Bundessozialgericht, Urteil vom 09.02.2011, Az. B 6 KA 5/10 R

6. Senat | REWIS RS 2011, 9655

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Auslegung eines Klageantrags durch Revisionsgericht - notwendige Beiladung des Mitglieds einer Gemeinschaftspraxis - Wirtschaftlichkeitsprüfung - Adressat eines Arzneikostenregresses bei einer Gemeinschaftspraxis - Krankenkasse - Verpflichtung der Prüfgremien zur Regressfestsetzung bei unzulässiger Arzneimittelverordnung


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 18. März 2009 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.] steht ein Regress wegen der Verordnung des zu den Immunglobulinen zählenden Arzneimittels [X.] in den [X.] und [X.]/2000.

2

Aufgrund eines gegen die [X.]. [X.] gerichteten Antrags der Rechtsvorgängerin der klagenden Krankenkasse setzte der Prüfungsausschuss wegen der Verordnung von [X.] für einen bei der Klägerin versicherten Patienten in den [X.] und [X.]/2000 einen Regress in Höhe von 22 596,95 DM (11 553,64 Euro) gegen [X.] und [X.] fest. [X.], der als Arzt für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung in [X.] teilnimmt und eine onkologische Schwerpunktpraxis betreibt, übte in der [X.] vom [X.] bis zum 31.12.2004 die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinschaftlich mit [X.], einer Ärztin für Allgemeinmedizin, aus. Auf den gemeinsam von [X.] und [X.] eingelegten Widerspruch hob der beklagte Beschwerdeausschuss mit seinem an die [X.]. [X.] gerichteten Bescheid vom 25.3.2003 die Schadensersatzverpflichtung mit der Begründung auf, dass [X.] indikationsgerecht verordnet worden sei.

3

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 18.8.2003 beantragt, "den Widerspruchsbescheid des Beklagten … aufzuheben und eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber [X.] in Höhe von 11.553,64 Euro festzusetzen". In der Begründung heißt es [X.], der Beklagte habe in seiner Entscheidung vom 25.3.2003 die zuvor vom Prüfungsausschuss festgesetzte Schadensersatzverpflichtung "gegenüber dem Vertragsarzt Dr. med. M. K." aufgehoben. Nachdem sich die Rechtsanwälte Di. unter Bezugnahme auf die im Prüfverfahren vorgelegte Vollmacht für [X.] und [X.] gemeldet hatten, hat das [X.] die [X.] sowie - zu 2. - die [X.]. [X.] beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] hat die Klägerin zu Protokoll beantragt, den Bescheid des Beklagten aufzuheben und ihn zu verpflichten, eine Schadensersatzverpflichtung "gegenüber dem Beigeladenen zu 2" in Höhe von 11 553,64 Euro festzusetzen. Das [X.] hat dem Antrag mit Urteil vom [X.] entsprochen.

4

Das L[X.] hat mit Urteil vom 18.3.2009, in dessen Rubrum es die [X.]. [X.] als Beigeladene zu 2. und [X.] als Berufungskläger aufführt, auf "die Berufungen des Berufungsklägers und der Beigeladenen zu 2" das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig. Ein Regress habe für das Q[X.]rtal I/2000 nur gegen den Berufungskläger und für das Q[X.]rtal [X.]/2000 nur gegen die Beigeladene zu 2. festgesetzt werden dürfen. Das [X.] habe den Berufungskläger aber für beide streitigen Q[X.]rtale als richtigen Adressaten angesehen und den Beklagten dementsprechend verurteilt. Insofern habe es jedoch an dem erforderlichen Widerspruchsverfahren gefehlt, weil der angefochtene Bescheid gegenüber der Beigeladenen zu 2. ergangen sei. Gehe man davon aus, das [X.] habe den Beklagten verpflichten wollen, den Regress gegen die Gemeinschaftspraxis festzusetzen, wäre das Urteil ebenfalls fehlerhaft. Einen diesbezüglichen [X.] habe die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gestellt, während er zuvor darauf gerichtet gewesen sei, eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber [X.] festzusetzen. Durch diese (zulässige) Klageänderung dürften keine Sachurteilsvoraussetzungen umgangen werden; dies sei jedoch vorliegend der Fall. Entweder sei der [X.] auf die Festsetzung eines Schadensersatzes gegenüber beiden Ärzten als Einzelpersonen gerichtet - dann fehle es an einem hierauf gerichteten Verfahren vor dem Beklagten - oder der [X.] sei auf die Festsetzung eines Schadensersatzes gegenüber der Gemeinschaftspraxis gerichtet - dann fehle es an einer fristgerechten Klageerhebung, weil der erstmals in der mündlichen Verhandlung am [X.] gestellte Antrag die Klagefrist nicht wahre.

