Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.03.2016, Az. 1 B 31/16, 1 B 31/16, 1 PKH 58/16

1. Senat | REWIS RS 2016, 15056

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Gegenstand

Härtefallantrag und Übersiedlungswillen bei Aufnahmeverfahren


Gründe

1

Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

2

Die auf alle drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg. Denn Zulassungsgründe sind teils schon nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt worden und liegen jedenfalls in der Sache nicht vor.

3

1. Der Zulassungsgrund einer grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen [X.]edeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 1. April 2014 - 1 [X.] 1.14 - AuAS 2014, 110).

5

Die [X.]eschwerde hält der Sache nach für klärungsbedürftig, ob die Rechtsprechung des [X.], nach der ein Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im [X.] auch in den von § 27 Abs. 2 Satz 1 [X.] (a.[X.] 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden muss, auch für Fälle gilt, in denen ein Antragsteller als [X.] Staatsangehöriger übergesiedelt ist, der bereits vor der Übersiedlung einen Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler gestellt hatte, dieser aber bestandskräftig abgelehnt worden ist. Diese Frage kann auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens bejaht werden.

6

Die [X.]eschwerde bezieht sich selbst auf die beiden insoweit maßgeblichen Urteile des [X.] vom 13. Dezember 2012 (- 5 [X.] 23.11 - [X.]VerwGE 145, 248) und vom 6. November 2014 (- 1 [X.] 12.14 - NVwZ-RR 2015, 273). Schon im Urteil vom 13. Dezember 2012 hat das [X.] entschieden, dass es die Zwecke des Aufnahmeverfahrens erfordern, den Härtefallantrag zeitnah zur Aussiedlung zu stellen. Andernfalls kann u.a. nicht mehr festgestellt werden, ob der Übersiedler - wie erforderlich - zum Zeitpunkt der Übersiedlung über [X.] Sprachkenntnisse verfügte oder diese in den Jahren seines bereits bestehenden Aufenthalts [X.] hat ([X.]VerwGE 145, 248 Rn. 20). Diese Gründe für die Stellung des Härtefallantrags im zeitlichen Zusammenhang mit der Übersiedlung gelten aber auch dann, wenn der [X.]etroffene als [X.] Staatsangehöriger eingereist ist und seinen Übersiedlungswillen - wie hier - bereits neun Jahre vor der Ausreise zum Ausdruck gebracht hat. Das [X.] hat zudem in seinem Urteil vom 6. November 2014 betont, dass die [X.] Staatsangehörigkeit nicht die für die Spätaussiedlereigenschaft erforderliche, erkennbare [X.]etätigung des Spätaussiedlerwillens bei der Aussiedlung oder - in Härtefällen - im zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung ersetzt (- 1 [X.] 12.14 - NVwZ-RR 2015, 273 Rn. 16). Mit der bestandskräftigen Ablehnung eines [X.] vor der Übersiedlung entsteht eine Lage, bei der ein etwa fortbestehender Spätaussiedlerwille erneut erkennbar zu betätigen ist.

7

2. Die [X.]eschwerde hat die Voraussetzungen einer Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt.

8

Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] oder eines anderen in der Vorschrift genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des [X.]eschwerdeführers divergierenden Rechtsätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr, [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 17. Dezember 2010 - 8 [X.] 38.10 - [X.] 2011, 45 und vom 17. Februar 2015 - 1 [X.] 3.15 - juris Rn. 7). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das [X.] (oder der Gemeinsame Senat der obersten [X.]undesgerichte oder das [X.]undesverfassungsgericht) in der Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht.

9

Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerde nicht gerecht. Sie stellt keine divergierenden Rechtssätze gegenüber, sondern rügt, die angegriffene Entscheidung sei "mit den Grundsätzen des §§ 132.2 Ziff. VwGO ergebende [X.] nicht in Übereinstimmung zu bringen" ([X.]eschwerdebegründung S. 3). Der angegriffene [X.]eschluss weiche vom "[X.] der beiden in den [X.]lick genommenen [X.]VerwG-Entscheidungen" ab ([X.]eschwerdebegründung S. 5). Eine solche Abweichung liegt im Übrigen auch der Sache nach nicht vor. Denn den beiden zitierten Urteilen des [X.] lässt sich nicht entnehmen, dass ein Härtefallantrag dann nicht zeitnah zur Aussiedlung gestellt werden müsse, wenn der Antragsteller Jahre zuvor schon einmal seinen Übersiedlungswillen zum Ausdruck gebracht hat.

3. Die erhobene Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt worden ist.

Die [X.]eschwerde erhebt der Sache nach eine Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO). Sie beanstandet, das [X.]erufungsgericht werte die Rücknahme des Widerspruchs gegen die negative [X.]ehördenentscheidung vom Februar 1999 dahin, dass damit die [X.]etätigung des Aussiedlerwillens des [X.] nach außen ihr ausdrückliches Ende gefunden habe. Wenn das [X.]erufungsgericht dies als entscheidungserheblich ansehe, müsse es auch die entsprechenden Tatsachen aufklären ([X.]eschwerdebegründung S. 7). Tatsächlich habe nur das Verwaltungsverfahren zum Aufnahmebescheid sein Ende gefunden. Die tatsächlichen Absichten des [X.] seien gewesen, weitere gerichtliche Streitigkeiten mit dem "Heimatland" zu vermeiden und damit Ruhe vor weiteren gesundheitlichen Gefährdungen zu gewähren.

Den Anforderungen an die ordnungsgemäße Rüge eines Verstoßes gegen die richterliche Sachaufklärungspflicht genügt die [X.]eschwerde mit ihrem Vorbringen nicht. Die [X.]eschwerde setzt sich nicht damit auseinander, dass es für das [X.]erufungsgericht gar nicht entscheidungserheblich auf die als Tatsache der [X.]eendigung der [X.]etätigung des [X.] ankam. Denn es stützt seine Entscheidung - selbständig tragend - darauf, dass selbst wenn der Kläger diesen Willen auch nach der bestandskräftigen Ablehnung seines [X.] noch gehabt haben sollte, er ihn jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung nach [X.] nicht mehr nach außen hin betätigt habe ([X.]A S. 4). Der Kläger habe zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung weder einen Wiederaufgreifensantrag noch einen Aufnahmeantrag gestellt. Der erstmals mit Schreiben vom 24. November 2008 gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides stehe nicht mehr im erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zur Aussiedlung im [X.] 1999.

4. Von einer weiteren [X.]egründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

5. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

1 B 31/16, 1 B 31/16, 1 PKH 58/16

04.03.2016

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PKH

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 18. Dezember 2015, Az: 11 A 1928/14, Beschluss

§ 27 Abs 1 S 2 BVFG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.03.2016, Az. 1 B 31/16, 1 B 31/16, 1 PKH 58/16 (REWIS RS 2016, 15056)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15056

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