Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 11.09.2013, Az. 7 ABR 29/12

7. Senat | REWIS RS 2013, 2913

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Gegenstand

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierung - Gegenwarts- und Zukunftsbezug


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 7. März 2012 - 2 [X.] - aufgehoben.

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 17. März 2011 - 14 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten zuletzt noch darüber, ob der Betriebsrat verlangen kann, dass die Arbeitgeberin drei Arbeitnehmer für einen in der Vergangenheit liegenden [X.]raum umgruppiert und hierzu das Zustimmungsverfahren nach § 99 [X.] durchführt.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein zum [X.] ([X.]) Konzern gehörendes Unternehmen, das in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. [X.]ie erbringt Leistungen im [X.]chienenpersonennahverkehr und ist in Regionen gegliedert. Die Region [X.]üdost fasst - mit verschiedenen Verkehrsbetrieben - den [X.]-Nahverkehr in [X.], [X.]-Anhalt und [X.] in einer regionalen Einheit zusammen. Im „[X.]“ des [X.] ist der antragstellende und zu 1. beteiligte Betriebsrat gebildet.

3

Die Arbeitgeberin ist nach § 1 Abs. 1 Buchst. [X.]. der Anlage 1 des zwischen dem [X.] ([X.]) und der [X.] ([X.]) geschlossenen Tarifvertrags für Lokomotivführer von [X.]chienenverkehrsunternehmen des [X.] ([X.]) ein Unternehmen, für das der [X.] gilt. Nach § 58 Abs. 1 [X.]atz 2 des am 1. März 2008 in [X.] getretenen [X.] vom 30. Januar 2008 ergeben sich die - für die Eingruppierung der Arbeitnehmer maßgeblichen - [X.]n (künftig: [X.]) und deren [X.]e aus dem Tätigkeitsgruppenverzeichnis einer Anlage 2 zum Tarifvertrag. In der Anlage 2 zum [X.] ist auszugsweise bestimmt:

        

„[X.]:

        

·       

Führen schienengebundener Triebfahrzeuge, [X.]teuerwagen oder Triebzüge (…)

                 

und darüber hinaus

                 

Arbeitnehmer fachlich ausbilden, fortbilden, anleiten und prüfen oder technische Fahrzeugabnahmen durchführen,

                 

wie z.B. Lehrlokomotivführer, Abnahmelokomotivführer

                 
        

[X.] 4: 

        

·       

Führen schienengebundener Triebfahrzeuge, [X.]teuerwagen oder Triebzüge (…)

                 

und darüber hinaus

                 

Arbeitnehmer fachlich ausbilden, fortbilden und anleiten,

                 

wie z.B. Ausbildungslokomotivführer

        

oder   

        

·       

…“    

4

Im Hinblick auf das Inkrafttreten des [X.], mit dem die bis dahin geltende tarifliche Vergütungsstruktur geändert worden ist, ersuchte die Arbeitgeberin im Frühjahr 2008 den Betriebsrat um Zustimmung zu [X.] der Arbeitnehmer K, [X.] und [X.] jeweils in die [X.] [X.] 4 der Anlage 2 zum [X.]. Diese Arbeitnehmer sind Triebfahrzeugführer, fahren bei anderen [X.] mit und überprüfen deren [X.]. Der Betriebsrat, der anders als die Arbeitgeberin bei den drei Arbeitnehmern das [X.] „prüfen“ i[X.]d. [X.] [X.] 3 der Anlage 2 zum [X.] als erfüllt ansah, stimmte den [X.] nicht zu. Die Arbeitgeberin leitete daraufhin vor dem [X.] ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein. Im Termin zur Anhörung vor dem Arbeitsgericht am 6. Februar 2009 nahm die Arbeitgeberin ihren Antrag auf Zustimmung zur Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu den [X.] der Arbeitnehmer K, [X.] und [X.] in [X.] [X.] 4 der Anlage 2 zum [X.] zurück.

