Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 06.11.2014, Az. 1 C 12/14

1. Senat | REWIS RS 2014, 1560

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Gegenstand

Vertriebenenrechtlicher Härtefallantrag nur zeitnah zur Aussiedlung möglich


Leitsatz

Der Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im Bundesgebiet muss in den von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG erfassten Härtefällen auch dann in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden, wenn der Aussiedler bereits im Zeitpunkt der Ausreise als deutscher Staatsangehöriger anerkannt war (Bestätigung von BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 23.11 - BVerwGE 145, 248).

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die nachträgliche Erteilung eines Aufnahmebescheides.

2

Die Klägerin ist im September 1956 in der ehemaligen [X.] geboren worden. Ihr Vater war im Dezember 1944 in den [X.] eingebürgert worden. Die Klägerin ist [X.] Staatsangehörige; dies bestätigt ein von dem [X.] der Beklagten im Oktober 2003 ausgestellter Staatsangehörigkeitsausweis. In den Jahren 1993 und 1994 reisten drei der Geschwister der Klägerin als Spätaussiedler in das [X.] ein, nachdem ihnen vor der Einreise ein Aufnahmebescheid erteilt worden war; einer im Jahre 1992 eingereisten [X.] wurde ein Aufnahmebescheid nach deren Einreise erteilt. Die Klägerin reiste im April 2004 in die [X.] ein, meldete sich zunächst bei ihrem Bruder an, bevor sie eine eigene Wohnung bezog. Sie nahm von Mai 2004 bis November 2004 an einem Sprachkurs „[X.] für Aussiedler“ teil, in dem sie die Sprachprüfung „Grundbaustein“ mit Erfolg ablegte und bestand in diesem Zeitraum auch im Rahmen eines Sprachkurses die Sprachprüfung „Zertifikat [X.]“ mit 2/3 der möglichen Punkte.

3

Im Dezember 2010 beantragte die Klägerin die Erteilung eines Aufnahmebescheides und gab dabei an, von Kindheit an [X.] und [X.] gesprochen zu haben, auf [X.] fast alles zu verstehen und ein einfaches Gespräch auf [X.] führen zu können. Sie habe seinerzeit ihren Aufnahmeantrag nicht vom Ausland aus gestellt, weil ihr damaliger Ehemann wegen der Pflege seiner kranken Mutter nicht mit nach [X.]land habe kommen können. Nachdem ihr Ehemann im Februar 2001 verstorben sei, habe sie ihre Schwiegermutter bis zu deren Tod im Jahre 2002 gepflegt und dann so schnell wie möglich nach [X.]land kommen wollen; die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises habe ihr Bruder für sie beantragt.

4

Das [X.] lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24. Januar 2011 ab, weil keine besonderen Härtegründe vorgelegen hätten. Die Klägerin habe sich entschieden, aufgrund ihrer [X.]n Staatsangehörigkeit nach [X.]land einzureisen, so dass sie sich nach der dauerhaften Aufgabe ihres Wohnsitzes im Herkunftsgebiet nicht mehr darauf berufen könne, es sei ihr nicht zuzumuten gewesen, das Aufnahmeverfahren vom Herkunftsgebiet aus zu betreiben. Die Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen des § 6 Bundesvertriebenengesetzes ([X.]), weil sie weder ein Bekenntnis zum [X.]n Volkstum nachgewiesen noch die innerfamiliäre Vermittlung der [X.]n Sprache glaubhaft gemacht habe.

