Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2006, Az. III ZR 269/05

III. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2897

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[X.] [X.] vom 29. Juni 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 839 A, [X.]; [X.] WassG § 115; [X.] 2. ModernG Art. 3 a) Errichtet der [X.] einen den natürlichen Wasserablauf hindernden Lärmschutzwall, so hat er bei der Planung der [X.]nent-wässerung auch das gesamte weitere Einzugsgebiet mit [X.] zur [X.] zu berücksichtigen und die not[X.]digen Durchlässe unter Wall und [X.] entsprechend zu dimensionieren. b) Die Verantwortlichkeit für Amtspflichtverletzungen der [X.] beim Bau von [X.]straßen trifft nach der Überleitung dieser Aufga-ben in die Trägerschaft des [X.] gemäß Art. 3 des [X.] vom 9. Mai 2000 (GV. [X.]. [X.]) jetzt das Land [X.]. [X.], Beschluss vom 29. Juni 2006 - [X.] - [X.] - 2 - LG Münster - 3 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 29. Juni 2005 durch den Vorsitzenden [X.] und [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Beschwerde des beklagten [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Grundurteil des [X.] des [X.] vom 4. November 2005 - 11 U 128/02 - wird zurückgewiesen. Das beklagte Land hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert: 106.291,40 • Gründe: [X.] Der Kläger nimmt das beklagte Land wegen der Überschwemmung sei-nes Hausgrundstücks durch Niederschlagswasser auf Schadensersatz in [X.]. Er ist Inhaber eines 1995 erworbenen Erbbaurechts an einem Grund-stück in [X.]. Im Jahre 1996 bebaute der Kläger das Grundstück mit einem Dreifamilienhaus. Die Fläche liegt am Rande eines Baugebiets und grenzt an die 1979 durch den [X.] auf der Grundlage eines Planfeststellungsverfahrens ausgebaute [X.] (B. 1 - 4 - Damm). Zwischen den Baugrundstücken und der [X.] befindet sich ein ohne besondere Planfeststellung errichteter Lärmschutzwall mit einem seitlichen Wassergraben. Das diesseits anfallende Oberflächenwasser wird durch ein [X.] mit einem Durchmesser von damals 40 cm unter dem Lärmschutzwall auf die andere [X.]nseite abgeleitet. Am 2. Mai 1998 kam es in [X.]zu ergiebigen Regenfällen und in de-ren Folge zu einer Überflutung des vom Kläger bewohnten Grundstücks. Nach den Feststellungen des sachverständig beratenen [X.] ist das Niederschlagswasser von den benachbarten landwirtschaftlichen Flächen mit [X.] in nördlicher Richtung zunächst auf den Lärmschutzwall zugeflossen, hat sich an diesem gesammelt und ist daran entlang nordöstlich zu dem [X.] geflossen und in die dortige Souterrainwohnung eingedrun-gen. Der [X.] unter dem Wall und der [X.] war nicht in der Lage, die anfallenden Wassermassen abzuführen. Hierin sieht der Kläger einen [X.]. 2 Das [X.] hat die auf Zahlung von 207.887,92 [X.] (106.291,40 •) nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, das [X.] hat den [X.] dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit seiner Beschwerde er-strebt das beklagte Land die Zulassung der Revision. 3 I[X.] Das Rechtsmittel ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grund-sätzliche Bedeutung noch erscheint zur Fortbildung des Rechts oder zur [X.] - 5 - rung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO). 1. Nach Ansicht des [X.] haftet das beklagte Land für Ver-bindlichkeiten aus Amtspflichtverletzungen (§ 839 BGB, Art. 34 GG), die Beam-ten der früher in [X.] für den [X.]nbau zuständigen Land-schaftsverbände im Zusammenhang mit der Verwaltung von [X.]straßen zur Last fielen. Das trifft zu und wird auch von der Beschwerde nicht angegriffen. Das [X.]gesetz zur Überleitung der bisher von den [X.] wahrgenommenen Aufgaben im Bereich der [X.]nbauverwaltung hat die [X.] früher von den [X.] wahrgenommenen Aufgaben in die Trägerschaft des [X.] übergeleitet und zugleich bestimmt, dass das Ei-gentum an den [X.]straßen "sowie alle Rechte und Pflichten, die mit der [X.] im Zusammenhang stehen", auf das Land übergehen (Art. 3 § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Satz 2 des [X.] vom 9. Mai 2000, GV. [X.]