Bundessozialgericht, Urteil vom 08.12.2010, Az. B 6 KA 38/09 R

6. Senat | REWIS RS 2010, 619

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - Auslegung nicht eindeutiger Prozessanträge - Regressbescheid gegen Gemeinschaftspraxis - Haftung aller Mitglieder für unzulässige Verordnungen eines Mitglieds


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 26. November 2008 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit steht noch ein Regress wegen der Verordnung des zu den Immunglobulinen zählenden Arzneimittels [X.] im Q[X.]rtal IV/2000.

2

Der vom Berufungsgericht als "Beigeladener zu 4." geführte [X.], der als Arzt für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung in [X.] teilnimmt, betreibt eine onkologische Schwerpunktpraxis. In der [X.] vom [X.] bis zum 31.12.2004 übte er die vertragsärztliche Tätigkeit mit der als "Beigeladene zu 5." geführten [X.], einer Ärztin für Allgemeinmedizin, gemeinschaftlich aus. Im Q[X.]rtal I/2000 verordnete [X.] sowie im Q[X.]rtal IV/2000 ein Mitglied dieser Gemeinschaftspraxis der Patientin H., die bei der Klägerin - einer gesetzlichen Krankenkasse - versichert war, das Arzneimittel [X.].

3

Aufgrund eines gegen die [X.]. [X.] gerichteten Antrags der Rechtsvorgängerin der Klägerin setzte der Prüfungsausschuss wegen dieser Verordnungen einen Regress in Höhe von 36 821,34 DM (18 826,45 Euro) gegen [X.] und [X.] fest. Auf den Widerspruch von [X.] und [X.] reduzierte der beklagte Beschwerdeausschuss mit seinem an die [X.]. [X.] gerichteten Bescheid vom 25.3.2003 die [X.] (7752,49 Euro) mit der Begründung, dass [X.] im Q[X.]rtal IV/2000 indikationsgerecht verordnet worden sei; im Übrigen (bezüglich des [X.]) wies er den Widerspruch zurück.

4

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 18.8.2003 beantragt, "den Widerspruchsbescheid des Beklagten … aufzuheben und eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem Vertragsarzt Dr. med. K. in Höhe von 18 826,45 Euro festzusetzen". Zur Begründung hat sie [X.] ausgeführt, der Beklagte habe in seiner Entscheidung vom 25.3.2003 die zuvor vom Prüfungsausschuss festgesetzte Schadensersatzverpflichtung "gegenüber dem Vertragsarzt Dr. med. [X.]" reduziert. Das [X.] hat die [X.], die [X.] (nachfolgend beschränkt auf den [X.]) sowie - zu 3. - die [X.]. [X.] beigeladen. In der öffentlichen Sitzung des [X.] hat die Klägerin zu Protokoll beantragt, den Bescheid des Beklagten aufzuheben, soweit für das Q[X.]rtal IV/2000 die indikationsgerechte Verordnung von [X.] festgestellt worden ist, und den Beklagten zu verpflichten, eine Schadensersatzverpflichtung "gegenüber [X.] und [X.]" in Höhe von 11 073,96 Euro festzusetzen. Das [X.] hat dem Antrag mit Urteil vom 1.11.2006 entsprochen. Das Urteil wurde den Rechtsanwälten [X.], die ausweislich der mit der Unterschrift von [X.] und dem Stempel der [X.]. [X.] versehenen Prozessvollmacht zur Vertretung der Beigeladenen zu 3. bevollmächtigt waren, am 18.4.2007 zugestellt.

