Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.07.2010, Az. X R 34/08

10. Senat | REWIS RS 2010, 4809

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Gegenstand

Billigkeitsmaßnahmen bei unternehmerbezogenen Sanierungen


Leitsatz

Billigkeitsmaßnahmen nach den Vorgaben des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 IV A 6 -S 2140- 8/03 (BStBl I 2003, 240) sind in Fällen von unternehmerbezogenen Sanierungen nicht möglich   .

Tatbestand

1

A. Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) haben 1984 zusammen mit R als Miteigentümer das Grundstück [X.] in K sowie 1988 das Grundstück "[X.]" in [X.] erworben. Sie gründeten für jedes Objekt eine GbR, bauten die Objekte als Tagungshotels um und führten dort gegen [X.]ntgelt verschiedenste Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durch.

2

Der [X.]eklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) stellte die [X.]inkünfte der beiden GbR jeweils einheitlich und gesondert fest und veranlagte die Kläger gemeinsam zur [X.]inkommensteuer. Seit 1990 erwirtschaftete die [X.] durchgehend Verluste. Dies führte bei der [X.]inkommensteuer der Kläger zu [X.].

3

Das [X.] wurde 1995 unter Fortführung des Gewerbebetriebs verpachtet. Das Objekt [X.] wurde 1996/1997 veräußert. Diese GbR wurde aufgelöst. Nach [X.]eendigung ihrer aktiven Tätigkeit in den beiden GbR führten die Kläger Teile des Angebots im eigenen Namen weiter. Mit den daraus erzielten [X.]innahmen aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie Gewinnen aus der Auflösung der [X.]-GbR wurde der Verlustvortrag verrechnet. [X.]nde 1997 verblieb den Klägern ein Verlustvortrag in Höhe von 72.905 DM.

4

1998 wurde die [X.] aufgelöst und 1999 das [X.] zwangsversteigert. Die [X.] war mit 2 Mio. DM bilanziell überschuldet. [X.] waren die [X.] und die [X.]heleute [X.], die [X.]rwerb und Umbau des Objekts [X.] finanziert hatten. Von den 4 Mio. DM Verbindlichkeiten konnten 1,4 Mio. DM durch den [X.] getilgt werden. Der [X.] unterschritt den [X.]uchwert des Grundstücks (1,9 Mio. DM) deutlich. In der Folgezeit schlossen die Kläger und R mit den beiden [X.]n der [X.] Vergleichsvereinbarungen. Danach sollten mit der Zahlung bestimmter [X.]eträge alle Ansprüche abgegolten sein. Im [X.]rgebnis wurden von den 4.044.473 DM Verbindlichkeiten 2.268.194 DM gezahlt bzw. von anderen Gläubigern weiterhin kreditiert. Die restlichen 1.776.279 DM haben die Gläubiger der [X.] Anfang 2002 erlassen (§ 397 Abs. 1 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs --[X.]G[X.]--). Den [X.]eteiligungsquoten an der [X.] entsprechend entfallen hiervon 15,5 % (= 275.323,25 DM) auf den Kläger und 35,5 % (= 630.579,29 DM) auf die Klägerin.

5

Mit Schriftsätzen vom 9. November, 14. und 30. Dezember 2004 beantragten die Kläger, die [X.]inkommensteuer für die Streitjahre 1998 bis 2002 zu erlassen, soweit darin ein Sanierungsgewinn enthalten sei. Das [X.] lehnte den Antrag ab.

6

Die nach erfolglosem [X.]inspruchsverfahren erhobene Klage hatte teilweise [X.]rfolg. Das Finanzgericht ([X.]) hat mit in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte ([X.][X.]) 2008, 1555 veröffentlichtem Urteil erkannt, die Ablehnung des [X.], die [X.]inkommensteuer 1998 zu erlassen, sei rechtswidrig i.S. des § 102 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Für die Jahre 1999 bis 2002 habe das [X.] ermessensfehlerfrei entschieden, dass die Voraussetzungen eines [X.]rlasses (§ 227 der Abgabenordnung --AO--) wegen sachlicher Unbilligkeit nicht gegeben seien.

7

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.

8

Im erstinstanzlichen Verfahren sei auch streitig gewesen, ob die Frage des [X.]rlasses des Sanierungsgewinns aus sachlichen [X.]illigkeitsgründen im Rahmen der einheitlich und gesonderten Gewinnfeststellung der [X.] oder auf [X.] der Gesellschafter bei der [X.]inkommensteuerveranlagung der Kläger zu entscheiden sei. Das [X.] habe --aus Sicht der Kläger zutreffend-- erkannt, dass diese Frage im Streitfall zu klären sei. [X.]s habe die Klage gegen den [X.] 1998 abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Gegen das Urteil des [X.] vom 24. April 2008 6 K 2489/06 ([X.][X.] 2009, 811) hätten die Kläger fristwahrend Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (IV [X.] 86/08).