5

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Das L[X.] habe die Möglichkeit einer Auslegung der im Verwaltungsverfahren und vor dem [X.] gestellten Anträge nach dem objektiv erkennbaren Willen nicht in Betracht gezogen. Sie - die Klägerin - habe unverkennbar die Festsetzung einer Regressverpflichtung der Gemeinschaftspraxis angestrebt. Dementsprechend habe der Beklagte den Widerspruchsbescheid an die Gemeinschaftspraxis adressiert. Der Antrag vor dem [X.] sei vor dem Hintergrund der unzutreffenden Erklärung von [X.] zu sehen, er habe die Praxis in der streitigen [X.] allein geführt. Das L[X.] hätte [X.] jedenfalls in seiner Eigenschaft als Rechtsnachfolger als Anspruchsgegner ansehen müssen. Zu Unrecht habe das L[X.] im Übrigen angenommen, dass sich die Regressverpflichtung nur gegen die Gemeinschaftspraxis habe richten dürfen. Insbesondere habe es übersehen, dass sich die Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegenüber Dritten nach den Grundsätzen der [X.] richte (§§ 128 bis 130 Handelsgesetzbuch ). Nach § 128 HGB hafteten alle Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft - auch nach deren Beendigung - persönlich. Ein Regressbescheid könne sich nicht nur gegen die Gemeinschaftspraxis, sondern auch bzw stattdessen gegen die einzelnen Gesellschafter richten. Das L[X.] habe auch die Voraussetzungen für eine fristgerecht erhobene Klage verkannt, denn nach der Rechtsprechung des [X.] (Beschluss vom [X.] - [X.] 310 § 91 VwGO [X.]) sei eine geänderte Klage selbst dann nicht unzulässig, wenn ein neuer Beklagter erst nach Ablauf der Klagefrist in das Verfahren einbezogen worden sei.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts [X.]-Brandenburg vom 18.3.2009 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

7

Der Beklagte beantragt nach der Gesamtwürdigung seines Vorbringens sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

8

Der Beigeladene [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des Berufungsgerichts für zutreffend. Eine Auslegung des eindeutig formulierten Klageantrags sei ausgeschlossen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet. Das [X.] hat die Klage der Klägerin zu Unrecht als unzulässig abgewiesen, weil es den Streitgegenstand verkannt und damit § 123 [X.] verletzt hat. Der Auffassung des [X.], die Klage sei unzulässig gewesen, kann nicht gefolgt werden.

1. Der [X.] hat bereits im Streit um einen Verordnungsregress gegen die Beigeladene zu 2. für das Quartal IV/2000 dargelegt, dass das Gericht nach § 123 [X.] über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (Urteil vom 8.12.2010 - [X.] [X.]/09 R). Bei unklaren Anträgen muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 123 RdNr 3). Im Übrigen muss dann, wenn der Wortlaut eines Antrags nicht eindeutig ist, im Wege der Auslegung festgestellt werden, welches das erklärte Prozessziel ist ([X.], 93, 94 = [X.] 2200 § 205 [X.]; [X.] aaO). In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 BGB ist nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen und zu berücksichtigen. Dieser kann sich nicht nur aus dem Wortlaut der Erklärung, sondern auch aus den sonstigen Umständen - etwa dem Inhalt der Verwaltungsakten - ergeben. Allerdings können nur solche Umstände bei der Ermittlung des wirklichen Willens berücksichtigt werden, die für das Gericht und die anderen Prozessbeteiligten erkennbar sind ([X.], 93, 94 = [X.] 2200 § 205 [X.] unter Hinweis auf [X.] 54, 1, 7).