5

Ab Mitte Dezember 2009 führten die Tarifvertragsparteien Verhandlungen über Änderungen des [X.]. Die Verhandlungen mündeten in den Abschluss des „2. Tarifvertrags zur Änderung des Tarifvertrags für Lokomotivführer von [X.]chienenverkehrsunternehmen des [X.] vom 31. Januar 2009“ vom 27. Januar 2010 (2. ÄTV [X.] 2009). Nach dessen § 1 Abs. 2, in [X.] getreten am 1. Mai 2010, lautet die [X.] [X.] 3 der Anlage 2 zum [X.] nunmehr wie folgt:

        

[X.]:

        

·       

Führen schienengebundener Triebfahrzeuge, [X.]teuerwagen oder Triebzüge (…)

                 

und darüber hinaus

                 

Arbeitnehmer oder Auszubildende fachlich ausbilden, fortbilden, anleiten und prüfen oder technische Fahrzeugabnahmen durchführen,

                 

wie z.B. Lehrlokomotivführer, Abnahmelokomotivführer

                 

Begriffsdefinition:            

                 

Prüfen im [X.]inne dieses Tätigkeitsmerkmals umfasst die verantwortliche

                 

·       

Abnahme des Nachweises der Befähigung zum Führen von [X.] durch eine theoretische und praktische Prüfung entsprechend der VDV-[X.]chrift 753,

                 

·       

Abnahme der Ergänzungsprüfung für Betriebsverfahren und Zugbeeinflussungssysteme entsprechend der VDV-[X.]chrift 753 bzw. prüfungsrelevante Tätigkeiten, die zur Änderung des Eisenbahnfahrzeugführerscheins bzw. dessen Beiblatt führen,

                 

·       

Durchführung der direkten Überwachung der Lokomotivführer am Arbeitsplatz.“

6

Eine Protokollnotiz zu § 2 Abs. 2 des 2. ÄTV [X.] 2009 lautet:

        

„[X.]erden Arbeitnehmer am 01. Mai 2010 aufgrund der Ergänzung der [X.] [X.] um die neue Begriffsdefinition ‚Prüfen‘ in die [X.] [X.] höhergruppiert, wird unwiderlegbar vermutet, dass diesen Arbeitnehmern diese Tätigkeit bereits seit dem 01. Januar 2010 nicht nur vorübergehend übertragen ist. Diese Arbeitnehmer erhalten für den [X.]raum vom 01. Januar 2010 bis 30. April 2010 den Differenzbetrag zwischen ihrem bisherigen Monatstabellenentgelt und dem maßgeblichen Monatstabellenentgelt der [X.] [X.] mit der Entgeltzahlung für den Monat Juni 2010 als Einmalbetrag ausgezahlt.“

7

Mit [X.]irkung ab dem 1. Januar 2010 sind die Arbeitnehmer K, [X.] und [X.] - unter Beteiligung des Betriebsrats, der einem entsprechenden Zustimmungsersuchen der Arbeitgeberin vom 23. Februar 2011 entsprochen hat - in [X.] [X.] 3 der Anlage 2 zum [X.] (in der Fassung des 2. ÄTV [X.] 2009) umgruppiert.

8

Mit dem vorliegenden, am 18. August 2009 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat zunächst in erster Linie eine Verpflichtung der Arbeitgeberin geltend gemacht, die Arbeitnehmer K, [X.] und [X.] mit [X.]irkung ab dem 1. März 2008 „in eine andere als die [X.] [X.] 4 der Anlage 2 zum [X.]“ einzureihen. [X.]egen der ab dem 1. Januar 2010 vollzogenen Umgruppierung der drei Arbeitnehmer in [X.] [X.] 3 der Anlage 2 zum [X.] (in der Fassung des 2. ÄTV [X.] 2009) hat er sein Begehren zuletzt ausdrücklich (nur noch) auf den [X.]raum vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2009 bezogen.

9

Der Betriebsrat hat - zuletzt - beantragt,

        

1.    