9

Zutreffend sei das [X.] davon ausgegangen, dass auch nach Abschaffung des § 3 Nr. 66 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]StG) a.[X.] [X.]illigkeitsmaßnahmen bei unternehmerbezogenen Sanierungen ebenfalls erforderlich seien. Im Übrigen liege im Streitfall nach den [X.]egriffsbestimmungen der ständigen Rechtsprechung des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) keine unternehmer-, sondern eine unternehmensbezogene Sanierung vor. Daher sei das [X.] schon aufgrund des Schreibens des [X.]undesministeriums der Finanzen ([X.]MF) vom 27. März 2003 IV A 6 -[X.]- 8/03 ([X.]St[X.]l I 2003, 240) zum [X.]rlass der auf dem Sanierungsgewinn beruhenden [X.]inkommensteuer der Kläger verpflichtet. Der [X.]FH gehe von einer unternehmerbezogenen Sanierung aus, wenn sich der Schuldner ins Privatleben zurückziehe, einen neuen [X.]etrieb aufmache oder sich in ein unselbständiges Angestelltenverhältnis begebe. All diese Voraussetzungen würden auf die Kläger nicht zutreffen. Sie seien schon vor dem Schuldenerlass, während der Sanierung und schon Jahre vor der Sanierung neben ihrer [X.]eteiligung an der [X.] einzelunternehmerisch tätig gewesen. Der Schuldenerlass habe zum [X.]rhalt der bereits bei [X.]eginn der Sanierung vorhandenen Unternehmen der Kläger beigetragen. Diese [X.]egriffsbestimmung sei vom [X.]FH in jüngster Zeit (Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 [X.]/03, [X.]FH/NV 2006, 715) bestätigt worden.

Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, dass der Kläger [X.]erufsbetreuer nach §§ 1896 ff. [X.]G[X.] sei und beide Kläger im Rahmen der Insolvenzberatung und der außergerichtlichen Schuldenbereinigung arbeiten würden. [X.]ntgegen der [X.]ehauptung des [X.] sei es ihnen daher nicht möglich, eine Restschuldbefreiung über ein Insolvenzverfahren zu erreichen, ohne ihre berufliche [X.]xistenz zu verlieren. Im Übrigen könnten nach dem [X.]MF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV [X.] 6 - [X.]/07/10001-01 ([X.]St[X.]l I 2010, 18) auch [X.] aus einer Restschuldbefreiung oder einer Verbraucherinsolvenz erlassen werden. Rz 2 Satz 2 des [X.]MF-Schreibens in [X.]St[X.]l I 2003, 240 sei nicht anwendbar. Damit bestätige das [X.]MF erstmals die Anwendbarkeit des [X.]MF-Schreibens in [X.]St[X.]l I 2003, 240 auf unternehmerbezogene Sanierungen. Die [X.]evorzugung der Schuldner in einem gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren gegenüber denjenigen, die eine außergerichtliche Schuldenbereinigung erreichen würden, wäre ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 des Grundgesetzes --GG--). Auch sei --wie das [X.] zutreffend ausgeführt habe-- kein sachlicher Grund ersichtlich, die unternehmerbezogene Sanierung im Vergleich zur unternehmensbezogenen Sanierung nicht zu begünstigen. [X.] nach dem [X.]MF-Schreiben in [X.]St[X.]l I 2003, 240 ein Sanierungsgewinn begünstigt werden, soweit keine Doppelbegünstigung durch die unbeschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeit und die gleichzeitige Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns entstehe, müsse auch die unternehmerbezogene Sanierung zu einem [X.]illigkeitserlass führen. Diese Auslegung entspreche zudem der Systematik des [X.]inkommensteuerrechts, wonach nicht der [X.]etrieb, sondern die natürliche Person Steuersubjekt sei.

Dem [X.]MF-Schreiben in [X.]St[X.]l I 2003, 240 sei nicht zu entnehmen, dass Verluste und Verlustvorträge zunächst mit dem ermäßigt besteuerten Sanierungsgewinn und nicht vorrangig mit positiven laufenden [X.]inkünften zu verrechnen seien. [X.]etrachte man die [X.]egründung der Abschaffung des § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] und die [X.]inführung von [X.]illigkeitsmaßnahmen durch das [X.]MF-Schreiben in [X.]St[X.]l I 2003, 240, werde im Gegenteil deutlich, dass nur Verlustvorträge oder laufende Verluste, die nicht mit laufenden [X.]inkünften verrechnet werden könnten, gegen einen Sanierungsgewinn zu verrechnen seien. § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] sei nach der Gesetzesbegründung abgeschafft worden, weil zwischenzeitlich eine unbegrenzte Verlustverrechnungsmöglichkeit bestanden habe. Deshalb setze der Gesetzeszweck logisch und zwingend voraus, dass die Verlustverrechnungsmöglichkeit, die sich vor [X.]ntstehen des Sanierungsgewinns nur auf sonstige laufende [X.]inkünfte des Steuerpflichtigen beziehen könne, fortbestehen müsse. Das [X.] habe daher den Verlustvortrag der Kläger in Höhe von 72.905 DM sowie die laufenden Verluste des Jahres 1998 zutreffend mit den sonstigen laufenden [X.]inkünften der Kläger verrechnet.

Zu Unrecht habe das [X.] den Anspruch der Kläger auf [X.]rlass der [X.]inkommensteuer 1999 bis 2002 verneint. Werde nicht der gesamte im Jahr 1998 erzielte Sanierungsgewinn in vollem Umfang steuerfrei gestellt, wie es § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] bis 1997 vorgesehen habe, komme es zu einem Verstoß gegen das Übermaßverbot und den Grundsatz der [X.]esteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Nach § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] seien [X.] weder mit laufenden Verlusten noch mit [X.] zu verrechnen gewesen; vielmehr sei ein Sanierungsgewinn bei der [X.]rmittlung der [X.]inkünfte gänzlich unberücksichtigt geblieben. Der Sanierungsgewinn der Klägerin in Höhe von 630.579 DM und des [X.] in Höhe von 275.323 DM sei daher von dem im [X.]inkommensteuerbescheid 1998 enthaltenen Veräußerungsgewinn abzuziehen. [X.]inschließlich des laufenden Verlustes führe dies zu negativen [X.]inkünften aus Gewerbebetrieb der Klägerin in Höhe von 526.466 DM und des [X.] in Höhe von 229.866 DM. Der negative Gesamtbetrag der [X.]inkünfte des Jahres 1998 betrage 607.228 DM und gemeinsam mit dem Verlustvortrag zum 31. Dezember 1997 verbleibe zum 31. Dezember 1998 ein Verlustvortrag in Höhe von 680.133 DM. Dieser Verlustvortrag führe in den Jahren 1999 bis 2002 zu einer [X.]inkommensteuer von 0 DM.