5

Mit der nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 14. September 2011) erhobenen Klage machte die Klägerin unter anderem geltend, sie habe bei der Einreise nicht gewusst, dass sie als [X.] Staatsangehörige einen Antrag als Aufnahme als Spätaussiedlerin hätte stellen können oder müssen. Dies hätten ihr weder ihre Geschwister noch die Behörden mitgeteilt. Sie sei davon ausgegangen, dass sie bereits aufgrund der Erteilung des [X.]n Passes als Spätaussiedlerin anerkannt gewesen sei.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. Juli 2013), weil der Aufnahmebescheid erst mehr als sechs Jahre nach der Einreise und damit nicht, wie von der Rechtsprechung des [X.] gefordert, in zeitlichem Zusammenhang mit der Einreise beantragt worden sei. Zur Begründung ihrer Berufung machte die Klägerin geltend, erst bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente, den sie wegen eines Krebsleidens habe stellen müssen, habe sie davon Kenntnis erlangt, dass ohne Anerkennung als Spätaussiedlerin die Jahre ihrer Erwerbstätigkeit in der ehemaligen [X.] nicht für die Rentenberechnung zu berücksichtigen seien und sie daher nahezu ohne Rente bleibe. Als [X.] Staatsangehörige könne sie den Aufnahmeantrag auch erst nach der Einreise stellen; hierfür sehe das Gesetz keine Frist vor.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen und ausgeführt: Die Klägerin könne sich für einen Aufnahmeantrag erst nach der Einreise zwar auf eine besondere Härte berufen, weil ihr als [X.]r Staatsangehörigen die zeitweilige Rückkehr in die [X.] für eine Antragstellung nicht abverlangt werden könne. Nach der Rechtsprechung des [X.] sei indes auch in Härtefällen der Aufnahmeantrag zeitnah zur Aussiedlung zu stellen, um den erforderlichen [X.]n nach außen zu betätigen. Diese Rechtsprechung sei zwar zu einem [X.] ergangen, in dem die Einreise auf ausländerrechtlicher Grundlage erfolgte, sie sei aber letztlich auch in Fällen anzuwenden, in denen die [X.] Staatsangehörigkeit - wie bei der Klägerin - bereits vor der Einreise in das [X.] festgestellt worden sei. Der [X.] sei unverzichtbare Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung eines Aufnahmebescheides und erfordere den Willen, auf Dauer als [X.]er unter [X.]en zu leben und sich gerade auch mit Spätaussiedlerstatus im [X.] endgültig niederzulassen. Einen etwa vorhandenen [X.]n habe die Klägerin mit ihrer Antragstellung erst sechs Jahre nach der Einreise und damit nicht (mehr) zeitnah zur Übersiedlung betätigt. Hierfür sei letztlich unerheblich, dass bei Personen mit bereits festgestellter [X.]r Staatsangehörigkeit der Zuzug wegen ihrer Freizügigkeitsberechtigung nicht im Wege des Aufnahmeverfahrens hätte geregelt werden können; doch spreche etwa das Erfordernis einer behördlichen Sprachprüfung oder der [X.] dafür, dass der [X.] zeitnah zur Übersiedlung zu stellen sei. Dass der Gesetzgeber in § 27 Abs. 3 Satz 1 [X.] den Antrag auf Wiederaufgreifen nicht an eine Frist gebunden habe, rechtfertige keine andere Beurteilung, weil nach der Entstehungsgeschichte von dieser Regelung unanfechtbar abgeschlossene Härtefallanträge unberührt blieben.

8

Mit ihrer von dem Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 27 Abs. 1 [X.] und hebt hervor, die Notwendigkeit einer zeitnahen Antragstellung dürfe freizügigkeitsberechtigten Aufnahmebewerbern nicht entgegengehalten werden, deren [X.] Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Übersiedlung bereits durch behördliche Vorprüfung festgestellt bzw. erwiesen gewesen sei. Auf dieses im Gesetz nicht ausdrücklich hervorgehobene Erfordernis, von dem sie auch sonst keine Kenntnis gehabt habe, sei sie weder von ihren Geschwistern noch von den Behörden hingewiesen worden. Eine Aufnahme könne auch lange Zeit nach der Einreise erfolgen, zumal eine „Aufnahme“ ins [X.] für [X.] Staatsangehörige schon rein denknotwendig ausgeschlossen sei.

