Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.10.2023, Az. 1 W (pat) 6/22

1. Senat | REWIS RS 2023, 8494

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2019 105 481.8

hat der 1. Senat (Juristischer Beschwerdesenat) des [X.] am 9. Oktober 2023 durch die Präsidentin [X.] sowie [X.] und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou beschlossen

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts
– Patentabteilung 55 – vom 25. September 2019 wird aufgehoben.

Gründe

[X.].

1

Die Beschwerdeführerin hat am 5. März 2019 beim [X.] ([X.]) eine Anmeldung eingereicht, die dort unter dem Aktenzeichen 10 2019 105 481.8 geführt wird. Die Anmelderin hat mit der Anmeldung erklärt, die Priorität der [X.] Voranmeldung [X.] 2018-043285 vom 9. März 2018 in Anspruch zu nehmen. [X.]m Anmeldeformular wurden Anlagen wie folgt benannt:

Abbildung

2

Der Anmeldung waren die Erfinderbenennung in [X.] sowie weitere Unterlagen in [X.] Sprache beigefügt, nämlich Zusammenfassung, Beschreibung, Patentansprüche und Abschrift der Voranmeldung. Bestandteil der Voranmeldung [X.] 2018-043285 sind 13 Figuren mit Beschriftungen in [X.] Sprache und nummeriert mit [X.] Ziffern, im Übrigen enthielten die mit der Anmeldung eingereichten Unterlagen keine Figuren. [X.]n der [X.] Beschreibung der Nachanmeldung findet sich auf Seite 1 eine Liste mit Erläuterungen zu 13 Figuren, nummeriert mit [X.] Ziffern 1 bis 13.

3

Mit Schriftsatz vom 29. Mai 2019 hat die Beschwerdeführerin eine [X.] Übersetzung der Anmeldeunterlagen „einschließlich der entsprechenden Zeichnungen“ vorgelegt und eine Änderung der Bezeichnung der Erfindung vorgenommen. Die mit diesem Schriftsatz vorgelegten [X.] Unterlagen umfassen 13 Figuren mit Beschriftung in [X.] und mit [X.] Ziffern, wobei die Figuren augenscheinlich mit denjenigen der [X.] Voranmeldung übereinstimmen.

4

Die Prüfungsstelle 55 des [X.] hat mit Mängelbescheid vom 25. Juni 2019 darauf hingewiesen, dass die Zeichnungen 1 bis 13, auf die die Beschreibung Bezug nehme, der Anmeldung nicht beigefügt gewesen seien, und die Beschwerdeführerin unter Fristsetzung aufgefordert, entweder die Zeichnungen nachzureichen oder zu erklären, dass jede Bezugnahme auf die Zeichnungen als nicht erfolgt gelten solle. Ferner hat die Prüfungsstelle auf die Verschiebung des Anmeldetages nach § 35 Abs. 2 S. 2 [X.] und die dadurch drohende Überschreitung der [X.] hingewiesen.

5

Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2019 hat die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf ihre Eingabe vom 8. Juli 2019 beantragt,

6

- die am 5. März 2019 im Rahmen der Einreichung der [X.]n Patentanmeldung [X.] 2019 105 481.8 eingereichten Zeichnungen der prioritätsbegründenden [X.] Patentanmeldung [X.] 2018-043285 nicht nur dieser, sondern auch der Nachanmeldung [X.] 2019 105 481.8 zuzuordnen (Hauptantrag = Antrag [X.]),

7

- hilfsweise Wiedereinsetzung in die Frist zur Einreichung der vollständigen Patentanmeldung mit zugehörigen 13 Figuren im [X.] zu gewähren (1. Hilfsantrag = Antrag [X.][X.]),

8

- weiter hilfsweise Wiedereinsetzung in die Frist zur Nachreichung der zu der [X.]n Patentanmeldung [X.] 2019 105 481.8 zugehörigen 13 Figuren innerhalb des [X.]s zu gewähren (2. Hilfsantrag = Antrag [X.][X.][X.]),

9

- äußerst hilfsweise die Anmeldung [X.] 2019 105 481.8 ohne Bezugnahme auf die Figuren fortzusetzen (3. Hilfsantrag = Antrag [X.]V).