5

Dagegen haben [X.] am 14.5.2007 und [X.] am [X.] Berufung eingelegt. Das L[X.] hat mit Urteil vom 26.11.2008, in dessen Rubrum es die [X.]. [X.] als Beigeladene zu 3., [X.] als "Beigeladenen zu 4." sowie als Berufungskläger und [X.] als "Beigeladene zu 5." sowie als Berufungsklägerin aufführt, das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig, da sich die Ansprüche gegen die (frühere) Gemeinschaftspraxis richteten, sodass ein Regress bzw eine Schadensersatzverpflichtung nur zu Lasten der Beigeladenen zu 3. habe festgesetzt werden dürfen. Einen diesbezüglichen [X.] habe die Klägerin jedoch erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gestellt, während er zuvor darauf gerichtet gewesen sei, eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber [X.] festzusetzen. Durch diese (zulässige) Klageänderung dürften keine Sachurteilsvoraussetzungen umgangen werden; dies sei jedoch vorliegend der Fall. Denn entweder sei der [X.] auf die Festsetzung eines Schadensersatzes gegenüber beiden Ärzten als Einzelpersonen gerichtet - dann fehle es an einem hierauf gerichteten Verfahren vor dem Beklagten - oder der [X.] sei auf die Festsetzung eines Schadensersatzes gegenüber der Gemeinschaftspraxis gerichtet - dann fehle es an einer fristgerechten Klageerhebung, weil der erstmals in der mündlichen Verhandlung am 1.11.2006 gestellte Antrag die Klagefrist nicht wahre.

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Das L[X.] habe zu Unrecht angenommen, dass sich die Regressverpflichtung nur gegen die Gemeinschaftspraxis habe richten dürfen. Insbesondere habe es übersehen, dass sich die Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegenüber [X.] nach den Grundsätzen der [X.] richte (§§ 128 bis 130 Handelsgesetzbuch ). Nach § 128 HGB hafteten alle Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft - auch nach deren Beendigung - persönlich. [X.] richte sich ein Regressbescheid nicht nur gegen die Gemeinschaftspraxis, sondern auch bzw stattdessen gegen die einzelnen Gesellschafter. Im Übrigen habe das L[X.] ihren in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gestellten Antrag zu Unrecht als Klageänderung angesehen. Vor der Annahme einer Klageänderung hätte es zunächst eine Auslegung des Antrags vornehmen müssen, insbesondere deswegen, weil allen Beteiligten klar gewesen sei, dass es um eine Regressverpflichtung der Gemeinschaftspraxis gegangen sei. Dass dennoch eine Schadensersatzverpflichtung gegen [X.] und [X.] festgesetzt worden sei, dürfe dem Umstand geschuldet sein, dass dem [X.] möglicherweise aus einem Parallelverfahren bekannt gewesen sei, dass die Gemeinschaftspraxis zum [X.]punkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr existiert habe, und es mangels Kenntnis der Rechtsprechung des B[X.] zum Fortbestehen der Gemeinschaftspraxis versucht habe, das Problem durch Heranziehung der ehemaligen Gemeinschaftspraxispartner zu lösen. Das L[X.] habe auch die Voraussetzungen für eine fristgerecht erhobene Klage verkannt, denn nach der Rechtsprechung des [X.] (Beschluss vom [X.]/92 -) sei eine geänderte Klage selbst dann nicht unzulässig, wenn ein neuer Beklagter erst nach Ablauf der Klagefrist in das Verfahren einbezogen worden sei.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts [X.]-Brandenburg vom 26.11.2008 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht [X.](ver)weisen.

8

Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt und von einer Äußerung abgesehen.

9

           

Die Beigeladene zu 3. beantragt, wie sich aus den Ausführungen ihrer ehemaligen Mitglieder ergibt

        

die Revision zurückzuweisen.

[X.] hält das Urteil des Berufungsgerichts für zutreffend. Ziel der Klage habe es nur sein können, eine Entscheidung zu Lasten des Adressaten der Entscheidung des Beklagten - also der Gemeinschaftspraxis -, nicht aber eine Entscheidung zu Lasten eines [X.] herbeizuführen. Bezüglich seiner - [X.] Inanspruchnahme fehle es bereits an der Durchführung eines entsprechenden Verwaltungsverfahrens. Ein Verwaltungsakt, der eine Regressverpflichtung zum Inhalt habe, richte sich nur gegen die Gemeinschaftspraxis, nicht jedoch auch bzw stattdessen gegen die einzelnen Gesellschafter. Insoweit helfe auch § 128 HGB nicht weiter, denn es könne nur gegen die jeweils gerichtlich in Anspruch genommene [X.] - also entweder die Gesellschaft oder die Gesellschafter - vollstreckt werden. Eine im Zivilprozess mögliche Klageerweiterung hinsichtlich einzelner Gesellschafter verbiete sich im Sozialgerichtsprozess, da dadurch das notwendige Verwaltungs- und Klageverfahren umgangen werde. Eine Auslegung des eindeutig formulierten Klageantrags sei ausgeschlossen. Die "Beigeladene zu 5." habe bis zur mündlichen Verhandlung nicht gewusst, dass ein Regress auch gegen sie als Gesellschafterin festgesetzt werden könnte; sie habe daher auf die Bestandskraft des Bescheides vertrauen können.

