Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2009, Az. 3 StR 219/09

3. Strafsenat | REWIS RS 2009, 2735

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[X.] vom 2. Juli 2009 in der Strafsache gegen wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am 2. Juli 2009 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 18. November 2008 wird a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Nötigung zur Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 • verurteilt wurde; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last; b) das vorgenannte Urteil mit den zugehörigen [X.] aufgehoben - im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen [X.] Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem [X.] mit Betäubungsmitteln in drei Fällen verurteilt wurde; - im Ausspruch über die Gesamtstrafe und - soweit festgestellt ist, dass Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung entgegenstehen. - 3 - Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Menschenhan-dels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit ausbeuterischer Zuhälterei und mit dirigistischer Zuhälterei, ausbeuterischer Zuhälterei in [X.] mit dirigistischer Zuhälterei, Betruges, Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung, Nötigung, Bedrohung, Körperverletzung, unerlaubten Besitzes von Munition und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Von [X.] Tatvorwürfen hat es ihn freigesprochen. Außerdem hat es festgestellt, "dass Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung entgegenstehen". Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. 1 1. Auf Antrag des [X.] hat der [X.] das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte we-2 - 4 - gen Nötigung zum Nachteil der Nebenklägerin verurteilt worden ist, weil [X.] ist, ob Tatmehrheit zwischen dieser Straftat und der Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung besteht. Die dafür verhängte Geldstrafe entfällt. 2. Die Aufklärungsrüge führt zur Aufhebung der Verurteilung des Ange-klagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in drei Fällen. Dies hat auch die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Folge. 3 a) Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte bei drei Gelegenhei-ten zwischen Februar 2007 und Mitte Juni 2007 von einer namentlich nicht identifizierten Person [X.] Herkunft jeweils 30 Gramm Kokain mittlerer Qualität. Davon verkaufte er einen Teil nicht feststellbarer Größenordnung an zwei Abnehmer zum Preis von 50 bis 60 • pro Gramm. 4 [X.] hat die Tatvorwürfe bestritten. Das [X.] hat seine Überzeugung im Wesentlichen auf die Angaben der Nebenklägerin gestützt. 5 b) Die Revision rügt zu Recht, das [X.] hätte sich in Erfüllung [X.] dazu gedrängt sehen müssen, den Zeugen R. , den die Nebenklägerin außerhalb der Hauptverhandlung als Verkäu-fer des Kokains bezeichnet hatte, zu vernehmen. 6 Die Rüge ist zulässig erhoben. Die Revision trägt vor, dass der [X.] während der Hauptverhandlung mitgeteilt wurde, R. sei aufgrund der Angaben der Nebenklägerin als mutmaßlicher Ver-käufer des Rauschgifts identifiziert worden; er hätte bei der sich aufdrängenden Vernehmung ausgesagt, kein Kokain an den Angeklagten verkauft zu haben. Entgegen der Meinung des [X.] muss die Aufklärungsrüge 7 - 5 - keine Angaben dazu enthalten, weshalb es sich aufgedrängt habe, der Zeuge würde im genannten Sinne aussagen. Die Rüge ist auch begründet. [X.] und Ausgangspunkt des Aufklärungs-gebotes des § 244 Abs. 2 StPO ist es, die Wahrheit in Bezug auf die zu beurtei-lende Tat zu erforschen und deren Unrechtsgehalt festzustellen. Die [X.] ist auch dann verletzt, wenn bei verständiger Würdigung der [X.] durch das Tatgericht die Verwendung einer Aufklärungsmöglichkeit den Schuldvorwurf möglicherweise widerlegt, in Frage gestellt oder als begründet erwiesen hätte (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 2 Umfang 1). Dies ist hier der Fall. Angesichts des Umstandes, dass die Betäubungsmitteldelikte im Wesentlichen allein aufgrund der Aussage der Nebenklägerin festgestellt wurden, hätte sich die Vernehmung des mutmaßlichen Verkäufers des Rauschgifts aufgedrängt. Der [X.] kann nicht mit Sicherheit ausschließen, dass der Zeuge den Ange-klagten entlastende Angaben gemacht hätte und deshalb eine Verurteilung des Angeklagten wegen der Straftaten nach dem [X.] bei einer Gesamtwürdigung der erhobenen Beweise unterblieben wäre. 8 c) Die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Han-deltreiben mit Betäubungsmitteln in drei Fällen wäre auch aufgrund der Sachrü-ge aufzuheben gewesen. Den Feststellungen kann nicht zweifelsfrei entnom-men werden, dass der Angeklagte eine nicht geringe Menge von mindestens fünf Gramm [X.] in Besitz hatte und durch den teilweisen [X.] einen Vorteil erzielen wollte. In den Urteilsgründen werden lediglich der Ankauf von jeweils 30 Gramm Kokain mittlerer Qualität und der [X.] bis 60 • pro Gramm mitgeteilt. Nach der Aussage der Neben-klägerin war der Kokainhandel keine Einnahmequelle des Angeklagten. 9 - 6 - 3. Die Feststellung der [X.], "dass Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung entgegenstehen", hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. 10 a) § 111 i Abs. 2 StPO nF, der allein als Rechtsgrundlage für die [X.] in Betracht kommt, ist durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewin-nungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 ([X.] 2350) geschaffen worden und am 1. Januar 2007 in [X.] getre-ten. Seiner Anwendung auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i. V. m. Abs. 3 StGB entgegen, wonach insoweit das mildere Recht gilt ([X.], 579; [X.], 226; wistra 2009, 241). Danach kommt hier ein Ausspruch nach § 111 i Abs. 2 StPO nF hinsichtlich der Tat "ausbeuterische Zuhälterei in Tateinheit mit dirigistischer Zuhälterei" nicht in Betracht. Nach den rechtsfehler-frei getroffenen Feststellungen wurde diese Tat in den letzten fünf Wochen des Jahres 2006 begangen und war damit vor dem 1. Januar 2007 beendet. Die Feststellung nach § 111 i Abs. 2 StPO nF stellt eine materiell-rechtliche Grund-entscheidung für eine aufschiebend bedingte Verfallsanordnung zu Gunsten des Staates dar (vgl. [X.], 579; [X.], 226). Da die bis 31. Dezember 2006 geltende Gesetzesfassung einen Auffangrechtserwerb des Staates (§ 111 i Abs. 5 StPO nF) nicht kannte, ist der Angeklagte durch die Feststellung beschwert. 11 b) Soweit der Angeklagte nach den Feststellungen ab 1. Januar 2007 von der Nebenklägerin und dem Zeugen [X.]hohe Geldbeträge durch straf-bare Handlungen erlangte, hat das [X.] diese entgegen § 111 i Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO nF im Urteil nicht beziffert. 12 4. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisions-rechtfertigungen aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. [X.] weist die Beweiswürdigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Selbst wenn sich das [X.] nach der Vernehmung des Zeugen R. nicht vom Vorliegen der Betäubungsmitteldelikte hätte überzeugen können, schließt der [X.] aus, dass es den Angeklagten dann wegen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin auch in den [X.] hätte, in denen er trotz des Fehlens eines Geständnisses verurteilt wurde. Denn es lagen insoweit neben der Aussage der Nebenklägerin jeweils Beweisumstände von erheblichem Gewicht vor, welche deren Angaben in [X.] bestätigten. [X.] Pfister von [X.] [X.]

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3 StR 219/09

02.07.2009

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2009, Az. 3 StR 219/09 (REWIS RS 2009, 2735)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2735

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