Bei der Auslegung geht das Gericht davon aus, was der Kläger mit der Klage erreichen möchte ([X.], aaO, § 123 RdNr 3). Im Zweifel wird dieser den Antrag stellen wollen, der ihm am besten zum Ziel verhilft, wobei anzunehmen ist, dass er alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zustehen kann ([X.] aaO mwN). Zur Auslegung des Klageantrags ist auch das Revisionsgericht berufen, ohne dabei an die durch das [X.] vorgenommene Auslegung gebunden zu sein ([X.] vom 16.5.1995 - 9 RVs 11/94 - juris Rd[X.]3, unter Hinweis auf B[X.] [X.] 3-1500 § 145 [X.] und [X.], 328, 334 mwN).

a) Die von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 18.8.2003 gewählte Formulierung des Antrags, "eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber Dr. [X.] festzusetzen", und der Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.], "gegenüber dem Beigeladenen zu 2 eine Schadensersatzverpflichtung … festzusetzen", waren zutreffend, soweit das Quartal I/2000 betroffen war. Der Bescheid des Beklagten für das Quartal I/2000 richtete sich (auch) gegen Dr. [X.]

Der Antrag der Rechtsvorgängerin der Klägerin vom 22.5.2001 nennt als Betreff "Gemeinschaftspraxis Dres. med. [X.] und D." und verweist zunächst auf die [X.], die Dr. [X.] zugeordnet war, und - sodann - auf die [X.], die der Gemeinschaftspraxis zugeordnet war. Die Fassung des Antrags rührt daher, dass der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Mai 2001 nicht bewusst war, dass ein Teil der Verordnungen auf einen Zeitraum entfiel, in dem sich hinter der Abrechnungsnummer 7 nur die Einzelpraxis und noch nicht die Gemeinschaftspraxis verbarg.

Dieser Umstand fiel, offenbar weil hier kein quartalsweise festzusetzender Regress wegen unwirtschaftlichen Verordnungsverhaltens, sondern ein Regress wegen unzulässiger Arzneimittelverordnungen zu Gunsten eines einzelnen Patienten über mehrere Quartale hinweg betroffen war (zu den damit verbundenen verfahrensrechtlichen Konsequenzen näher B[X.]E 106, 110 = [X.] 4-2500 § 106 [X.]7, Rd[X.]2 ff), auch weder der antragstellenden Krankenkasse noch dem Prüfungsausschuss bzw dem beklagten Beschwerdeausschuss auf. In dessen Entscheidung vom 25.3.2003 wird im Rubrum die "Gemeinschaftspraxis" als Widerspruchsführer geführt.

Im Klageverfahren ist die Gemeinschaftspraxis beigeladen und durch einen Bevollmächtigten vertreten worden. Dieser hat sich mit Schriftsatz vom [X.] sowohl für Dr. [X.] als auch für [X.] bestellt. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmacht vom [X.] ist von Dr. [X.] und [X.] unterschrieben und in Sachen dieser beiden ausgestellt worden. In der mündlichen Verhandlung am [X.] hat das [X.] nur noch Dr. [X.] als Beigeladenen zu 2. angesehen, ohne dass die Beiladung geändert worden wäre. Dr. [X.] hat fälschlicherweise erklärt, es habe im gesamten streitigen Zeitraum eine Einzelpraxis bestanden. Berufung ist allein im Namen von Dr. [X.] eingelegt worden. In der Berufungsbegründung wird zwar zum Sachverhalt ausgeführt, seit dem [X.] habe eine Gemeinschaftspraxis bestanden, rechtliche Folgerungen sind hieraus nicht gezogen worden. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung, wonach alle Aktiva und Passiva nach der Beendigung der Gemeinschaftspraxis auf ihn übergingen, hat sich Dr. [X.] nach Beendigung der Gemeinschaftspraxis ohnehin als allein Berechtigten betrachtet.