[X.] hält ebenfalls das Urteil des Berufungsgerichts für zutreffend. Im Laufe eines streitigen Sozialverfahrens könne nicht beliebig zwischen völlig verschiedenen Rechtssubjekten als Verfahrensbeteiligte hin und her gewechselt werden. Für die Klägerin habe die Pflicht bestanden, den Regressantrag hinreichend zu bestimmen. Zwischen einem Gesellschaftsprozess und einem Gesellschafterprozess sei streng zu unterscheiden. Zudem habe es bereits im erstinstanzlichen Verfahren an der notwendigen Beiladung der einzelnen Gesellschafter als nunmehr neue Regressadressaten gefehlt; diese könne insbesondere nicht durch eine Rubrumsberichtigung ersetzt werden.

Die übrigen Beigeladenen haben sich weder geäußert noch Anträge gestellt.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 165, 153 iVm § 124 Abs 2 [X.]G) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet. Das [X.] hat die Klage der Klägerin zu Unrecht als unzulässig abgewiesen.

1. Der [X.] hat das Rubrum dahin gehend berichtigt, dass allein die (ehemalige) Gemeinschaftspraxis als Beigeladene (zu 3.) geführt und diese durch ihre früheren Mitglieder vertreten wird. Eine förmliche Beiladung von [X.] bzw [X.] ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt; eine konkludente Beiladung ist nicht möglich ([X.], 428, 429 = [X.] 1968, 122; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 75 Rd[X.]4a).

2. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.] ist deshalb geboten, weil es den Streitgegenstand verkannt und damit § 123 [X.] verletzt hat. Der Auffassung des [X.], die Klägerin habe ihren ursprünglich auf Festsetzung einer Schadensersatzverpflichtung gegenüber [X.] gerichteten [X.] in der mündlichen Verhandlung in einen solchen auf Verpflichtung der Gemeinschaftspraxis geändert, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr ergibt sich im Wege der Auslegung, dass von Anfang an eine Verpflichtung der Gemeinschaftspraxis gewollt war.

Nach § 123 [X.] entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, das sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 123 RdNr 3). Im Übrigen muss dann, wenn der Wortlaut eines Antrags nicht eindeutig ist, im Wege der Auslegung festgestellt werden, welches das erklärte Prozessziel ist ([X.], 93, 94 = [X.] 2200 § 205 [X.]; [X.] aaO). In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 [X.] ist nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen und zu berücksichtigen, welcher sich nicht nur aus dem Wortlaut der Erklärung, sondern auch aus den sonstigen Umständen - etwa dem Inhalt der Verwaltungsakten - ergeben kann. Allerdings können nur solche Umstände bei der Ermittlung des wirklichen Willens berücksichtigt werden, die für das Gericht und die anderen Prozessbeteiligten erkennbar sind ([X.], 93, 94 = [X.] 2200 § 205 [X.] unter Hinweis auf [X.] 54, 1, 7).