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Arbeitnehmer

                 

-  [X.], 

                 

-  K, 

                 

-  [X.]   

                 

in eine andere als die Lohngruppe [X.] 4 des Tarifvertrags für Lokomotivführer von [X.]chienenverkehrsunternehmen des [X.] ([X.]) seit dem 1. März 2008 bis zum 31. Dezember 2009 umzugruppieren;

        

2.    

der Arbeitgeberin weiterhin aufzugeben, bei ihm, dem Betriebsrat, die Zustimmung für die Umgruppierung gemäß vorstehendem Antrag für den [X.]raum vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2009 zu beantragen;

        

3.    

der Arbeitgeberin des [X.]eiteren aufzugeben, im Falle der Verweigerung der Zustimmung seiner (des Betriebsrats) Zustimmung zu einem Antrag gemäß vorstehendem Antrag das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] für den [X.]raum vom 1. März 2008 bis zum 31. Dezember 2009 zu betreiben.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. [X.]ie hat gemeint, in der [X.] vom 1. März 2008 bis 31. Dezember 2009 habe beim [X.] „prüfen“ der [X.] [X.] 3 der Anlage 2 zum [X.] eine tarifliche Regelungslücke bestanden, weswegen vor dem 1. Januar 2010 kein „Beteiligungsverfahren“ des Betriebsrats durchzuführen gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats abgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das [X.] ihnen entsprochen. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die [X.]iederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Betriebsrat meint, die Rechtsbeschwerde sei teilweise unzulässig und verteidigt im Übrigen die angefochtene Entscheidung.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Zu Unrecht hat das [X.] den Anträgen des Betriebsrats entsprochen und eine der Mitbestimmung durch den Betriebsrat unterliegende Verpflichtung der Arbeitgeberin im Hinblick auf eine rein vergangenheitsbezogene Maßnahme angenommen.

I. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats ist die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin (insgesamt) zulässig. [X.]ie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§ 92 Abs. 2 [X.]atz 1, § 74 Abs. 1 ArbGG) sowie frist- und ordnungsgemäß begründet (§ 74 Abs. 1, § 94 Abs. 2 ArbGG). Nach § 94 Abs. 2 [X.]atz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. Dazu hat sie den Rechtsfehler des [X.]s so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des [X.] für unrichtig hält ([X.] 18. März 2008 - 1 [X.] - Rn. 13, [X.]E 126, 176). Dem wird das Rechtsmittel der Arbeitgeberin gerecht. Die Rechtsbeschwerde setzt sich ausreichend mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses auseinander. [X.]ofern der Betriebsrat seine Auffassung der teilweisen Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde darauf stützt, das Vorbringen der Arbeitgeberin zu den tarifvertraglichen Regelungen sei weder erforderlich noch notwendig, weil es vorliegend allein um die [X.]icherung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei Ein- oder [X.] nach § 101 [X.] gehe, ist dies kein die Zulässigkeit des Rechtsmittels berührender Einwand.

II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das [X.] hat den zulässigen Anträgen zu Unrecht entsprochen.

1. Die Anträge sind zulässig, insbesondere sind sie hinreichend bestimmt i[X.]v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist ausreichend bezeichnet, zu welchen Maßnahmen die Arbeitgeberin verpflichtet werden soll. Die Arbeitnehmer, um deren [X.] es gehen soll, sind namentlich benannt. Es kann dahinstehen, ob ein Betriebsrat, der wie hier in einem „ersten [X.]chritt“ eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung eines Arbeitgebers und in einem „zweiten [X.]chritt“ seine Beteiligung hieran verlangt, immer (auch) die Vergütungsordnung angeben muss, in welche die Ein- oder Umgruppierung erfolgen soll. Im [X.]treitfall hat der Betriebsrat die Vergütungsordnung klar bezeichnet. [X.]ie sich aus [X.]ortlaut und Begründung des Antrags unmissverständlich ergibt, geht es dem Betriebsrat darüber hinaus darum, eine Zuordnung der benannten Arbeitnehmer zu der [X.] [X.] 4 der Anlage 2 zum [X.] auszuschließen. Außerdem hat der Betriebsrat die verlangte Maßnahme und seine Mitbestimmung hierbei zuletzt auf einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen [X.]raum begrenzt. Nur die so beschriebene Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Umgruppierung und zur [X.]ahrung des Mitbestimmungsrechts ist Gegenstand des Verfahrens.

