Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2015, Az. IX ZR 68/14

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12583

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX [X.]/14

Verkündet am:

16. April 2015

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 3 Abs. 1
Überträgt ein Betreuer im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit seiner auf die Veruntreuung von [X.] des Betreuten gestützten Entlassung ein Grundstück an einen nahen Angehörigen, stellt dies ein gewichtiges Indiz für die Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes dar.
[X.], Urteil vom 16. April 2015 -
IX [X.]/14 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
16. April 2015
durch [X.]
Dr. [X.],
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird der die Berufung zurückwei-sende Beschluss des 16. Zivilsenats des [X.] vom 25. Februar 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Tochter des jetzigen Ehemannes (fortan: Schuldner) der Beklagten. Mit Urteil vom 27. November 2012 stellte das [X.] Schadensersatzforderungen der Klägerin gegen den Schuldner in Höhe
[X.] aus seiner Tätigkeit als Betreuer der Klägerin, die sich bei einem Motor-radunfall schwere Verletzungen zugezogen hatte und betreuungsbedürftig ge-worden war. Der im März 2005 aufgekommene [X.] gegen den Schuldner hatte im Juli 2006 zu dessen
Entlassung
als Betreuer geführt.
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Der nur eine geringe Rente beziehende Schuldner war Eigentümer eines in [X.] belegenen [X.]. Am 26. September 2006 ließ er das Grundstück an die Beklagte auf, die am 20. Oktober 2006 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde. Dem Schuldner wurde ein unentgeltliches Woh-nungsrecht eingeräumt. Nach der notariellen Vertragsurkunde sollte die Über-tragung des Grundstücks der Rückführung eines dem Schuldner von der [X.] am 18. Dezember 1997 gewährten Darlehens von
120.000 DM dienen. Im Frühjahr 2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet.

Mit der am 29. April 2013 eingegangenen und am 31. Mai 2013 zuge-stellten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Duldung der [X.] in das näher bezeichnete Grundstück.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin, mit der sie zudem die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung hinsichtlich des aus ihrer Sicht nicht wirksam ver-einbarten Wohnungsrechts begehrt, durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin
die in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
führt zur Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Verwirklichung der Anfech-tungstatbestände
nach § 4 Abs. 1 sowie
§ 3 Abs. 1
[X.] könne nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit festgestellt werden. Eine Unentgelt-lichkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 [X.] liege zum einen nicht vor, weil der Schuldner
die Übertragung des Grundbesitzes in Erfüllung der
bestehenden Darlehensverbindlichkeit vorgenommen habe. Diesbezüglich
folge aus der [X.] ein Anscheinsbeweis der inhaltlichen Richtigkeit, den die Klägerin durch ihren auf bloße Vermutungen gestützten Vortrag nicht widerlegt oder [X.] habe. Zum anderen schließe die Einräumung eines dinglichen Woh-nungsrechts die Unentgeltlichkeit der Leistung aus. Der
für den [X.] des § 3 Abs. 1 [X.] erforderliche
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sowie die entsprechende Kenntnis der Beklagten könnten mangels konkreten Vortrags der darlegungs-
und beweispflichtigen Klägerin nicht festgestellt werden.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung
nicht stand.

1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Aktivlegitimation der Klägerin im Rahmen des
Revisionsverfahrens
zu unterstellen. Innerhalb
der ihr im Berufungsverfahren gesetzten Stellungnahmefrist
hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass das über das Vermögen des Schuldners eröff-nete Insolvenzverfahren bereits am 18. November 2013 gemäß § 211 Abs. 1 [X.] eingestellt worden sei. Auf den dieses Vorbringen enthaltenden klägeri-schen Schriftsatz hat das Berufungsgericht in seinem
Zurückweisungsbe-6
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schluss ausdrücklich Bezug genommen.
Da der Zurückweisungsbeschluss [X.] ausschließlich Ausführungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der § 3 Abs.
1 und § 4 Abs. 1 [X.] enthält,
ist davon auszugehen, dass das Berufungsgericht die Beendigung des Insolvenzverfahrens und somit die [X.] der Klägerin gemäß § 18 Abs. 1 [X.] seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat. Dementsprechend bedurfte es keiner ausdrücklichen Rüge der Revision, um auch in der Revisionsinstanz von der Aktivlegitimation der Klägerin ausgehen zu können.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Unentgeltlichkeit der Grundstücksübertragung im Sinne des
§ 4
Abs. 1 [X.] könne nicht festgestellt werden, lässt sich mit der
gegebenen
Begründung nicht rechtfertigen.
Das Be-rufungsgericht hat
den seitens der Klägerin zum Nachweis einer nachträglichen
Erstellung des privatschriftlichen Darlehensvertrags angebotenen [X.] nicht erhoben (Art. 103 Abs. 1 GG, § 286 Abs. 1 ZPO).