Bei der Auslegung geht das Gericht davon aus, was der Kläger mit der Klage erreichen möchte ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 123 RdNr 3). Im Zweifel wird dieser den Antrag stellen wollen, der ihm am Besten zum Ziel verhilft, wobei anzunehmen ist, dass er alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht ([X.] aaO mwN). Zur Auslegung ist auch ein Revisionsgericht berufen, ohne dabei an die durch das [X.] vorgenommene Auslegung gebunden zu sein ([X.] vom 16.5.1995 - 9 RVs 11/94 - juris Rd[X.]3, unter Hinweis auf B[X.] [X.] 3-1500 § 145 [X.] und auf [X.], 328, 334 mwN).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich, dass die von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 18.8.2003 gewählte Formulierung des Antrags, "eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem Vertragsarzt Dr. med. [X.] … festzusetzen", ganz offensichtlich auf einem Irrtum beruhte. Dies wird aus der nachfolgenden Begründung der Klage deutlich. Dort wird vorgetragen, der Beklagte habe die zuvor vom Prüfungsausschuss festgesetzte Schadensersatzverpflichtung "gegenüber dem Vertragsarzt Dr. med. [X.]" reduziert; diese Aussage ist jedoch erkennbar unzutreffend, da sich sowohl der Prüfantrag der Klägerin als auch der Widerspruchsbescheid des Beklagten gegen die Gemeinschaftspraxis richteten, und die - allein noch streitgegenständliche - Stattgabe des Widerspruches das Quartal IV/2000 und somit eine gegen die Gemeinschaftspraxis gerichtete Forderung betraf.

Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihren Anspruch nunmehr allein gegenüber [X.] geltend machen wollte, lassen sich demgegenüber weder aus dem Schriftsatz noch aus weiteren Umständen entnehmen. Zu einer Inanspruchnahme lediglich einzelner Mitglieder der Gemeinschaftspraxis bestand für die Klägerin keine Veranlassung. Insbesondere verbietet sich die Annahme, dass die Klägerin etwa ein Ausscheiden von [X.] aus der Gemeinschaftspraxis berücksichtigen wollte, denn zu dem Zeitpunkt, als der Schriftsatz vom 18.8.2003 verfasst wurde, bestand die von der umstrittenen [X.] betroffene Gemeinschaftspraxis noch. Umgekehrt könnte der Umstand, dass die Gemeinschaftspraxis erst Mitte 2000 gegründet wurde und seinerzeit Verordnungsregresse betreffende Verfahren sowohl gegen die zuvor bestehende Einzelpraxis [X.] als auch gegen die Gemeinschaftspraxis anhängig waren, dafür sprechen, dass es hierdurch zu einer Verwechslung gekommen ist. Die für eine bloße Falschbezeichnung sprechenden Umstände waren auch für alle Beteiligten ohne weiteres erkennbar.

Ist somit davon auszugehen, dass die Klägerin eine Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung eines [X.]s gegen die Gemeinschaftspraxis begehrte, so hat sich daran auch nichts dadurch geändert, dass in das Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem [X.] - vermutlich auf Anregung des Gerichts - ein etwas anders formulierter Antrag aufgenommen worden ist, da nur ein auf Inanspruchnahme der Gemeinschaftspraxis gerichteter Antrag dem Interesse der Klägerin entsprach.

3. Im Übrigen ist das [X.] zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Regress wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nur zu Lasten der Gemeinschaftspraxis hätte festgesetzt werden dürfen. Vielmehr kommt eine [X.] sowohl gegen die Gemeinschaftspraxis als auch gegen deren Mitglieder in Betracht.

Zutreffend ist allerdings, dass im Regelfall die Gemeinschaftspraxis [X.] wie auch etwaige Honorarkürzungen zu tragen hat (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]1; B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6; [X.] vom [X.] [X.] 21/09 R - [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]5; s auch B[X.] [X.] 4-1500 § 141 [X.] Rd[X.]7 sowie B[X.] [X.] 4-5555 § 15 [X.] Rd[X.]5). Der [X.] hat dies damit begründet, dass die Gemeinschaftspraxis durch die gemeinsame Ausübung der (zahn)ärztlichen Tätigkeit geprägt ist und rechtlich gesehen eine Praxis darstellt (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]1; s auch B[X.] [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]5). So wird die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise einer Gemeinschaftspraxis nicht bezogen auf den einzelnen Arzt, sondern bezogen auf die Gemeinschaftspraxis als Einheit geprüft (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] aaO); ebenso treffen sie die wirtschaftlichen Folgen von Falschabrechnungen bzw rechtswidrigen Verordnungen (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]2). Die Behandlungen, Abrechnungen und Verordnungen eines Vertragsarztes im Rechtssinne sind solche der Gemeinschaftspraxis, solange er seine Tätigkeit im Status einer Gemeinschaftspraxis ausübt (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] aaO; B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6). Dies gilt auch dann, wenn die Gemeinschaftspraxis zwischenzeitlich beendet wurde, weil sie in vertragsarztrechtlicher Hinsicht für nicht erfüllte Pflichten und Forderungen als fortbestehend gilt ( zum fiktiven Fortbestehen der Gemeinschaftspraxis für schwebende Auseinandersetzungen um Forderungen und Verbindlichkeiten s § 730 Abs 2 Satz 1 [X.] und B[X.] [X.] 4-2500 § 87 [X.]5 Rd[X.]4; B[X.]E 98, 89 = [X.] 4-2500 § 85 [X.], Rd[X.]1 ).