9

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil und hebt hervor, dass zwischen der [X.]n Staatsangehörigkeit und der Spätaussiedlereigenschaft zu unterscheiden sei; auch [X.] Staatsangehörige bedürften der vertriebenenrechtlichen Aufnahme, um den Spätaussiedlerstatus zu erlangen.

Der Vertreter des [X.] bei dem [X.] hält das Berufungsurteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Rechtsauffassung des [X.], dass der Klägerin der begehrte Aufnahmebescheid nicht zu erteilen ist, weil sie den Antrag auf Erteilung eines [X.] jedenfalls nicht in hinreichendem zeitlichen Zusammenhang mit ihrer im Jahre 2004 erfolgten Übersiedlung in das [X.] gestellt hat, steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

1. Nach § 26 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - [X.]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 ([X.]), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. September 2013 ([X.] 3554), wird Personen, die die [X.] als Spätaussiedler verlassen wollen, um im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren ständigen Aufenthalt zu nehmen, nach Maßgabe der folgenden Vorschriften ein Aufnahmebescheid erteilt. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den [X.]n erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] kann abweichend hiervon Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt werden, wenn dessen Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der [X.] lässt offen, ob das Begehren der Klägerin auf Erteilung eines (nachträglichen) [X.] nach dieser Fassung des [X.], die auch bereits im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung in [X.] war, der Rechtslage zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihren Aufnahmeantrag gestellt hat (2010), oder jener zu beurteilen ist, die zum Zeitpunkt ihrer Übersiedlung aus den [X.]n (2004) gegolten hat. Denn in Bezug auf die Notwendigkeit, einen Aufnahmeantrag stellen zu müssen, sowie die Möglichkeit, diesen auch erst nach der Einreise stellen zu können, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde (Härtefallantrag), hat sich ungeachtet gewisser Umstellungen der Regelungen an dem für die Entscheidung erheblichen sachlichen Gehalt der Regelungen nichts geändert.

2. Der 5. [X.] des [X.] hat in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 (- BVerwG 5 C 23.11 - BVerwGE 145, 248 = [X.] 412.3 § 27 [X.] Nr. 18) entschieden, dass der Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im [X.] auch in den von § 27 Abs. 2 Satz 1 [X.] (a.[X.] 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden muss: § 27 Abs. 2 Satz 1 [X.] (a.F.) enthalte zwar keine (ausdrückliche) Frist für die Stellung eines Härtefallantrags. Doch ließen bereits die in § 27 Abs. 2 Satz 1 [X.] in Bezug genommenen Begriffe „Aufnahme“ und „Aufnahmebescheid“ mittelbar auf die Notwendigkeit eines zeitlichen Zusammenhangs schließen. Dafür spreche auch die - im Einzelnen ausgeführte - Entstehungsgeschichte des § 27 Abs. 2 Satz 1 [X.] (a.F.), nach der durch das Aufnahmeverfahren eine gewisse Zuzugskontrolle bewirkt werden soll, und der Gesetzgeber in Härtefällen von einer Einreise unter Nutzung eines im Regelfall auf drei Monate begrenzten Visums, also einer Antragstellung in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise schon zur Sicherung eines Bleiberechts ausgegangen sei. Der systematische Zusammenhang unter anderem mit § 26 [X.], nach dem nur Personen, die bereits beim Verlassen der [X.] Spätaussiedler sein wollen, einen Aufnahmebescheid erhalten können, der auch gegenüber der Aufnahmebehörde zum Ausdruck zu bringende Spätaussiedlerwille mithin zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Erhalt des [X.] sei, unterstreiche ebenfalls, dass der [X.] aus der Sicht des Gesetzgebers in zeitlicher Hinsicht begrenzt und eine Aufnahme nach endgültigem Abschluss des [X.]s grundsätzlich nicht mehr möglich sei. Auch aus § 4 Abs. 1 [X.], nach dem die Anerkennung als Spätaussiedler voraussetze, dass der [X.] Volkszugehörige den Herkunftsstaat „im Wege des Aufnahmeverfahrens“ verlassen habe, unterstreiche, dass der subjektive Spätaussiedlerwille allein nicht genüge, wenn objektiv das Aufnahmeverfahren nicht - und sei es in Härtefällen im zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung und der dauerhaften Wohnsitznahme im [X.] - betrieben werde. Dafür spreche auch das Erfordernis der behördlichen Sprachprüfung, die Zwecke des Aufnahmeverfahrens und die des [X.]. Die aufgezeigten Gesichtspunkte geböten jedenfalls in ihrer Gesamtheit die Annahme, dass der Antrag auf Erteilung eines [X.] in den Fällen des § 27 Abs. 2 Satz 1 [X.] in zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise gestellt werden müsse.

