Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.10.2014, Az. 4 ZA (pat) 6/14

4. Senat | REWIS RS 2014, 2449

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung – zu den Kosten für die Übersetzung von Privatgutachten – zu den Kosten für die Akteneinsicht in eine japanische Parallelakte


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent …

(DE …)

(hier: Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss

hat der 4. Senat ([X.]) des [X.] am 2. Oktober 2014

durch den Vorsitzenden [X.], die [X.]in [X.] und den [X.] Veit

beschlossen:

1. Auf die Erinnerung der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Dezember 2013 insoweit aufgehoben, als die Kosten für die Übersetzung der Gutachten NB 6a und NB 7a in Höhe von 1.711,96 € ([X.] 1 im Abschnitt 2 des [X.]) als erstattungsfähig angesehen wurden. Die erstattungsfähigen Kosten betragen somit 8.067,55 €.

2. Im Übrigen wird die Erinnerung der Klägerin zurückgewiesen.

3. Die Kosten des [X.] werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.434,41 €.

Gründe

[X.]

1

Die Klägerin hatte sich mit ihrer Nichtigkeitsklage gegen den [X.] Teil des [X.] ([X.]) gewandt. Mit Urteil des Senats vom 6. Oktober 2009 wurde die Nichtigkeitsklage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Streitwert für das Verfahren vor dem [X.] wurde auf 10.000.000,-- € festgesetzt; dieser Streitwert wurde zugunsten der Klägerin durch Beschluss des Senats vom 23. Juli 2010 auf 1.000.000,-- € herabgesetzt.

2

Auf Antrag der [X.] hat die Rechtspflegerin die aufgrund des Urteils zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 3. Dezember 2013 auf 9.778,51 € festgesetzt. Sie hat dabei u. a. die von der [X.] in Ansatz gebrachten Kosten für die Übersetzung der Gutachten NB 6a und NB 7a (vorgelegt von der [X.] mit Schriftsatz vom 6. April 2009) gemäß Rechnung vom 23. April 2009 in Höhe von 1.711,96 € und die Kosten für die Akteneinsicht der [X.] in die [X.] Patentanmeldung [X.] … gemäß Rechnung vom 13. Mai 2009 in Höhe von 1.722,45 € für erstattungsfähig erachtet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei einem Privatgutachten handele es sich um [X.]vortrag, so dass Aufwendungen für Privatgutachten wie die im Zusammenhang mit dem übrigen [X.]vortrag entstandenen Kosten grundsätzlich zwar mit den Gebühren nach dem [X.] abgegolten seien. Da jedoch der [X.]vortrag im [X.] in der Regel in [X.] zu erfolgen habe, seien die Kosten für die Übersetzung vorgelegter ausländischer Privatgutachten, auf die eine Bezugnahme erfolge – anders als die Kosten für die Erstattung des Gutachtens selbst – als notwendige und damit erstattungsfähige Kosten zu betrachten. Die Akteneinsicht in die parallele [X.] Anmeldung sei veranlasst gewesen, da die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 16. Januar 2009 dieses Verfahren „zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht hatte“ und die Beklagte die genaue Kenntnis von diesem Verfahren daher für die Führung des Prozesses als sachdienlich habe ansehen dürfen. Zwar erscheine die Vermutung der Klägerin, die maßgeblichen Unterlagen aus dem [X.]n Verfahren hätten auf Seiten der [X.] noch vorliegen müssen, durchaus berechtigt. Es habe jedoch keine Verpflichtung der [X.] bestanden, die Unterlagen für eine anderweitige Verwertung aufzubewahren. Es gebe auch keine Zweifel daran, dass der [X.] die Unterlagen nicht mehr vorgelegen hätten. Tatsächlich sei die Akteneinsicht durch die vorgelegte Rechnung auch belegt.