. [X.]). Angesichts dieser nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes jedenfalls für [X.]straßen umfassend gewollten Rechts- und [X.] ist die Auslegung des [X.], hiervon seien auch etwaige Schadensersatzpflichten der Landschaftsverbände aufgrund ihrer Verwaltungs-tätigkeit erfasst, nicht zu beanstanden. 5 2. a) Das Berufungsgericht wirft - sachverständig beraten - den Beamten des [X.] vor, bei dem Ausbau der [X.] die wasserbautechnischen Regeln nicht beachtet zu haben. Bei der Planung und Errichtung von [X.] und Wall seien die benachbarten Grundflächen mit [X.] zur [X.] insgesamt nicht berücksichtigt worden. Weiter sei der [X.] durch die [X.] amtspflichtwidrig nicht wassertechnisch bemessen worden. Richtigerweise hätte er nach den Berechnungen des Sachverständigen 6 - 6 - einen Querschnitt von 0,75 m x 0,75 m als Rechteckprofil aufweisen müssen. Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankomme, habe schließlich der Sachverständige überzeugend bestätigt, dass die Berechnung des [X.] für das aus der [X.]nentwässerung anfallende Oberflächenwasser wegen eines zu hoch angesetzten Werts für den Abfluss sowie infolge regelwid-riger Außerachtlassung der oberhalb liegenden [X.] fehlerhaft ge-wesen sei. Ohne Erfolg verweise das beklagte Land darauf, dem neben dem Lärmschutzwall verlaufenden [X.]ngraben komme aufgrund der [X.] Verhältnisse und wegen des von seitlichen Flächen wild zuströmenden Wassers [X.]funktion zu mit der Konsequenz, dass hierfür die zuständige Gemeinde unterhaltungspflichtig sei. Auf die An[X.]dung der entsprechenden Vorschriften des [X.]wassergesetzes komme es nicht an. b) Diese Erwägungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des beschließenden [X.]s und geben keinen Anlass zu weiterer Klärung oder Rechtsfortbildung innerhalb eines Revisionsverfahrens. Fragen der [X.] von [X.]nseitengräben stellen sich entgegen der Auffassung der Nicht-zulassungsbeschwerde hier nicht. 7 Bei der - dem hoheitlichen Tätigkeitsbereich angehörenden ([X.]surteil vom 13. Juni 1996 - [X.] - NJW 1996, 3208, 3209) - Planung und dem Bau von [X.]n hat der Träger der [X.]nbaulast die anerkannten Regeln der [X.]nbautechnik und der Wasserwirtschaft zu beachten. Zu diesen gehö-ren, wie der [X.] bereits mehrfach entschieden hat, auch die landesrechtli-chen Vorschriften des Wasser- und Nachbarrechts über Veränderungen des Ablaufs wild abfließenden Wassers (Urteile vom 6. Dezember 1973 - [X.] - [X.], 365, 367 zu § 81 Abs. 2 des Wassergesetzes für [X.]; vom 29. April 1976 - [X.]/73 - [X.], 985 f. zu § 78 8 - 7 - Abs. 1 des früheren Wassergesetzes für das Land [X.] vom 22. Mai 1962, GV. NW. [X.]; vom 13. Mai 1982 - [X.]/80 - VersR 1982, 772, 773 zu § 21 Abs. 2 des [X.]). Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 des hier einschlägigen Wassergesetzes für das Land [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juni 1995 (GV. NW. [X.]) darf der Eigentümer eines Grundstücks den Ablauf wild abfließenden Wasser nicht künstlich so ändern, dass tiefer liegende Grundstücke belästigt werden. Unter dieses Verbot fällt zwar eine Veränderung des [X.] infolge veränderter wirtschaftlicher Nutzung des Grundstücks nicht (Absatz 1 Satz 2). Das rechtfertigt jedoch keine [X.]nbaumaßnahme, die für tiefer [X.] Grundstücke die Gefahr einer Überschwemmung mit erheblichen Scha-densfolgen begründet ([X.]surteil vom 29. April 1976 aaO). Aus dieser Rechtslage ergibt sich ohne weiteres, dass der [X.], der - wie im Streitfall - mit dem Ausbau einer [X.] und der Errichtung eines [X.] einen den natürlichen Wasserabfluss verhindernden Damm errichtet, bei der Planung der [X.]nentwässerung das gesamte weitere Ein-zugsgebiet mit [X.] zur [X.] berücksichtigen und die not[X.]digen Durch-lässe unter der [X.] entsprechend dimensionieren muss. Der zu geringe Querschnitt des [X.]es war nach den Feststellungen des Berufungs-gerichts hier die eigentliche Ursache der Überschwemmung. Mit der Frage, [X.] die Unterhaltungspflicht für den [X.] entlang des [X.] trifft und ob es sich dabei um ein Gewässer im Sinne des § 1 [X.] handelt, hat dies nichts zu tun. Davon abgesehen wäre, falls insoweit auch der Gemeinde H. eine Pflichtverletzung anzulasten wäre, das beklagte Land lediglich neben die-ser gesamtschuldnerisch zum Schadensersatz verpflichtet. 3. Im [X.] an mehrere im Berufungsverfahren eingeholte schriftliche Gutachten sowie wiederholte mündliche Anhörungen des beauftragten [X.] - 8 - verständigen hat das [X.] ferner einen Ursachenzusammenhang zwischen den festgestellten Pflichtverletzungen des Landschaftsverbands und den dem Kläger entstandenen Schäden bejaht und insbesondere die auf ein Privatgutachten gestützten Einwände des Beklagten, das schadensbringende Niederschlagswasser hätte als Jahrhundertereignis auch bei der vom gerichtli-chen Sachverständigen für richtig gehaltenen Dimensionierung des [X.] unter der [X.] das Hausgrundstück des Klägers überflutet, nicht durch-greifen lassen. Auch dagegen [X.]det sich die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Erfolg. Rechtsfehler, die eine Zulassung der Revision erforderten, vermag sie nicht aufzuzeigen. Insbesondere liegt der gerügte Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht vor, so dass eine Wiedereröff-nung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wegen der Angriffe des Beklagten gegen die Beurteilungsgrundlagen des gerichtlichen Sachverständigen in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13. Oktober 2005 nicht geboten war. Das Berufungsgericht hat sich, wie unter Gehörsge-sichtspunkten erforderlich, mit den Ein[X.]dungen des beklagten [X.] be-fasst und diese im [X.] an die Ausführungen des Sachverständigen vor allem mit Rücksicht auf die durch Fotografien und Videoaufnahmen dokumen-tierten Aufstauhöhen in tatrichterlicher Würdigung teils für widerlegt, teils für unerheblich gehalten. Das gilt auch für die von der Beschwerde hervorgehobe-nen, im Berufungsverfahren erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Beweisanträge zum Fließverhalten einer erhebliche Mengen von Schwemmmaterial mit sich führenden Suspension. Eine Verpflichtung zur Wie-dereröffnung der mündlichen Verhandlung bestand insoweit nicht. Inwieweit sich der Tatrichter ferner zur Aufklärung von Ursachen und Folgen einer Über-schwemmung beim Vorhandensein von Videoaufzeichnungen zusätzlicher [X.] - 9 - weismittel wie Modellberechnungen bedienen muss, lässt sich nur nach Lage des Einzelfalls beurteilen und entzieht sich einer verallgemeinernden Beurtei-lung des [X.]. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung sieht der [X.] ge-mäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO ab. 11 Schlick [X.] [X.] [X.] Herrmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.07.2002 - 11 O 245/01 - [X.], Entscheidung vom 04.11.2005 - 11 U 128/02 -

Meta

III ZR 269/05

29.06.2006

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2006, Az. III ZR 269/05 (REWIS RS 2006, 2897)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2897

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