Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2009, Az. VIII ZB 55/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4628

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[X.] ZB 55/06 vom 10. März 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 Dem Unterschriftserfordernis der § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO ist genügt, wenn zwar der [X.] nicht unterschrieben ist, dieser aber ei-nem - von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichneten - Schriftsatz beigefügt ist, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Berufungsbegründung mit beiliegendem Schriftsatz ge-sendet werde, und beide Schriftsätze zusammen dem Gericht mit einem einheitlichen Telefax übermittelt werden. ZPO §§ 233 Ff, 520 Abs. 2 Satz 3 Der Rechtsmittelführer, der vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist unter [X.] eines der Gründe des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO einen ersten Antrag auf [X.] dieser Frist um drei Wochen stellt, kann regelmäßig darauf vertrauen, dass die beantragte Fristverlängerung erfolgt, auch wenn er innerhalb dieser Zeit-spanne noch keine Nachricht darüber erhalten hat, ob seinem Verlängerungsantrag stattgegeben wurde. [X.] er die Berufungsbegründung vor dem Zeitpunkt ein, bis zu dem er Fristverlängerung beantragt hat, kann ihm auf seinen Antrag - aus [X.] Gründen ohne vorherige Entscheidung über den [X.] - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden. [X.], Beschluss vom 10. März 2009 - [X.]/06 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 10. März 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] sowie die Richterinnen [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] vom 21. April 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. [X.]: 96.402,18 • Gründe: [X.] Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft für Forderungen aus einem Leasingvertrag in Anspruch. Das [X.] hat die Beklagte durch Urteil vom 25. November 2005 zur Zahlung von 96.402,18 • nebst Zinsen ver-urteilt. Dieses Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 7. Dezember 2005 zugestellt worden. Er hat dagegen am 6. Januar 2006 Beru-fung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2006 hat er beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung um drei Wochen zu verlängern. Nachdem ihm der Vorsitzende des [X.] am 24. Februar 2006 mitgeteilt hatte, 1 - 3 - dass der Verlängerungsantrag erst am 17. Februar 2006 bei [X.] sei, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 27. Februar 2006 die Kopie eines Telefaxsendeprotokolls vorgelegt, nach dem der Verlängerungsantrag bereits am 6. Februar 2006 an das Berufungsgericht per Fax übersandt worden ist. Gleichzeitig hat er vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und darauf hingewiesen, dass "die Berufungs-begründung – mit beiliegendem Schriftsatz gesendet" werde. Diese [X.], die zusammen mit dem vorgenannten Schriftsatz vom 27. Februar 2006 per Telefax übermittelt worden ist, ist unvollständig; es fehlt die letzte Sei-te mit der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Die Origina-le der beiden - jeweils unterschriebenen - Schriftsätze vom 27. Februar 2006 sind erst am 15. März 2006 beim Berufungsgericht eingegangen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten als unzulässig [X.]. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. 3 1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: 4 Die Berufung sei unzulässig, weil die [X.] worden sei. Eine wirksame Berufungsbegründung sei weder innerhalb der Zweimonatsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO noch innerhalb der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten beantragten Fristverlängerung einge-gangen. Die Berufungsbegründungsfrist habe am 7. Februar 2006 geendet. Es könne dahinstehen, ob der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 5 - 4 - 6. Februar 2006 und damit rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung der Beru-fungsbegründungsfrist gestellt habe oder ob er ohne sein Verschulden hieran gehindert gewesen sei und ihm auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den [X.] Stand zu gewähren wäre. Selbst wenn dem Fristverlängerungsantrag oder dem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben würde, könnte die Frist nur entsprechend dem Antrag bis zum 27. Februar 2006 verlängert werden. Auch innerhalb dieser Frist sei eine wirksame Berufungsbegründung nicht eingegan-gen, weil die am 27. Februar 2006 per Telefax übermittelte Berufungsbegrün-dungsschrift nicht unterschrieben gewesen sei (§ 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO). Die unterzeichnete Berufungsbegründung sei erst am 15. März 2006 und damit nach Ablauf der vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten beantragten [X.] der Berufungsbegründungsfrist eingegangen. 2. Die gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2, § 575 ZPO) zulässige Rechtsbe-schwerde ist begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung der Beklagten nicht gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen werden. 6 a) Allerdings soll nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO der Schriftsatz, mit dem die Berufung begründet wird, die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Die Unterschrift ist grundsätzlich [X.]. