Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.10.2015, Az. 9 AZR 525/14

9. Senat | REWIS RS 2015, 3706

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Gegenstand

Internationale Zuständigkeit - Gerichtsstandsvereinbarung - Begriff "individueller Arbeitsvertrag"


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 28. Mai 2014 - 12 [X.] 1423/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der [X.], 20 Arbeitstage Urlaub aus dem Jahr 2011 abzugelten.

2

Die Beklagte, die ihren Sitz in [X.] hat, vertreibt Sportlernahrung und Nahrungsergänzungsmittel. Der Kläger, der seinen Wohnsitz in [X.] hat, war für sie vom 1. November 2010 bis zum 30. September 2011 auf der Grundlage von vier unmittelbar aneinander anschließenden Verträgen („Consulting Agreements“) tätig. Hierin verpflichtete sich der Kläger gegen eine monatliche Vergütung in einer Gesamthöhe von 6.150,00 Euro, Produkte der [X.] an [X.] Kunden zu vermitteln, den Markt zu analysieren und Kunden zu werben. Die in [X.] abgefassten Verträge enthalten eine Gerichtsstandsvereinbarung. Danach ist für Streitigkeiten das Gericht am Sitz des Auftraggebers zuständig. Die Verträge sehen darüber hinaus die Geltung [X.] Rechts vor und belegen den Kläger mit einem Wettbewerbsverbot.

3

Seine Tätigkeit übte der Kläger fast ausschließlich in [X.] aus. Er akquirierte Kunden, setzte Promotionmaßnahmen um und kümmerte sich um die Betreuung der Kunden. Bestellungen gab er an die Beklagte weiter. Er organisierte Pfandregelungen für die Produkte der [X.] und arbeitete Etiketten um, um sie den [X.]n gesetzlichen Vorgaben anzupassen. Die Beklagte stellte ihm einen Laptop zur Verfügung. Gegen eine monatliche Miete iHv. 150,00 Euro erhielt er ein Dienstfahrzeug, das die Aufschrift der [X.] trug, sowie eine Tankkarte und eine Kreditkarte, die direkt über ein Konto der [X.] abgerechnet wurden. Er besaß einen E-Mail-Account bei der [X.] und nutzte Visitenkarten mit dem Logo der [X.], die ihn als „Business Development Manager“ auswiesen.

4

Anfang November 2010 stellte der Kläger einen Antrag auf Pflichtversicherung bei der [X.] als selbstständig Tätiger. Ausweislich seines Antrags war er als freiberuflicher Unternehmensberater tätig. Hinsichtlich der von ihm ausgeübten Tätigkeit wurden folgende Fragen von dem Kläger verneint: „3.5 Haben Sie regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten einzuhalten?“, „3.6 Werden Ihnen Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) ihrer Tätigkeit erteilt?“, „3.7 Kann Ihr Auftraggeber Ihr Einsatzgebiet auch ohne Ihre Zustimmung verändern?“, „3.8 Ist die Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften durch Sie von der Zustimmung Ihres Auftraggebers abhängig?“. Sein unternehmerisches Handeln beschrieb der Kläger wie folgt: „Eigener Kapitaleinsatz bzgl. Büro, Büroausstattung, Reisekosten, Telefon etc., Preis bzw. Honorar gemäß verhandeltem Vertrag, Werbung bzw. Kundenakquise per Telefon über persönliche Kontakte und Internetnetzwerke“.

