Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.09.2016, Az. 5 StR 125/16

5. Strafsenat | REWIS RS 2016, 5557

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Gegenstand

Gewerbsmäßiges unerlaubtes Handeltreiben mit Arznei- und Betäubungsmitteln: Berechnung des erweiterten Verfalls


Tenor

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 9. Dezember 2015 im Ausspruch über den erweiterten Verfall des Wertersatzes aufgehoben, soweit das [X.] von einer den Betrag von 415.800 Euro übersteigenden Verfallsanordnung abgesehen hat. Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückverwiesen.

Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen. Die Angeklagten haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Zudem hat es gegen die Angeklagten als Gesamtschuldner in Höhe von 14.000 Euro den Verfall des Wertersatzes und in Höhe von 415.800 Euro den erweiterten Verfall des Wertersatzes angeordnet, wobei es einzelne näher bezeichnete Ansprüche des Angeklagten [X.]  sowie die gemeinsame Eigentumswohnung der Angeklagten von diesen Anordnungen ausgenommen hat. Gegen das Urteil wenden sich sowohl die Staatsanwaltschaft mit ihren auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten und mit der Sachrüge begründeten Revisionen als auch die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Während die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, die vom [X.] vertreten werden, im Hinblick auf die Anordnung des erweiterten Verfalls des Wertersatzes einen Teilerfolg erzielen, bleiben die Revisionen der Angeklagten erfolglos.

I.

2

Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

Die Angeklagten betrieben seit dem [X.] in [X.] eine überwiegend von homosexuellen männlichen Paaren besuchte Pension. Aufgrund von Anfragen ihrer Gäste nach [X.] und [X.] sowie [X.] und [X.] entschlossen sich die Angeklagten, sich entsprechende Mittel zu verschaffen und an ihre Gäste zu veräußern. Nach Schließung der Pension im Oktober 2014 verkauften sie [X.] und [X.] aus ihrer gemeinsamen Wohnung heraus.

4

Im [X.]raum September 2014 bis Juli 2015 veräußerten die Angeklagten rund 99,5 g [X.] und 216 [X.]tabletten. Zudem bewahrten sie in ihrer eigenen sowie einer weiteren Wohnung einen Vorrat zum Verkauf bestimmter Betäubungsmittel auf. Dieser umfasste zum [X.]punkt ihrer Festnahme im Juli 2015 rund 4.530 g [X.], die der Angeklagte [X.]  im Juni 2015 in der [X.] für einen Kaufpreis von 200.000 Euro von einem Händler [X.] Herkunft erworben hatte, sowie 314 [X.]tabletten.

5

Das [X.] hat festgestellt, dass die Angeklagten aus dem Handel mit [X.], [X.], Arzneimitteln und „sonstigen Hilfsmitteln“ insgesamt Einnahmen in Höhe von rund 680.000 Euro erzielten, von denen 70 Prozent (476.000 Euro) auf den Handel mit [X.] und [X.] und die restlichen 30 Prozent auf den Verkauf anderer Substanzen wie „[X.], [X.] und [X.]“ entfielen (UA S. 28).

6

Von dem so ermittelten Verkaufserlös für [X.] und [X.] in Höhe von 476.000 Euro hat die [X.] zunächst einen Betrag von 14.000 Euro wegen des in dieser Höhe angeordneten Verfalls des Wertersatzes sowie einen weiteren Betrag von 35.000 Euro aufgrund des Verzichts der Angeklagten auf bereits gepfändete Gegenstände und Bankguthaben abgezogen. Darüber hinaus hat sie „zum Ausgleich etwaiger Berechnungsungenauigkeiten“ einen [X.] von zwei Prozent (8.540 Euro) vorgenommen und so einen dem erweiterten Verfall des Wertersatzes unterliegenden Betrag von 418.640 Euro errechnet ([X.]). Schließlich hat sie „aus Gründen des Vertrauensschutzes“ die Anordnung über den erweiterten Verfall des Wertersatzes auf den von ihr „im Rahmen eines Hinweises in Aussicht gestellten Betrag von 415.800 Euro beschränkt“ ([X.] 33).