Zur Begründung des [X.] hat die Anmelderin u. a. ausgeführt, dass die bearbeitende, stets zuverlässige Patentanwaltsfachangestellte der Anmeldung zwar versehentlich die 13 Figuren nicht noch einmal gesondert beigefügt habe, dass die Anmelderin jedoch ganz offensichtlich beabsichtigt habe, eine [X.] Patentanmeldung mit zu der [X.] Voranmeldung identischen Figuren einzureichen. Dies ergebe sich daraus, dass die in [X.] Sprache eingereichte [X.] Patentanmeldung [X.] 2019 105 481.8 – abgesehen von einer leicht unterschiedlichen Formatierung – mit der eingereichten prioritätsbegründenden [X.] Voranmeldung [X.] 2018-043285 inhaltsgleich und auch die Figurenbeschreibungen in dem eingereichten Anmeldetext mit den Figurenbeschreibungen in dem Prioritätsdokument identisch seien. Dieser Wille der Anmelderin sei bereits im Zeitpunkt der Anmeldung ersichtlich gewesen und ihr Antrag sei daher dahingehend auszulegen, dass die Zeichnungen unter Bezugnahme auf das Prioritätsdokument der [X.] Voranmeldung in die Anmeldeunterlagen einbezogen werden sollten. Die Auslegung bzw. Umdeutung des Verhaltens der Anmelderin führe zu dem Ergebnis, dass zum Anmeldetag die Anmeldeunterlagen einschließlich der 13 Figuren vollständig vorgelegen hätten.

Mit Beschluss vom 25. September 2019 hat das [X.] – [X.] – die Anträge [X.], [X.][X.] und [X.][X.][X.] (Hauptantrag und Hilfsanträge 1 und 2) zurückgewiesen und gemäß 3. Hilfsantrag (= Antrag [X.]V) entschieden, dass die Anmeldung ohne Bezugnahme auf die Zeichnungen fortgesetzt wird.

Zur Begründung des Beschlusses ist ausgeführt, dass für den Fall der versehentlich unterbliebenen Beifügung von Zeichnungen zu den Anmeldeunterlagen § 35 Abs. 2 [X.] eine Regelung dahingehend treffe, dass eine Nachreichung der fehlenden Zeichnungen unter Verschiebung des Anmeldetages auf den Tag der Eingangs der Zeichnungen erfolge oder aber erklärt werde, dass eine Bezugnahme auf die Zeichnungen als nicht erfolgt gelten solle, wobei der ursprüngliche Anmeldetag erhalten bleibe. Eine Bestimmung wie in Regel 56 Abs. 3 [X.], nach der bei einer Patentanmeldung, die die Priorität einer früheren Anmeldung in Anspruch nehme, offensichtlich fehlende Teile ohne eine Verschiebung des Anmeldetages nachgereicht werden könnten, sofern diese Teile vollständig in der früheren Anmeldung enthalten seien, fehle im [X.] und könne auch nicht (entsprechend) herangezogen werden. Ebenso wenig komme eine ergänzende Auslegung oder Umdeutung in Betracht, da andere Unterlagen als die in § 34 Abs. 3 [X.] genannten für eine [X.] grundsätzlich nicht in Betracht kämen, sofern nicht ausnahmsweise die Abschrift einer Voranmeldung eindeutig erkennbar als Beschreibung gewollt sei. Vorliegend sei die Voranmeldung jedoch lediglich zu dem Zweck eingereicht worden, die Prüfung der Übereinstimmung der Anmeldung mit der Voranmeldung zu ermöglichen. Die Abschrift der Prioritätsschrift sei demnach nicht Teil der Anmeldeunterlagen, sondern diene alleine der Prioritätsbegründung, dem Antrag [X.] (Hauptantrag) könne daher nicht stattgegeben werden. Der Antrag [X.][X.] (1. Hilfsantrag) bleibe ebenfalls erfolglos, weil bereits kein Fristversäumnis vorliege, da die Nachanmeldung im [X.] eingereicht worden sei und die [X.] für die Zuerkennung eines Anmeldetages erfülle. Entsprechendes gelte auch in Bezug auf den Antrag [X.][X.][X.] (2. Hilfsantrag).