Im Übrigen hätten die Kläger lange vor Abschaffung des § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] die Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen der [X.] verloren und Sanierungsverhandlungen mit den Gläubigern aufgenommen. Auch wenn mit der nachträglichen Verlängerung des zeitlichen Geltungsbereichs des § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] auf das [X.] nicht mehr von einer echten Rückwirkung auszugehen sei, liege doch im Streitfall eine unzulässige unechte Rückwirkung vor. Das Vertrauen der Kläger sei schutzwürdig, weil die Sanierungsbemühungen vor der erstmaligen Veröffentlichung der Pläne des Gesetzgebers zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] begonnen hätten (so auch Kanzler in [X.]/[X.] --HHR--, § 3 Nr. 66 [X.]StG, Rz [X.], [X.] unten, 191. Lieferung Januar 1998). Die [X.] sei bereits 1995 überschuldet gewesen und die Gläubiger, die 2002 einen Teil der Verbindlichkeiten erlassen haben, hätten bereits 1995 die Zwangsverwaltung und -versteigerung beantragt.

Die Kläger beantragen,

das [X.]-Urteil insoweit aufzuheben, als es die Klage hinsichtlich des [X.]rlasses der [X.]inkommensteuer 1999 bis 2002 abgewiesen hat und das [X.] zu verpflichten, die [X.]inkommensteuer der Kläger auch für diese Jahre in voller Höhe zu erlassen, hilfsweise das [X.] zu verpflichten, den Antrag auf [X.]rlass der [X.]inkommensteuer für 1999 bis 2002 aus sachlichen [X.]illigkeitsgründen unter [X.]eachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden sowie die Revision des [X.] als unbegründet zurückzuweisen.

Das [X.] beantragt,

das [X.]-Urteil aufzuheben, soweit es das Streitjahr 1998 betrifft, und die Klage auch insoweit abzuweisen sowie die Revision der Kläger zurückzuweisen.

Mit seiner Revision rügt das [X.] Verletzung von §§ 5, 227 AO und §§ 101, 102 [X.]O. Im Streitfall sei von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen. Nach der [X.]ntscheidung des [X.]FH in [X.]FH/NV 2006, 715 liege eine solche vor, wenn u.a. dem Schuldner der Aufbau einer [X.]xistenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht werden soll. Die Fortführung eines bereits bestehenden weiteren [X.]etriebs des/der Schuldner sei nicht anders zu beurteilen. Dies habe auch das [X.] zutreffend angenommen. Zu Unrecht habe es auf die unternehmerbezogene Sanierung jedoch die Kriterien des § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] angewendet. [X.]s habe übersehen, dass § [X.] der Finanzbehörde ein [X.]rmessen sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen einer Unbilligkeit als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen einräume. Die [X.]rmessensentscheidung der Finanzbehörde sei nach § 102 [X.]O nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar. Für [X.]illigkeitsmaßnahmen anlässlich von Sanierungsmaßnahmen habe die Finanzverwaltung im [X.]MF-Schreiben in [X.]St[X.]l I 2003, 240 allgemeine Grundsätze für die [X.]rmessensausübung entwickelt. Danach sei ein [X.]rlass von [X.]inkommensteuer nur bei einer unternehmensbezogenen Sanierung möglich. Aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen solle die Sanierung eines lebenden [X.]etriebs erleichtert werden, weil eine Sanierung häufig nur möglich sei, wenn dadurch keine neuen Verbindlichkeiten --auch nicht durch [X.]rtragsteuern-- ausgelöst werden. [X.]s solle verhindert werden, dass wegen der [X.]rtragsteuerbelastung von vornherein kein Sanierungsplan zustande komme. [X.]ei einer unternehmerbezogenen Sanierung griffen wirtschafts- und sozialpolitische Gesichtspunkte nicht. Der Unternehmer, der seinen [X.]etrieb einstellen und schuldenfrei in das Privatleben wechseln wolle, habe die Möglichkeit, durch eine Insolvenz eine Restschuldbefreiung zu erreichen. Daher bestehe bei der sog. unternehmerbezogenen Sanierung kein [X.]edarf für steuerrechtliche [X.]illigkeitsmaßnahmen. Diese grundlegende [X.]ntscheidung der Finanzverwaltung im [X.]MF-Schreiben in [X.]St[X.]l I 2003, 240 sei gerichtlich nicht nachprüfbar.

Die Auffassung des [X.], [X.]illigkeitsmaßnahmen auszusprechen, soweit bei einer Sanierung keine Doppelbegünstigung vorliege, sei abzulehnen. Die [X.]esteuerung des Schuldenerlasses entspreche der gesetzlichen Regelung und stelle die Korrektur von in früheren [X.] entstandenen Gewinnminderungen dar. Dies sei sachgerecht. Auch wenn die Vermeidung einer Doppelbegünstigung der Grund für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] gewesen sei, könne hieraus nicht abgeleitet werden, dass in Fällen ohne Doppelbegünstigung [X.]illigkeitsmaßnahmen erforderlich seien.