II.

7

Revisionen der Staatsanwaltschaft:

8

1. Soweit sich die Staatsanwaltschaft gegen die Strafzumessung des [X.]s wendet und insbesondere die gegen die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen als zu niedrig beanstandet, bleiben ihre Rechtsmittel erfolglos.

9

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen ent- und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des [X.] in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Nur in diesem Rahmen kann eine Verletzung des Gesetzes im Sinne des § 337 Abs. 1 [X.] vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; [X.], Urteile vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, [X.]St 29, 319, und vom 29. Juni 2005 – 1 [X.], [X.] 2006, 568; Beschluss vom 10. April 1987 – [X.], [X.]St 34, 345, 349).

Einen Rechtsfehler in diesem Sinne zeigen die Revisionen der Staatsanwaltschaft nicht auf. Die [X.] sind entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin weder lückenhaft noch widersprüchlich. Das [X.] hat vielmehr alle für die Strafzumessung wesentlichen Gesichtspunkte bedacht und in seine Abwägung eingestellt. Insbesondere hat es ersichtlich nicht verkannt, dass es sich bei der von den Angeklagten in ihren Wohnungen zum Verkauf vorgehaltenen Menge von etwa 4,5 kg [X.] mit einem Wirkstoffgehalt von etwa 3,454 kg Methamphetamin-Base um eine außerordentlich große Menge dieses Rauschgifts handelte; die [X.] hat insoweit ausdrücklich zu Ungunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass das von den Angeklagten vorgehaltene [X.] den Grenzwert zur nicht geringen Menge „um ein hohes Vielfaches“ überstieg und es sich bei Methamphetamin um ein gefährliches Betäubungsmittel mit hohem Suchtpotential handelt (UA S. 31).

Der Senat vermag sich auch nicht der Auffassung der Beschwerdeführerin anzuschließen, dass die gegen die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen von jeweils fünf Jahren und drei Monaten unvertretbar niedrig seien und sich von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach unten lösten. Dem stehen bereits – trotz der außerordentlich großen Menge des in Rede stehenden Rauschgifts – erhebliche zugunsten der Angeklagten sprechende Strafzumessungsgesichtspunkte entgegen. Dies sind namentlich die umfassenden Geständnisse der Angeklagten, die noch über den konkreten Tatvorwurf hinaus Angaben zu ihrem Handel mit Arzneimitteln und Betäubungsmitteln sowie zu ihren hierdurch erzielten Einnahmen gemacht haben, der Umstand, dass die bislang unbestraften Angeklagten aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch HIV-Infektionen besonders haftempfindlich sind, und die Sicherstellung eines wesentlichen Teils der Betäubungsmittel ([X.] f.).

2. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben hingegen Erfolg, soweit sie beanstandet, das [X.] hätte den erweiterten Verfall des Wertersatzes (§ 73d StGB) nicht lediglich in Höhe von 415.800 Euro anordnen dürfen.

a) Keinen Rechtsfehler lässt das Urteil zunächst insoweit erkennen, als die [X.] in Übereinstimmung mit den Einlassungen der Angeklagten davon ausgegangen ist, dass sie aus dem Handel mit [X.], [X.], Arzneimitteln und sonstigen Hilfsmitteln insgesamt Einnahmen in Höhe von (abgerundet) 680.000 Euro erzielt haben und hiervon 70 Prozent auf den Handel mit [X.] und [X.] und 30 Prozent auf den Verkauf von Arzneimitteln und sonstigen Hilfsmitteln entfielen ([X.], 20). Auch soweit das [X.] bei der Berechnung des dem erweiterten Verfall des Wertersatzes unterliegenden Betrages Abzüge von 14.000 Euro wegen des in dieser Höhe angeordneten Verfalls des Wertersatzes und weiterer 35.000 Euro für den Verzicht der Angeklagten auf bereits gepfändete Gegenstände und Bankguthaben vorgenommen hat ([X.]), begegnet dies keinen Bedenken.

b) Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin jedoch, dass das [X.] bei der Ermittlung des dem erweiterten Verfall des Wertersatzes unterliegenden Geldbetrages einen weiteren erheblichen Teil der von den Angeklagten erzielten Gesamteinnahmen von 680.000 Euro unberücksichtigt gelassen hat.

aa) Dies gilt zunächst für den auf den Verkauf von Arznei- und sonstigen Hilfsmitteln entfallenden Anteil von 30 Prozent der Gesamteinnahmen. Das [X.] hat rechtsfehlerhaft von einer Prüfung abgesehen, inwieweit auch im Hinblick auf diesen Teil der Einnahmen die Voraussetzungen für die Anordnung des erweiterten Verfalls des Wertersatzes gemäß § 73d Abs. 2, § 73a StGB vorlagen.

Im Urteil ist festgestellt, dass die Angeklagten ihre über den Erlös aus dem Handel mit [X.] und [X.] hinausgehenden Einnahmen durch den Verkauf von [X.] und [X.] – darunter Substanzen wie [X.], [X.] und [X.] ([X.] 5, 13, 28) – und damit jedenfalls in weitgehendem Umfang aus strafbarem gewerbsmäßigen Handel mit Arzneimitteln erzielt haben. Soweit es sich hierbei um nicht angeklagte und auch nicht hinreichend konkretisierbare Straftaten nach dem [X.] (u.a. nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a [X.] aF) handelt, unterliegen die von den Angeklagten erzielten Einnahmen dem erweiterten Verfall des Wertersatzes gemäß § 98a [X.] i.V.m. § 73d Abs. 2, § 73a StGB.

Sofern die Angeklagten auch mit gefälschten Arzneimitteln gehandelt haben sollten, kann allerdings – worauf der [X.] in seiner Zuschrift zutreffend hinweist – die auch auf den erweiterten Verfall nach § 73d StGB anwendbare Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB der Verfallsanordnung entgegenstehen (vgl. Raum in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 98a Rn. 5); dies wird das neue Tatgericht zu beachten haben.

bb) Darüber hinaus beanstandet die Beschwerdeführerin ebenfalls zu Recht, dass die [X.] bei der Berechnung des dem erweiterten Verfall des Wertersatzes unterliegenden Betrages einen „[X.]“ in Höhe von zwei Prozent und „aus Gründen des Vertrauensschutzes“ einen weiteren Abzug von 2.660 Euro vorgenommen hat ([X.] f.).

Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich nicht, warum sich die [X.] veranlasst sah, einen (nochmaligen) „[X.]“ vorzunehmen, nachdem bereits bei der Ermittlung der Gesamteinnahmen von 680.000 Euro Abrundungen nach unten erfolgt waren ([X.], 23). Auch eine sachliche Rechtfertigung für die von der Kammer aus „Vertrauensschutzgründen“ vorgenommene Begrenzung des dem erweiterten Verfall des Wertersatzes unterliegenden Betrages auf 415.800 Euro lässt sich dem Urteil nicht entnehmen; der im Urteil erwähnte Hinweis der Kammer in der Hauptverhandlung, dass dieser Betrag „in Aussicht gestellt“ sei ([X.]), vermag eine Beschränkung des [X.] wegen des – ungeachtet des § 73c StGB – zwingenden Charakters des erweiterten Verfalls gemäß § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB („ordnet … an“) nicht zu rechtfertigen.

III.

Revisionen der Angeklagten:

