aaO, Nr. 103; [X.], [X.] 114 (2001), 133, 154
f.).
aa) Dem erläuternden Bericht zufolge muss ein dingliches Recht
ausgehend von der Auflistung des Art. 5 Abs. 2 EuInsVO und dem
Verständnis eines dinglichen Rechts nach der [X.] zwei zentrale Eigenschaften aufweisen (vgl. [X.]/[X.], aaO, Nr. 103):

(1) Es muss direkt und unmittelbar an die Sache selbst gebunden sein,
und zwar unabhängig von der Frage, zu wessen Vermögen die betreffende Sache gehört, und unabhängig von dem Verhältnis des Rechtsinhabers zu einer anderen Person.

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-
9
-

(2) Weiter muss ein dingliches Recht
absoluten Charakter haben. Dies bedeutet, dass es der Rechtsinhaber gegen jedermann, der dieses Recht ohne seine Zustimmung missachtet oder beeinträchtigt, einklagen kann, dass das dingliche Recht bei Veräußerung der Sache an Dritte bestehen bleibt und dass das Recht auch bei Einzelrechtsverfolgung durch Dritte und bei Gesamtverfa[X.] (durch die damit verbundene Absonderung oder die individuelle Befriedigung)
bestehen bleibt.
[X.]) Diese Anforderungen erfüllt
eine Grundsteuerforderung, die kraft Gesetzes als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht

12 [X.]). Sie führt zu einer Haftung des Grundstücks, die bei dessen Veräußerung bestehen bleibt, [X.] entgegengehalten werden kann und in der Insolvenz ein Absonderungsrecht begründet.
c) Es
bedarf
jedoch
der Klärung durch den Gerichtshof
der [X.], ob dieses Ergebnis
mit dem
Zweck
von Art. 5
EuInsVO und dem Gesamtkonzept der Europäischen Insolvenzverordnung zu ve[X.]nbaren ist.

aa) Das
Grundziel der von dem [X.] abweichenden Anknüpfung
dinglicher Rechte in der Verordnung ist
die Gewährleistung von Vertrauensschutz und Rechtssicherheit
(24. Erwägungsgrund).
Bei dinglichen Rechten besteht
hierfür ein besonderes Bedürfnis, da diese für die
Gewährung von Krediten von
erheblicher
Bedeutung sind. Deshalb soll sich ihre Begründung, Gültigkeit und Tragweite nach dem Recht des [X.] richten; der Inhaber eines Aus-
und Absonderungsrechts soll sein Recht an dem Sicherungsgegenstand weiter geltend machen können
(25.
Erwägungsgrund).
Der erläuternde Bericht hebt hervor, dass es mit Hilfe dinglicher Rechte möglich sei, Kredite zu erlangen, die man ohne diese Art von Garantien nicht eingeräumt bekäme (vgl. [X.]/[X.], aaO, Nr. 97).

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21
-
10
-

[X.]) Die Interessen öffentlicher Gläubiger -
hier der Finanzbehörde -
unterscheiden sich von denjenigen privater Kreditgläubiger in wesentlichen Punkten. In gewisser Weise vertraut allerdings
auch die Finanzbehörde auf die Sicherung durch die öffentliche Last, die eine
wesentliche Ve[X.]nfachung der Verwaltung bewirkt. Beispielsweise
muss sie
bei einer Stundung oder Aussetzung der Vollziehung offener [X.] nicht prüfen,
ob der Anspruch gefährdet ist. Wären [X.] nicht gesichert, müsste die Finanzbehörde in solchen Fällen die Leistung von Sicherheiten verlangen (vgl. BT-Drucks. 6/3418, [X.]). Gleichwohl liegt der öffentlichen Last keine Kreditgewährung zugrunde, deren Bedingungen typischerweise in dem schutzwürdigen
Vertrauen auf den
Fortbestand
der
Grundpfandrechte
in der Insolvenz des Schuldners ve[X.]nbart werden. Weil die öffentliche Last
in einem [X.] Zwangsversteigerungsverfa[X.] den Rechten der
Kreditgläubiger jedenfalls teilweise
im Rang vorgeht, bewirkt sie
sogar
eine
Schlechterstellung
der Kreditgläubiger, deren Schutz Art.
5 EuInsVO dienen soll.

cc) Zu berücksichtigen ist schließlich, dass aufgrund des Ausnahmecharakters des Art. 5 EuInsVO eine enge Auslegung der Norm geboten ist ([X.]/[X.], aaO, Nr.
102). Eine weite Auslegung, die die lex [X.] sitae
in weitem Umfang berücksichtigte, könnte Sanierungsbemühungen ausländischer Insolvenzverwalter
erschweren (vgl. [X.] in [X.]/Ringstmeier, Handbuch Insolvenzverwaltung, 9. Aufl., [X.]. 20 Rn.
294).
IV.
Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich.
1. Ist
die öffentliche Last ein
dingliches Recht im Sinne des [X.] Insolvenzrechts, muss
die
Rechtsbeschwerde zurückgewiesen werden.

