Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2016, Az. III ZR 267/15

III. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13761

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:310316UIIIZR267.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
III ZR 267/15

Verkündet am:

31. März 2016

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

[X.] §§ 414, 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2; [X.] § 45 Abs. 2, 4; [X.]II §§ 53 ff, 75 Abs. 1, 3
a)
Der Schuld[X.] des Sozialhilfeträgers zur Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers aus dessen zivilrechtlichem Vertrag mit dem Leistungserbringer (hier: Schulvertrag über die Betreu-ung eines behinderten Kindes) erfolgt in der Regel durch einen privatrechtsgestaltenden [X.] mit Drittwirkung (zugunsten des Leistungserbringers). Dadurch wird zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Leistungserbringer eine zivilrechtliche Rechtsbeziehung begründet.
b)
Der Sozialhilfeträger ist an den im Bewilligungsbescheid im [X.] gegenüber dem Hilfeempfänger erklärten Schuld[X.] grundsätzlich gebunden. Diese Bindungswirkung [X.], solange und
soweit der der Bewilligung zugrunde liegende (begünstigende) [X.] nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch [X.]ablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2, §§ 44 ff [X.]).
c)
Werden der Bewilligungsbescheid
und der darin erklärte Schuld[X.] nach Maßgabe der §§ 44 ff [X.] aufgehoben, entfällt im Verhältnis zum Leistungserbringer der Rechtsgrund für [X.]. Wird der Bewilligungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (§ 45 Abs. 2, 4 [X.]), sind bereits geleistete Zahlungen nach §
812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 [X.] auszugleichen (Bestätigung und Fortführung des [X.] vom 7. Mai 2015 -
III ZR 304/14, [X.], 260).
[X.], Urteil vom 31. März 2016 -
III ZR 267/15 -
OLG Oldenburg

[X.]

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 2016
durch [X.] [X.] und
die [X.], [X.], [X.] und Reiter

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des
14. Zivilsenats des
[X.]s Oldenburg vom 16. Juli 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger
ist als Kommunalverband ein überörtlicher Sozialhilfeträger. Er nimmt den Beklagten, der Träger einer Förderschule
ist, auf Erstattung von Kosten in Anspruch, die im Zusammenhang mit der teilstationären Betreuung des mehrfach behinderten Kindes J.

-P.

P.

entstanden sind ([X.] für behinderte Menschen nach §§ 53 ff [X.]II).

1
-

3

-

Nachdem das
am 21. Februar
2002 geborene Kind
(im Folgenden auch: Hilfeempfänger) zunächst den heilpädagogischen Sonderkindergarten des [X.] besucht und der Kläger insoweit die Kosten übernommen hatte, sollte es
nach dem Willen seiner Eltern mit Beginn der Schulpflicht in der angrenzen-den, ebenfalls vom Beklagten getragenen
S.

-R.

-Schule teilstationär betreut werden.
Den entsprechenden Antrag auf Kostenübernahme vom 3. Juni 2008 lehnte der Kläger
mit Bescheid vom 18. Juli 2008 ab, da die [X.] in G.

die für den Förderbedarf des Kindes zuständige Einrichtung sei und durch Aufnahme in die S.

-R.

-Schule unverhältnismäßige Mehrkosten im Rahmen der Sozialhilfe entstehen würden.
Gleichwohl erklärte sich der Kläger bereit, dem Kind den Besuch der S.

-R.

-Schule bis Ende 2008 zu ermöglichen. Für die [X.] danach lehnte er die weitere Betreuung des Kindes ohne gleichzeitige Klärung der Kostenfrage ab.

Auf Antrag des Kindes verpflichtete
das Sozialgericht
den Kläger
mit [X.] vom 24. November 2008 im Wege einstweiliger Anordnung, ab dem 1.
Januar
2009 vorläufig die Kosten des Besuchs der S.

-R.

-Schule
als Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu übernehmen. Daraufhin bewilligte der Kläger mit Bescheid vom 7. Mai 2009 Sozialhilfe für das Kind und übernahm vorläufig
"entsprechend dem Beschluss des [X.]"
für den [X.]raum vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2009 die Kosten der teilstationären Betreuung. Darüber hinaus wurden die Kosten "vorläufig für jeweils einen weite-ren Monat bis zur weiteren Klärung"
übernommen. Gleichzeitig wies der Kläger darauf hin, "dass die Übernahme ab dem 01.01.2009 ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung, vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 [X.] i.[X.]. § 945 ZPO, steht", die Kosten der Betreuung direkt an die Einrichtung bezahlt würden
und 2
3
-

4

-

diese darüber informiert werde. Dementsprechend unterrichtete der Kläger den Beklagten am selben Tag
über den Inhalt des [X.].

