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PDF anzeigen[X.]/01vom27. September 2001in der [X.] -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 27. September 2001 gemäߧ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:Auf die Revisionen der Angeklagten wird das U[X.]eil des [X.] vom 19. Februar 2001 mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugend-kammer zuständige [X.] des [X.].Gründe:Das [X.] hat die Angeklagten wegen Vergewaltigung veru[X.]eilt,und zwar den Angeklagten [X.]unter Einbeziehung einer anderweit ausge-sprochenen Freiheitsstrafe zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zweiWochen, den Angeklagten [X.]zu einer Jugendstrafe von drei Jahren undvier Monaten. Die Revisionen beider Angeklagter rügen die Verletzung materi-ellen Rechts; diejenige des Angeklagten [X.]erhebt darüber hinaus Verfah-rensrügen. Die Rechtsmittel haben mit der Sachbeschwerde Erfolg.Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen lernte die damals16jährige Zeugin A. Kö. am 17. April 2000 in der [X.] den ihr bisdahin unbekannten Angeklagten [X.]kennen. Sie hatte an diesem Tage- 3 -nach der zweiten Unterrichtsstunde ihre Schule verlassen, weil sie [X.] war und sich deprimie[X.] flte. Im Elternhaus hatte es heftige Strei-tereien gegeben; die Eltern erwogen die Trennung. Die Zeugin befrchtete, inder auf den steren Vormittag angesetzten Chemiearbeit zu versagen. [X.] und der Angeklagte [X.]kamen ins Gesprch. [X.] begleitete siein der [X.], wo er wieder und wieder nach ihrer Hand griff; sieduldete schließlich, daß er sie an der Hand [X.]e. Auf [X.] begleitete die Zeugin A. [X.]diesen schließlich in seine [X.]. Hier wurde der Angeklagte [X.]immer aufdringlicher.Der jetzt ebenfalls in der Wohnung aufentltliche Mitangeklagte [X.]und[X.] kamrein, mit A. [X.]auch gegen deren entgegenstehen-den Willen den Geschlechtsverkehr durchzufren. Wrend [X.] auf einemBett die Zeugin festhielt, entkleidete [X.] diese und [X.]e mit ihr den [X.] ungesctzt und bis zum Samenerguß durch. [X.] die Angeklagten ihre Rollen und es kam zum gewaltsamen Verkehrdurch den Angeklagten [X.]. Zum Schluß zwangen beide Angeklagte ihr Op-fer, mit [X.]den Oralverkehr durchzufren. Sodann ließen die [X.] gehen. Abends berichtete die Zeugin einem Schulfreund und Nachbarn [X.] auch ihrem Freund am Telefon von dem Vorfall. Sie wollte zchst [X.] gehen, ließ sich schließlich aber von ihrem Frrreden, An-zeige zu erstatten und erschien tags darauf, am 18. April 2000, in [X.] Freundes und des [X.] auf dem Polizeirevier.Die [X.] hat die beiden Angeklagten, die die Tat und insbeson-dere jeglichen Geschlechtsverkehr bestritten haben, auf der Grundlage einerausfrlichen Beweiswrdigung fr r[X.] erachtet. Diese Beweiswrdigungist indessen nicht frei von [X.]. Das U[X.]eil kann deshalb keinen Be-- 4 -stand haben. Auf die [X.] Revision des Angeklagten [X.]kommt es mithin nicht an.1. Das Revisionsgericht ist nur eingeschrkt zur Überprfung einerBeweiswrdigung berufen und in der Lage. Es hat die Entscheidung [X.] grundstzlich hinzunehmen und sich auf die Prfung zu beschrn-ken, ob die [X.] enthalten (vgl. § 337 StPO). Das ist insachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswrdigung widersprch-lich, unklar oder lckenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesiche[X.]eErfahrungsstze verstût (st. Rspr.; vgl. nur [X.], 171 f.; [X.], 436 f.; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; Beweiswrdigung 2,11, 13, 14).2. [X.] des [X.]s steht mit den Erkenntnissender medizinischen Wissenschaft in einem zentralen Punkt nicht in Einklang.Sie [X.] einen Erfahrungssatz auûer acht, der eine Wahrscheinlichkeitsaussa-ge zu[X.] (vgl. [X.] in [X.]