5

Mit E-Mail vom 4. November 2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, Rechenschaft über geleistete Fahrten abzulegen. Unter dem 14. November 2010 verlangte die Beklagte von dem Kläger, ihr Firmenlogo bei allen E-Mails zu verwenden, unter dem 11. Januar 2011 die Übersendung einer aktuellen Preisliste. Um die Wahrnehmung von Terminen nachvollziehen zu können, begehrte die Beklagte mit E-Mail vom 21. Februar 2011 von dem Kläger, seinen [X.] zu pflegen. In einer E-Mail vom 25. Februar 2011, die auch an zwei Arbeitnehmer der [X.] gerichtet war, gab die Beklagte konkrete Preise für ihre Produkte vor. In einer weiteren E-Mail vom gleichen Tag findet sich eine von der [X.] erstellte Liste, die fünf Arbeitnehmer - darunter auch den Kläger - mit ihren regionalen Verantwortungsbereichen nennt. Mit E-Mail vom 1. März 2011 hielt die Beklagte den Kläger an, ihrem Geschäftsführer gegenüber unmittelbar zu berichten. Die Beklagte drang mit E-Mail vom 28. April 2011 darauf, der Kläger solle Rechenschaft über Umsätze und Provisionen ablegen. Unter dem 26. Mai 2011 bedang sich die Beklagte vom Kläger die Vorlage von Einsatzplänen aus. Mit E-Mail vom 11. Juli 2011 teilte die Beklagte dem Kläger Zielvorgaben mit. Darüber hinaus erbat sich die Beklagte mit E-Mails vom 26. Mai und 1. September 2011 die Übersendung von Unterlagen.

6

Die Beklagte gewährte dem Kläger während der gesamten Vertragslaufzeit keinen Urlaub.

7

Der Kläger hat die Rechtsansicht vertreten, die Beklagte habe 20 Urlaubstage abzugelten. Zwischen den Parteien habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Hilfsweise macht der Kläger geltend, er sei als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger für die Beklagte tätig gewesen.

8

Mit Versäumnisurteil vom 16. November 2012 hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 5.677,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2011 zu zahlen. Nachdem die Beklagte gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt hat, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 1. Februar 2013 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für gegeben erklärt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der [X.] hat das [X.] mit Beschluss vom 3. Juli 2013 zurückgewiesen.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

das Versäumnisurteil des [X.] vom 16. November 2012 - 2 Ca 2693/11 - aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat die Aufhebung des Versäumnisurteils und die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die [X.]n Gerichte seien aufgrund der in den [X.] enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung international nicht zuständig.

Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Versäumnisurteils.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die [X.]erufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unzulässig. Für die Entscheidung des Rechtsstreits sind die [X.] Gerichte nicht zuständig. Die internationale Zuständigkeit richtet sich im Streitfall nach der von den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung. Danach fällt der Rechtsstreit in die ausschließliche Zuständigkeit der [X.] Gerichte. Die Vereinbarung der Parteien ist nicht gemäß Art. 23 Abs. 5 der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ([X.]) unwirksam. Den Gegenstand des Verfahrens bilden selbstständige Dienstverträge und nicht individuelle Arbeitsverträge iSd. Art. 18 Abs. 1 [X.].

I. Die auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte (vgl. [X.] 19. März 2014 - 5 [X.] ([X.]) - Rn. 11, [X.]E 147, 342) bestimmt sich im Streitfall nach den Vorgaben der [X.], deren Geltungsbereich gemäß Art. 1 Abs. 1 [X.] eröffnet ist. Der für die Anwendung der Zuständigkeitsvorschriften der [X.] erforderliche Auslandsbezug (vgl. [X.] 17. November 2011 - C-327/10 - [[X.] č ní banka] Rn. 29, Slg. 2011, [X.]) liegt vor, weil die [X.]eklagte ihren Sitz in [X.] hat. Die von dem Kläger gegenüber der [X.]eklagten erhobene Forderung begründet zwischen den Parteien eine zivilrechtliche Streitigkeit.

II. Zu Recht hat das [X.] angenommen, die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte für Arbeitssachen folge weder aus seinem [X.]eschluss vom 3. Juli 2013 noch aus dem [X.]eschluss des Arbeitsgerichts vom 1. Februar 2013. [X.]eide Gerichte haben im Rahmen der Vorabentscheidung allein über den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen (vgl. [X.]/[X.] ZPO 31. Aufl. § 17a [X.] Rn. 12), nicht aber über die Frage der internationalen Zuständigkeit der [X.] Gerichte entschieden. [X.] das angerufene Gericht die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichtsbarkeit vorab bindend feststellen, hat es im Wege eines Zwischenurteils gemäß § 280 ZPO, nicht aber durch [X.]eschluss nach § 17a [X.] zu entscheiden (vgl. [X.] 15. Februar 2005 - 9 [X.] - Rn. 25, [X.]E 113, 327).