a)
Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin als anfechtende Gläubigerin im Rahmen des § 4 Abs. 1 [X.] die Darlegungs-
und Beweislast
für die Vornahme einer Leistung, deren
Unentgeltlichkeit und die erforderliche Gläubigerbenachteiligung trägt (vgl.
[X.], Urteil vom 25. Juni 1992 -
IX ZR 4/91,
NJW 1992, 2421, 2423; [X.], 38, 44; MünchKomm-[X.]/
Kirchhof,
§ 4 Rn. 74). Nur soweit die Entscheidung von (indiziellen) Umständen aus dem Bereich des [X.] abhängt, trifft
diesen eine sekundäre Darlegungslast (vgl. [X.], Urteil vom 11. November 1954 -
IV ZR 64/54,
WM 1955, 407, 411; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO Rn. 75).
Dieser gesteigerten Darlegungslast
ist
die Beklagte durch Vorlage des
notariellen Grundstücksüber-tragungs-
und des
privatschriftlichen Darlehensvertrags
sowie von zwei eine 9
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Auszahlung an den Schuldner in Höhe der behaupteten Darlehensvaluta aus-weisenden
Kontoauszügen nachgekommen.

b) Um den ihr
obliegenden Beweis der Unentgeltlichkeit führen zu [X.], ist die Klägerin darauf angewiesen, in ausreichendem
Maße Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit den sicheren Schluss erlauben, dass der im Übertragungsvertrag behauptete Darlehensver-trag
im Jahr 1997
nicht abgeschlossen oder
eine entsprechende Darlehensva-luta nicht an den Schuldner ausgekehrt worden war.

aa) Hierbei entfalten weder der
Grundstücksübertragungs-, noch der
Darlehensvertrag die von dem Berufungsgericht zu Lasten der Klägerin ange-nommene, sich auf die Entgeltlichkeit der Leistung erstreckende,
tatsächliche Vermutung einer inhaltlichen Richtigkeit und Vollständigkeit.

Bei dem zwischen dem Schuldner und der Beklagten geschlossenen [X.] Grundstücksübertragungsvertrag handelt es sich um eine öffentliche Urkunde
im Sinne des § 415 Abs. 1 ZPO, deren formelle Beweiskraft lediglich die Tatsache umfasst, dass der Aussteller die in der Urkunde enthaltene Erklä-rung abgegeben hat
(vgl. [X.], ZPO, 22. Aufl., vor § 415 Rn. 16; [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., vor § 415 Rn. 4, 6). Die inhaltliche Richtigkeit ist hingegen
nicht von der Beweiskraft erfasst, sie unterliegt regelmäßig der freien richterlichen Beweiswürdigung (vgl. [X.], Urteil vom 24. Juni 1993 -
IX ZR 96/92, NJW-RR 1993, 1379, 1380; [X.], aaO
Rn. 19; Prütting/
Gehrlein/[X.], ZPO, 6. Aufl., § 415 Rn. 7; [X.], [X.] im Zivilprozess, 2015, Kapitel 26 Rn. 14). Allerdings ist sowohl für privatschriftlich verfasste als auch für notariell beurkundete Vertragsurkunden anerkannt, dass die Urkunde die Erklärung der Vertragsparteien vollständig und richtig wiedergibt (vgl. [X.], 11
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Urteil vom 5. Juli 2002 -
V [X.], [X.], 3164, 3165; [X.], 15; Ro-senberg/[X.]/[X.], Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 119 Rn. 29; [X.], aaO Rn. 71).
Diese Vermutung gilt jedoch
nur im Verhältnis der [X.] zueinander (vgl. [X.], Urteil vom 29. November 1989 -
VIII ZR 228/88, [X.]Z 109, 240, 245 mwN; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO,
73. Aufl.,
§ 416 Rn 10). Da der
Übertragungs-
und
der Darlehensvertrag zwischen dem
Schuldner und der
Beklagten
geschlossen wurde, wirkt die vom [X.] herangezogene Vermutung bereits aus diesem Grund nicht zu Lasten der am Vertragsschluss unbeteiligten Klägerin als Anfechtungsgläubige-rin.

