Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2018, Az. 4 StR 569/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 8219

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:060618B4STR569.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 569/17

vom
6. Juni
2018

[X.]St:
nein
[X.]R:
ja
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja

StGB § 73a Satz
1
aF

Für die Bestimmung des [X.] nach §
73a Satz
1 StGB
aF sind Wertsteigerungen des [X.] ab dem [X.]punkt, zu welchem die Voraussetzungen des [X.] eingetreten sind, unbeachtlich.

[X.], Beschluss vom 6. Juni 2018

4 StR 569/17

[X.] in der Pfalz

in der Strafsache
gegen

wegen
bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in

nicht geringer Menge u.
a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts

zu
3. auf dessen Antrag

und des Beschwerdeführers am 6.
Juni 2018
gemäß §
349 Abs.
2 und
4 [X.] beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 2.
Juni 2017, soweit es den Angeklagten betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststel-lungen aufgehoben
a)
im Maßregelausspruch;
b)
in
den Aussprüchen über den Verfall sowie den Verfall des [X.].
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaub-ter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
vier Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einem Urteil des [X.] vom 1
-
3
-
23.
November 2015 zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und zehn Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es seine Unter-bringung in einer Entziehungsanstalt bei einem [X.] von fünf Jahren und fünf Monaten der Strafe angeordnet. Ferner hat es einen Pkw [X.] des Angeklagten für verfallen erklärt, den Verfall des [X.] in Höhe von zehn Millionen Euro angeordnet sowie ein Notebook und zwei Mo-bilfunkgeräte des Angeklagten eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das [X.] hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
I.
Nach den Feststellungen des [X.] vertrieb der Angeklagte in der [X.] von Mai 2015 bis zu seiner Festnahme am 14.
April 2016 unter dem [X.] über das [X.] Betäubungsmittel, insbesondere Amphetamin, Kokain, Crystal Meth, MDMA, [X.], Marihuana und LSD. Die Betäubungsmittel [X.] sowohl über einen mit üblichen Browsern aufrufbaren Webshop als auch [X.] nach den Vorgaben des
Angeklagten ausschließlich in der virtuellen In-ternet-Währung [X.]. Die eingenommenen [X.]s verwaltete der Angeklag-r-im
Tatzeitraum für Be-täubungsmittelverkäufe
8.102
Einzahlungen über insgesamt 6.049,76731891 [X.]s abgewickelt; diese hatten

ausgehend von einem Wert je [X.] von 2
-
4
-
1.740,33
Euro am 19.
Mai 2017

einen Gesamtwert von 10.528.591,55
Euro. Zum [X.]punkt der Festnahme des Angeklagten wurden über sein Wallet noch 757
[X.]s verwaltet, zum [X.]punkt der Hauptverhandlung noch etwa 400 [X.]s.
Gegenstand der Verurteilung sind acht Taten, bei denen unter Mitwir-kung des Angeklagten zwischen 10
kg und 45,35
kg

insgesamt 211,05
kg

Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 30
% Amphetaminbase sowie [X.] 3
kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 10
% THC in den [X.] erworben und nach [X.] verbracht wurden, von wo aus an-schließend ihr Vertrieb über das [X.] erfolgte.
II.
Die Revisionsbeschränkung durch den Verteidiger Prof.
Dr.
S.

,
nach der die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt gemäß §
64 StGB vom Rechtsmittelangriff ausgenommen sein soll, ist unwirksam, da sich das Rechtsmittel auch gegen den gesamten Schuldspruch richtet. In einem solchen Fall kann nicht wirksam auf die An-fechtung der Unterbringung nach §
64 StGB verzichtet werden, da die Feststel-lung einer Symptomtat unerlässliche Voraussetzung der [X.] ist (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 19.
Januar 2010

4
StR
504/09, [X.], 171, 172; vom 26.
August 2009

2
StR
302/09; MüKo-StGB/[X.], 3.
Aufl., §
64 Rn.
129 mwN). Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass [X.] die unbeschränkt eingelegte und damit weiter gehende Revision des [X.] N.

für den [X.] maßgeblich wäre (vgl. Meyer-
Goßner/[X.], [X.], 61.
Aufl., §
344 Rn.
5).
3
4
-
5
-
III.
Die Verfahrensrügen bleiben aus den vom [X.] in [X.] Antragsschrift vom 18.
Januar 2018 genannten Gründen ohne Erfolg. Ledig-lich ergänzend bemerkt der Senat:
Die in der Revisionsbegründung des Verteidigers N.