. § 261 Rdn. 46, 48; siehe fr andereFallgestaltungen auch BGHR StPO § 261 Erfahrungssatz 2, 5). Deshalb er-weist sich die Wrdigung der [X.] zugleich als lckenhaft.Die Kammer hat im Rahmen ihrer Beweiswrdigung nicht verkannt, [X.]objektive Nachweise des Tatgeschehens fehlen. Sie [X.] dazu u.a. aus, [X.]auf dem Leinentuch des Bettes in der Wohnung keine Spuren [X.] tten gefunden werden k, verwundere nicht, da die Wohnung vonder Polizei erst zwei Tage nach der Tat betreten worden sei und nicht festste-he, ob noch dasselbe Leinentuch aufgezogen gewesen sei wie am Tattage. [X.] Grundlage einer bei der Zeugin am Tage nach der Tat, dem 18. April 2000,vorgenommenen gykologischen Untersuchung [X.] das [X.] aus:"Daû auch der [X.] .... ohne Ergebnis verlief, war angesichts der [X.] 5 -che, [X.] die hierzu erforderlichen Abstriche bei der Gescigten erst [X.] und bei den Angeklagten gar erst am 19.04.2000 erhoben werdenkonnten, ebenfalls von keinerlei Beweiswe[X.]" (Unterstreichung hier). [X.] die Beweiswrdigung auf diesen Umstand nicht ein. Aus dem [X.] sich damit, [X.] die Abstriche bei der Zeugin [X.] aufwiesen.Soweit das [X.] annimmt, [X.] diesem Umstand "keinerlei Be-weiswe[X.]" zukomme, das Fehlen von Samenspuren also die Einlassungen [X.] auch nicht zu sttzen verm, ist das nicht haltbar. Vielmehr [X.] Nachweis von Spermatozoen bis etwa 24 Stunden nach dem Verkehr zuerwa[X.]en, nach anderen Reihenuntersuchungen sogar bis zu 48 Stunden. [X.] fr eine Zeitspanne bis zu 72 Stunden fr mlich gehalten. Die lstenverzeichneten [X.] betrugen fr den mikroskopischen Spermien-nachweis vier Tage nach dem letzten Verkehr. [X.] wurde [X.] ff Tagen nach dem letzten Verkehr festgestellt und der [X.] gelang sogar bis zu zehn Tagen post coitum.Die verffentlichten Untersuchungsergebnisse weisen durchaus unterschiedli-che [X.] aus; das [X.] indessen nichts am Grundsatz einer zu-chst hohen und dann abnehmenden Nachweiswahrscheinlichkeit. Die sog.Nachweissicherheit ist allerdings von einer Vielzahl variabler Faktorn-gig. Auch ist das Fehlen von Spuren kein zwingender Beleg dafr, [X.] [X.] mit [X.] in der Scheide nicht stattgefunden habe (vgl. zu deneinschligen medizinischen Erkenntnissen u.a.: [X.]/[X.], "Mikroskopische, enzymatische und immunologische Untersu-chungen an [X.] - eine Studie zur Zeitigkeit des Nach-weises verschiedener [X.]", in: Kriminalistik undforensische Wissenschaften, 1984, [X.] bis 164; [X.]/- 6 -Spann/[X.], "[X.] Befunde nach Sexualdelikten" in: [X.] gerichtlichen Medizin, [X.], [X.] ff.; [X.]/[X.]/[X.], in: [X.] gerichtlichen Medizin, [X.], [X.], 220; zu neue-ren Erkenntnissen in der englischsprachigen Literatur: Keil/[X.]/[X.],"Evaluation of MHS-5 in [X.] in vaginal swabs", in: [X.] 1996, 108: 186 - 190; siehe [X.] hinaus: [X.], [X.], 2. Aufl. 1975, [X.]2; Schwerd, Lehrbuch Rechtsmedizin, 5. Aufl. 1992,S. 30; [X.]