bb)
Zum Nachweis der nachträglichen Erstellung und Rückdatierung des privatschriftlichen Darlehensvertrags hat die Klägerin
Sachverständigenbeweis angeboten. Diesen Beweis hat das Berufungsgericht -
wie die Revision mit
Recht rügt -
unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und § 286 Abs. 1 ZPO nicht erhoben.

(1) Entgegen der Auffassung
der Vorinstanzen
ist
die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht als entbehrlich
anzusehen. Zwar schließt
die Tatsache der nachträglichen
Erstellung eines Vertrages grundsätzlich nicht aus, dass dieser dennoch
zu einem früheren Zeitpunkt
(mündlich) geschlossen und zwischen den Parteien vollzogen
wurde. Gleichwohl
kann
der nachträglichen
Schaffung einer
in eine notarielle Urkunde aufzunehmenden Vertragsgrundlage
eine Indizwirkung zukommen, die das erkennende Gericht im Rahmen
einer das gesamte Ergebnis der Beweisaufnahme umfassenden Beweiswürdigung zu gewichten und bewerten hat.

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(2) Es
ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht -
sollte die Klägerin eine
nachträgliche Erstellung des Darlehensvertrages nachweisen
-
im Rahmen der Beweiswürdigung zu anderen Feststellungen als den
im angefoch-tenen ersten Berufungsurteil
getroffenen
gelangen könnte. Neben einer Rück-datierung des Darlehensvertrages ist
insbesondere der enge zeitliche Zusam-menhang zwischen der Grundstücksübertragung und der Entlassung
des Schuldners aus dem [X.] nach Bekanntwerden der gegen ihn erhobe-nen Untreuevorwürfe
als berücksichtigungsfähiges Indiz in die Gesamtabwä-gung einzustellen. Auch der bereits in der Vergangenheit erfolgten Übertragung und Rückübereignung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes zwischen den Eheleuten sowie den
desolaten Vermögensverhältnissen
des Schuldners
könnte insofern Bedeutung beizumessen sein. Sofern das Berufungsgericht aus dem auf dem Kontoauszug handschriftlich vermerkten Zusatz "Einlage"
nichts Entscheidendes gegen die [X.] eines Darlehens herleiten wollte,
ist dies für sich genommen
nicht zu beanstanden. Allerdings ergibt sich aus einer Zusammenschau von Darlehensvertrag und dem auf dem Kontoauszug ver-merkten abweichenden [X.] eine zumindest mehrdeutige Urkunden-lage, welche ebenfalls im Rahmen der
Beweiswürdigung zu berücksichtigen sein wird.

3. Soweit
das Berufungsgericht die Annahme einer Entgeltlichkeit der angefochtenen Leistung neben der Erfüllung der Darlehensverbindlichkeit
auf die Einräumung des dinglichen Wohnungsrechts zugunsten des Schuldners
stützt, verkennt es, dass bei einer Grundstücksübertragung die Einräumung
eines
dinglichen Wohnrechts für den
Übertragenden keinen Gegenwert dar-stellt, sondern allenfalls den Wert des übertragenen Grundstücks mindert (vgl. für den Nießbrauch MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 4 Rn. 32). Die objektive Gläubigerbenachteiligung kann insoweit nicht verneint werden. Denn die Bestel-16
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lung eines gemäß §§ 1093, 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB, §
857 Abs. 3, § 851 Abs.
2 ZPO grundsätzlich unpfändbaren Wohnungsrechts benachteiligt die Gläubiger, sofern nicht
die Überlassung an Dritte ausdrücklich gestattet ist ([X.], Urteil vom 29. April 1986 -
IX ZR 145/85, [X.], 841, 842;
vom 13.
Juli 1995 -
IX
ZR 81/94, [X.]Z 130, 314, 318; vom 10. Juli 2014 -
IX ZR 50/12, [X.], 1586 Rn. 8). Eine derartige Gestattung enthält der zwischen Schuldner und Beklagter geschlossene Grundstücksübertragungsvertrag [X.] nicht.

