Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. XII ZB 567/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1953

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 567/10
vom

26. Oktober 2011

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
[X.] § 48 Abs. 2 Nr. 1; [X.] Art. 111 Abs. 3 und 4
Wurde ein vom Scheidungsverbund abgetrenntes und zunächst ausgesetztes Ver-fahren zum Versorgungsausgleich erst nach Wirksamkeit des die Aussetzung aufhe-benden Beschlusses des [X.] ab dem 1.
September 2009 fortgesetzt, ist auf die selbständige Familiensache (Art.
111 Abs.
4 [X.]) auch das seit dem 1.
September 2009 geltende materielle Recht zum Versorgungsausgleich anwendbar (im [X.] an den [X.]sbeschluss vom 16.
Februar 2011

XII
ZB
261/10
-
FamRZ 2011, 635).
BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 -
XII ZB 567/10 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 26.
Oktober 2011 durch den
Richter Dose, die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Günter
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu
1 wird der Beschluss des 2.
Familiensenats des Thüringer [X.] in [X.] vom 12.
Oktober 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Ober-landesgericht zurückverwiesen.
[X.]: 8.250

Gründe:
I.
Der 1965 geborene Antragsteller und die 1967 geborene [X.] hatten am 16.
Mai 1987 die Ehe geschlossen. Auf den am 5.
September 2007 zugestellten Scheidungsantrag hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden und das Verfahren zum Versorgungsausgleich abge-trennt. Mit weiterem Beschluss vom 27.
Mai 2009 hat es das Verfahren betref-fend den Versorgungsausgleich "bis zum Vorliegen eines einheitlichen Renten-wertes für das gesamte [X.] ausgesetzt". Auf die Beschwerde der Beteiligten zu
1 hat das [X.] die Entscheidung mit Beschluss vom 27.
August 2009, rechtskräftig seit dem 6.
Oktober 2009, aufgehoben und die 1
-
3
-
Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Amtsge-
richt -
Familiengericht
-
zurückverwiesen.
Mit Beschluss vom 10.
Mai 2010
hat das Amtsgericht den [X.] auf der Grundlage des vor dem 1.
September 2009 geltenden Rechts durchgeführt. Das [X.] hat die Beschwerde der Beteiligten zu
1, die gegen die Anwendung des früheren Rechts zum Versorgungsausgleich ge-richtet war, zurückgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beteiligte zu
1
die Aufhebung der angefochte-nen Entscheidung und eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Oberlan-desgericht zur Durchführung des Versorgungsausgleichs nach neuem Recht.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
70 Abs.
1 FamFG statthaft. An die Zulassung durch das [X.] ist der [X.] gebunden (§
70 Abs.
2 Satz
2 FamFG).
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das [X.].
1. Das [X.] hat die Durchführung des
Versorgungsaus-gleichs
auf der Grundlage des
vor dem 1.
September 2009 geltenden [X.]srechts und materiellen Rechts gebilligt. Zwar sei das Verfahren zum Ver-sorgungsausgleich am 1.
September 2009 vom [X.] abgetrennt gewesen, so dass nach dem Wortlaut des §
48 Abs.
2 Nr.
1 [X.]
das neue Recht zum Versorgungsausgleich anwendbar sei. [X.], Wille des Gesetzgebers, systematische Auslegung 2
3
4
5
-
4
-
sowie Sinn und Zweck der Übergangsvorschrift sprächen hingegen für eine fortdauernde Anwendbarkeit des früheren Rechts, weil das Verfahren auf der Grundlage des Beschlusses des [X.] vom 27.
August 2009 schon vor dem 1.
September 2009 fortgesetzt worden sei. Nach den weiteren -
aus einem Beschluss des [X.] Oldenburg (FamRZ 2010, 983) übernommenen
-
Gründen
ist
die Vorschrift des §
48 Abs.
1 Nr.
1 [X.]
teleologisch
dahingehend zu reduzieren, dass sie auf abgetrennte Verfahren
zum Versorgungsausgleich, die vor dem 1.
September 2009 wieder
aufgenom-men und erstinstanzlich entschieden worden seien, nicht anwendbar sei. [X.] sei das Verfahren zwar
vor dem 1.
September 2009 ausgesetzt gewe-sen. Dieser Beschluss sei aber
durch den Beschluss des [X.] vom 27.
August 2009 aufgehoben worden, so dass das Verfahren so zu [X.] sei,
als sei es nicht ausgesetzt gewesen. An der Anwendbarkeit des
vor dem 1.
September 2009 geltenden
Rechts
ändere sich auch dadurch nichts, dass das Amtsgericht erst nach dem 1.
September 2009 über den Versor-gungsausgleich
entschieden habe.
2. Diese Erwägungen können die Anwendung des vor dem 1.
September 2009 geltenden Rechts durch das Beschwerdegericht nicht rechtfertigen. Das abgetrennte Verfahren zum Versorgungsausgleich war nach der [X.] vielmehr auf der Grundlage des ab dem 1.
September 2009 geltenden Rechts durchzuführen.
a) Nach §
48 Abs.
1 [X.] ist in Verfahren über den [X.], die vor dem 1.