erhobene
Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung
der Zeugin L.

be-
anstandet wird, ist bereits unzulässig (§
344 Abs.
2 Satz
2 [X.]), weil die
ladungsfähige Anschrift der Zeugin nicht mitgeteilt wird (vgl. [X.], Urteil vom 21.
November 2013

4
StR
242/13; Beschluss vom 30.
Juli 2014

4
StR 263/14; LR-[X.]/[X.], 26.
Aufl.,
§
244 Rn.
368).
IV.
Die Sachrüge führt zur Aufhebung der [X.] und zur [X.]; im Übrigen ist sie unbegründet.
1.
Der Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung nach §
74 StGB weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
2.
Der Strafausspruch hat ebenfalls Bestand.
[X.] Erörterung bedarf insoweit nur die von der [X.] gemäß §
55 Abs.
1 Satz
1 StGB vorgenommene nachträgliche Gesamtstrafenbildung.
Das [X.] hat angenommen, dass neben den Einzelstrafen aus den Fällen
1 bis 3 auch die wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungs-mitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäu-5
6
7
8
9
10
11
-
6
-
bungsmitteln in nicht geringer Menge verhängte
Einzelstrafe aus Tat
4 ([X.]) mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Karls-ruhe vom 23.
November 2015 gesamtstrafenfähig ist.
a)
Eine Gesamtstrafenbildung nach §
55 Abs.
1 Satz
1 StGB setzt [X.] voraus, dass die einzubeziehende Tat im [X.]punkt der Vorverurteilung im materiell-rechtlichen Sinne beendet ist (vgl.
[X.], Urteil vom 26.
Oktober 2017

4
StR
259/17, juris Rn.
14; Beschluss vom 18.
August 2015

1
StR
305/15, [X.], 305). Da das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne der §§
29
ff. BtMG erst beendet ist, wenn diese an den Abnehmer gelangt sind und die Gegenleistung erbracht ist (vgl. [X.] in Körner/[X.]/[X.], BtMG, 8.
Aufl., §
29 Teil
4 Rn.
201; [X.], BtMG, 5.
Aufl., §
29 Rn.
628),
kommt es für die Gesamtstrafenbildung nach §
55 Abs.
1 Satz
1 StGB insoweit nicht aus-schließlich auf den [X.]punkt des [X.], sondern auch auf etwaige nachfolgende Handelsakte an (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
Septem-ber 2014

3
StR
423/14, juris Rn.
4).
b)
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils erfolgten der Er-werb und die Einfuhr der Betäubungsmittel in Tat
4 an einem nicht näher be-zeichneten Tag im Oktober 2015. Damit war die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge zwar im Oktober 2015 beendet, das tateinheitlich be-gangene Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge indes lediglich vollendet, denn die Betäubungsmittel wurden anschließend noch be-stimmungsgemäß über das [X.] vertrieben. Da die nächste Einfuhrfahrt (Tat
5) erst am 23.
Dezember 2015 stattfand, erscheint es nicht ausgeschlos-sen, dass zum [X.]punkt der Vorverurteilung durch das [X.] am 23.
November 2015 noch nicht sämtliche im Rahmen von Tat
4 erworbenen Betäubungsmittel (30
kg Amphetamin und 2
kg Marihuana) abgesetzt waren.
12
13
-
7
-
c)
Der genaue [X.]punkt der Beendigung von Tat
4 kann hier jedoch letztlich dahinstehen, da der Senat auszuschließen vermag, dass das [X.] ohne Berücksichtigung von Tat
4 auf eine niedrigere erste Gesamtstrafe erkannt hätte und der Angeklagte durch eine rechtsfehlerhafte Gesamtstrafen-bildung beschwert wäre. Denn auch in diesem Fall verbliebe es bei Bildung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe bei einer Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (aus Tat
3). Dass das [X.] angesichts der [X.] einzubeziehenden Strafen von vier Jahren, drei Jahren und sechs [X.] sowie einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe auch mit Blick auf das den Angeklagten treffende
Gesamtstrafenübel eine noch geringere als die äußerst maßvoll bemessene Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren festgesetzt hätte, schließt der Senat aus.
3.
Dagegen hält die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß
§
64 StGB rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn das angefochtene Urteil verhält sich nicht zu der Frage, ob die Ge-fahr besteht, dass der Angeklagte infolge seines Hanges zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (§
64 Satz
1 StGB). Auch dem [X.] lässt sich die unterbliebene Gefährlichkeitsprognose nicht entnehmen. Deren gänzlich fehlende Erörterung erweist sich als durch-greifend rechtsfehlerhaft, da sich eine negative Prognose trotz des festgestell-ten [X.] des Angeklagten nicht von selbst versteht.
4.
Die Verfallsentscheidungen des [X.]