3

Gegen den Beschluss der Rechtspflegerin hat die Klägerin am 14. Januar 2014 Erinnerung eingelegt und diese ausdrücklich dagegen gerichtet, dass die Kosten für die Übersetzung der Gutachten NB 6a und NB 7a in Höhe von 1.711,96 € ([X.] 1 im Abschnitt [X.] des [X.]) sowie die Kosten für die Akteneinsicht in die Akte der [X.]n Patentanmeldung … in Höhe von 1.722,45 € ([X.] 2 im Abschnitt [X.] des [X.]) nicht erstattungsfähig seien. Im Hinblick auf die Kosten der Übersetzung des Privatgutachtens sei es nicht erforderlich gewesen, für die Beklagte, die eine [X.] Firma sei, eine [X.] Übersetzung des in [X.] vorliegenden Gutachtens anzufertigen. Das Gutachten sei im Übrigen belanglos gewesen, denn weder die Klägerin noch das Gericht sei darauf eingegangen. Im Hinblick auf die als erstattungsfähig angesehen Kosten für die Akteneinsicht in die Akte der [X.]n Patentanmeldung … sei keinerlei klägischer Bezug auf den Inhalt der Akte der parallelen [X.]n Patentanmeldung genommen worden. Die Aussage der [X.], das [X.] Verfahren sei vor längerer [X.] aufgegeben worden, treffe nicht zu; es sei nicht glaubwürdig, dass Anfang 2009 die Akte zu einem „im März bzw. Juli 2008“ beendeten Verfahren nicht mehr vorhanden gewesen sei.

4

Die Klägerin beantragt,

5

den angefochtenen Beschluss abzuändern und die an die Beklagte zu erstattenden weiteren Kosten der [X.] Instanz auf 6.344,11 € festzusetzen.

6

Die Beklagte beantragt,

7

die Erinnerung zurückzuweisen.

8

Die Klägerin habe im [X.] den [X.] der unzureichenden Offenbarung geltend gemacht. Da die Klägerin als [X.] und [X.] eigene Privatgutachten in das Verfahren eingeführt habe, habe die Beklagte darauf reagiert und eigene Gutachten (in [X.]) erstellen lassen. Da nach § 184 GVG die [X.] sei, seien diese ins [X.] übersetzt und als Anlagen NB 6a und NB 7a in das Verfahren eingeführt worden. Die Vorlage des Gutachtens sei veranlasst gewesen, um prozessuale Waffengleichheit herzustellen, weshalb auch die Übersetzung zwingend geboten gewesen sei. Hinsichtlich der Akteneinsicht in die [X.] Patentanmeldung [X.] … sei es eine Tatsache, dass die Akte des parallelen [X.]-Verfahrens im Januar 2009, als die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 16. Januar 2009 zum ersten Mal zweifellos das parallele [X.] Prüfungsverfahren erwähnt habe, bei der [X.] nicht mehr vorgelegen habe.

9

Die Rechtspflegerin hat mit Verfügung vom 27. Juni 2014, die den [X.]en mitgeteilt wurde, der Erinnerung nicht abgeholfen.

I[X.]

Die zulässige Erinnerung der [X.] (§ 121 Abs. 2 [X.], 104 Abs. 1, Abs. 3 ZPO i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 12, Abs. 2 RPflG), hat teilweise insoweit Erfolg, als die Kosten der Übersetzung des Privatgutachtens im erstinstanzlichen Verfahren für nicht erstattungsfähig zu erachten sind. Die Erinnerung ist insoweit zurückzuweisen, als die Kosten für die Akteneinsicht in das parallele [X.] Patentanmeldeverfahren erstattungsfähig sind.