Auf die Beschwerde des [X.] hob das Landessozialgericht
durch [X.] vom
17. Mai 2010
die einstweilige Anordnung
des [X.]
auf und wies den Antrag des Kindes auf Erlass einer einstweiligen Anordnung un-anfechtbar zurück.
Der Kläger teilte dem Beklagten die Entscheidung des [X.] mit und beendete die vorläufige Kostenzusage zum 31. Mai 2010.

Durch rechtskräftig
gewordenes
Urteil vom 18. Mai 2011
wies das Sozi-algericht
im Hauptsacheverfahren die Klage des Kindes auf Übernahme der Kosten für den Besuch
der S.

-R.

-Schule ab. In der Folgezeit nahm der Kläger unter dem 16. Mai 2012 den Bescheid zur vorläufigen Kostenüber-nahme vom 7. Mai 2009 zurück und ordnete gegenüber dem Kind die Erstat-tung der Kosten für den Besuch der S.

-R.

-Schule in der [X.] vom 1.
Januar 2009 bis zum 31. Mai 2010

Mit Bescheid
vom 18. Mai
2012 forderte er den Beklagten
unter Berufung auf die Rechtsbe-ziehungen im
so genannten
"sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis"
ebenfalls zur Rückzahlung der für den Schulbesuch aufgewendeten Kosten "nach allgemei-nen Grundsätzen des Bereicherungsrechts"
auf, da der Kläger [X.] geleistet habe. Am 1. Januar 2013 begannen die Eltern des Kindes mit der Rückerstattung der gewährten Sozialhilfeleistungen (monatliche Raten von je-

an den Kläger.

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-

5

-

Das Landgericht
hat die auf Rückzahlung der an den Beklagten geleiste-ten

Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hat
keinen Erfolg
gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver-folgt
er seinen Rückerstattungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] hat
Erfolg.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:

Der Kläger habe gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf [X.] auch im Bereicherungsrecht keine rechtliche Grundlage.
Der in der Recht-sprechung des Bundessozialgerichts
entwickelte Grundsatz eines sozialhilfe-rechtlichen [X.] zwischen Hilfeempfänger, Sozialleistungsträ-ger und Leistungserbringer führe zu keiner abweichenden Beurteilung. Danach seien
grundlegend zu unterscheiden das privatrechtliche Verhältnis zwischen dem Kind -
gesetzlich vertreten durch seine Eltern -
als Hilfeempfänger und dem Beklagten als Leistungserbringer sowie das öffentlich-rechtliche Rechts-verhältnis ([X.]) zwischen dem Kind als Hilfeempfänger und dem Kläger als Sozialhilfeträger. [X.] Bestandteil der Sachleistungsver-6
7
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6

-

pflichtung des Sozialhilfeträgers sei die "Übernahme"
der dem Leistungserbrin-ger (Einrichtungen beziehungsweise Dienste im Sinne des § 75 Abs. 1 [X.]II) zustehenden Vergütung. Damit sei eine kumulative Schuldübernahme durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung gemeint. Der Schuld[X.] habe dann einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den [X.] und einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge. Auf diese Weise trete der Sozialhilfeträger als Gesamtschuldner in Höhe
der bewilligten Leistungen
an die Seite des Sozialhilfeempfängers.

Der Sozialhilfeträger könne zwar für die Dauer des sozialhilferechtlichen [X.] wegen einer "schlichten Zuvielzahlung"
mit der von ihm gegenüber dem Leistungserbringer geschuldeten
zivilrechtlichen Zahlungsver-pflichtung aufrechnen. Denn dabei bewege er sich in demselben rechtlichen Rahmen, wie er auch für den Hilfeempfänger als Vertragspartner des [X.] gelte. Diesen Rahmen verlasse der Sozialhilfeträger jedoch, soweit er Änderungen des Leistungsanspruchs auf Grund des öffentlich-rechtlichen [X.]ses geltend mache. Dann habe eine Rückabwick-lung ausschließlich im [X.] nach §§ 45, 48 [X.] zu erfolgen. Wei-tergehende Rechte auf Rückzahlung stünden dem Sozialhilfeträger nach Been-digung des sozialhilferechtlichen [X.] nicht zu. Da der Leis-tungserbringer nicht gleichzeitig dem öffentlich-rechtlich ausgestalteten Grund-verhältnis zwischen dem Hilfeempfänger und dem Sozialleistungsträger beitre-te, könne er für überzahlte Sozialhilfe nicht unter dem Gesichtspunkt des öffent-lich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder des privatrechtlichen Bereicherungs-rechts in Anspruch genommen werden.