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25
-
11
-

a) Die öffentliche Last
entstand, wie es Art. 5 Abs. 1 [X.]InsVO voraussetzt
(vgl. [X.]/[X.], aaO, [X.]), jedenfalls überwiegend vor der Eröffnung des . Die
Steuer entsteht zu Beginn des Jahres (§
9 Abs. 2 [X.]). Selbst wenn die auf die [X.] nach der Verfa[X.]seröffnung entfallenden Steuern kein dingliches Recht mehr begründen sollten, wären die
Forderungen aus der [X.] vom 1. Oktober 2012 bis zum 5. Mai 2013 vor
Verfa[X.]seröffnung
entstanden.
b) Als Rechtsfolge ließe die Eröffnung des

die öffentliche Last gemäß Art. 5 Abs. 1 EuInsVO unberührt. Ob [X.] nach dem Recht des [X.] zu berücksichtigen sind, oder ob Art. 5 Abs. 1 EuInsVO eine Sachnorm enthält und
das dingliche Recht daher von der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfa[X.]s gänzlich unbeeinträchtigt bleibt, ist zwar umstritten
(vgl. nur [X.]/[X.], 6. Aufl., Art. 5 EuInsVO Rn. 15 ff. [X.]), hier aber unerheblich. Denn das
[X.] Insolvenzrecht sieht keine
Einschränkungen für die Vollstreckung, sondern ein Recht auf abgesonderte Befriedigung gemäß §
49
[X.]
vor.
c)
Ohne Erfolg rügt die Schuldnerin, der
Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung sei dem [X.] Insolvenzverwalter nicht bekanntgegeben worden. Ob eine solche Bekanntgabe erforderlich ist, richtet sich nach [X.] Verfa[X.]srecht als der lex fori. Hiernach ist die Bekanntgabe des Antrags
der Finanzbehörde
an den Schuldner bzw. an den Insolvenzverwalter kein Vollstreckungserfordernis
und daher
ohne Bedeutung für eine wirksame
Anordnung der Zwangsversteigerung
(vgl. [X.], [X.], 20.
Aufl., § 15 Rn. 34.4 a.E.; [X.], 310, hierzu [X.], [X.] 1991, 90).
d) Ob im Übrigen
die Voraussetzungen für den Beginn der Zwangs-vollstreckung vorliegen, hat das Vollstreckungsgericht bei der Beit[X.]bung von Steuerschulden (anders als bei der Vollstreckung von Urteilen) nicht zu prüfen. 26
27
28
29
-
12
-

Dies ist vielmehr Aufgabe der Finanzbehörde
(vgl. Senat, Beschluss vom 14.
Juli 1951 -
V [X.], [X.]Z 3, 140, 144 f.). Zuständige Behörde ist nach dem [X.] ([X.]) die Gemeinde (§
6 Abs.
1
[X.]). Bestätigt diese -
wie hier
-
in ihrem Antrag, dass
die Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen, sind die Gerichte
daran
gebunden (§
58 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.]).
Insbesondere darf
das Vollstreckungsgericht nicht prüfen, ob ein Duldungsbescheid gegen den ausländischen Insolvenzverwalter erforderlich und ob dieser ergangen
ist (dazu MünchKomm-[X.]/Ganter, 3. Aufl., § 49 Rn. 53).
Die
Schuldnerin (bzw. der
Insolvenzverwalter) kann insoweit Rechtsbehelfe vor den Finanzgerichten erg[X.]fen (vgl. [X.], 53; 158, 310).
e)
Schließlich ist es unerheblich, dass
die Anordnung nach Eröffnung des

der
Schuldnerin
und nicht dem Insolvenzverwalter
zugestellt worden
ist. Selbst wenn die Zustellung
an den Insolvenzverwalter erforderlich sein sollte, stellt dies jedenfalls keinen Grund für eine
Aufhebung der Anordnung
dar.
2. Ist
die öffentliche Last dagegen kein dingliches Recht im Sinne von Art. 5 Abs. 1 EuInsVO, hat
die Rechtsbeschwerde Erfolg. Die Anordnung der Zwangsversteigerung ist
aufzuheben
und der [X.] im Grundbuch zu löschen. Denn nach dem gemäß Art. 4 Abs.
1 EuInsVO maßgeblichen [X.] [X.] begründet das Verfa[X.] des

30
31
-
13
-

-
wie ausgeführt -
ein allgemeines Vollstreckungsverbot
(Art. L 631-14 Abs. 1 i.[X.]. Art. L 622-21 Abs. 2 Code de Commerce).

Stresemann

Czub

Brückner

Weinland

Kazele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.10.2013 -
6 K 16/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.02.2014 -
4 [X.] -

Meta

V ZB 41/14

12.03.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. V ZB 41/14 (REWIS RS 2015, 14176)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14176

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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