1. Die Kosten für die Übersetzung der Privatgutachten NB 6a und NB 7a in Höhe von 1.711,96 € ([X.] 1 im Abschnitt [X.] des [X.]) sind nicht erstattungsfähig, da bereits die Kosten für diese Privatgutachten als solche nicht erstattungsfähig sind. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 121 Abs. 2 Satz 2 [X.] hat die unterliegende [X.] dem Gegner erwachsene Kosten nur insoweit zu erstatten, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. [X.] sind daher nur Kosten für solche Handlungen, die zur [X.] ihrer Vornahme zu diesem Zweck objektiv erforderlich und geeignet erscheinen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 35. Aufl., § 91 Rn. 9). Maßstab ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige [X.] die die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen [X.]punkt sachdienlich ansehen durfte. Dies ist vorliegend zu verneinen. Ein von der [X.] vorgelegtes Gutachten ist [X.]vortrag (vgl. [X.]/[X.]/[X.], a. a. O. Rn. 49) und somit auch im Patentnichtigkeitsverfahren nur ausnahmsweise erstattungsfähig, wenn mangels eigener Sachkunde die [X.] nur mit Hilfe des Privatgutachters ihrer Darlegungs- und Beweisführungslast genügen kann (vgl. [X.], [X.], 9. Aufl., § 80 Rn. 76). Die Argumentation der [X.], sie habe auf mit ihren Privatgutachten nur darauf reagiert, dass die Klägerin als [X.] und [X.] eigene Privatgutachten in das Verfahren eingeführt habe, vermag eine Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Übersetzung der Privatgutachten nicht zu rechtfertigen. Da diese Gutachten ebenfalls nur als [X.]vorbringen zu werten waren, reichte es aus, ihnen mit den üblichen Erklärungen (vgl. § 138 ZPO) entgegenzutreten und so ihre Verwertung zu verhindern ohne dass es privater Gegengutachten bedurfte. Auch unter dem Aspekt, dass die Klägerin selbst unnötige Kosten verursachende Maßnahmen ergriffen hat, kann aus diesem Verhalten der Klägerin nicht gefolgert werden, dass es deshalb billig sei, der [X.] einen Anspruch auf einen Anspruch auf Erstattung der ihr durch eine gleichartige Gegenmaßnahme entstandenen Kosten zuzuerkennen; übertriebener Aufwand der einen Seite befreit nicht die andere Seite von der Verpflichtung zu kostensparendem Prozessieren, und rechtfertigt nicht, es als ungerecht zu empfinden, dass die Beklagte ihren Aufwand hierfür selbst trägt, auch wenn sie dazu durch das Vorgehen der Klägerin verleitet worden sein sollte (vgl. B[X.]E 18, 46, 50). Hinzu kommt, dass eine maßgebliche Verwertung der Privatgutachten der [X.] in der Entscheidung des Gerichts nicht erfolgt ist und auch kein bestimmender Einfluss auf die Rechtsfindung gegeben war. Da demnach die Privatgutachten kostenrechtlich nicht gerechtfertigt waren, waren auch die Kosten für die im Zusammenhang damit vorgenommenen Übersetzungen nicht notwendig und unterliegen daher nicht der Erstattungsfähigkeit.

2. Die Kosten für die Akteneinsicht in die Patentanmeldung [X.] … ge- mäß Rechnung vom 13. Mai 2009 sind erstattungsfähig. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung im Beschluss der Rechtspflegerin vom 3. Dezember 2013 verwiesen. Zum einen erscheint die von der [X.] verwendete Begrifflichkeit „vor längerer [X.] aufgegeben“ im Hinblick auf die [X.] Patentanmeldung nicht klar abgrenzbar und könnte durchaus auf den [X.]raum März bzw. Juli 2008 bis Januar 2009 zutreffen, da es sich immerhin um mindestens 6 Monate handelt. Zum anderen hat die Klägerin im Schriftsatz vom 16. Januar 2009 selbst nach eigenen Ausführungen (vgl. dort S. 8 sowie den Schriftsatz der Klägerin vom 19. März 20014, bei Gericht eingegangen am 21. März 2014) auf die parallele [X.] Patentanmeldung Bezug genommen, indem sie auf die Zurückweisung der [X.]n Patentanmeldung hingewiesen hat unter Bezug auf Druckschriften, die zum Stand der Technik dort zitiert wurden. Nach Ansicht des Senats reicht diese Erwähnung der [X.]n Parallelakte bereits aus, um die Beklagte zu einer Einsicht in eine Akte, die ihr nicht mehr vorlag, zu veranlassen. Wie die Rechtspflegerin im Beschluss vom 3. Dezember 2013 zutreffend ausgeführt hat, bestand zum einen keine Verpflichtung der [X.], die Akte bei sich vorzuhalten; zum anderen hat sie – wie durch die Rechnung dokumentiert – die Akteneinsicht auch tatsächlich durchgeführt.

[X.][X.]

Die Kosten des [X.] waren gegeneinander aufzuheben, da sowohl Klägerin als auch Beklagte jeweils zu nahezu gleichen Teilen unterlegen sind (§ 84 Abs. 2, § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO). Der Wert des [X.] folgt der Höhe des streitigen Betrags.

Meta

4 ZA (pat) 6/14

02.10.2014

Bundespatentgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ZA (pat)

§ 91 Abs 1 S 1 ZPO § 138 ZPO § 104 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.10.2014, Az. 4 ZA (pat) 6/14 (REWIS RS 2014, 2449)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2449

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