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-

Für dieses Ergebnis spreche auch eine Gesamtbetrachtung des sozialhil-ferechtlichen [X.] in all seinen Auswirkungen. Könnte sich der Sozialhilfeträger im Falle einer Änderung des Leistungsanspruchs im Grund-verhältnis beim Leistungserbringer nach Bereicherungsrecht schadlos halten, würden die sonst vom Sozialhilfeträger im Fall einer Rückforderung gegenüber dem Sozialhilfeempfänger
zu beachtenden Regeln über die Rücknahme bezie-hungsweise den Widerruf von begünstigenden Verwaltungsakten nach §§ 44 ff [X.] unterlaufen (insbesondere § 45 Abs. 2, 4 [X.]).
Es komme hinzu, dass die Bejahung eines Rückforderungsanspruchs des Sozialhilfeträgers ge-genüber dem Leistungserbringer in den Fällen einer Überzahlung der [X.] im [X.] stets dazu führen würde, dass der [X.] ohne Planungssicherheit im Rahmen einer Kalkulation der [X.] Entgelte Vereinbarungen (nach § 75 Abs. 3 [X.]II) mit dem Sozi-alleistungsträger schließen müsste, ohne zu wissen, ob er das vereinbarte [X.] trotz erbrachter Leistung später wieder zurückzahlen müsse. Soweit das [X.] zwischen dem Hilfeempfänger und dem Sozialhilfeträger -
wie vorliegend -
durch eine einstweilige Anordnung des [X.] inhaltlich be-stimmt werde, stehe dem Leistungserbringer die Entscheidung zur Aufnahme des Hilfeempfängers in seiner Einrichtung nicht frei.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung
nicht
stand.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung
nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1
[X.] zu. Er
kann nach Rücknahme des Bewilligungsbe-11
12
13
-

8

-

scheids vom 7. Mai 2009 mit Wirkung
für die Vergangenheit
die in dem [X.]-raum vom 1. Januar
2009
bis zum 31. Mai
2010 [X.] geleisteten Zahlungen
zurückverlangen. Dabei sind jedoch vom
Hilfeempfänger bereits er-stattete Beträge gemäß §
422
Abs. 1 Satz 1
i.[X.]. § 362 Abs. 1
[X.] zu be-rücksichtigen, da dieser neben dem Beklagten
als Gesamtschuldner haftet.

1.
Die Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger als Sozialhilfeträger und dem Beklagten als Leistungserbringer im Rahmen des Schulverhältnisses
ist zivil-rechtlich zu beurteilen. Ohne Rechtsgrund erbrachte Zahlungen des [X.] sind nach Maßgabe der §§ 812 ff [X.] auszugleichen.

a) Das Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe ist im Bereich der [X.] Dienste und Einrichtungen
(§ 75 Abs. 1 [X.]II)
durch das so genannte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis geprägt, das die wechselseitigen
und unterschiedlichen
Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten (Hilfeempfänger) und dem Leistungserbringer (Dienst, Einrichtung) beschreibt
(grundlegend [X.], 1 Rn. 15 ff).
Die Be-sonderheit und zugleich Schwierigkeit bei der Beurteilung von Ansprüchen der im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis verbundenen Beteiligten besteht
darin, dass die im [X.] zusammengefassten Beziehungen unter-schiedlicher Rechtsnatur sind.

aa) Zwischen dem bedürftigen Hilfeempfänger und dem Sozialhilfeträger besteht ein öffentlich-rechtliches Leistungsverhältnis ([X.]), das sich nach den Vorschriften des [X.]II beurteilt
(hier: Eingliederungshilfe für behin-derte Menschen nach §§ 53 ff [X.]II). Die Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfeleistungen ergeht durch Verwaltungsakt. Das [X.] ist Fundament und rechtlicher Maßstab für die übrigen Rechtsbeziehungen
des 14
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9