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, mit der sie beantragt,

den Beschluss der [X.] des [X.]es vom 25. September 2019 aufzuheben,

und

die am 5. März 2019 im Rahmen der Einreichung der [X.]n Patentanmeldung [X.] 2019 105 481.8 eingereichten Zeichnungen der prioritätsbegründenden [X.] Patentanmeldung [X.] 2018-043285 nicht nur dieser, sondern auch der Nachanmeldung [X.] 2019 105 481.8 zuzuordnen,

hilfsweise

der Beschwerdeführerin Wiedereinsetzung in die Frist zur Einreichung der vollständigen Patentanmeldung mit zugehörigen 13 Figuren im [X.] zu gewähren,

weiter hilfsweise

der Beschwerdeführerin Wiedereinsetzung in Frist zur Nachreichung der zu der [X.]n Patentanmeldung [X.] 2019 105 481.8 zugehörigen 13 Figuren innerhalb des [X.]s zu gewähren.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass die Vorschrift des § 35 Abs. 2 [X.] nicht einschlägig sei, da es vorliegend nicht um die Nachreichung von Zeichnungen gehe, sondern um die Frage, ob die mit der Anmeldung eingereichten Zeichnungen den Anmeldeunterlagen zuzuordnen seien. Die Anmelderin habe offensichtlich 13 Figuren einreichen wollen, der Anmeldung habe formal betrachtet lediglich kein Doppel der Figuren beigelegen, die jedoch in den eingereichten Unterlagen bereits enthalten waren. Sofern das [X.] sich auf den Beschluss des [X.] vom 21. Februar 2013, 10 W (pat) 30/10, beziehe, so sei dieser Fall mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

[X.][X.].

Die zulässige, insbesondere nach § 73 Abs. 1 [X.] statthafte und gem. § 73 Abs. 2 [X.] form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat auch in der Sache im Hauptantrag Erfolg, da die am 5. März 2019 eingereichten Zeichnungen der prioritätsbegründenden [X.] Patentanmeldung [X.] 2018-043285 nicht nur dieser, sondern auch der verfahrensgegenständlichen Patentanmeldung [X.] 2019 105 481.8 zuzuordnen sind, so dass das Patenterteilungsverfahren unter Einbeziehung dieser Zeichnungen mit dem Anmelde- und [X.] 5. März 2019 fortzusetzen ist.

1. Gem. § 34 Abs. 4 [X.] ist die Erfindung „in der Anmeldung“ zu offenbaren. [X.]smittel sind die in § 34 Abs. 3 [X.] genannten Anmeldeunterlagen (Erteilungsantrag, Patentansprüche, Beschreibung, Zeichnungen), grundsätzlich nicht jedoch Unterlagen, die gleichzeitig mit der Anmeldung eingereicht werden (vgl. [X.]/[X.], 11. Aufl. 2022, § 34 Rn. 293). Dementsprechend gehören auch [X.], die nicht Teil der Anmeldung i. S. d. § 34 Abs. 3 [X.] sind, grundsätzlich nicht zu den [X.]smitteln, es sei denn, sie sind ausnahmsweise eindeutig als [X.]sgehalt der Anmeldung gekennzeichnet (vgl. [X.]/Schacht, [X.], 12. Aufl. 2023, § 34 Rn. 146 [X.]). Eine entsprechende Absicht muss eindeutig erkennbar sein (vgl. [X.]/[X.], a. a. [X.], § 34 Rn. 293).