Anordnung des [X.] bezüglich des Pkw [X.] sowie des Verfalls des [X.] in Höhe von zehn Millionen Euro

haben ebenfalls keinen Bestand. Zwar ist die [X.], die zutreffend das bis zum 1.
Juli 2017 geltende Recht angewandt hat (§
316h Satz
2 EGStGB), im Ausgangspunkt zurecht davon ausgegangen, dass 14
15
16
-
8
-
[X.]s als erlangte Vermögensvorteile dem Verfall unterliegen, so dass hieran auch die
Anordnung des [X.] anknüpfen kann (vgl. [X.], [X.] vom 27.
Juli 2017

1
StR
412/16, [X.], 401, 404
f.; [X.], NStZ 2016, 441, 444; Greier, [X.], 249, 252
f.; Goger, [X.], 431, 432
f.). Die vom [X.] ausschließlich auf die Vorschriften der §§
73, 73a StGB
aF gestützten Verfallsanordnungen sind aber nicht tragfähig begründet, auch nicht in Bezug auf den für verfallen erklärten Pkw [X.].
a)
Das [X.] ist bereits von einem zu weiten Anwendungsbereich der §§
73, 73a StGB
aF ausgegangen.
aa)
Bei der Anordnung des Verfalls beziehungsweise des Verfalls des [X.] nach §§
73, 73a StGB
aF muss die Tat, für die oder aus der et-was erlangt worden ist, von der Anklage umfasst und Gegenstand der [X.] sein ([X.], Beschlüsse
vom 23.
Mai 2012

4
StR
76/12, [X.], 312; vom 20.
April 2010

4
StR
119/10, [X.], 255; vom 7.
Januar 2003

3
StR
421/02, [X.], 422
f.; vom 28.
März 1979

2
StR
700/78, [X.]St 28, 369; MüKo-StGB/[X.], 3.
Aufl.,
§
73 Rn.
24). Eine Anordnung des Verfalls bzw. des [X.]
nach §§
73, 73a StGB
aF für Erlöse aus nicht zur Aburteilung gelangten Straftaten ist unzulässig; insoweit kommt

bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen

nur der erweiterte Verfall nach §
73d StGB
aF in Betracht ([X.], Urteil vom 19.
Oktober 2011

1
StR 336/11, [X.], 81, 82).
Die insoweit erforderliche Abgrenzung hat das [X.] nicht vorge-nommen. Den Urteilsgründen kann weder entnommen werden, in welchem [X.] die vom Angeklagten vereinnahmten [X.]s den urteilsgegenständlichen Straftaten zuzuordnen sind, noch ist ersichtlich, ob der Pkw [X.] gerade 17
18
19
-
9
-
durch Einnahmen aus den verfahrensgegenständlichen Straftaten finanziert worden ist.
Gegenstand der Verurteilung ist allein der Handel des Angeklagten mit insgesamt 211,05
kg Amphetamin und
insgesamt 3
kg Marihuana in acht Fäl-len. Nur insoweit kamen Entscheidungen nach den §§
73, 73a StGB
aF in [X.]. In den Urteilsgründen werden den verfahrensgegenständlichen Taten jedoch keine Einnahmen

auch nicht im Wege einer Schätzung

zugeordnet, sondern es werden lediglich die Gesamteinnahmen des Angeklagten aus [X.] im Tatzeitraum benannt. Nach den Feststellungen des [X.] veräußerte
der Angeklagte im Tatzeitraum jedoch neben Amphe-tamin und Marihuana zahlreiche weitere illegale Betäubungsmittel. [X.] werden im angefochtenen Urteil zwar nicht im Einzelnen mitgeteilt. Dass auch dieser nicht verfahrensgegenständliche Handel von nen-nenswertem Umfang war, liegt aber bereits angesichts der im Depot der [X.] sichergestellten [X.] nahe (u.a. etwa 1,3
kg Kokain; 4.158
Einheiten LSD;
4,6
kg MDMA in kristalliner Form; 5,1
kg MDMA in Form von [X.]-Pillen). Zudem ergibt sich aus den in den Urteilsgründen mitgeteilten, vom Angeklagten ungefähr erzielten Verkaufspreisen für Amphe-tamin und Marihuana, dass allein mit den verfahrensgegenständlichen [X.] kein der Verfallsentscheidung entsprechender Betrag erwirtschaf-tet worden sein kann.
bb)
Es kommt hier auch nicht in Betracht, die Verfallsanordnung ergän-zend auf den