-

sozialhilferechtlichen Dreiecks. Diese dienen der Erfüllung der
Ansprüche im [X.]. Das [X.] an sich und die dieses Verhältnis prä-genden Vorschriften sind daher bei der Auslegung der übrigen [X.] zu berücksichtigen
(Ausstrahlungswirkung
des [X.]ses). Im Rahmen des [X.]ses stehen dem Sozialhilfeempfänger keine Pri-märansprüche auf Zahlung entstehender oder entstandener Kosten an sich selbst
zu; er kann vom Sozialhilfeträger ausschließlich die
Übernahme dieser Kosten
in Form der Zahlung an den Leistungserbringer verlangen (Anspruch auf Sachleistungsverschaffung; Senatsurteil vom
7. Mai 2015 -
III ZR 304/14, [X.], 260 Rn. 21;
[X.]/[X.], jurisPK-[X.]II, 2. Aufl., § 75
[X.]II Rn. 32, 38; [X.], [X.] 2013, 127, 128).
Das gesetzliche Regelungskonzept geht somit
davon aus, dass der Sozialhilfeträger die ihm (im Rahmen seiner [X.])
obliegende Leistung nicht als Geldleistung an den jeweiligen Hilfeempfänger erbringt, um diesem die Zahlung des vertraglichen Entgelts aus dem [X.] von Pflegeleistungen zu ermöglichen, sondern dass die Zahlung direkt an den Dienst erfolgt, der die Pflege leistet (BSG, NVwZ-RR 2015, 501 Rn. 14; vgl. auch [X.] aaO Rn. 19 f).

bb) [X.] gegen-über dem Sozialhilfeträger setzt voraus, dass zwischen Ersterem
und dem Leis-tungserbringer ein zivilrechtlicher Vertrag geschlossen wird, auf Grund dessen ein Anspruch auf Erbringung von Betreuungs-, Hilfe-
und Förderleistungen so-wie gegebenenfalls Unterkunft und Verpflegung besteht (privatrechtliches Erfül-lungsverhältnis
als zivilrechtliche Seite des sozialhilferechtlichen Dreiecks; hier: Schulvertrag mit dem Beklagten als Träger der S.

-R.

-Schule). Im Gegenzug ist der bedürftige Hilfeempfänger
zur Zahlung des vertraglich verein-barten Entgelts verpflichtet. Die gegenüber dem Leistungserbringer bestehende 17
-

10

-

Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers ist der Bedarf, den der Sozialhilfe-träger im [X.] -
durch Vergütungsübernahme -
decken muss ([X.] vom 7. Mai 2015 aaO Rn. 22; [X.]/[X.] aaO
Rn. 34; [X.] aaO).

[X.]) Die
Rechtsbeziehungen
zwischen den
Leistungserbringern und den
Sozialhilfeträgern
werden in ihrem Rahmen durch
die öffentlich-rechtlich zu qualifizierenden Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3
[X.]II
(öffentlich-rechtliches Sachleistungsverschaffungsverhältnis; Senatsurteil vom 7. Mai 2015 aaO Rn. 23;
[X.]/[X.] aaO
Rn. 36; [X.] aaO)
bestimmt. Da der [X.] die Leistungen grundsätzlich nicht selbst erbringt, hat er durch Verträge mit den Leistungserbringern eine Sachleistung durch diese sicherzustellen. Dadurch wird den
Hilfeempfängern
die Sozialleistung verschafft (Senat aaO; [X.], 1 Rn. 17). Zugleich modifizieren die Vereinbarungen das [X.] und beeinflussen ("überlagern") das [X.] (Senatsurteil vom 7. Mai 2015 aaO Rn. 23, 26; [X.]/[X.] aaO
Rn. 36, 40).
Das zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer bestehende Sachleistungsverschaf-fungsverhältnis verbindet somit das öffentlich-rechtliche [X.] und das privatrechtliche [X.] zu einer dreiseitigen Rechtsbeziehung.

b) Nach dem Gesetzeskonzept
ist die "Übernahme"
der dem [X.] zustehenden Vergütung
(vgl. § 75 Abs. 3 [X.]II)
untrennbarer
er-gänzender
Bestandteil der [X.] der Sozialhilfe.