Die grundsätzliche Trennung zwischen Anmeldeunterlagen als [X.]smitteln und sonstigen eingereichten Unterlagen einschließlich [X.] dient der Rechtssicherheit, da es sowohl im [X.]nteresse des Anmelders als auch Dritter liegt, dass der Umfang der [X.] – ebenso wie der Anmeldetag – ohne Weiteres eindeutig bestimmbar ist (zum Anmeldetag vgl. [X.]/Schacht, a. a. [X.], § 35 Rn. 7). Die Einreichung der Prioritätsschrift dient der [X.]nanspruchnahme der äußeren Priorität gem. § 41 Abs. 1 S. 1 [X.] und nicht der Vervollständigung lückenhafter Anmeldeunterlagen. Von der Trennung zwischen Anmeldeunterlagen einerseits und [X.] andererseits kann daher nur in eng begrenzten Ausnahmefällen abgewichen werden, wenn die Anmeldung eine konkrete Bezugnahme auf die [X.] enthält.

2. Vorliegend ist ein solcher Ausnahmefall gegeben. Die Auslegung der Patentanmeldung vom 5. März 2019 ergibt hinreichend deutlich, dass die in der gleichzeitig eingereichten Prioritätsschrift enthaltenen 13 Figuren Teil der Anmeldung und der [X.] sein sollten.

Bei der Auslegung von Verfahrens- und Prozesshandlungen ist in entsprechender Anwendung der für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze, insbesondere § 133 BGB, zu ermitteln, wie eine Erklärung unter Berücksichtigung von Wortlaut, Begleitumständen und [X.]nteressenlage nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts im Zeitpunkt ihrer Vornahme zu verstehen war (vgl. [X.], 1744 Rn. 23 zu [X.]; B[X.] Beschluss vom [X.], 23 W (pat) 31/18; [X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl., Vor § 128 Rn. 25).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung des Patents vom 5. März 2019 dahingehend auszulegen, dass die in der gleichzeitig eingereichten Prioritätsschrift enthaltenen 13 Figuren Teil der Anmeldung und der [X.] sein sollen. Dies ergibt sich daraus, dass im Anmeldeformular ausdrücklich 13 Figuren als Anlage benannt sind und die beigefügte [X.] Prioritätsschrift genau 13 Figuren enthält, die mit [X.] Ziffern nummeriert sind, so dass – unabhängig von Fremdsprachenkenntnissen – auf Anhieb verständlich und eindeutig ist, welche 13 Figuren gemeint sind. Zudem enthält Seite 1 der [X.] Beschreibung der verfahrensgegenständlichen Patentanmeldung unter der Überschrift „Einfache Erklärung der Zeichnungen“ (Übersetzung) eine mit [X.] Ziffern 1 bis 13 nummerierte Liste mit Erläuterungen zu 13 Figuren „in den beiliegenden Zeichnungen“. Auch wenn sich hieraus für sich genommen nicht zwingend ergibt, dass die „beiliegenden Zeichnungen“ diejenigen aus der Prioritätsschrift sein sollen, so stützt auch diese mit [X.] Ziffern nummerierte Liste von 13 Figuren in der Beschreibung der Nachanmeldung das vorstehende Auslegungsergebnis. Schließlich sind die Figurenbeschreibung im eingereichten Anmeldetext und die Figurenbeschreibung im Prioritätsdokument nach dem Vortrag der Anmelderin identisch.

Für die Auslegung aus der Sicht des objektiven Empfängerhorizonts im maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung ist unerheblich, dass die Beschwerdeführerin zu einem späteren Zeitpunkt im Verfahren vor dem [X.] vorgetragen hat, dass die Beifügung des Doppels der Figuren von der Patentanwaltsfachangestellten „versehentlich“ unterblieben sei.

