Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.08.2012, Az. 4 StR 272/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 3782

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Gegenstand

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme beim Rauschgifttransporteur


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Januar 2012 im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen verurteilt wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt. Seine hiergegen eingelegte Revision hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Entgegen der Annahme des [X.]s hat sich der Angeklagte durch sein Verhalten nur der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen schuldig gemacht.

3

a) Für die Abgrenzung von [X.]chaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Beschränkt sich die Beteiligung des [X.] am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des [X.], kommt es nach der neueren Rechtsprechung des [X.] maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des [X.] zukommt ([X.], Urteil vom 5. Mai 2011 – 3 [X.], [X.], 287, 288; Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 [X.], [X.]St 51, 219, 221 ff.; Beschluss vom 7. August 2007 – 3 [X.], [X.], 40; Urteil vom 7. Februar 2008– 5 [X.], [X.], 1460; Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 5 [X.], [X.], 392). [X.] sich die Tätigkeit im bloßen Transport von Betäubungsmitteln, besteht in der Regel auch dann keine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit, wenn Handlungsspielräume hinsichtlich der Art und Weise des Transports verbleiben, sodass von einer Beihilfe auszugehen ist ([X.], Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 [X.], [X.]St 51, 219, 223; Beschluss vom 30. März 2007 – 2 [X.], [X.], 246, 247; Beschluss vom 21. November 2007 – 2 StR 468/07, [X.], 285). Anderes kann gelten, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des [X.] hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Auch eine Einbindung des Transporteurs in eine gleichberechtigt verabredete arbeitsteilige Durchführung des [X.] spricht für die Annahme von Mittäterschaft, selbst wenn seine konkrete Tätigkeit in diesem Rahmen auf die Beförderung der Drogen, von [X.] oder Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann auch eine weit gehende Einflussmöglichkeit des Transporteurs auf Art und Menge der zu transportierenden Betäubungsmittel sowie auf die Gestaltung des Transports für eine über das übliche Maß reiner Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung am Gesamtgeschäft sprechen (vgl. zu alledem [X.], Urteil vom 14. Dezember 2006 – 4 [X.], [X.], 288; Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 [X.], [X.]St 51, 219; Beschluss vom 30. März 2007 – 2 [X.], [X.], 246; Beschluss vom 25. April 2007 – 1 [X.], [X.]St 51, 324; Beschluss vom 7. August 2007 – 3 [X.], [X.], 40).

4

b) Danach wird eine täterschaftliche Begehungsweise von den Feststellungen nicht belegt. Die Tätigkeit des Angeklagten war darauf beschränkt, auf Anweisung seiner Hinterleute der von ihm angeworbenen [X.] den Auftrag zu erteilen, nach [X.] zu fahren und dort Kokain aufzunehmen. Dabei stellte er das Geld für die Anmietung des [X.] aus Mitteln bereit, die er zuvor zu diesem Zweck von seinen Auftraggebern erhalten hatte. Während der Fahrt nach [X.] war der Angeklagte für die [X.] stets telefonisch erreichbar. Nach ihrer Ankunft in [X.] benachrichtigte er die [X.], die daraufhin Kontakt zu der [X.] aufnahmen. Nach der Übernahme der zu transportierenden Betäubungsmittel dirigierte er die [X.] zu den Zielorten in [X.] oder [X.] und stellte auch dort den Kontakt zu den Abnehmern her. Im [X.] an die Übergabe der transportierten Betäubungsmittel kehrte die [X.] zu dem Angeklagten zurück und überbrachte ihm die für ihn bestimmte "Entlohnung". Aus dem dargestellten Ablauf ergibt sich, dass der Angeklagte keinen Einfluss auf Art und Menge der zu transportierenden Betäubungsmittel hatte und auch nicht bestimmen konnte, ob und wann ein Transport stattfindet. An der Preisgestaltung und den Zahlungsströmen war er offenkundig nicht beteiligt. Für entstehende Kosten verwendete er zweckgebunden überlassene Mittel seiner Auftraggeber. Die ihm verbleibenden Handlungsspielräume bei der Auswahl der [X.] sowie ihrer Anleitung und Überwachung waren auf den Transportvorgang beschränkt.

5

2. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen verteidigen konnte.

6

3. Der Senat kann ausschließen, dass die Schuldspruchänderung eine Auswirkung auf die am Erziehungsgedanken orientierte Bemessung der sehr maßvollen Jugendstrafe gehabt hätte.

[X.]                               Franke

                      Quentin                                    [X.]

Meta

4 StR 272/12

22.08.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hagen (Westfalen), 18. Januar 2012, Az: 51 KLs 10/11 - 200 Js 526/11

§ 29 BtMG, § 29a BtMG, § 25 Abs 2 StGB, § 27 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.08.2012, Az. 4 StR 272/12 (REWIS RS 2012, 3782)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3782

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