aa) Rechtlich geschieht dies -
bei unverändert fortbestehender Verpflich-tung des Hilfeempfängers aus dem im [X.] geschlossenen [X.] -
in Form eines Schuld[X.]s des Sozialhilfeträgers (kumulative Schuldübernahme). Der Sozialhilfeträger
tritt der Zahlungsverpflich-18
19
20
-

11

-

tung des bedürftigen Hilfeempfängers aus dessen zivilrechtlichem Vertrag mit dem Leistungserbringer und somit einer privatrechtlichen Schuld gegenüber dem Leistungserbringer bei.
Dabei wird der Schuld[X.] in dem im öffentlich-rechtlichen [X.] ergehenden Bewilligungsbescheid über die Sozial-hilfeleistung
erklärt. Dementsprechend handelt es sich bei dem [X.] um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung (zugunsten des [X.]s) nach § 31 [X.]
(Senatsurteil vom 7. Mai 2015 aaO Rn. 24; s. auch [X.], 1 Rn. 22 ff; BSG, BeckRS 2014, 68095
Rn. 7 und
NVwZ 2015, 501 Rn. 14;
[X.] [X.],
Urteil vom 18. Februar 2011 -
L 1 SO 33/09, BeckRS 2011, 69866 = juris Rn. 26;
Bayerisches [X.],
Beschluss vom 26. No-vember 2012 -
L 18 SO 173/12 B,
BeckRS
2013, 68424
= juris Rn. 15 ff; [X.]/[X.] aaO Rn. 42, 46).

bb) Der Schuld[X.] hat sowohl
einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger als auch
einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leis-tungserbringer zur Folge. Der Sozialhilfeträger tritt auf diese Weise als Gesamt-schuldner im Sinne der §§
421 ff [X.] in Höhe der bewilligten Leistung, wie sie in dem gegenüber dem Hilfsbedürftigen ergehenden Kostenübernahmebe-scheid ausgewiesen ist, an die Seite des
Sozialhilfeempfängers (Senatsurteil vom 7. Mai 2015 aaO). Dadurch, dass der Sozialhilfeträger mit dem Kosten-übernahmebescheid der Schuld des Hilfeempfängers [X.] und der [X.] auf Grund dieses Schuld[X.]s direkt einen Zahlungsanspruch ge-gen den Sozialhilfeträger hat, wandelt sich die zivilrechtliche Schuld aus dem im [X.] zwischen dem Hilfeempfänger und dem Leistungserbringer geschlossenen ([X.] nicht in eine öffentlich-rechtliche um. Denn ein Schuld[X.] teilt seinem Wesen nach die Rechtsnatur der Forderung des Gläubigers, zu der er erklärt wird (Senatsurteile
vom 6. November 2008 -
III ZR 21
-

12

-

279/07, [X.], 243 Rn. 14 und vom 7. Mai 2015 aaO;
[X.], Urteil vom 16.
Oktober 2007
-
XI ZR 132/06, [X.], 39 Rn. 23; Senatsbeschlüsse vom 17. September 2008 -
III ZB 19/08, [X.], 2153 Rn. 15
und [X.]/08, BeckRS 2008, 21300 Rn. 16).

[X.]) Da der Sozialhilfeträger somit durch den Schuld[X.] Gesamt-schuldner einer zivilrechtlichen Forderung
wird, ist die Entscheidung des [X.] im [X.] über die Schuldmitübernahme (Bewilligungs-bescheid) als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu [X.]
(vgl. [X.]/[X.] aaO Rn. 46
mwN), der zwischen dem Sozialhilfeträ-ger und dem Leistungserbringer eine zivilrechtliche Rechtsbeziehung entstehen lässt, so dass die Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuchs gelten. Der Schuld[X.] des Sozialhilfeträgers begründet -
wie Garantie oder Bürgschaft -
eine eigene Schuld
und stellt diese neben die des Schuldners.
Zahlt der Beitre-tende an den Gläubiger,
leistet er in der Regel auf diese Verpflichtung. Besteht sie nicht, hat er einen Anspruch aus [X.] gegen den Gläubiger (vgl. [X.]/[X.], [X.] 75. Aufl.,
§ 812 Rn. 83 zur
Konstellation bei der [X.]). Die Schuld des [X.] ist nicht akzessorisch zur [X.]. Nach Inhalt und Umfang bemisst sie sich lediglich in der Sekunde ihrer [X.] (hier: durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung) nach der [X.]. Ab diesem [X.]punkt liegen Einzelverpflichtungen vor, die
nach allgemeinen Gesamtschuldgrundsätzen eine selbständige und durchaus unterschiedliche Entwicklung nehmen können, wenn nicht ein Fall der Wirkungserstreckung nach §§ 424 ff [X.] vorliegt (MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., Vor § 414 Rn. 17; [X.]/[X.], [X.], 75. Aufl., Überblick vor § 414 Rn. 7; [X.]/
[X.], [X.], Neubearbeitung 2012, § 414 Rn. 25).

