Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.01.2015, Az. 2 StR 390/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 16715

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Gegenstand

Adhäsionsverfahren: Zustellung des Adhäsionsantrags als Verfahrensvoraussetzung


Tenor

1. Nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 28. April 2014 wird dem Angeklagten von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil

a) im Schuldspruch dahin geändert und klargestellt, dass der Angeklagte des zweifachen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung jeweils in Tateinheit mit Zuhälterei, in einem Fall zudem in Tateinheit mit Verbreitung jugendpornographischer Schriften, Körperverletzung, Bedrohung, versuchter Nötigung und unerlaubtem Führen eines Butterflymessers, im anderen Fall in zusätzlicher Tateinheit mit dreifacher Körperverletzung und Nötigung, tatmehrheitlich hierzu des versuchten Betrugs sowie der Vergewaltigung in zwei Fällen, hiervon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung, schuldig ist;

b) im Adhäsionsausspruch aufgehoben. Von einer Entscheidung über den [X.] wird abgesehen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen zweifachen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in jeweiliger Tateinheit mit Zuhälterei, in einem Fall in Tateinheit mit Verbreitung jugendpornographischer Schriften, Körperverletzung, zweifacher Bedrohung, versuchter Nötigung und Verstoß gegen das Waffengesetz (Fall II. 1 der Urteilsgründe), im anderen Fall in Tateinheit mit dreifacher Körperverletzung und Nötigung sowie tatmehrheitlich des versuchten Betrugs und der Vergewaltigung in zwei Fällen, wobei eine der Vergewaltigungen in Tateinheit mit Körperverletzung steht, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es der Nebenklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro zugesprochen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Dem Angeklagten war gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil ihn, wie in der Antragsschrift des [X.] ausgeführt, an der Fristversäumung kein Verschulden trifft (§ 44 StPO).

3

2. Das Rechtsmittel führt zur Abänderung und Klarstellung des Schuldspruchs.

4

Das [X.] hat im Fall II. 1 der Urteilsgründe die [X.] nicht in jeder Hinsicht zutreffend gewürdigt: Es hat den Angeklagten unter anderem wegen Bedrohung in Tateinheit mit versuchter Nötigung schuldig gesprochen und dabei übersehen, dass der Bedrohungstatbestand (§ 241 Abs. 1 StGB) hinter denjenigen der Nötigung zurücktritt, wenn, wie hier, die Bedrohung sich als Teil der Nötigung erweist. Das gilt auch für den Fall des bloßen Nötigungsversuchs (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Januar 1990 - 3 [X.], [X.]R, StGB § 240 Abs. 3 Konkurrenzen 2; Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 [X.], insoweit in [X.]St 49, 56 nicht abgedruckt; Beschluss vom 8. November 2005 - 1 [X.], [X.], 342; Beschluss vom 11. März 2014 - 5 StR 20/14; [X.] in LK, StGB, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 105). Die Verurteilung wegen einer der ausgeurteilten Bedrohungen muss daher entfallen. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Die Abänderung des Schuldspruchs im Fall II. 1 der Urteilsgründe lässt die Einzelstrafe unberührt.

5

Soweit das [X.] den Angeklagten auch wegen eines tateinheitlichen "Verstoßes gegen das Waffengesetz" verurteilt hat, stellt der Senat zur gebotenen genauen Bezeichnung des verwirklichten Straftatbestandes (vgl. [X.], Beschlüsse vom 1. Oktober 2013 - 3 [X.] und vom 11. März 1998 - 3 [X.]) den Schuldspruch insoweit klar.

6

3. [X.] hat keinen Bestand.

7

Der außerhalb der Hauptverhandlung gestellte [X.] wurde ausweislich der Verfahrensakten entgegen § 404 Abs. 1 Satz 3 StPO dem Angeklagten nicht zugestellt. Damit fehlt es - worauf der [X.] zu Recht hinweist - an einer von Amts wegen zu prüfenden Verfahrensvoraussetzung (vgl. Senat, Beschlüsse vom 9. Juli 2004 - 2 StR 37/04 und vom 18. August 2010 - 2 [X.]). Auch eine Heilung durch die nochmalige Antragstellung in der mündlichen Verhandlung ist nicht eingetreten, weil der [X.] erst nach Beginn des [X.] der Staatsanwaltschaft und damit nach § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO verspätet erfolgte (Senat, Beschluss vom 9. Juli 2004 - 2 StR 37/04).

8

Eine Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung allein über den Entschädigungsanspruch kommt nicht in Betracht. Von einer Entscheidung über den [X.] war abzusehen (vgl. § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO; Senat aaO).

9

4. [X.] beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1, § 472 Abs. 1, § 472a Abs. 2 StPO. Eine Entscheidung gemäß § 473 Abs. 4 StPO kam angesichts des geringfügigen Erfolgs des Rechtsmittels nicht in Betracht.

Fischer                      Appl                        Eschelbach

                 Ott                         Zeng

Meta

2 StR 390/14

22.01.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 28. April 2014, Az: 5/4 KLs 50/13

§ 404 Abs 1 S 3 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.01.2015, Az. 2 StR 390/14 (REWIS RS 2015, 16715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16715

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 390/14

Zitiert

5 StR 20/14

3 StR 299/13

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