Auch unter [X.] sei ein [X.]rlass der [X.]inkommensteuer nicht erforderlich. Die Aufhebung des § 3 Nr. 66 [X.]StG a.[X.] für ab dem 1. Januar 1998 endende Wirtschaftsjahre greife nicht in bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume ein. Der frühere Verlustabzug werde nicht durch die [X.]esteuerung des Sanierungsgewinns tangiert. Nur der in einem späteren Veranlagungszeitraum bewirkte Schuldenerlass werde anders behandelt als nach der Rechtslage bis 1997. Die gesetzliche Neuregelung knüpfe lediglich insoweit an einen Sachverhalt in der Vergangenheit an, als der Schuldenerlass voraussetze, dass sich die erlassenen Schulden in früheren [X.] bereits ausgewirkt hätten. Darin könne aber keine echte Rückwirkung oder Rückbewirkung von Rechtsfolgen gesehen werden, selbst wenn die Sanierungsverhandlungen bereits in früheren Jahren begonnen haben sollten. [X.]illigkeitsmaßnahmen zur Vermeidung einer echten Rückwirkung seien daher nicht erforderlich.

[X.]ine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung seien verfassungsrechtlich zulässig. Der Steuerpflichtige habe auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Gesetzgeber bisher aus ordnungs- oder konjunkturpolitischen Gründen gewährte Steuervergünstigungen uneingeschränkt für die Zukunft aufrecht erhalte ([X.]eschluss des [X.]undesverfassungsgerichts --[X.]VerfG-- vom 20. Juni 1978  2 [X.]vR 71/76, [X.]VerfG[X.] 48, 403, 416, m.w.N.). Darauf laufe aber das angefochtene Urteil hinaus. Nach Sichtweise des [X.] wäre die bis 1997 geltende Regelung im [X.]illigkeitswege auch für spätere Veranlagungszeiträume anzuwenden. Der festgestellte Verlustvortrag werde den Klägern nicht entzogen. Nach der gesetzlichen Neuregelung sei er auch mit solchen [X.]inkünften zu saldieren, die nach der alten Rechtslage steuerfrei geblieben wären. Damit sei das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Verlustvortrag nach altem Recht geschützt. Zudem seien Stichtagsregelungen zulässig und würden keine allgemeine unbillige Härte begründen.

Im Übrigen stelle das [X.] die Kläger im angefochtenen Urteil besser als [X.] des [X.]MF-Schreibens in [X.]St[X.]l I 2003, 240 es vorsehe. Danach seien Verluste vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen. Der Grundsatz, dass steuerliche Verrechnungen so durchzuführen seien, dass sich diese für den Steuerpflichtigen möglichst günstig auswirkten, gelte nicht, weil die [X.]esteuerung des Sanierungsgewinns das Korrektiv zum Abzug von Verlusten in früheren [X.] sei. Das [X.] ziehe zu Unrecht den Verlustvortrag und den laufenden Verlust aus Gewerbebetrieb nicht von dem ermäßigt zu besteuernden Veräußerungsgewinn, sondern von anderen nicht ermäßigt zu besteuernden [X.]inkünften ab. Würden hingegen die Verluste im Streitfall vorrangig vom Sanierungsgewinn abgezogen, würde sich eine zu erlassende [X.]inkommensteuer von lediglich 14.131 DM ergeben.

Entscheidungsgründe

B. I. Über den Antrag der Kläger auf Erlass der Einkommensteuer 1998 bis 2002 ist im Rahmen des Streitfalls zu entscheiden, auch wenn der zu steuerpflichtigen Einkünften führende Sanierungsgewinn aus Forderungsverzichten gegenüber der [X.] entstanden ist.

1. Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften sind nach §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte festzustellen, wenn an ihnen mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Im Rahmen dieser Feststellung wurde auch darüber entschieden, ob bestimmte Einkünfte infolge der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht der Einkommensteuer unterliegen (vgl. BFH-Urteil vom 3. Juli 1997 IV R 31/96, [X.], 509, [X.] 1997, 690).

2. § 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (UntStRFoG) vom 29. Oktober 1997 ([X.] 1997, 2590, [X.], 928) aufgehoben und ist letztmals anwendbar auf Erhöhungen des Betriebsvermögens, die in vor dem 1. Januar 1998 endenden Wirtschaftsjahren entstanden sind (§ 52 Abs. 2i EStG i.d.[X.] eines zusätzlichen [X.]zuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997, [X.] 1997, 3121, [X.], 7). Das UntStRFoG ist nach Auffassung des [X.] verfassungsgemäß zustande gekommen (Beschluss vom 15. Januar 2008  2 BvL 12/01, [X.] 120, 56).

3. Nach der Streichung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. kann persönlichen oder sachlichen Härtefällen in Einzelfällen allenfalls im [X.] begegnet werden (vgl. auch BTDrucks 13/7480, [X.]). Diese Vorschriften (§§ 222, 227 [X.]) sind auf [X.] der Einkommensbesteuerung zu prüfen. Im Feststellungsverfahren könnte --worauf auch das [X.] zutreffend abstellt-- nicht geklärt werden, ob bei den Gesellschaftern ein steuerpflichtiger Veräußerungs- oder Aufgabegewinn entsteht, ob dieser durch Verlustvorträge ausgeglichen wird und ob die Voraussetzungen eines [X.]es vorliegen (vgl. hierzu auch das [X.]-Schreiben in [X.], 240, [X.] 8 Beispiel 2).

II.

Die Revision des [X.] betr. das Streitjahr 1998 ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des [X.]-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). Zu Unrecht war das [X.] der Auffassung, das [X.] habe den [X.] der Einkommensteuer 1998 ermessensfehlerhaft abgelehnt.