von der [X.] nicht in den Blick genommenen

erweiter-ten Verfall nach §
73d StGB
aF zu stützen.
Die Vorschrift des §
73d StGB
aF ist gegenüber §§
73, 73a StGB
aF subsidiär. Eine Anwendung des erweiterten Verfalls nach §
73d StGB
aF ist 20
21
22
-
10
-
daher erst dann möglich, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismit-tel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen der §§
73, 73a StGB
aF erfüllt sind (vgl.
[X.], Urteil vom 11.
Dezember 2008

4
StR
386/08, [X.]R StGB §
73a Anwendungsbereich
2; Beschlüsse vom 11.
Februar 2016

3
StR
486/15, juris Rn.
5;
vom 8.
August 2013

3
StR
226/13, [X.], 82, 83; vom 20.
April 2010

4
StR
119/10, [X.], 255; vom 7.
Januar 2003

3
StR
421/02, [X.], 422, 423; LK-StGB/[X.], 12.
Aufl., §
73d Rn.
11). Dies hindert es, in dem Verfahren wegen einer Anlasstat, die auf §
73d StGB
aF verweist, Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber [X.] möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens ge-macht werden, in dem die Voraussetzungen der vorrangig anwendbaren §§
73, 73a StGB zu prüfen sind ([X.], Beschlüsse vom 11.
Februar 2016

3
StR
486/15, aaO; vom 8.
August 2013

3
StR
226/13, aaO).
Vorliegend liegt es nahe, dass etwaige weitere Straftaten des Angeklag-ten konkretisiert werden können, da im Verfahren alle Angeklagten geständige Angaben gemacht haben und die einzelnen Bestellvorgänge in weiten Teilen durch [X.] dokumentiert sind.
b)
Zudem erweist sich die Anordnung des [X.] der Höhe nach insoweit als rechtsfehlerhaft, als das [X.] die Wertsteigerung der [X.]s bis kurz vor Ende der erstinstanzlichen Hauptverhandlung berücksich-tigt hat, obwohl der Angeklagte die [X.]s bereits zum [X.]punkt seiner Fest-nahme zum weit überwiegenden Teil nicht mehr innehatte.
aa)
Nach §
73a Satz
1 StGB
aF ordnet das Gericht, soweit der Verfall
eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des [X.] oder 23
24
25
-
11
-
aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatz-gegenstandes nach §
73 Abs.
2 Satz
2
StGB
aF abgesehen wird, den Verfall eines Geldbetrags an, der dem Wert des [X.] entspricht. Auf welchen [X.]punkt für die Wertbestimmung abzustellen ist, ist bislang unterschiedlich beurteilt worden.
(1)
Nach teilweise im Schrifttum vertretener Auffassung ist für die Wert-bestimmung im Rahmen von §
73a Satz
1 StGB
aF generell auf den [X.]punkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung abzustellen (vgl. [X.] in [X.]/
[X.], StGB, §
73a Rn.
2; [X.] in [X.]/[X.], StGB, 27.
Aufl., §
73a Rn.
12; [X.] in [X.], StGB, 28.
Aufl., §
73a Rn.
4; [X.], StGB, 64.
Aufl., §
73a Rn.
3; LK-StGB/[X.],
aaO, §
73a Rn.
13; NK-StGB/
Saliger, 5.
Aufl., §
73a Rn.
6).
(2)
Nach der Gegenansicht ist im Rahmen des §
73a Satz
1 StGB
aF derjenige [X.]punkt maßgeblich, zu welchem der Wertersatzanspruch als sol-cher entsteht; wird der Verfall des ursprünglich erlangten Gegenstandes im Sinne von
§
73a Satz
1 Var.
2 StGB
aF nachträglich unmöglich, soll daher auf den [X.]punkt des Eintritts der Unmöglichkeit abzustellen sein (vgl. MüKo-StGB/
[X.],
aaO, §
73a Rn.
17; [X.]/[X.], 9.
Aufl., §
73a Rn.
3; [X.] in [X.][X.], Wirtschafts-
und Steuerstrafrecht, §
73a Rn.
6; [X.], Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S.
67
f.; [X.], [X.], 2002, S.
117). Dieser Auffassung hat sich zuletzt das [X.] bezüglich des maßgeblichen Ver-kehrswertes von ursprünglich erlangten Aktien angeschlossen ([X.], Urteil vom 6.
Juni 2014