/[X.], Rechtsmedizin, 5. Aufl. 1989, [X.]). Allerdings hatdieser Umstand indizielle Bedeutung zugunsten der Darstellung der Ange-klagten. Er ist deshalb in die Beweiswrdigung einzustellen und bei der Ge-samtbewe[X.]ung aller Beweise zu bercksichtigen. Das gilt hier auch [X.], [X.] die Angaben der Zeugin A. [X.]zur Frage des [X.] unbestimmt waren (vgl. [X.]). Das [X.] hatsich den Blick auf die bezeichneten medizinischen Erkenntnisse verstellt, in-dem es diesem Gesichtspunkt "keinerlei Beweiswe[X.]" beigemessen hat. Da [X.] diese Sicht ausdrcklich auf den zeitlichen Abstand zwi-schen der Tat und dem tags darauf erfolgten Abstrich bei der Zeugin abgestellthat, vermag der Senat auch nicht ohne weiteres davon auszugehen, [X.] essich bei der Formulierung der Kammer um ein bloûes Vergreifen im [X.] kte. Ebensowenig kann der Senat [X.], [X.] eine Be-weiswrdigung, die diesen Umstand bewe[X.]et und - naheliegenderweise unterrer Aufklrung der die Nachweissicherheit beeinflussenden sogenanntenvariablen [X.] und unter sachverstiger Beratung - in die Ge-samtwrdigung aller Beweise miteinbeztte, zu einem anderen, etwaZweifel begrErgebnis ge[X.] tte. Das gilt zudem vor dem Hinter-grund zweier weiterer Ml der [X.] 7 -3. Die [X.] erachtet es bei der Beu[X.]eilung der [X.] Aussage der Zeugin A. [X.]als Zeichen kritischen und differen-zie[X.]en Umgangs mit Erinnerungslcken, [X.] sie bekundet habe, "nicht zu [X.]", ob der [X.] des Angeklagten [X.]in oder auûerhalb [X.] erfolgt sei und dies bezlich des Angeklagten [X.] "nicht mehr ge-nau" wisse ([X.]). Diese Bewe[X.]tte es im Blick auf die fehlendenSpuren erforde[X.] zu er[X.]ern, ob und gegebenenfalls wie die Zeugin sich zudieser Frage etwa im Ermittlungsverfahren erkl[X.] hatte, ob es hierzu etwa eineabweichende Aussage gab oder ob insoweit [X.] wre.4. Die [X.] hat festgestellt, die Zeugin habe - wrend sie mitdem Angeklagten [X.] , zum Teil an dessen Hand, unterwegs war - ihremFreund mittels eines Mobiltelefons eine Textnachricht ([X.]) des Inhalts r-mittelt, sie sei mit einem [X.] unterwegs und befinde sich in einer unange-nehmen Situation ([X.]. Dies wie auch eine weitere [X.]-Botschaft ([X.]. 9) habe sie "blind auf dem in ihrer Tasche befindlichen Handy" an ihrenFreund "getippt", so [X.] [X.] dies nicht bemerkt habe. Der Freund der Zeu-gin hat den Erhalt der [X.]-Nachricht als Zeuge besttigt. Es versteht sich [X.] gleichwohl auch fr einen im Umgang mit einem Mobiltelefon und demVersenden von [X.]-Nachrichten in hohem Maûten, fingerfe[X.]igen Nut-zer nicht von selbst, [X.] ein solches "blindes" Schreiben und Versenden [X.] ein in einer Tasche befindliches "Handy" mlich ist. Die ent-sprechende Feststelltte der Darlegung der Voraussetzungen bedurft,unter denen die Zeugin A. [X.] dies konnte; die Aussage der Zeuginhierzu wre zu wrdigen [X.] 8 -5. Nach allem bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung.Der [X.] hat in seiner Antragsschrift zu Recht auf die Vor-schrift des § 80 Abs. 3 JGG hingewiesen, die die [X.] auûer acht ge-lassen hat, soweit der Angeklagte [X.] von der [X.] die Ausla-gen der [X.] betroffen ist. Der neue Tatrichter wird auch zu erwhaben, ob die Hinzuziehung eines Sachverstigen zur Beu[X.]eilung derGlaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin A. [X.] hilfreich sein kann.[X.] Nack Schluckebier [X.]
Meta
27.09.2001
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2001, Az. 1 StR 349/01 (REWIS RS 2001, 1173)
Papierfundstellen: REWIS RS 2001, 1173
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