Jedoch tritt neben die Verpflichtung (bzw Haftung) der Gemeinschaftspraxis eine solche ihrer Gesellschafter. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des [X.]s, dass für Regressansprüche der Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung nicht nur die Gemeinschaftspraxis selbst einzustehen hat, sondern auch jedes ihrer Mitglieder (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]2; B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6; [X.] vom [X.] [X.] 21/09 R - [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]5). Sie sind persönlich haftende Schuldner für Forderungen gegen die Gemeinschaftspraxis, die sich [X.] im Falle rechtswidrigen Behandlungs- oder Verordnungsverhaltens von Praxispartnern ergeben (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6 mwN). Als Gesellschafter müssen sie für solche Forderungen gegen die Gemeinschaftspraxis auch in eigener Person einstehen (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6 unter Hinweis auf [X.] Sprau in [X.], [X.], 69. Aufl 2010, § 714 Rd[X.]0 ff mwN; vgl auch [X.] B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]2); sie können jeder für sich in Anspruch genommen werden (B[X.]E 89, 90, 93 = [X.] 3-2500 § 82 [X.]; vgl auch B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]2). Dementsprechend sind Regress- bzw Rückforderungsbescheide, die nur gegen einen Partner der Gemeinschaftspraxis gerichtet sind, nicht zu beanstanden (B[X.]E 89, 90, 93 = [X.] 3-2500 § 82 [X.]; [X.] vom [X.] [X.] 7/09 R - RdNr 30, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

Umgekehrt hat der [X.] dem einzelnen Praxispartner das Recht eingeräumt, Forderungen, die gegenüber der Gemeinschaftspraxis geltend gemacht werden, wahlweise zusammen mit seinen Praxispartnern gemeinschaftlich abzuwehren, oder sie - sowohl wenn sie nur gegenüber der Gemeinschaftspraxis als auch wenn sie auch ihm selbst gegenüber geltend gemacht werden - allein abzuwehren (B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6 unter Hinweis auf B[X.]E 89, 90, 92 f = [X.] 3-2500 § 82 [X.] und B[X.], [X.], 172). Darauf, ob die Gemeinschaftspraxis noch fortbesteht oder bereits aufgelöst ist, kommt es auch insoweit nicht an (vgl B[X.] [X.] 4-2500 § 106 [X.]6 Rd[X.]6; s auch [X.] vom [X.] [X.] 7/09 R -, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen).

4. In der Sache selbst weist der [X.] darauf hin, dass die Klägerin zu Recht die Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung eines [X.]s begehrt hat. Der [X.] hat bereits mit Urteilen vom [X.] (- [X.] [X.] 6/09 R - B[X.]E 106, 111 = [X.] 4-2500 § 106 [X.]7 und - [X.] [X.] 20/09 R -) in Verfahren, die ebenfalls [X.] wegen der Verordnung von [X.] durch Mitglieder der früheren Gemeinschaftspraxis betrafen, bestätigt, dass in derartigen Fällen ein Ersatzanspruch der Klägerin besteht.

Meta

B 6 KA 38/09 R

08.12.2010

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Berlin, 1. November 2006, Az: S 79 KA 188/03, Urteil

§ 106 Abs 1 SGG, § 112 Abs 2 S 2 SGG, § 123 SGG, § 133 BGB, § 106 Abs 2 SGB 5

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 08.12.2010, Az. B 6 KA 38/09 R (REWIS RS 2010, 619)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 619

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