1. Die Verfahrensrügen der Angeklagten haben keinen Erfolg.

a) [X.], mit der die Beschwerdeführer gemäß § 338 Nr. 1 [X.] i.V.m. § 21e Abs. 3 [X.] eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts geltend machen, weil mangels Überlastung die Ableitung des Verfahrens von der zunächst zuständig gewesenen [X.] [X.] auf die erkennende [X.] 4a unzulässig gewesen sei, ist unbegründet. Denn schon aus der Überlastungsanzeige des Vorsitzenden [X.]s der 4. Großen [X.] vom 11. September 2015 ergibt sich, dass die [X.] zumindest bis einschließlich Februar 2016 derart mit [X.] ausgelastet war, dass das neu eingegangene Verfahren nicht vor Anfang März 2016 hätte verhandelt werden können. Die beanstandete Entlastungsmaßnahme durch das Präsidium des [X.]s erwies sich auch als wirksam, denn mit der Hauptverhandlung konnte bereits am 16. November 2015 – nur etwa zwei Monate nach Anklageerhebung – begonnen werden, mithin mehr als drei Monate vor dem frühestmöglichen Hauptverhandlungsbeginn vor der [X.] [X.].

b) Die auf eine Verletzung des § 338 Nr. 1 [X.] i.V.m. § 21f Abs. 2 [X.] gestützte Verfahrensrüge, mit der die Beschwerdeführer geltend machen, die erkennende [X.] habe in vorschriftswidriger Besetzung verhandelt – nämlich nicht unter dem Vorsitz der Vorsitzenden [X.]in am [X.] R.   und mit den [X.]n am [X.] F.     und [X.]       als beisitzenden [X.]n, sondern mit [X.] am [X.] F. als Vorsitzendem sowie [X.] am [X.] [X.]       und [X.]in am [X.] K.   als Beisitzern – ist in zulässiger Weise erhoben, jedoch unbegründet.

Die Vorsitzende [X.]in am [X.] R.   war gemäß § 21f Abs. 2 Satz 1 [X.] an einer Teilnahme an der Hauptverhandlung verhindert, da sie während des hierfür vorgesehenen [X.]raums an einer ihr bewilligten einwöchigen dienstlichen Fortbildungsveranstaltung teilnahm. Dies stellt einen Verhinderungsgrund im Sinne des § 21f Abs. 2 Satz 1 [X.] dar (vgl. [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 21e Rn. 144 zur Dienstreise).

Die [X.]vorsitzende war bei der Terminierung der Hauptverhandlung auch nicht gehalten, diese erst in die [X.] nach Ende ihrer Fortbildungsveranstaltung zu legen oder ausschließlich [X.] außerhalb der [X.] zu bestimmen. Dem steht bereits der Umstand entgegen, dass sich beide Angeklagte während der Dauer der Hauptverhandlung in Untersuchungshaft befanden und daher das Beschleunigungsgebot in Haftsachen eine besonders zügige Terminierung verlangte. Im Übrigen sind die Möglichkeiten eines Vorsitzenden zur Terminierung einer [X.] schon faktisch durch die weiteren bei dem jeweiligen Spruchkörper anhängigen Verfahren und durch die nicht uneingeschränkte terminliche Verfügbarkeit der weiteren Verfahrensbeteiligten begrenzt.

Da der Verhinderungsgrund offensichtlich und unzweifelhaft war, bedurfte er auch keiner besonderen Feststellung (vgl. [X.], Beschluss vom 5. April 1989 – 2 StR 39/89, [X.]R [X.] § 338 Nr. 1 Vertreter 2; [X.] in Löwe/[X.], [X.], 26. Aufl., § 21f [X.] Rn. 20). Infolge der Verhinderung der Vorsitzenden [X.]in oblag es nach dem Geschäftsverteilungsplan des [X.]s Berlin ihrem Vertreter [X.] am [X.] F.    , in der Hauptverhandlung den Vorsitz zu führen, und [X.]in am [X.] K.  , als weitere Beisitzerin neben [X.] am [X.] [X.]       an dem Verfahren mitzuwirken.

c) Ohne Erfolg bleibt schließlich die Verfahrensbeanstandung, mit der die Beschwerdeführer eine „Verletzung des § 31 BtMG i.V.m. §§ 261, 267 [X.] und § 244 Abs. 2 [X.]“ rügen. Die Beschwerdeführer machen insoweit geltend, das [X.] habe den Inhalt von Schreiben ihrer Verteidiger vom 11. August 2015 und vom 16. September 2015 nicht im Wege der Verlesung zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht. Bei Berücksichtigung insbesondere des Schreibens vom 16. September 2015 wäre die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass zeitlich noch vor dem Eröffnungsbeschluss vom 26. Oktober 2015 durch beide Angeklagte [X.] im Sinne des § 31 BtMG geleistet worden sei, was zur Folge gehabt hätte, dass die verhängten Strafen gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen wären.