September 2009 eingeleitet worden sind, das bis da-hin geltende materielle Recht und Verfahrensrecht weiterhin anzuwenden. Die Regelung entspricht insoweit Art.
111
Abs.
1
[X.], der
ebenfalls von einer grundsätzlichen Fortgeltung des vor dem 1.
September 2009 geltenden [X.]srechts für die bis dahin eingeleiteten Verfahren ausgeht. Abweichend von 6
7
-
5
-
diesem Grundsatz ist nach §
48 Abs.
2 Nr.
1 [X.]
und Art.
111 Abs.
3 und 4 [X.]
das ab dem 1.
September 2009 geltende neue materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden, wenn das Verfahren zum Versorgungsaus-gleich am 1.
September 2009 abgetrennt oder ausgesetzt oder das
Ruhen an-geordnet war.
Der [X.] hat bereits entschieden, dass in
Übergangsfällen, in denen über einen
vor dem 1.
September 2009 eingeleiteten
Scheidungsantrag
noch nach früherem
Recht entschieden wurde, die vom [X.] über den
Versorgungsausgleich gemäß Art.
111 Abs.
4 [X.] als selbständige Familiensache nach neuem Recht fortzuführen ist, wenn das Verfahren zum Versorgungsausgleich erst nach dem 1.
September 2009 wieder
aufgenommen worden ist ([X.]sbeschluss vom 16.
Februar 2011 -
XII
ZB
261/10
-
FamRZ 2011, 635 Rn.
15
ff.). Gleiches gilt wegen des gebote-nen [X.] auch für das
materielle Recht zum Versorgungsausgleich (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S.
86 und BT-Drucks. 16/11903 S.
57). War das [X.] zum Versorgungsausgleich vor dem 1.
September 2009 vom [X.] abgetrennt und wurde es erst nach diesem
Zeitpunkt fortgesetzt, rich-tet sich das wieder
aufgenommene Verfahren zum Versorgungsausgleich ge-mäß §
48 Abs.
2 Nr.
1 [X.] nach neuem materiellem
Recht.
b)
Soweit das [X.] im vorliegenden Fall über eine
teleolo-gische Reduktion des §
48 Abs.
2 Nr.
1 [X.] zu einer Anwendbarkeit des vor dem 1.
September 2009
geltenden Rechts gelangen will,
geht es dabei von unzutreffenden Voraussetzungen
aus.
Im Einklang mit der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung hat
das [X.] angenommen, dass
in Fällen, in denen ein zuvor abgetrenntes Verfahren zum Versorgungsausgleich schon vor dem 1.
Septem-
8
9
10
-
6
-
ber 2009 fortgesetzt worden ist,
weiterhin das frühere materielle Recht und [X.] anwendbar ist (so auch [X.] FamRZ 2010, 983; [X.] FamRZ 2010, 1444; [X.] FuR 2010, 415; [X.] FamRZ 2010, 1671; a.[X.] FamRZ 2010, 1800, 1801
und Borth FamRZ
2010, 1965, 1966). Ob dem zu folgen ist, kann dahinstehen. Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Das Amtsgericht hatte das Verfahren zum Versorgungsausgleich mit Ur-teil vom 1.
September 2008 vom Scheidungsverbund abgetrennt und zunächst nicht weiter betrieben.
Mit Beschluss vom 27.
Mai 2009 hat es das Verfahren zum Versorgungsausgleich schließlich ausgesetzt. Diese Entscheidung wurde zwar durch Beschluss des [X.] vom 27.
August 2009 aufgeho-ben. Die Entscheidung ist allerdings erst nach dem 31.
August 2009 wirksam geworden, weil sie den Beteiligten erst danach zugestellt wurde (§
16 [X.]). Erst danach wurde das zuvor abgetrennte und später ausgesetzte Verfahren wieder
aufgenommen.
Einer teleologischen Reduktion des §
48 Abs.
2 Nr.
1 [X.] fehlt damit die
Grundlage. Deshalb ist auf die nach Art.
111 Abs.
4 [X.] fortzu-führende selbständige Familiensache auch das seit dem 1.
September 2009 geltende materielle Recht zum Versorgungsausgleich anwendbar.
c) Das [X.] wird deswegen in der jetzt selbständigen Fami-liensache über den Versorgungsausgleich (vgl. [X.]sbeschluss vom 16.
Fe-
bruar 2011 -
XII
ZB
261/10
-
FamRZ 2011, 635 Rn.
15
ff.) auf der Grundlage

11
12
13
-
7
-
des seit dem 1.
September 2009 geltenden materiellen Rechts neue Auskünfte der Versorgungsträger einzuholen und den Versorgungsausgleich nach diesem Recht neu zu regeln haben.

Dose

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Günter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.05.2010 -
5 F 126/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 12.10.2010 -
2 UF 236/10 -

Meta

XII ZB 567/10

26.10.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. XII ZB 567/10 (REWIS RS 2011, 1953)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1953

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 436/11 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 602/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 567/10 (Bundesgerichtshof)

Fortgesetztes Versorgungsausgleichsverfahren: Anzuwendendes Recht im Übergangsfall


XII ZB 287/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 261/10 (Bundesgerichtshof)

Scheidungsverbund: Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe wegen Wegfalls der bewilligten Prozesskostenhilfe bei Fortführung einer …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 567/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.