1. Nach § [X.] können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine Unbilligkeit kann entweder in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben (BFH-Urteil vom 2. März 1961 IV 126/60 U, [X.], 53, [X.]I 1961, 288).

2. Die Entscheidung über ein Erlassbegehren aus [X.]n ist eine Ermessensentscheidung, die von den Gerichten nur in den von § 102 [X.]O gezogenen Grenzen überprüft werden kann (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, [X.], 101, [X.] 1972, 603). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Nur ausnahmsweise kann das Gericht eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen (§ 101 Satz 1 i.V.m. § 121 [X.]O), wenn der Ermessensspielraum derart eingeschränkt ist, dass nur eine einzige Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (Ermessensreduzierung auf Null; ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil vom 26. Oktober 1994 [X.], [X.], 3, [X.] 1995, 297; weitere Nachweise bei von [X.]/[X.] --[X.]--, § [X.] [X.] 392).

3. Ein Erlass aus sachlichen Gründen kommt in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteile vom 23. März 1998 II R 41/96, [X.], 270, [X.] 1998, 396, und [X.], [X.] 1998, 1098); Billigkeit ist die Gerechtigkeit des Einzelfalls (von [X.] in [X.], § [X.] [X.] 31). Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen hat. § [X.] stellt keine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar. Die Billigkeitsmaßnahme darf nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer [X.] setzen würde. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit ist nur insoweit durch die Vorschrift gedeckt, wie angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --hätte er sie geregelt-- im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden (BFH-Urteile in [X.], 270, [X.] 1998, 396, und in [X.] 1998, 1098).

4. Für den Erlass von [X.] aus sachlichen [X.]n hat das [X.] im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder eine Verwaltungsvorschrift in [X.], 240 erlassen, die die Anwendung der [X.] in diesen Fällen vereinheitlichen soll. Dass nach Auffassung der Verwaltung [X.] nach § [X.] erlassen werden können, tangiert nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (so auch Geist, Betriebs-Berater --BB-- 2008, 2658, 2660; [X.], [X.] --[X.]-- 2010, 306; [X.], [X.], 1094; Wagner, [X.], 2671; [X.]/Geist, BB 2009, 2508; Töben, [X.] 2010, 249; offen [X.], E[X.] 2008, 1558; a.A. [X.] München, Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, E[X.] 2008, 615; [X.]/[X.], § 3 EStG [X.] 820). Zwar hat der Gesetzgeber § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufgehoben, in dem die Steuerfreiheit von (unternehmens- wie unternehmerbezogenen) [X.] bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1997 spezialgesetzlich geregelt war. Damit hat er jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, für [X.] gebe es keine Erlassmöglichkeit. Vielmehr zeigt die Gesetzesbegründung, dass die Steuerbefreiung einen Ausgleich für nicht abziehbare Verluste habe bewirken sollen und dieser Ausgleich seit Einführung eines unbegrenzten Verlustvortrags nicht mehr gerechtfertigt sei. Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen könne [X.] die Gesetzesbegründung-- im [X.] begegnet werden (BTDrucks 13/7480, [X.]). Auch in der Begründung des [X.] 2008 vom 14. August 2007 ([X.] 2007, 1912) ging der Gesetzgeber davon aus, dass von der Besteuerung von [X.], die nicht mit Verlustvorträgen verrechnet werden können, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im Billigkeitswege nach dem [X.]-Schreiben in [X.], 240 abgesehen werden könne (BTDrucks 16/4841, [X.]). In seiner Stellungnahme zum Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 3. April 2009 ([X.] 168/09, [X.]) hat der [X.]rat seinen Änderungsantrag zu § 34 Abs. 7b Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes damit begründet, die Steuerbefreiung von [X.] durch Verwaltungsanweisung ([X.]) sei nicht ausreichend, negative Effekte zu verhindern. Hinzu kommt, dass nach dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der [X.]regierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 ([X.] 2003, 2840) Verluste, die weder im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung noch im Wege des Verlustrücktrags ausgeglichen werden können, ab dem Veranlagungszeitraum 2004 (vgl. § 52 Abs. 25 EStG 2004) im Rahmen des Verlustvortrags nur noch begrenzt verrechnungsfähig sind. Angesichts der Verknüpfung der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit einem unbeschränkten Verlustabzug kommt möglichen [X.] nach dem [X.]-Schreiben in [X.], 240 eine besondere Bedeutung zu (vgl. auch [X.], [X.] 2010, 306). Im Übrigen hat die Rechtsprechung bereits vor Einführung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. durch das Körperschaftsteuerreformgesetz vom 31. August 1976 ([X.] 1976, 2597, [X.], 445) erkannt, dass der durch eine Sanierung herbeigeführte Gewinn unter bestimmten Voraussetzungen einkommensteuerrechtlich außer Betracht zu bleiben habe (Urteil des [X.] vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, [X.] 29, 315, [X.], 160) bzw. die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sachlich unbillig sein könne (Senatsurteil in [X.], 3, [X.] 1995, 297). Der Auffassung des [X.] München im Urteil in E[X.] 2008, 615, die Finanzverwaltung habe mit dem [X.]-Schreiben in [X.], 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, kann daher in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden.