2
Ss
541/13, AG 2015, 45, 46
f.).
bb)
Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung insoweit, als für die Bestimmung des [X.] nach §
73a Satz
1 StGB
aF Wert-26
27
28
-
12
-
steigerungen
des [X.]
ab dem [X.]punkt, zu welchem die Voraussetzun-gen dieser Vorschrift eingetreten sind, unbeachtlich sind; bei nachträglicher Unmöglichkeit des unmittelbaren Verfalls im Sinne des §
73a Satz
1 Var.
2 StGB
aF bleiben ab diesem [X.]punkt eintretende Wertsteigerungen somit
außer Betracht (in diese Richtung weist auch die Gesetzesbegründung für die ab dem 1.
Juli 2017 geltende Vorschrift des §
73c StGB, die die Einziehung des Wertes von Taterträgen regelt und die inhaltlich die Vorschrift des §
73a StGB
aF übernommen hat, vgl. BT-Drucks. 18/1925, S.
67; [X.], [X.], 497, 504).
Während sich weder aus dem Wortlaut des §
73a Satz
1 StGB
aF noch aus der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drucks. 5/4095, S.
40) für die vorliegende Frage etwas ergibt, sprechen für dieses Verständnis Sinn und Zweck der Verfallsvorschriften. Diese haben das Ziel, dem illegitimen [X.] die durch eine rechtswidrige Tat erlangten Vermögensvorteile wieder abzunehmen (LK-StGB/[X.], aaO, §
73 Rn.
7; MüKo-StGB/[X.], aaO, §
73 Rn.
4; [X.]/[X.], aaO, §
73 Rn.
7; [X.], aaO, S.
68). Dabei muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter aus der Tat gezogen hat ([X.], Urteile vom 27.
November 2013

3
StR
5/13, [X.]St 59, 80, 92;
vom 19.
Januar 2012

3
StR
343/11, [X.]St 57, 79, 82; Beschluss vom 27.
Januar 2010

5
StR
224/09, NJW 2010, 882, 884; LK-StGB/[X.],
aaO, §
73 Rn.
19; [X.] in [X.], Wirt-schafts-
und Steuerstrafrecht, 2.
Aufl., §
73 StGB Rn.
23).
Wertsteigerungen, die der ursprünglich erlangte Gegenstand erfährt, nachdem der Täter diesen nicht mehr innehat, kommen dem Tätervermögen jedoch nicht mehr zugute. Würde man gleichwohl solche nachträglichen Wert-zuwächse im Rahmen von §
73a StGB
aF berücksichtigen, orientierte sich die 29
30
-
13
-
Abschöpfung an einem Wert, der von dem Täter zu keinem [X.]punkt seiner Verfügungsgewalt über das Erlangte hätte realisiert werden können (vgl. [X.], aaO; MüKo-StGB/[X.], aaO; [X.], aaO, S.
68; [X.], aaO, S.
117). Dies ginge aber über die genannte Zielsetzung des Verfalls