22
-

13

-

c) Aus den zu dem
sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis
entwickelten Grundsätzen
folgt für den vorliegenden
Fall, dass der Kläger
durch den Leis-tungsbescheid vom 7. Mai 2009
in dem dort ausgewiesenen Umfang der Zah-lungsverpflichtung des hilfebedürftigen Kindes aus dem
mit dem Beklagten
ab-geschlossenen Schulvertrag
beigetreten ist.
Auf Grund dieses Beitritts ist der Beklagte als Leistungserbringer Gläubiger
eines
den Vorschriften des Bürgerli-chen Rechts unterliegenden Zahlungsanspruchs gegen den Kläger
als Ge-samtschuldner geworden. Soweit das Berufungsgericht meint, der
Bewilli-gungsbescheid vollziehe
nur die
einstweilige Anordnung vom 24. November 2008 und
weise keinen eigenständigen
Regelungscharakter im Sinne des § 31 [X.]
auf, werden sowohl die privatrechtsgestaltende Drittwirkung des [X.] als auch der Umstand außer [X.] gelassen, dass die zu erbringenden Sozialhilfeleistungen durch den Bescheid
näher konkretisiert wurden (vgl. [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.], § 31 Rn. 53).

2.
Durch die rückwirkende Aufhebung der Sozialhilfebewilligung mit Be-scheid des [X.] vom 16.
Mai 2012 ist der Rechtsgrund für die in dem [X.]-raum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Mai 2010 an den Beklagten geleisteten Zahlungen nachträglich weggefallen (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 [X.]).

a) Der Sozialhilfeträger ist an den im Bewilligungsbescheid
im [X.] erklärten Schuld[X.] grundsätzlich gebunden. Diese Bindungswirkung besteht
entgegen der der Auffassung des Berufungsgerichts zugrunde liegen-den Annahme, solange und soweit der der Bewilligung zugrunde liegende (be-günstigende) Verwaltungsakt nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch [X.]ablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs.
2, §§ 44 ff [X.]). Die Wirksamkeit des Schuld[X.]s hängt somit vom Schicksal
des [X.] ab.
Um von seiner zivilrechtlichen Ver-23
24
25
-

14

-

pflichtung gegenüber dem Leistungserbringer frei zu
werden, muss der [X.] den Bewilligungsbescheid insgesamt, das heißt auch den darin ent-haltenen Schuld[X.], nach §§ 44 ff [X.]II aufheben ([X.]/[X.] aaO Rn.
49).
Insoweit strahlt das öffentlich-rechtliche [X.] auf das privat-rechtliche [X.] aus, da der Schuld[X.] aufgrund der privat-rechtsgestaltenden Wirkung des [X.] erfolgte. Ohne
eine Entscheidung im [X.] nach §§ 44 ff
[X.] bleibt der Schuld[X.] grundsätzlich bindend. Soweit der
Bewilligungsbescheid
nicht widerrufen oder zurückgenommen ist, können Zahlungen des Sozialhilfeträgers an den Leis-tungserbringer
deshalb nicht nach Bereicherungsrecht mit der Begründung zu-rückgefordert werden, die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung seien nicht erfüllt. Werden hingegen der
Bewilligungsbescheid und der
darin erklärte
Schuld[X.] nach Maßgabe der §§ 44 ff [X.] aufgehoben, entfällt im [X.] zum Leistungserbringer der Rechtsgrund für die Zahlungen des [X.]s. Wird der Bewilligungsbescheid -
ausnahmsweise -
mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (§ 45
Abs. 2, 4 Satz 1 [X.]), sind be-reits geleistete Zahlungen nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 [X.] auszugleichen.

b) Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Sozialhilfebewilligung nebst
Schuld[X.] mit
gegenüber dem Hilfeempfänger und dem Beklagten
be-standskräftigem Bescheid vom 16. Mai 2012 (in Verbindung mit dem Bescheid
an den Beklagten vom 18. Mai 2012) gemäß 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 [X.] zurückgenommen.
Dies erfolgte mit Wirkung für die Vergangen-heit, wie sich
insbesondere daraus
ergibt, dass sowohl der Hilfeempfänger als auch der Beklagte auf Erstattung der seit dem 1. Januar 2009 geleisteten [X.] in Anspruch genommen wurden.