5. Ob die Verwaltung im [X.]-Schreiben in [X.], 240 gemessen an der Intention des Gesetzgebers zu weit reichende [X.] für möglich hält, braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden. Die Voraussetzungen eines [X.]es nach den Vorgaben im [X.]-Schreiben in [X.], 240 liegen nicht vor, da im Streitfall von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen ist.

a) Nach der Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsurteil in [X.] 2006, 715) ist von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen, wenn dem Schuldner durch den Erlass eine schuldenfreie Liquidierung seines Unternehmens und der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht wird, ohne dass er durch Schulden aus einer früheren unternehmerischen Tätigkeit belastet bleibt. Auf die Sanierungseignung des Unternehmens ist in diesen Fällen nicht abzustellen. Eine unternehmensbezogene Sanierung soll hingegen den Fortbestand des Unternehmens sichern. Es soll vor dem Zusammenbruch bewahrt und wieder ertragsfähig gemacht werden (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 [X.], [X.], 404, [X.] 1991, 784). Daran fehlt es, wenn das Unternehmen seine werbende Tätigkeit bereits vor dem Schuldenerlass eingestellt hat. Abzustellen ist stets auf das konkrete Unternehmen. Zwar ist die Sanierungseignung nach der Gesamtheit der Betriebe zu beurteilen, wenn zu einem Unternehmen mehrere Betriebe gehören. Es muss sich aber um die Betriebe eines Unternehmens handeln (BFH-Urteil vom 22. Januar 1985 [X.], [X.], 420, [X.] 1985, 501). Im Streitfall wollten die Gläubiger die [X.] nicht vor dem Zusammenbruch bewahren. Das von der [X.] betriebene Verpachtungsunternehmen war nach der Zwangsversteigerung des [X.] nicht mehr sanierungsfähig. Die Gläubiger wollten nach den Feststellungen des [X.] mit dem [X.] erreichen, dass die Gesellschafter der [X.] und somit auch die Kläger die verbleibenden Verbindlichkeiten abtragen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben zu können. Somit ist im Streitfall von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen, obwohl sowohl Kläger als auch Klägerin parallel zum Zusammenbruch der [X.] eine neue selbständige berufliche Existenz aufgebaut haben. Auch wenn, wie die Kläger im Revisionsverfahren vortragen, der Schuldenerlass Voraussetzung für die Fortführung dieser neuen selbständigen Tätigkeit war, liegen die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung nicht vor, weil die von den Klägern neu gegründeten Unternehmen nicht Betriebe der [X.] sind.

b) Nach dem [X.]-Schreiben in [X.], 240 sind [X.] nur in Fällen einer unternehmensbezogenen Sanierung möglich (vgl. [X.] 1, wonach eine Sanierung als Maßnahme beschrieben wird, die ein Unternehmen oder einen Unternehmensträger vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahren und wieder ertragsfähig machen soll = unternehmensbezogene Sanierung; Verfügung der [X.] [X.] vom 19. September 2008 S 2140 -8- [X.], [X.], 2568); nicht begünstigt ist die unternehmerbezogene Sanierung (vgl. [X.] 2 Satz 2). Ein [X.] entsprechend den Regeln im [X.]-Schreiben in [X.], 240 kommt im Streitfall damit nicht in Betracht.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem [X.]-Schreiben in [X.], 18 [X.] 2 Satz 2 des [X.]-Schreibens in [X.], 240 in Fällen der Restschuldbefreiung und der Verbraucherinsolvenz nicht anzuwenden und [X.]e möglich sind.

aa) Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung i.S. des § 102 [X.]O ist die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde so, wie sie (regelmäßig nach Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens) getroffen wurde. Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist daher die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Gräber/ von [X.], Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 102 [X.] 13, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Im Streitfall galt im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung (2006) [X.] 2 Satz 2 des [X.]-Schreibens in BStBl 2003, 240 uneingeschränkt. Der Erlass von Steuerschulden, der dem Steuerpflichtigen einen schuldenfreien Übergang in sein Privatleben oder den Aufbau einer anderen Existenzgrundlage ermöglichen (unternehmerbezogene Sanierung) sollte, war damit ausgeschlossen.

bb) Zudem liegen im Streitfall weder die Voraussetzungen einer Restschuldbefreiung i.S. der §§ 286 ff. der Insolvenzordnung ([X.]) noch die der Verbraucherinsolvenz nach §§ 304 ff. [X.] vor. Im Umstand, dass in Fällen eines außergerichtlich erreichten, unternehmerbezogenen Sanierungsgewinns nach den [X.] keine [X.] möglich sind, ist kein Verstoß gegen Art. 3 [X.] zu sehen. Ziel eines Insolvenzverfahrens ist die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger nach Verwertung des Vermögens des Insolvenzschuldners. Dem redlichen Schuldner soll so Gelegenheit gegeben werden, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 [X.]). Eine Restschuldbefreiung kommt nur in Betracht, wenn der Schuldner für die Dauer von sechs Jahren seine pfändbaren Bezüge an einen Treuhänder abtritt (§ 287 Abs. 2 [X.]) und ererbtes Vermögen zur Hälfte an diesen herausgibt (§ 295 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Während der Laufzeit der Abtretungserklärung muss er eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben oder sich um eine solche bemühen (§ 295 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Der Schuldner unterliegt Anzeigepflichten und darf keinem Gläubiger einen Sondervorteil verschaffen (§ 295 Abs. 1 Nr. 3 und 4 [X.]).