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozess-handlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstel-len, dass es sich beim Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Für den [X.] bedeutet dies, dass die Berufungsbegründung von 7 - 5 - einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher [X.] genehmigt und unterschrieben sein muss ([X.], Urteil vom 10. Mai 2005 - [X.], NJW 2005, 2086, unter [X.] a m.w.N.). 8 b) Von dem vorgenannten Grundsatz sind jedoch Ausnahmen möglich. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist kein Selbstzweck. Deshalb kann das [X.] einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise [X.] sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das [X.] in den Rechtsverkehr zu bringen ([X.], Urteil vom 10. Mai 2005, aaO, un-ter [X.] d aa). Das ist hier bei der am 27. Februar 2006 per Telefax über-sandten [X.] der Fall. In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird, auf der der [X.] von dem [X.] handschriftlich vollzogen worden ist ([X.] 24, 179, 180). In einer ande-ren Entscheidung ([X.] 97, 251, 254) hat der [X.] das Fehlen einer Unterschrift auf der Berufungsbegründung für unschädlich erachtet, wenn die nicht unterschriebene [X.] fest mit einem von dem Rechtsanwalt unterzeichneten Begleitschreiben verbunden ist. Damit ist der hier zu entscheidende Fall vergleichbar. Der Prozessbevollmächtigte der [X.] hat in dem von ihm unterschriebenen Schriftsatz vom 27. Februar 2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Berufungsbegründung mit beiliegen-dem Schriftsatz gesendet werde. Die [X.] ist als Seiten 4 bis 13 desselben Telefaxes übermittelt worden. Aufgrund dieser Umstände ist zwei-felsfrei erkennbar, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die [X.] - 6 - wortung nicht nur für den Inhalt des von ihm unterzeichneten Schriftsatzes vom 27. Februar 2006, sondern auch der gleichzeitig damit übersandten Berufungs-gründung übernehmen wollte. 10 3. Die Verwerfung der Berufung durch das [X.] erweist sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 577 Abs. 3 ZPO). a) Allerdings ist auch die [X.] vom 27. Februar 2006 erst nach Ablauf der am 7. Februar 2006 endenden Frist zur Begründung der Beru-fung bei Gericht eingegangen. An dem verspäteten Eingang der [X.] vermag ein vor Fristablauf eingereichter Antrag auf Fristverlängerung nichts zu ändern. Denn eine Verlängerung der Frist ist nicht erfolgt. 11 b) Der Beklagten ist jedoch, wie von ihr vorsorglich beantragt, aus [X.] Gründen ohne vorherige Entscheidung über den [X.] (Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - [X.] ZB 73/05, juris, [X.]. 7) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, falls sich ihre Be-hauptung als zutreffend erweisen sollte, ihr Prozessbevollmächtigter habe am 6. Februar 2006 - rechtzeitig vor Fristablauf - einen Antrag auf Fristverlänge-rung bei dem Berufungsgericht eingereicht und diesen damit begründet, er sei als einziger Sachbearbeiter wegen des derzeitigen Fristendrucks und häufiger berufs- und urlaubsbedingter Abwesenheit nicht in der Lage, die Berufung frist-gerecht zu begründen. Denn ein Anwalt kann bei einem ersten [X.] regelmäßig darauf vertrauen, dass die beantragte Fristverlängerung um drei Wochen erfolgt, wenn - wie hier - einer der Gründe des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO dargelegt wird (Senatsbeschluss vom 11. September 2007, aaO, [X.]. 7 f.; [X.], Beschluss vom 18. September 2001 - [X.], [X.], 1579, unter 1). 12 - 7 - Nichts anderes gilt, wenn zwar der Verlängerungsantrag nicht beim [X.] eingegangen oder jedenfalls nicht zu den Akten gelangt sein sollte, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten aber, wie er vorgetragen hat, den Verlängerungsantrag rechtzeitig per Telefax abgesandt hat und aufgrund eines Telefaxsendeprotokolls mit [X.] davon ausgehen durfte, dass der [X.]santrag auch rechtzeitig beim Berufungsgericht eingegangen ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück ungeachtet eines solchen Sendepro-tokolls den Empfänger nicht erreicht hat, ist so gering, dass sich dem Rechts-anwalt diese Möglichkeit auch dann nicht aufdrängen muss, wenn er innerhalb von drei Wochen noch keine Nachricht darüber erhalten hat, ob seinem Verlän-gerungsantrag stattgegeben wurde ([X.], Beschluss vom 28. März 2001 - [X.]/00, [X.], 1045, unter 2). 13 II[X.] Der angefochtene Beschluss kann somit keinen Bestand haben. Der [X.] kann nicht selbst über den von der Beklagten gestellten Antrag auf Wieder-einsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur [X.] der Berufung entscheiden. Dazu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststel-lungen zu der Behauptung der Beklagten, ihr Prozessbevollmächtigter habe am 6. Februar 2006 einen Antrag auf Fristverlängerung bei dem Berufungsgericht eingereicht oder jedenfalls per Telefax ordnungsgemäß an das Berufungsge-
14 - 8 - richt abgesandt. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverwei-sen. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.11.2005 - 5 O 423/05 - [X.], Entscheidung vom 21.04.2006 - 2 U 4/06 -

Meta

VIII ZB 55/06

10.03.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2009, Az. VIII ZB 55/06 (REWIS RS 2009, 4628)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4628

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