spiegelbildliche Abschöpfung illegitim erlangter Vermögensvorteile

hinaus. Eine solchermaßen verschärfte Haftung rechtfertigt sich auch nicht aufgrund des Rechtscharakters des [X.] nach §
73a StGB
aF, da dieses Institut lediglich der Lückenschließung für Fälle dient, in denen ein an sich zu-lässiger Verfall des erlangten [X.] aus bestimmten Gründen nicht möglich ist ([X.] in [X.]/[X.], aaO, §
73a Rn.
1; LK-StGB/[X.], aaO, §
73a Rn.
2; [X.], aaO, S.
67; Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, S.
89). Mit dieser bloßen Auffang-funktion ist eine über die illegitime Vermögensmehrung hinausgehende Haftung nicht vereinbar.
cc)
Gemessen daran hätte die [X.] bei der Ermittlung des [X.] nicht auf den Wert der [X.]s, den diese zum [X.]punkt der Hauptverhandlung hatten, abstellen dürfen.
dd)
Der vorliegenden Entscheidung steht nicht die
zu §
401 der [X.] ([X.]) ergangene Entscheidung des 1.
Ferienstrafsenats vom 27.
August 1953 (1
StR
781/52, [X.]St 4, 305
ff.) entgegen. Die Vorschrift des §
401 [X.] ermöglichte in Abs.
1 die
Einziehung der steuerpflichtigen Erzeugnisse und zollpflichtigen Waren, hinsichtlich derer eine Steuerhinterzie-hung begangen worden war, sowie der zur Tatbegehung genutzten Beförde-rungsmittel; Abs.
2 sah im Fall einer nicht mehr vollziehbaren Einziehung die Auferlegung
einer Wertersatzleistung vor. Für die Bemessung dieser Wert-31
32
-
14
-
ersatzleistung war der [X.]punkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung als maßgeblich erachtet worden ([X.],
aaO).
Hieraus ergibt sich keine Divergenz im Sinne des §
132 Abs.
2 [X.] (vgl. auch [X.],
aaO). Die Entscheidung vom 27.
August 1953 betraf ein anderes, inzwischen aufgehobenes Gesetz. Das Verfallsrecht der §§
73
ff. StGB
aF
wurde dagegen erst durch das [X.] des Straf-rechts vom 4.
Juli 1969 ([X.]
I, S.
717
ff.) zum 1.
Januar 1975 eingeführt und geht in seinem Anwendungsbereich deutlich über die Einziehung nach §
401 [X.] hinaus. Zudem war die Einziehung nach §
401 [X.]

anders als der Verfall

als Nebenstrafe ausgestaltet (vgl. [X.], [X.], 2.
Aufl. [1956], S.
106 und 109).
c)
Es kommt schließlich nicht mehr entscheidend darauf an, dass auch die Anwendung der Härtevorschrift des §
73c StGB
aF durch das [X.] durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, da es in Anwendung dieser Vorschrift lediglich den von ihm aufgrund der erlangten [X.]s errechneten Betrag von 10.528.591,55
Euro auf zehn Millionen Euro reduziert, sich aber nicht in tragfähiger Weise damit auseinandergesetzt hat, ob der Wert des [X.] auch insoweit noch
im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist (§
73c Abs.
1 Satz
2 StGB; zur Prüfungsreihenfolge [X.], Beschlüsse vom 16.
Juli 2015

4
StR
265/15, [X.], 307; vom 21.
März 2013

3
StR
52/13, [X.], 630; jeweils mwN).
Das [X.] hat seine Annahme, der Verfallsbetrag von zehn Millio-nen Euro sei noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden, allein auf die Er-wägung gestützt, der Angeklagte habe Interesse an Immobilien in [X.], [X.] und [X.] bekundet. Aus dem bloßen, nicht näher spezifizierten 33
34
35
-
15
-
Interesse an Immobilien ergibt sich jedoch nicht, dass der Angeklagte über er-hebliche finanzielle Mittel verfügte.
5.
a)
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat

mit Blick auf die Ausführungen des [X.] auf UA
127

darauf hin, dass
es auf die Mög-lichkeit der Anordnung eines unmittelbaren Verfalls von [X.]s nach §
73 StGB
aF ohne Auswirkung
ist, ob den Ermittlungsbehörden der private [X.] für das Wallet bekannt ist. Die Erlangung der faktischen Verfügungsgewalt über die [X.]s setzt zwar die Kenntnis des privaten Schlüssels voraus; die mit einer [X.] verbundenen tatsächlichen Hindernisse betreffen aber allein die Vollstreckung der Verfallsentscheidung und lassen die Anordnung des Verfalls unberührt ([X.], Beschluss vom 27.
Juli 2017

1
StR
412/16, [X.], 401, 405; [X.], NStZ 2016, 441, 445).
b)
Auch das neue Tatgericht wird bei den zu treffenden [X.] das bis zum 1.
Juli 2017 geltende Recht anzuwenden haben (vgl. [X.], Urteil vom 29.
März 2018

4
StR
568/17, NJW 2018, 1831, 1832).
Sost-Scheible
Franke
Bender

Quentin
Feilcke
36
37

Meta

4 StR 569/17

06.06.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.06.2018, Az. 4 StR 569/17 (REWIS RS 2018, 8219)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8219

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 569/17

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