III. [X.] fällt aufgrund der von den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung in die ausschließliche Zuständigkeit der [X.] Gerichtsbarkeit (Art. 23 Abs. 1 [X.]).

1. Der Kläger und die [X.]eklagte kamen schriftlich überein, das für die [X.]eklagte zuständige Gericht solle über künftige Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien entscheiden. Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist zu vermuten, dass die Parteien hiermit einen ausschließlichen Gerichtsstand vereinbaren wollten (vgl. [X.] 14. April 2004 - 13 [X.]/03 - zu II 1 der Gründe). Der Kläger hat diese Vermutung nicht entkräftet.

2. Die Vereinbarung läuft den Vorgaben des Art. 21 [X.] nicht zuwider (Art. 23 Abs. 5 [X.]). Sie weicht nicht von den Vorschriften des Abschnitts 5 der [X.] ab. Diese finden entgegen der Auffassung des [X.] auf den Streitfall keine Anwendung. Die von den Parteien geschlossenen Verträge sind keine individuellen Arbeitsverträge iSd. Art. 18 Abs. 1 [X.].

a) Der [X.]egriff des „individuellen Arbeitsvertrags“ ist nicht nach nationalen Kriterien zu bestimmen, sondern als genuiner [X.]egriff der [X.] unter [X.]erücksichtigung von Art. 45 AEUV autonom auszulegen ([X.] 25. Juni 2013 - 3 [X.] - Rn. 20; vgl. zur vertragsautonomen Auslegung der in der [X.] enthaltenen Rechtsbegriffe [X.] 19. Juli 2012 - [X.]/11 - [[X.]] Rn. 42). Danach ist ein „individueller Arbeitsvertrag“ eine Vereinbarung, mittels deren sich eine Person verpflichtet, während einer bestimmten [X.] für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen zu erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. [X.] 9. Juli 2015 - [X.]/14 - [[X.]alkaya] Rn. 34 mwN). Aus Sicht der zur Arbeitsleistung verpflichteten Person handelt es sich um ein Unterordnungsverhältnis (vgl. [X.] 9. Juli 2015 - [X.]/14 - [[X.]alkaya] Rn. 37; 11. November 2010 - C-232/09 - [[X.]] Rn. 46, Slg. 2010, [X.]), bei dem sie nach Weisung ihres Arbeitgebers handelt, insbesondere was ihre Freiheit bei der Wahl von [X.], Ort und Inhalt ihrer Arbeit angeht (vgl. [X.] 13. Januar 2004 - [X.]/01 - [[X.]] Rn. 72, Slg. 2004, [X.]). Sie ist weder an den geschäftlichen Risiken des Arbeitgebers beteiligt noch frei bezüglich des Einsatzes eigener Hilfskräfte (vgl. [X.] 14. Dezember 1989 - C-3/87 - [Agegate] Rn. 36, Slg. 1989, [X.]). Während der Dauer des [X.] ist sie in das Unternehmen des Arbeitgebers eingegliedert (vgl. [X.] 16. September 1999 - [X.]/98 - [[X.]ecu ua.] Rn. 26; vgl. zum Ganzen auch [X.] 4. Dezember 2014 - [X.]/13 - [[X.] Kunsten Informatie en Media] Rn. 36). Die Frage, ob im konkreten Fall ein Unterordnungsverhältnis vorliegt oder aber der Dienstnehmer seine Leistung im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses erbringt, muss im Einzelfall anhand aller Gesichtspunkte und aller Umstände, die die [X.]eziehungen zwischen den [X.]eteiligten kennzeichnen, geprüft werden (vgl. [X.] 10. September 2015 - [X.]/14 - [[X.] ua.] Rn. 46).