4. Die Annahme des Berufungsgerichts, der
für den [X.] des § 3 Abs. 1 [X.] erforderliche
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sowie die entsprechende Kenntnis der Beklagten könnten nicht
festgestellt werden, ist aufgrund der Nichterhebung des angebotenen Sachver-ständigenbeweises
und der hiermit verbundenen
Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG und § 286 Abs. 1 ZPO gleichfalls zu beanstanden.
Des Weiteren sind die in diesem Zusammenhang für das Vorliegen eines Gläubigerbenachteiligungsvor-satzes
sprechenden Indizien, insbesondere der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Entlassung des Schuldners aus dem [X.] nach Bekannt-werden der gegen ihn erhobenen Untreuevorwürfe und
der Grundstücksüber-tragung auf die Beklagte,
nicht umfassend gewürdigt worden.

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist eine vorsätzliche Benachteiligung er-forderlich. Hierfür genügt ein bedingter Vorsatz des Schuldners. Der Schuldner muss nicht mit dem Ziel gehandelt haben, seine Gläubiger zu benachteiligen. Vielmehr liegt ein [X.] schon dann vor, wenn der Schuldner bei einem auf einen anderen Zweck gerichteten Handeln die Benachteiligung als mögliche Folge seines Handelns erkennt und billigend in Kauf nimmt ([X.], Urteil vom 13. Juli 1995, aaO
S. 319; vom 17. Dezember 1998 -
IX ZR 196/97, 18
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NJW 1999, 1395, 1397; vom 10. Juli 2014, aaO Rn. 10; MünchKomm-[X.]/
Kirchhof, § 3 Rn. 14 ff; [X.], [X.], 10. Aufl., § 3 Rn. 21; [X.] in Kübler/
Prütting/Bork, [X.], 1998, § 3 [X.]
Rn. 6). Für dieses Bewusstsein reicht es aus, dass der Schuldner den Ausfall weiterer Gläubiger für möglich hält und er sich trotz dieser Kenntnis nicht von seinem Handeln abhalten lässt (Münch-Komm-[X.]/Kirchhof, aaO Rn. 16).

b)
Die Beweislast für den [X.] liegt, wovon das [X.] zutreffend ausgegangen ist, beim anfechtenden Gläubiger ([X.], Urteil vom 10. Juli 2014, aaO Rn. 11; [X.], aaO Rn. 30).
Allerdings kann die-ses
subjektive Tatbestandsmerkmal -
weil es sich um eine innere, dem Beweis nur schwer zugängliche Tatsache handelt -
meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (vgl. [X.], Urteil vom 13. August 2009 -
IX ZR 159/06, [X.], 768 Rn. 8; vom 7. November 2013 -
IX
ZR 248/12, [X.], 2233 Rn. 7; vom 10. Juli 2014, aaO mwN). Im Rahmen einer Gesamt-würdigung nach § 286 ZPO sind die maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu prüfen, welche als Erfahrungswerte für und gegen den [X.] sprechen.
Indizielle Bedeutung können neben der Inkon-gruenz des Deckungsgeschäfts bei gleichzeitig beengten finanziellen [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 7. November 2013, aaO Rn. 11 ff) der Eintritt einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung und das besondere Ausmaß der Beein-trächtigung haben (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 1997 -
IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561, 1563 zu § 31 KO). Erhebliche Bedeutung für die Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes kommt vorliegend insbesondere dem [X.] zu, dass der Schuldner in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Entlassung aus dem [X.] aufgrund der gegen ihn erhobenen Untreuevorwürfe sein
letztes werthaltiges Grundstück auf einen [X.] hat
(vgl. [X.], Urteil vom 10. Juli 2014, aaO;
MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 20
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11
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aaO
Rn. 47). Dieses Beweisanzeichen wird durch das
Näheverhältnis zwischen dem Schuldner und der Beklagten als seiner Ehefrau
noch verstärkt (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juli 2014, aaO; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO Rn. 60; vgl. auch MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 133 Rn. 27). Unerheblich ist hierbei, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung noch keine gegen den Schuldner gerichteten Schadensersatzansprüche geltend gemacht hat. Der
Schuldner, dessen Untreuehandlungen zum Nachteil der Klägerin im Rahmen des zivilrechtlichen Urteils des [X.] vom 27. November 2012 festgestellt wurden, musste spätestens seit dem Zeitpunkt seiner Entlas-sung aus dem [X.] mit künftigen Schadensersatzforderungen der Klä-gerin rechnen.