Bei der Verbraucherinsolvenz muss der Schuldner einen Schuldenbereinigungsplan vorlegen. Unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners ist darzulegen, wie die Schulden angemessen bereinigt werden können (§ 305 Abs. 1 Nr. 4 [X.]). Zudem müssen die Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zustimmen (§ 308 [X.]) oder die Zustimmung muss durch das Insolvenzgericht ersetzt werden (§ 309 [X.]; Voraussetzung ist u.a., dass mehr als die Hälfte der vom Schuldner benannten Gläubiger, die mehr als die Hälfte der [X.] geltend machen, dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt haben müssen und jeder Gläubiger im Verhältnis zu den anderen angemessen berücksichtigt wird). Derartig strengen Regeln unterliegen außergerichtliche Vergleichsverhandlungen nicht. Es hängt vom Verhandlungsgeschick des Schuldners und der Bereitschaft der Gläubiger zu Zugeständnissen ab, ob der Schuldner sein ganzes Vermögen einsetzen muss; mehrere Gläubiger können sich mit unterschiedlichen Quoten einverstanden erklären; auch müssen sich nicht alle Gläubiger am außergerichtlichen Vergleich beteiligen. Angesichts dieser unterschiedlichen Vorgaben konnte die Verwaltung in ihrem Erlass in [X.], 18 ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 [X.] den [X.] aus sachlichen [X.]n bei unternehmerbezogenen Sanierungen auf die Steuern beschränken, die aufgrund einer Restschuldbefreiung oder einer Verbraucherinsolvenz entstehen.

6. Zu Unrecht ging das [X.] im Streitfall davon aus, dass die auf dem Sanierungsgewinn beruhenden Steuern unabhängig von der Verwaltungsanweisung in [X.], 240 nach § [X.] zu erlassen sind. Auch im Streitjahr 1998 und für eine Übergangszeit sind auf sachlichen Gründen beruhende [X.] jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die von der Verwaltung formulierten Voraussetzungen für den Erlass der Steuern auf einen Sanierungsgewinn in den Verwaltungsanweisungen in [X.], 240 und [X.], 18 nicht vorliegen.

a) Eine Verwaltungsregelung ist ausnahmsweise aus Gründen der Gleichbehandlung von den Gerichten zu beachten, wenn der Verwaltung durch Gesetz Entscheidungsfreiheit eingeräumt wurde, die Regelung also den Bereich des Ermessens, der Billigkeit (z.B. bei Änderung der Rechtsprechung) bzw. der Typisierung oder Pauschalierung betrifft (BFH-Urteil vom 29. März 2007 IV R 14/05, [X.], 525, [X.] 2007, 816, unter II.2. der Gründe, m.w.N.). § [X.] räumt der Verwaltung Ermessen ein; die Ausübung dieses Ermessens aus sachlichen [X.]n wird in den [X.] in [X.], 240 und [X.], 18 abschließend geregelt.

b) Dass die ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften in [X.], 240 und [X.], 18 [X.] in Fällen unternehmerbezogener [X.] ausschließen, die nicht auf einer Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. [X.] bzw. einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. [X.]) beruhen, entspricht dem berechtigten Anliegen der Regelungen, nur das betroffene Unternehmen als solches wieder ertragsfähig werden zu lassen. Diese Verwaltungsvorschriften sind deshalb von der Finanzgerichtsbarkeit zu beachten. Die in den Billigkeitsrichtlinien getroffenen Regelungen halten sich insoweit innerhalb der Grenzen, die das [X.] und die Gesetze der Ausübung des Ermessens setzen (vgl. BFH-Urteile vom 25. November 1980 [X.], [X.], 159, [X.] 1981, 204, unter [X.]. 3.a; vom 19. März 2009 [X.], [X.], 215, [X.] 2010, 92, unter II.4.b).

aa) Die aus der Steuerfreiheit von [X.] und der Verlustverrechnungsmöglichkeit mit positiven Einkünften bzw. dem uneingeschränkten Verlustvortrag resultierende Doppelbegünstigung hat den Gesetzgeber zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bewogen. Nur einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen sollte im [X.] begegnet werden (BTDrucks 13/7480, [X.]). Da sich in der Gesetzesbegründung keine Hinweise finden, wann aus Sicht des Gesetzgebers die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sachlich unbillig ist, müssen die von der Rechtsprechung zu § [X.] entwickelten Kriterien Anwendung finden. Auch der Erlass der Steuern auf einen Sanierungsgewinn wegen sachlicher Unbilligkeit ist nur insoweit durch die Vorschrift gedeckt, wie angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --hätte er sie geregelt-- im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden. Die Billigkeitsmaßnahme darf nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer [X.] setzen würde (vgl. z.B. BFH-Urteil in [X.], 270, [X.] 1998, 396).

bb) Im Streitfall hat das [X.] die Notwendigkeit eines [X.]es mit dem Umstand begründet, dem [X.] der Kläger in Höhe von insgesamt 297.542 DM (Sanierungsgewinn in Höhe von 905.902 DM abzüglich Buchverluste aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks etc.) stehe lediglich ein Verlustvortrag zum 31. Dezember 1997 in Höhe von 72.905 DM gegenüber. Dass ein höherer, den [X.] deckender Verlustvortrag nur deshalb im Veranlagungszeitraum 1998 nicht zur Verfügung stand, weil die Verluste der Kläger aus der [X.] mit ihren positiven Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie einem weiteren Gewerbebetrieb verrechnet worden sind, war nach Auffassung des [X.] ohne Bedeutung. Bis Ende 1997 verbrauchte Verluste hätten keine Auswirkung auf die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. gehabt und die Anrechnung bereits verbrauchter Verlustvorträge würde zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen echten Rückwirkung oder Rückbewirkung von Rechtsfolgen führen. Zudem wäre die Feststellung, in welcher Höhe gerade die Verluste der aufgelösten [X.] verbraucht worden seien, mit erheblichem Aufwand verbunden. Die Frage der sachlichen Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei deshalb nach den Grundsätzen zu beurteilen, die von der Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. entwickelt worden seien.

cc) Bei dieser Beurteilung übersieht das [X.], dass [X.] nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden können, die der Gesetzgeber bewusst wegen der aus seiner Sicht nicht mehr gerechtfertigten Begünstigung bestimmter Steuerpflichtiger aufgehoben hat.