2. Die Anträge sind unbegründet.

a) Der Betriebsrat kann in Fällen, in denen der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers unterlässt, in entsprechender Anwendung von § 101 [X.] zur [X.]icherung seines [X.]srechts nach § 99 Abs. 1 [X.] beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen, ihn um Zustimmung zu ersuchen und im Falle der beachtlichen Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen (vgl. [X.] 4. Mai 2011 - 7 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 138, 39). Voraussetzung hierfür ist eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Ein- oder Umgruppierung (vgl. [X.] 26. Oktober 2004 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 112, 238). Eine solche betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung besteht nicht für Ein- oder [X.], die einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen [X.]raum betreffen.

aa) Nach § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Eingruppierung oder Umgruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. Eine Ein- oder Umgruppierung besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe oder jedenfalls einer Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Es handelt sich nicht - wie bei der Einstellung und Versetzung i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] - um konstitutive rechtsgestaltende Akte, sondern um Akte der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht. Die Richtigkeit der betreffenden Beurteilung unterliegt der [X.] des Betriebsrats (vgl. [X.] 23. [X.]eptember 2003 - 1 [X.] [X.] a der Gründe mwN, [X.]E 107, 338). Dies setzt voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vorgenommen - also überhaupt eine Maßnahme getroffen - hat, die eine Ein- oder Umgruppierung i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] ist ( [X.] 9. März 2011 - 7 [X.] - Rn. 13), oder er hierzu verpflichtet ist ([X.] 26. Oktober 2004 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 112, 238).

[X.]) Eingruppierung i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] ist die - erstmalige oder erneute - Einreihung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Umgruppierung ist jede Änderung dieser Einreihung. Eine Umgruppierung [X.] nur statt, wenn dem Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit zugewiesen wird, die den [X.]en einer anderen Vergütungsgruppe entspricht, sondern etwa auch dann, wenn sich bei gleichbleibender Tätigkeit des Arbeitnehmers die Vergütungsordnung ändert, also infolge einer Änderung der Vergütungsgruppenordnung eine „Neueingruppierung“ des Arbeitnehmers erforderlich wird ( vgl. [X.] 27. Juli 1993 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 74, 10 ).

cc) Die Verpflichtung zur Ein- und Umgruppierung setzt eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus. Vergütungsordnung i[X.]v. § 99 Abs. 1 [X.] ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes [X.], das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. [X.]oraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. [X.]ie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein ([X.] 4. Mai 2011 - 7 [X.] - Rn. 20, [X.]E 138, 39; 12. Januar 2011 - 7 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 136, 359).

dd) Die verfahrensrechtlich durch eine entsprechende Anwendung von § 101 [X.] gesicherte betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Ein- und Umgruppierung von Arbeitnehmern unter Beteiligung des Betriebsrats betrifft allein rechtsanwendende Akte mit Gegenwarts- und Zukunftsbezug.

(1) Allerdings hat das [X.] seine insoweit gegenteilige Ansicht - zutreffend - auf eine Entscheidung des Ersten [X.]enats des [X.] vom 3. Mai 1994 gestützt (- 1 [X.] - [X.]E 77, 1). In dieser Entscheidung ist ausgeführt, die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Beteiligungsverfahren nach § 99 [X.] bis zur Festlegung einer [X.] durchzuführen, bestehe auch (fort), wenn sich die Maßnahme nur auf einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen [X.]raum beziehe (vgl. [X.] 3. Mai 1994 - 1 [X.] - zu [X.] 3 der Gründe, aaO).