26
-

15

-

3.
Auf einen Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 [X.]) kann der [X.] sich nicht berufen (§ 820 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Er
durfte
nicht darauf ver-trauen, dass die im vorläufigen
Rechtsschutz erstinstanzlich ergangene Ent-scheidung, auf der der Bewilligungsbescheid beruhte,
im Rechtsmittelverfahren und später im Hauptsacheverfahren bestätigt wird. Der Bescheid ist zudem un-ter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung ergangen (vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 1991 -
7 [X.], juris Rn. 29 f; [X.]/[X.], [X.], 88. EL Dezember 2015, § 50 Rn. 39; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 86b Rn. 22, 49).
Es
kommt hinzu, dass der Beklagte den Schulvertrag in
Kenntnis der ungesicherten Finanzierung und vor Erlass der einstweiligen Anordnung vom 24. November 2008 abgeschlossen hat, also be-wusst
auf Planungssicherheit verzichtete.

4.
Das Berufungsgericht hat -
von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerich-tig -
die Frage, ob der Leistungserbringer und der Hilfeempfänger als Gesamt-schuldner nach § 421 [X.] haften, offen gelassen. Dies ist zu bejahen. Der [X.] aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Beklagten und der öf-fentlich-rechtliche Erstattungsanspruch aus § 50 Abs. 1 beziehungsweise § 50 Abs. 2 i.[X.]. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, Abs. 4 [X.] gegen den Hilfeempfänger stehen gleichstufig nebeneinander. Denn nach den Grundsätzen des sozialhil-ferechtlichen Dreiecks hat der Kläger seine gegenüber dem Hilfeempfänger bestehende
Sachleistungsverschaffungspflicht dadurch erfüllt, dass er das aus dem Schulvertrag geschuldete Entgelt an den Beklagten gezahlt hat. Der Hilfe-empfänger hat wiederum eine diesen Zahlungen entsprechende Sachleistung erhalten,
ohne das hierfür vereinbarte Entgelt entrichten zu müssen.
Die Gleichstufigkeit der Rückerstattungsverpflichtungen ergibt sich daraus, dass der Beklagte und der Hilfeempfänger in gleichem Umfang bereichert
und beide zur Rückzahlung verpflichtet sind, ohne dass einer der Schuldner nur subsidiär o-27
28
-

16

-

der vorläufig für die andere Verbindung einstehen muss. Insoweit wird ein in-haltsgleiches Gläubigerinteresse befriedigt (vgl. [X.], Urteil vom 22. Dezember 2011 -
VII ZR 7/11, [X.], 1071 Rn. 18; [X.]/[X.] aaO § 421 Rn.
7 mwN). Unerheblich ist, dass der Beklagte zivilrechtlich haftet, während sich die Haftung des Hilfeempfängers nach öffentlichem Recht richtet (vgl. Pa-landt/[X.] aaO Rn. 10).

Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner
wirkt
gemäß §
422 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch für den anderen Gesamtschuldner. Die von den Eltern des Hilfeempfängers seit dem 1. Januar 2013 erstatteten Beträge kommen deshalb auch dem Beklagten zugute (§ 362 Abs. 1 [X.]). Zur konkreten Höhe dieser Zahlungen fehlen bislang nähere Feststellungen.

III.

Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs.
1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs.
1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Das [X.] hat nunmehr insbeson-dere die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zur Höhe der bislang ge-leisteten Rückzahlungen nachzuholen
und auf dieser Grundlage zu beurteilen,

29
30
-

17

-

in welcher Höhe ein Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten noch [X.].

[X.]

Wöstmann
[X.]

Remmert

Reiter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.03.2015 -
10 O 1371/14 -

OLG Oldenburg, Entscheidung vom 16.07.2015 -
14 U 22/15 -

Meta

III ZR 267/15

31.03.2016

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2016, Az. III ZR 267/15 (REWIS RS 2016, 13761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13761

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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