Auch rechtfertigen die Überlegungen des [X.] zur Rückwirkung im Streitfall ein solches Vorgehen nicht. § 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde --entgegen den ursprünglichen [X.] nicht rückwirkend aufgehoben. Bereits die sog. "[X.]" hat die Besteuerung der [X.] gefordert (s. Thesen der [X.] zur Steuerfreistellung des Existenzminimums ab 1996 und zur Reform der Einkommensteuer, BB 1994, Beilage 24 S. 7 re. [X.]). Die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sah auch der Entwurf des [X.] 1999 vom 22. April 1997 vor (BTDrucks 13/7480). Das UntStRFoG ist am 29. Oktober 1997 erlassen worden, wobei die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, die ursächlich für die Aufhebung der Bestimmung ab dem Veranlagungszeitraum 1998 war, vom 4. August 1997 datiert. Eine Rückwirkung kommt der zum 1. Januar 1998 in [X.] getretenen Vorschrift somit nicht zu. Dass die Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. faktisch die Verrechnung von vor dem Veranlagungszeitraum 1998 entstandener Verluste mit positiven Einkünften des Steuerpflichtigen "bestraft", weil insoweit keine Verlustvorträge mehr zur Verrechnung mit einem später entstehenden Sanierungsgewinn zur Verfügung stehen, führt nicht zu einer Rückwirkung im rechtlichen Sinn. Auf den Fortbestand einer Sozialzweck- oder Lenkungsnorm --um eine solche handelt es sich bei § 3 Nr. 66 EStG a.[X.] kann kein Steuerpflichtiger vertrauen (vgl. [X.]/Kanzler, § 3 Nr. 66 EStG [X.] 6, 179. Lieferung Mai 1995).

c) Wendet man im Streitfall die allgemeinen, von der Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien für einen [X.] wegen sachlicher Unbilligkeit an, kommt eine Billigkeitsmaßnahme nicht in Betracht. Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. beruht auf der Überlegung des Gesetzgebers, Steuerpflichtige seien durch die Verlustverrechnungsmöglichkeiten laufender Verluste mit positiven Einkünften und der --den allgemeinen Regeln des Steuerrechts widersprechenden-- Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns doppelt begünstigt. Diese Doppelbegünstigung sollte in Wirtschaftsjahren, die nach dem 31. Dezember 1997 enden, entfallen. Würden im Billigkeitswege nun Steuern auf [X.] erlassen, denen keine ausreichenden Verlustvorträge gegenüberstehen, weil die laufenden Verluste bereits mit positiven Einkünften verrechnet worden sind, würde die gesetzgeberische Entscheidung außer [X.] gesetzt. Da durch [X.] die Doppelbegünstigung auch in den [X.] 1998 ff. fortgeführt würde, kann die bei einem sachlichen [X.] zu entscheidende Frage, hätte sie der Gesetzgeber im Sinne des vorgesehenen Erlasses geregelt, nicht bejaht werden. Die Billigkeitsmaßnahme würde auf Erwägungen gestützt, die die Motive des Gesetzgebers ins Leere laufen ließen (vgl. hierzu auch Wagner, [X.], 2671).

Ob in Einzelfällen (große, sich über mehrere Jahre hinziehende Sanierungsverhandlungen) die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ab dem Veranlagungszeitraum 1998 bedenklich und die Inkrafttretensregelung in Konflikt mit dem Vertrauensschutz der Betroffenen geraten kann (vgl. hierzu das Beispiel von Kanzler in [X.][X.]R, § 3 Nr. 66 EStG [X.] [X.], 191. Lieferung Januar 1998, wonach ein großes Unternehmen bereits 1993 Konkurs beantragt hatte und im Zeitpunkt der Aufhebung der Steuerbefreiung kurz vor Abschluss eines Zwangsvergleichs stand; die Steuern auf den Sanierungsgewinn wurden hier auf ca. 600 Mio. DM veranschlagt), braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. In die Vergleichsverhandlungen der Kläger waren lediglich zwei Gläubiger involviert; diese fanden nach den Feststellungen des [X.] erst Anfang 2002, also mehr als vier Jahre nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ihren Abschluss. [X.] dürfte zudem der Umstand entgegenstehen, dass die vor 1998 entstandenen Verluste mit laufenden Einkünften verrechnet worden sind, der nach Abzug des Verlustvortrags zum 31. Dezember 1997 verbleibende Sanierungs- (Auflösungs-)gewinn hingegen ermäßigt zu besteuern ist.

7. Persönliche [X.] haben die Kläger nach den [X.] mit Verfahrensrügen angefochtenen und deshalb für den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden-- tatsächlichen Feststellungen des [X.] nicht geltend gemacht. Den Klägern bleibt es aber unbenommen, vom [X.] bislang nicht geprüfte persönliche [X.] in einem weiteren Antrag auf Erlass ihrer Steuerschulden geltend zu machen.

III.

Die Revision der Kläger wegen Erlass von Einkommensteuer 1999 bis 2002 ist unbegründet. Das [X.] hat den laufenden Verlust der Kläger im Veranlagungszeitraum 1998 zutreffend mit dem Sanierungsgewinn verrechnet. Zum 31. Dezember 1998 bestand somit kein auf die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2002 vortragsfähiger Verlust.

Meta

X R 34/08

14.07.2010

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 24. April 2008, Az: 6 K 2488/06, Urteil

§ 227 AO, Art 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.07.2010, Az. X R 34/08 (REWIS RS 2010, 4809)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4809

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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