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das [X.] davon ausgegangen, bei den von den Parteien geschlossenen Verträgen handele es sich nicht um individuelle Arbeitsverträge iSd. Art. 18 Abs. 1 [X.]. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der für die Eröffnung der [X.] Gerichtsbarkeit darlegungsbelastete Kläger (vgl. zur Frage der Staatenimmunität [X.] 3. Juli 1996 - 2 [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.]E 83, 262) hat Umstände, deren Vorliegen mit hinreichender Sicherheit auf ein Arbeitsverhältnis schließen lassen, nicht vorgetragen.

aa) Nach dem Vertragsinhalt sollte der Kläger die geschuldete Tätigkeit als Selbstständiger erbringen.

(1) Die Parteien haben die einzelnen Verträge, die keinerlei Hinweis auf ein Weisungsrecht der [X.]eklagten enthalten, als „Consulting Agreement“ überschrieben. Diese [X.]ezeichnung deutet auf einen freien Dienstvertrag hin. Der Vorrang der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen vor der formalen Vertragstypenwahl durch die Parteien bedeutet nicht, dass die Entscheidung der Parteien für eine bestimmte Art von Vertrag irrelevant wäre. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit - wie im Streitfall - typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbstständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. zum Arbeitnehmerbegriff nach nationalen Kriterien [X.] 9. Juni 2010 - 5 [X.] - Rn. 19).

(2) Für die [X.]eantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist die von dem Kläger geschuldete Tätigkeit, die Vermittlung von Produkten, ebenso unergiebig wie die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots. Eine durch ein Wettbewerbsverbot gesicherte Vermittlungstätigkeit kann sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch unter dem Regime eines freien Dienstvertrags auszuüben sein.

bb) Die von dem [X.] festgestellten Tatsachen rechtfertigen es entgegen der Ansicht der Revision nicht, aus der Durchführung des Vertrags darauf zu schließen, die Parteien hätten nicht freie Dienst-, sondern Arbeitsverträge schließen wollen.

(1) Die Angaben, die der Kläger gegenüber der [X.] machte, deuten auf das Gegenteil hin. Der Kläger erklärte, er sei bei seiner Tätigkeit weder an Arbeitszeiten noch an Anwesenheitszeiten gebunden. Zudem sei die Veränderung des Einsatzgebiets von seiner Zustimmung abhängig. Schließlich sei er befugt, ohne Zustimmung seines Auftraggebers Vertreter bzw. Hilfskräfte einzustellen. All diese Umstände sind für ein freies Dienst-, nicht aber für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnend.

(2) In dieselbe Richtung weist der Umstand, dass die [X.]eklagte dem Kläger keinerlei konkrete Vorgaben hinsichtlich des Orts und der [X.] seiner Einsätze machte. Vielmehr war es der Kläger, der die Einsatzpläne selbstständig erstellte. Die rein faktischen Zwänge, denen der Kläger bei der Einsatzplangestaltung unterlag, sind nicht ausreichend, um ein Unterordnungsverhältnis anzunehmen.

(3) Soweit der Kläger die [X.]eklagte beriet, Kunden akquirierte und betreute, Promotionmaßnahmen umsetzte, [X.] für die Produkte der [X.]eklagten organisierte und Etiketten umarbeitete, besagen diese Tätigkeiten nichts über die Rechtsnatur des ihnen zugrunde liegenden Vertragswerks. Die Tätigkeiten können sowohl von einem Arbeitnehmer als auch von einem freien Dienstnehmer geschuldet sein.