Die Rüge ist bereits unzulässig. Dabei kann dahinstehen, ob das Vorbringen der Beschwerdeführer sich nicht schon in der Behauptung eines Widerspruchs zwischen dem Inhalt der Akten und dem Urteil und damit einer Rüge der Aktenwidrigkeit der Urteilsgründe erschöpft, die nach der Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich nicht mit einer Verfahrensbeschwerde beanstandet werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 13. September 2006 – 2 [X.], [X.] 2007, 115; Beschluss vom 7. August 2007 – 4 [X.], [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 337 Rn. 15a). Denn die Verfahrensbeanstandung ist auch bei getrennter Betrachtung eines etwaigen Verstoßes gegen § 261 [X.] und einer möglichen Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 [X.] jeweils unzulässig.

Einen Verstoß gegen § 261 [X.] können die Beschwerdeführer schon deshalb nicht geltend machen, weil der Senat die behauptete Unrichtigkeit der Urteilsgründe im Hinblick auf die Frage, ob die Angeklagten [X.] im Sinne des § 31 BtMG geleistet haben, ohne eine Rekonstruktion der Hauptverhandlung nicht überprüfen kann; eine solche Rekonstruktion widerspräche jedoch nach ständiger Rechtsprechung des [X.] der Ordnung des Revisionsverfahrens ([X.], Urteil vom 2. November 1982 – 5 [X.], [X.]St 31, 139, 140; Beschlüsse vom 7. Juni 1979 – 4 [X.], [X.]St 29, 18, 20, und vom 7. August 2007 – 4 [X.]).

Als Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 [X.] ist die Verfahrensbeanstandung ebenfalls unzulässig. Sie genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.], weil die Beschwerdeführer jedenfalls nicht den Vermerk des Polizeibeamten [X.] vom 2. November 2015 vorgetragen haben, in welchem der Beamte die Plausibilität der Angaben des Angeklagten [X.]     zu seinem Erwerb von 4,5 kg [X.] von der durch ihn benannten Person [X.]. “ bewertet.

2. Die sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil eines der Angeklagten ergeben.

Insbesondere ist gegen die Verneinung einer Strafmilderung bei den Angeklagten gemäß § 31 BtMG i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB von Rechts wegen nichts zu erinnern. Denn nach der insoweit maßgeblichen und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe hinreichend begründeten Überzeugung des Tatgerichts haben die Angaben der Angeklagten – unabhängig von der Frage, ob die Angaben vor oder nach dem [X.]punkt des [X.] erfolgt sind – insgesamt zu keinen nennenswerten oder gar wesentlichen Ermittlungsergebnissen geführt ([X.] 11 f., 18, 30).

IV.

Mit Blick auf die neue Verhandlung und Entscheidung über die Anordnung des erweiterten Verfalls des Wertersatzes über einen Betrag von 415.800 Euro hinaus bedarf es nicht der Aufhebung der zugehörigen Feststellungen. Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht darf ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie den bisher getroffenen nicht widersprechen. Der Senat weist auf die Möglichkeit einer Schätzung gemäß § 73d Abs. 2 i.V.m. § 73b StGB hin.

[X.]

                 [X.]

Meta

5 StR 125/16

14.09.2016

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 9. Dezember 2015, Az: 504a/504 KLs 29/15

§ 73 Abs 1 S 2 StGB, § 73a StGB, § 73c StGB, § 73d Abs 1 S 1 StGB, § 73d Abs 2 StGB, § 98a AMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.09.2016, Az. 5 StR 125/16 (REWIS RS 2016, 5557)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5557

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Referenzen
Wird zitiert von

5 StR 125/16

3 Ss OWi 1232/17

4 StR 374/19

3 StR 485/20

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