3. Diese Rechtsprechung, der sich der erkennende [X.] mit der Folge anschließt, dass der Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler im [X.] auch in den von § 27 Abs. 2 Satz 1 [X.] (a.[X.] 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] erfassten Härtefällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Aussiedlung gestellt werden muss, gilt gleichermaßen in Fällen, in denen der Antrag auf nachträgliche Erteilung eines [X.] durch eine Person gestellt worden ist, die bereits im Zeitpunkt der Übersiedlung als [X.] Staatsangehörige anerkannt gewesen ist und daher einen grundrechtlich gesicherten Anspruch auf visumfreie Einreise und dauernden Aufenthalt im [X.] hatte. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

3.1 Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass nicht alle Erwägungen, die vom 5. [X.] zur Begründung seiner Rechtsauffassung herangezogen worden sind, in vollem Umfange auf den Zeitpunkt zur Stellung von [X.] durch Personen übertragbar sind, die bereits in den [X.]n auch [X.] Staatsangehörige waren und dies - wie die Klägerin - durch einen entsprechenden Staatsangehörigkeitsnachweis belegen konnten. Das Anliegen, den Zuzug von Spätaussiedlern zu regulieren und zu kontingentieren, greift nicht bei [X.] ohnehin zu Einreise und Aufenthalt berechtigten Personen. Auch mögen die Erwägungen zur Entstehungsgeschichte, die unter anderem an eine regelmäßig erfolgende Einreise mit einem Touristenvisum anknüpfen sowie jene zum Sprachprüfungserfordernis geringeres Gewicht haben, zumal dann, wenn insoweit auf die im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung geltende Rechtslage abzustellen wäre.

Auch bei einer Einreise als anerkannt [X.] Staatsangehörige verbleibt es indes dabei, dass die [X.] Staatsangehörigkeit und die Spätaussiedlereigenschaft systematisch zu trennen sind und letztere tatbestandlich eine Ausreise mit - auch nach außen erkennbarem - Spätaussiedlerwillen erfordert. Die Umstände im Sinne des § 27 Abs. 2 [X.] (a.[X.] 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] sind darauf bezogen, dass die Versagung des [X.] allein deswegen eine besondere Härte bedeutete, weil der Aufnahmeantrag nicht vor der Ausreise gestellt bzw. die Erteilung des [X.] nicht im [X.] abgewartet worden ist. Diese Ausnahme vom Erfordernis der Einreise „im Wege des Aufnahmeverfahrens“ berührt aber nicht das Merkmal, die [X.] „als Spätaussiedler“ verlassen zu wollen (Spätaussiedlerwille) (§ 26 [X.]). Die (anerkannte und nachgewiesene) [X.] Staatsangehörigkeit besagt für sich nichts über diesen Spätaussiedlerwillen. Auch die Wahrnehmung des Freizügigkeitsrechts als [X.] Staatsangehörige durch die Klägerin bei Einreise und nachfolgendem Aufenthalt, ersetzt nicht die für die Spätaussiedlereigenschaft erforderliche, erkennbare Betätigung des Spätaussiedlerwillens bei der Aussiedlung oder doch - in Härtefällen - im zeitlichen Zusammenhang hierzu. Dass der nachträgliche Aufnahmeantrag auch in den Fällen des § 27 Abs. 2 [X.] (a.[X.] 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung zu stellen ist, ist umgekehrt auch nicht geeignet, die Wahrnehmung der aus einer bestehenden [X.]n Staatsangehörigkeit folgenden Rechte zu verhindern oder zu beeinträchtigen.