(4) Soweit der Kläger geltend macht, die [X.]eklagte habe ihn per E-Mail aufgefordert, Rechenschaft über Umsätze und Provisionen abzulegen, Einsatzpläne vorzulegen, eine aktuelle Preisliste und andere Unterlagen zu übersenden, Rechenschaft über die mit dem Dienstfahrzeug geleisteten Fahrten zu geben und ihm Ziele sowie Preise vorgegeben, lässt dieser Vortrag nicht den Rückschluss zu, die Parteien verbinde ein Arbeitsverhältnis. Ohne Kenntnis des konkreten Inhalts und der [X.]egleitumstände der Nachrichten, die der Kläger entgegen der Anordnung des [X.]s mit [X.]eschluss vom 18. März 2014 nicht in beglaubigter [X.] Übersetzung vorgelegt hat, kann nicht beurteilt werden, ob sie Ausdruck des übereinstimmenden [X.]ens der Parteien waren, dass der Kläger weisungsgebunden in einem Unterordnungsverhältnis für die [X.]eklagte tätig werden sollte. Abgesehen davon gehen Informations- oder Rechenschaftspflichten nicht zwingend mit einem Unterordnungsverhältnis einher. Es handelt sich dabei um typische Nebenpflichten, die eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen kennzeichnen (vgl. § 556 Abs. 3, §§ 666, 675, 681 Satz 2, § 687 Abs. 2 Satz 1, §§ 713, 740 Abs. 2, § 1214 Abs. 1 [X.]G[X.] oder § 87c HG[X.]).

(5) Dass die [X.]eklagte dem Kläger einen mit der Aufschrift der [X.]eklagten versehenen Dienstwagen sowie Visitenkarten mit ihrem Firmenlogo zur Verfügung stellte und einen E-Mail-Account für den Kläger einrichtete, belegt das [X.]emühen der [X.]eklagten, nach außen als Hersteller der von dem Kläger vertriebenen Produkte in Erscheinung zu treten, legt aber nicht die Annahme eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nahe. Die Überlassung eines Laptops ist für die Frage, ob die [X.]eklagte gegenüber dem Kläger [X.] besaß, ebenso wenig ergiebig wie die Überlassung einer Kredit- und einer Tankkarte.

(6) Soweit der Kläger auf die Art der Vergütung und deren [X.]ezeichnung durch die [X.]eklagte verweist, übersieht er, dass die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung für die Einordnung eines Rechtsverhältnisses maßgeblich sind (vgl. zur Abgrenzung nach nationalen Kriterien [X.] 11. März 1992 - 7 [X.] - zu I 4 b der Gründe).

c) Einer Vorlage an den [X.] zwecks Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Die Voraussetzungen, unter denen von einem individuellen Arbeitsvertrag iSd. Art. 18 Abs. 1 [X.] auszugehen ist, sind durch den [X.] hinreichend geklärt (vgl. [X.] 9. Juli 2015 - [X.]/14 - [[X.]alkaya] Rn. 37; 11. November 2010 - C-232/09 - [[X.]] Rn. 46, Slg. 2010, [X.]; 13. Januar 2004 - [X.]/01 - [[X.]] Rn. 72, Slg. 2004, [X.]).

IV. Die Voraussetzungen, an die Art. 24 [X.] die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts infolge rügelosen Einlassens knüpft, liegen nicht vor. Die [X.]eklagte hat die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts unmittelbar nach Zustellung der Klageschrift gerügt.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    [X.]rühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Wullhorst    

        

    C. Neumann-Redlin    

                 

Meta

9 AZR 525/14

20.10.2015

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Krefeld, 18. Oktober 2013, Az: 2 Ca 2693/11, Urteil

Art 18 Abs 1 EGV 44/2001, Art 21 EGV 44/2001, Art 23 Abs 1 EGV 44/2001, Art 23 Abs 5 EGV 44/2001, Art 24 EGV 44/2001, § 17a GVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.10.2015, Az. 9 AZR 525/14 (REWIS RS 2015, 3706)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3706


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 9 AZR 525/14

Bundesarbeitsgericht, 9 AZR 525/14, 20.10.2015.


Az. 2 Ca 2693/11

Arbeitsgericht Krefeld, 2 Ca 2693/11, 18.10.2013.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Internationale Zuständigkeit


Referenzen
Wird zitiert von

4 Ca 2728/17

3 Sa 285/19

3 Sa 736/15

3 Sa 466/21

9 Ta 37/22

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