(2) Hieran hält der - seit dem 1. Januar 2010 für betriebsverfassungsrechtliche [X.]treitigkeiten über die Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen allein zuständige - [X.]iebte [X.]enat nicht fest.

(a) Gegenstand des Aufhebungsverfahrens nach § 101 [X.]atz 1 [X.] ist die Frage, ob eine konkrete personelle Einzelmaßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Der Aufhebungsantrag des Betriebsrats nach § 101 [X.]atz 1 [X.] dient der Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes, der dadurch eingetreten ist, dass der Arbeitgeber eine konkrete personelle Einzelmaßnahme ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats durchführt oder aufrechterhält. Mit der Rechtskraft eines dem Antrag nach § 101 [X.]atz 1 [X.] stattgebenden Beschlusses wird der Arbeitgeber verpflichtet, den betriebsverfassungswidrigen Zustand durch Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme zu beseitigen. Entscheidungen im Aufhebungsverfahren nach § 101 [X.]atz 1 [X.] haben damit nur [X.]irkung für die Zukunft; es geht nicht darum, ob die Maßnahme bei ihrer Durchführung betriebsverfassungsrechtlich zulässig war. Folgerichtig wird ein Antrag nach § 101 [X.]atz 1 [X.] unbegründet, wenn die im Antrag bezeichnete personelle Einzelmaßnahme etwa durch [X.]ablauf geendet hat ([X.] 14. Mai 2013 - 1 [X.] - Rn. 33; 9. November 2010 - 1 [X.] - Rn. 22; vgl. auch bereits 26. April 1990 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe mwN, [X.]E 65, 105; 6. Oktober 1978 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe).

(b) Für die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Ein- oder [X.] gilt nichts Abweichendes. Auch hier ist entscheidend, ob die Ein- oder Umgruppierung gegenwärtig und zukünftig als Maßnahme i[X.]d. § 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] aufrechterhalten werden kann. Deshalb ist die Zustimmung des Betriebsrats für die Betriebsparteien nur solange von Bedeutung, wie der von der Eingruppierung betroffene Arbeitnehmer noch im Betrieb beschäftigt oder die streitige Ein- oder Umgruppierung nicht durch eine andere Ein- oder Umgruppierung beendet worden ist (vgl. [X.] 10. Februar 1999 - 10 [X.] - zu [X.] der Gründe; 26. April 1990 - 1 [X.] - zu [X.] 4 b der Gründe, [X.]E 65, 105). Ist eine Ein- oder Umgruppierung nach § 99 Abs. 1 [X.] mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgt, spielt die Frage, ob der Arbeitnehmer früher zutreffend eingruppiert war, für das Verhältnis der Betriebsparteien zueinander keine Rolle mehr ([X.] 1. Juli 2009 - 4 [X.] - Rn. 19 mwN; 30. Oktober 2001 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.]E 99, 258).

(c) [X.]eder [X.]inn und Zweck der Mitbestimmung bei Ein- und [X.] nach § 99 [X.] noch der besondere [X.]icherungszweck des § 101 [X.] im Zusammenhang mit Ein- und [X.] gebieten eine Verpflichtung des Arbeitgebers, das Beteiligungsverfahren nach § 99 [X.] durchzuführen, wenn sich die Ein- oder Umgruppierung allein auf einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen [X.]raum bezieht.

(aa) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 [X.] besteht bei Ein- und [X.] in einem Recht auf [X.] der Rechtslage. Es soll dazu beitragen, hinsichtlich der Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer bestimmten Vergütungsgruppe eines [X.]s nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien möglichst zutreffende Ergebnisse zu erzielen. Die Beteiligung des Betriebsrats dient folglich einer „Richtigkeitskontrolle“ im [X.]inn der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung des Vergütungsschemas und damit der Durchsetzung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz der Vergütungspraxis (vgl. [X.] 28. April 2009 - 1 [X.] - Rn. 21 mwN, [X.]E 131, 1). Dem ist genügt, wenn der Betriebsrat an der gegenwarts- und zukunftsbezogenen Ein- oder Umgruppierungsentscheidung beteiligt ist oder wird.