3.2 Keine andere Beurteilung rechtfertigt § 27 Abs. 1 Satz 5 [X.] (Fassung [X.] 27 Abs. 1 Satz 3 [X.], nach dem der Wohnsitz im [X.] als fortbestehend gilt, wenn ein Antrag nach Satz 4/Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut den Wohnsitz in den [X.]n begründet hat. Diese Regelung ist schon nach ihrer systematischen Stellung nur anzuwenden, wenn ein Härtefall deswegen abgelehnt worden ist, weil bei bereits betätigtem Spätaussiedlerwillen eine „besondere Härte“ verneint worden und die Nichterteilung der Spätaussiedlerbescheinigung allein auf diesen Umstand gestützt worden ist. Dies berührt nicht die Frage, ob der Spätaussiedlerwillen im zeitlichen Zusammenhang mit der Aussiedlung erkennbar zu betätigen ist. [X.] die Klägerin mithin in das [X.] zurück, um von dort neuerlich einen Aufnahmebescheid zu beantragen, müsste dieser abgelehnt werden, weil sie wegen des mehrjährigen Aufenthalts im [X.] dann nicht mehr im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 [X.] „seit ihrer Geburt“ ihren Wohnsitz in den [X.]n gehabt hätte.

3.3 Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei durch die Beklagte oder andere Behörden nicht darauf hingewiesen worden, dass sie auch in Härtefällen im Sinne des § 27 Abs. 2 [X.] (a.[X.] 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] den Aufnahmeantrag zeitnah zur Übersiedlung hätte stellen müssen. Es besteht hier schon keine Rechtsgrundlage für eine behördliche Verpflichtung, Personen, die aus den [X.]n als [X.] Staatsangehörige in das [X.] einreisen, über die Voraussetzungen des § 27 [X.] zu belehren. Nicht zu vertiefen ist daher, ob von der Klägerin nach den Umständen des Einzelfalls die anderweitige Kenntnis von der Notwendigkeit, einen Aufnahmeantrag - auch zeitnah - stellen zu müssen, um die Spätaussiedlereigenschaft zu erlangen, hätte erwartet werden können.

3.4 Die mittelbare Rechtsfolge, dass ohne die Erteilung des [X.] die von der Klägerin in dem [X.] zurückgelegten Beschäftigungs- und Beitragszeiten bei der Rentenberechnung nicht nach § 15 [X.] zu berücksichtigen sind, ist - unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen bei der Einreise - nicht geeignet, eine Betätigung eines Spätaussiedlerwillen ohne zeitlichen Zusammenhang zur Übersiedlung zuzulassen. Der [X.] verkennt dabei nicht, dass die Klägerin dadurch, dass sie wegen des nicht zeitnah zur Aussiedlung erfolgten Antrages nicht als Spätaussiedlerin anerkannt wird, im Bereich des Fremdrentenrechts nicht unerhebliche Einbußen hinzunehmen hat. Dies ist indes eine bloße Rechtsfolge dessen, dass sie ihren Spätaussiedlerwillen nicht zeitnah zur Aussiedlung durch Antragstellung dokumentiert hat.

4. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

1 C 12/14

06.11.2014

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 10. März 2014, Az: 11 A 1966/13, Urteil

§ 4 Abs 1 BVFG, § 6 BVFG, § 26 BVFG, § 27 BVFG, § 15 FRG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 06.11.2014, Az. 1 C 12/14 (REWIS RS 2014, 1560)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1560

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