Sollte sich im Rahmen des einzuholenden Sachverständigengutachtens
die nachträgliche Erstellung und Rückdatierung des privatschriftlichen [X.] beweisen lassen und hieraus auf eine
Unentgeltlichkeit der Grundstücksübertragung zu schließen sein, wäre überdies im Rahmen der [X.] zu berücksichtigen, dass die
unentgeltlich erfolgte [X.] eines wertvollen Vermögensgegenstandes
regelmäßig
in nicht geringerem Ma-ße als eine inkongruente Deckung ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes darstellt
(vgl. [X.], Urteil vom [X.] 2001 -
IX ZR 158/00, [X.], 141, 143).

c) Im Rahmen der gemäß
§ 286 Abs. 1 ZPO gebotenen umfassenden Abwägung des gesamten [X.] wird das Berufungsgericht sämtli-che für und gegen die Annahme eines [X.]es des Schul[X.] und dessen Kenntnis seitens der Anfechtungsgegnerin sprechenden
Um-stände heranzuziehen und zu bewerten haben. Hierbei wird zu berücksichtigen sein, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanz eine Anfechtung nach dem 21
22
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Anfechtungsgesetz nicht an besonders strenge Voraussetzungen
gebunden ist, unter denen nur ausnahmsweise in die Rechtssphäre Dritter eingegriffen wer-den kann. Die Anfechtung einer Rechtshandlung nach dem Anfechtungsgesetz soll vielmehr Gegenstände, welche ein Schuldner aus seinem Vermögen [X.] hat, dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers wieder erschließen und die durch Vermögensverschiebung verhinderte Zwangsvollstreckung wieder ermöglichen (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juli 1993 -
IX ZR 116/92, [X.]Z 123, 183, 184 f mwN; MünchKomm-[X.]/Kirchhof,
Einführung Rn. 1; [X.] in Kübler/
Prütting/Bork, [X.], 2000, § 1 [X.],
Rn. 1, 3).

5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts
erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig
(§ 561 ZPO). Insbesondere sind entgegen der [X.] der Beklagten die Ausschlussfristen gemäß § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 [X.] gewahrt. Da zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Frühjahr 2010 die gemäß § 7 [X.] zu berechnende Frist des § 4 Abs. 1 [X.] noch nicht abgelaufen war, konnte die Klägerin ihren Anspruch gemäß § 18 Abs. 2 [X.] fristwahrend geltend machen. Auch eine Verjährung der klägeri-schen Ansprüche ist nicht anzunehmen, weil die klagweise Geltendmachung innerhalb von drei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und somit innerhalb der Frist des
§ 17 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit § 146 Abs. 1 [X.], §
195, § 199 Abs. 1 BGB erfolgt ist.

III.

Der angefochtene Beschluss ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverwei-sen, das die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben wird (§ 563 Abs. 1 23
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Satz 1 ZPO). Hierbei wird auch der
Frage der Aktivlegitimation für die Durch-setzung des [X.] nachzugehen sein.

[X.]
Gehrlein
Fischer

[X.]
Möhring
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.10.2013 -
2 O 85/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 25.02.2014 -
16 [X.]/13
-

Meta

IX ZR 68/14

16.04.2015

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2015, Az. IX ZR 68/14 (REWIS RS 2015, 12583)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12583

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII R 20/20

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IX ZR 68/14

IX ZR 50/12

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