In dieser besonderen Konstellation stellt sich die Rubrizierung der Gemeinschaftspraxis im Rubrum des angefochtenen Bescheides des Beklagten als partielle, aber unschädliche Falschbezeichnung heraus (zur revisionsgerichtlichen Befugnis, Verwaltungsakte auszulegen, s B[X.]E 96, 161 = [X.] 4-2500 § 13 [X.], Rd[X.]6 mwN; B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]4). Der Bescheid des Beklagten sollte ersichtlich auch die unter der [X.] der Einzelpraxis ausgestellten Verordnungen des Quartals I/2000 erfassen, und das ist weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren als fehlerhaft gerügt worden. Bei verständiger Auslegung der angefochtenen Entscheidung des Beklagten und bei Würdigung des Verhaltens der betroffenen Ärzte sowie ihres Bevollmächtigten im Widerspruchs- und Klageverfahren betrifft der Bescheid des Beklagten, soweit er sich auf das Quartal I/2000 bezieht, Verordnungen nur von Dr. [X.] und setzt nur diesem gegenüber einen Regress fest. Diese selbstverständliche Rechtsfolge hat der [X.] in dem am [X.] entschiedenen Parallelverfahren [X.] [X.] 20/09 R, das ebenfalls die hier streitigen Quartale betraf, ausdrücklich zur Klarstellung in den Tenor seines Urteils aufgenommen. Ausgehend von dieser Auslegung des angefochtenen Bescheides stellt sich die Frage, ob es insofern an dem erforderlichen Vorverfahren nach § 78 [X.] fehlt, nicht.

Allerdings ist Dr. [X.] bislang nicht am gerichtlichen Verfahren beteiligt. Er ist zu keinem Zeitpunkt förmlich beigeladen worden, eine konkludente Beiladung ist nicht möglich (Urteil des [X.]s vom 8.12.2010 - [X.] [X.]/09 R - Rd[X.]5). Als Gesamtschuldner kann er zwar für die Gemeinschaftspraxis berechtigt und verpflichtet sein (vgl zuletzt Urteil des [X.]s vom 3.2.2010 - [X.] [X.] 37/08 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6 mwN). Die Beiladung der Gemeinschaftspraxis als eigenständige Rechtsperson ersetzt aber die Beiladung von Dr. [X.] nicht, soweit es um seine persönliche Haftung geht. Das [X.] wird daher die nach § 75 Abs 2 [X.] notwendige Beiladung noch nachzuholen haben.

b) Soweit das Quartal III/2000 betroffen war, war der Bescheid zutreffend an die Gemeinschaftspraxis adressiert. Die Formulierung des Antrags, auch für dieses Quartal "eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber Dr. [X.] festzusetzen", beruhte ganz offensichtlich auf einem Irrtum (vgl Urteil des [X.]s vom 8.12.2010 - [X.] [X.]/09 R - Rd[X.]9). In der Begründung der Klage ist vorgetragen worden, der Beklagte habe die zuvor vom Prüfungsausschuss festgesetzte Schadensersatzverpflichtung "gegenüber dem Vertragsarzt Dr. [X.]" aufgehoben. Dies ist jedoch erkennbar hinsichtlich des [X.] unzutreffend. Da es seinerzeit Verordnungsregresse hinsichtlich mehrerer Quartale sowohl gegen die Einzelpraxis Dr. [X.] als auch gegen die Gemeinschaftspraxis gab, hat die Klägerin offenbar nicht mehr zwischen Einzel- und Gemeinschaftspraxis differenziert. Es kommt hinzu, dass Dr. [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] angegeben hat, in den streitigen Quartalen in Einzelpraxis tätig gewesen zu sein.

Ist somit davon auszugehen, dass die Klägerin für das Quartal III/2000 eine Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung eines [X.]s gegen die Gemeinschaftspraxis begehrt hat, hat sich daran auch nichts dadurch geändert, dass in das Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem [X.] - vermutlich auf Anregung des Gerichts - ein anders formulierter Antrag aufgenommen worden ist.