([X.]) Die Mitbestimmungssicherung nach § 101 [X.] ist auf die Aufhebung oder Beseitigung einer betriebsverfassungswidrigen Maßnahme - nicht auf die nachträgliche Korrektur eines nicht mehr anhaltenden betriebsverfassungswidrigen Zustandes - gerichtet. [X.]enngleich sich die zustimmungsbedürftige Ein- oder Umgruppierung nicht wie eine Einstellung oder Versetzung in einem tatsächlichen Handeln, sondern in der Äußerung einer Rechtsansicht vollzieht, so ist sie doch für die [X.] nur solange relevant, als der von der Ein- oder Umgruppierung betroffene Arbeitnehmer noch im Betrieb beschäftigt ist oder seine gegenwärtige Ein- oder Umgruppierung betroffen ist. Gerichtliche Entscheidungen darüber, ob der Arbeitgeber früher zu einer Ein- oder Umgruppierung verpflichtet oder ob der Arbeitnehmer früher zutreffend ein- oder umgruppiert war, würden lediglich dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber bestätigen, dass er recht gehabt habe (vgl. zu all dem [X.] 26. April 1990 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 65, 105). [X.]ie hätten auch allenfalls faktische Bedeutung für den individual-rechtlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe. Diesen Zwecken dient die Mitbestimmungssicherung nach § 101 [X.] aber nicht. Die Regelung des Verfahrens nach § 101 [X.] macht - im Gegenteil - gerade deutlich, dass ihr für das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis der [X.] keine rückwirkende Bedeutung zukommt.

(cc) Aus der begrenzten Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung in einem Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 [X.] gegenüber dem Arbeitnehmer, um dessen Ein- oder Umgruppierung es geht (hierzu [X.] 3. Mai 1994 - 1 [X.] - zu [X.] 2 c [X.] der Gründe, [X.]E 77, 1), folgt nichts anderes. § 101 [X.] zielt auf die [X.]icherung der Mitbestimmung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen im [X.]ege eines Anspruchs auf Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes und nicht auf die Klärung individual-rechtlicher Ansprüche.

b) Hiervon ausgehend kann der Betriebsrat sein Begehren nicht auf § 101 [X.] stützen. Er hat zwar nach § 99 [X.] ein Mitbestimmungsrecht bei der Umgruppierung der im Antrag zu 1. benannten Arbeitnehmer. Denn in dem Unternehmen der Arbeitgeberin sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt (§ 99 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]). Auch gilt im Betrieb der Arbeitgeberin (unstreitig) eine kollektive Vergütungsordnung (der [X.]), in die die Arbeitgeberin die drei im Antrag zu 1. angeführten Arbeitnehmer einzureihen hat. Dem ist sie aber nachgekommen. Das Beteiligungsverfahren nach § 99 [X.] hierzu ist abgeschlossen, nachdem der Betriebsrat der (aktuellen) Umgruppierung der Arbeitnehmer in [X.] [X.] 3 der Anlage 2 zum [X.] (idF des 2. ÄTV [X.] 2009) zugestimmt hat. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Umgruppierung dieser Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats für einen in der Vergangenheit liegenden [X.]raum.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    [X.]chmidt    

        

        

        

    [X.]chuh    

        

    M. Zwisler    

                 

Meta

7 ABR 29/12

11.09.2013

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Leipzig, 17. März 2011, Az: 14 BV 80/10, Beschluss

§ 99 Abs 1 S 1 BetrVG, § 101 S 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 11.09.2013, Az. 7 ABR 29/12 (REWIS RS 2013, 2913)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2913

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4 TaBV 153/17

14 BV 498/18

8 TaBV 70/18

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