Da bereits die Auslegung der verfahrensgegenständlichen Anmeldung vom 5. März 2019 ergibt, dass die in der [X.] Prioritätsschrift enthaltenen 13 Figuren ausnahmsweise Bestandteil dieser (Nach-) Anmeldung sind, ist auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage der Umdeutung der Einreichung der [X.] in eine Einreichung von Zeichnungen zur (Nach-) Anmeldung nicht weiter einzugehen.

Diesem Ergebnis steht die im angefochtenen Beschluss zitierte Entscheidung des [X.] im Verfahren 10 W (pat) 30/10 nicht entgegen, da diese sich zwar ebenfalls mit der Frage der Heranziehung von [X.] befasst, dabei aber eine abweichend gelagerte Fallgestaltung zum Gegenstand hat, nämlich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die [X.] bei unvollständig eingereichter Beschreibung der Nachanmeldung (B[X.], Beschluss vom 21.02.2013, 10 W (pat) 30/10).

3. Da die Beschwerdeführerin die [X.] Übersetzung der Anmeldeunterlagen mit Schriftsatz vom 29. Mai 2019 und damit rechtzeitig innerhalb Dreimonatsfrist gem. § 35 a Abs. 1 [X.] eingereicht hat und die verfahrensgegenständliche Nachanmeldung vom 5. März 2019 innerhalb der [X.] gem. Art. 4 C Abs. 1 [X.] erfolgte, hat die Beschwerdeführerin zudem die Priorität der [X.] Voranmeldung – einschließlich der 13 Figuren – wirksam in Anspruch genommen.

Dem steht nicht entgegen, dass die Figuren unstreitig nur einmal innerhalb der [X.] eingereicht wurden und dass die Abschrift der Voranmeldung vollständig sein und auch die Zeichnungen umfassen muss, die Bestandteil der Voranmeldung sind (vgl. [X.] 1979, 626 – Elektrostatisches Ladungsbild; [X.]/[X.]/Schacht, a. a. [X.], § 41 Rn. 30 [X.]). Denn die Auslegung der Anmeldung ergibt, wie oben ausgeführt, eine ausreichend deutliche Bezugnahme auf die 13 Figuren der Prioritätsschrift und die Abschrift der [X.] Voranmeldung ihrerseits war vollständig. Damit scheitert weder die Bezugnahme auf die Figuren in der Anmeldung (s. o. Ziff. 2.) noch die [X.]nanspruchnahme der Priorität der Voranmeldung daran, dass kein Doppel der Figuren mit der Anmeldung bzw. innerhalb der [X.] eingereicht wurde (vgl. B[X.], Beschluss vom 22.03.2022, 1 W (pat) 25/22 zum „umgekehrten“ Fall, dass eine (Nach-) Anmeldung vollständig einschließlich Zeichnungen eingereicht wurde, die beigefügte Prioritätsschrift jedoch unvollständig war und den [X.] nicht enthielt). Die Anmeldung hat somit die Priorität der [X.] Voranmeldung [X.] 2018-043285 vom 9. März 2018 wirksam in Anspruch genommen.

4. Nachdem bereits die Auslegung der Anmeldung eine eindeutige und wirksame Bezugnahme auf die Figuren der [X.] Voranmeldung ergibt, kommt es weder auf die Regelung in § 35 Abs. 2 [X.] hinsichtlich der fehlenden Einreichung von Zeichnungen an, noch darauf, dass im [X.]n Patentrecht keine Regel 56 Abs. 3 [X.] entsprechende Vorschrift existiert.

5. Die vorliegende Entscheidung konnte gem. § 78 [X.] im schriftlichen Verfahren ergehen, da der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat und die Beschwerdeführerin eine solche nur hilfsweise für den Fall beantragt hat, dass der Senat der Beschwerde nicht im schriftlichen Verfahren stattgibt.

Meta

1 W (pat) 6/22

09.10.2023

Bundespatentgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.10.2023, Az. 1 W (pat) 6/22 (REWIS RS 2023, 8494)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8494

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