Soweit das Quartal III/2000 betroffen ist, ist das [X.] im Übrigen zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Regress wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nur zu Lasten der Gemeinschaftspraxis hätte festgesetzt werden dürfen. Vielmehr kommt eine [X.] sowohl gegen die Gemeinschaftspraxis als auch gegen deren Mitglieder in Betracht (vgl Urteil des [X.]s vom 8.12.2010 - [X.] [X.]/09 R - Rd[X.]4).

Zutreffend ist zwar, dass im Regelfall die Gemeinschaftspraxis [X.] wie auch etwaige Honorarkürzungen zu tragen hat (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]1; B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6; [X.] vom [X.] [X.] 21/09 R - [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]5; s auch B[X.] [X.] 4-1500 § 141 [X.] Rd[X.]7 sowie B[X.] [X.] 4-5555 § 15 [X.] Rd[X.]5). Jedoch tritt neben die Verpflichtung (bzw Haftung) der Gemeinschaftspraxis eine solche ihrer Gesellschafter. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des [X.]s, dass für Regressansprüche der Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung nicht nur die Gemeinschaftspraxis selbst einzustehen hat, sondern auch jedes ihrer Mitglieder (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]2; B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6; [X.] vom [X.] [X.] 21/09 R - Rd[X.]5, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Sie sind persönlich haftende Schuldner für Forderungen gegen die Gemeinschaftspraxis, die sich [X.] im Falle rechtswidrigen Behandlungs- oder Verordnungsverhaltens von Praxispartnern ergeben (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6 mwN). Dementsprechend sind Regress- bzw Rückforderungsbescheide, die nur gegen einen Partner der Gemeinschaftspraxis gerichtet sind, nicht zu beanstanden (B[X.]E 89, 90, 93 = [X.] 3-2500 § 82 [X.]; [X.] vom [X.] [X.] 7/09 R - RdNr 30, zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] 4-5520 § 32 [X.] vorgesehen).

Umgekehrt hat der [X.] dem einzelnen Praxispartner das Recht eingeräumt, Forderungen, die gegenüber der Gemeinschaftspraxis geltend gemacht werden, wahlweise zusammen mit seinen Praxispartnern gemeinschaftlich abzuwehren, oder sie - sowohl wenn sie nur gegenüber der Gemeinschaftspraxis als auch wenn sie auch ihm selbst gegenüber geltend gemacht werden - allein abzuwehren (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6 unter Hinweis auf B[X.]E 89, 90, 92 f = [X.] 3-2500 § 82 [X.] und B[X.], [X.], 172). Darauf, ob die Gemeinschaftspraxis noch fortbesteht oder bereits aufgelöst ist, kommt es auch insoweit nicht an (vgl § 730 Abs 2 Satz 1 BGB; siehe dazu B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6; s auch [X.] vom [X.] [X.] 7/09 R, [X.] 2010, 615, auch zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] 4-5520 § 32 [X.] vorgesehen; zuletzt [X.] vom 8.12.2010 - [X.] [X.] 33/09 R - Rd[X.]1, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

2. In der Sache selbst weist der [X.] darauf hin, dass die Klägerin zu Recht die Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung eines [X.]s begehren dürfte. Der [X.] hat bereits mit Urteilen vom [X.] ([X.] [X.] 6/09 R - B[X.]E 106, 110 = [X.] 4-2500 § 106 [X.]7 - und [X.] [X.] 20/09 R) in Verfahren, die ebenfalls [X.] wegen der Verordnung von [X.] durch Mitglieder der früheren Gemeinschaftspraxis betrafen, bestätigt, dass in derartigen Fällen ein Ersatzanspruch der Krankenkasse besteht.

Meta

B 6 KA 5/10 R

09.02.2011

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Berlin, 22. März 2006, Az: S 83 KA 185/03, Urteil

§ 75 Abs 2 SGG, § 123 SGG, § 106 Abs 2 SGB 5

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 09.02.2011, Az. B 6 KA 5/10 R (REWIS RS 2011, 9655)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9655

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