Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.03.2016, Az. 10 W (pat) 70/14

10. Senat | REWIS RS 2016, 14959

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Gegenstand

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr - "Stopfen zum Verschluss von Öffnungen in Betonwänden" – mehrere Patentinhaber entrichten nur eine Beschwerdegebühr – unvermeidbarer Rechtsirrtum – kein Verschulden - Wiedereinsetzung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2009 011 785.7

(hier: Wiedereinsetzung und Hinweis)

hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] am 8. März 2016 durch [X.] Dr.-Ing. [X.] sowie [X.], [X.] und Dipl. Ing. Küest

beschlossen:

Die Anmelder werden in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr(en) wiedereingesetzt.

Gründe

1

1.) Wiedereinsetzung

2

Die Anmelder sind antragsgemäß nach § 123 Abs. 1 [X.] in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr(en) wiedereinzusetzen, da sie die Frist aufgrund eines unvermeidbaren [X.] - somit ohne Verschulden - versäumt haben.

3

Die drei Anmelder haben am 12. April 2012 - rechtzeitig - Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse [X.] des [X.] ([X.]) vom 16. März 2012 eingelegt, mit dem ihre Patentanmeldung zurückgewiesen worden war, und in Höhe von 200,-- € nur eine Beschwerdegebühr nach dem [X.] 300 entrichtet. Nachdem die Anmelder im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2015 auf die [X.]-Entscheidung „[X.]“ vom 18. August 2015 ([X.], 1255 f.) hingewiesen worden waren, haben sie einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt und später mit Eingabe vom 26. Januar 2016 vorgetragen, dass es sich bei ihnen um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) handele; gleichzeitig haben sie vorsorglich zwei weitere Beschwerdegebühren in Höhe von insgesamt 400,-- € nachentrichtet.

4

Der Tatbestand der Fristversäumung ist gegeben, da die Anmelder eine Gemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne von § 741 ff. BGB darstellen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Anmelder für ihre Beziehung in Ansehung ihrer Patentanmeldung offensichtlich nichts anderes vereinbart haben (vgl. [X.], 663 f. - „Gummielastische Masse II“; vgl. hinsichtlich einer Marke: [X.] 2014, 1024, 1025 - „[X.] / [X.]“). Hiernach hätten die Anmelder zur Wirksamkeit ihrer Beschwerde gemäß PatKostG, Vorbemerkung zu Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses, insgesamt drei Beschwerdegebühren entrichten müssen (vgl. [X.] a. a. O., „[X.]“). Der Umstand, dass die Verwertung der Erfindung auf der Grundlage eines mit einem Dritten geschlossenen Lizenzvertrages stattfindet oder geplant ist, ändert hieran nichts (vgl. [X.]/

5

einer Beschwerdegebühr vollständig beglichen worden war. Durch die Veröffentlichung der vorstehend genannten Entscheidung entstanden für den anwaltlichen Vertreter auch weder Anlass noch Verpflichtung, beim vorliegenden Verfahren eine nachträgliche Überprüfung der Gebührenlage vorzunehmen.

6

Hinsichtlich der Zulässigkeit des [X.] stellt auch die Regelung des § 123 Abs. 2 Satz 4 [X.] kein Hindernis dar, wonach ein Jahr nach Versäumung der Frist eine Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und versäumte Zahlungen nicht mehr nachgeholt werden können. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zur entsprechenden Jahresausschlussfrist, wie sie auch in der gleichlautenden Regelung des § 234 Abs. 3 ZPO geregelt ist, anerkannt, dass diese Frist in bestimmten Ausnahmefällen aus Gründen eines wirkungsvollen Rechtsschutzes und zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht anzuwenden ist, insbesondere dann nicht, wenn die Ursache der Fristüberschreitung nicht in der Sphäre der [X.] lag, sondern allein der Behörde oder dem Gericht zuzurechnen ist (vgl. [X.] Mitt. 2011, 24, 26 - „Crimpwerkzeug IV“; [X.] NJW-RR 2008, 878 f. und B[X.]E 51, 197, 202 - „Überwachungsvorrichtung“, Leitsatz auch veröffentlicht in [X.] 2009, 407). Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu, da das [X.] im Falle der vorliegenden Anmelderbeschwerde - der damaligen, ohne Ausnahme für zutreffend erachteten Rechtsauffassung folgend - eine Entgegennahme der Mehrfachzahlung verweigert und die überzähligen Beträge wieder erstattet hätte. Die Anmelder und ihr anwaltlicher Vertreter durften darin vertrauen, dass diese allgemein bekannte [X.] rechtens war. Sie dürfen daher auch von vornherein von der Zahlung weiterer Beschwerdegebühren absehen.

7

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Wiedereinsetzungsantrag auch in der Sache begründet ist, weil den Anmeldern hinsichtlich der beiden zusätzlich fällig gewordenen Beschwerdegebühren die Versäumung der Zahlungsfrist nicht angelastet werden kann.

8

2.) Ferner wird auf die Eingabe der Anmelder vom 26. Januar 2016 folgender Hinweis erteilt:

9

Mit der Eingabe vom 26. Januar 2016 haben die Anmelder zwei Kopieseiten der ursprünglich eingereichten Unterlagen mit Eingangsperforierung, 12.03.2008, eingereicht, auf die sich die innere Priorität stützt.

Der geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Stopfen (8) zum Verschluss von Öffnungen (9) in [X.] (6), insbesondere gebildet durch [X.] (5), mit einem in die Öffnung (9) einzutreibenden Vorderbereich (14) und einem [X.] (11) mit einer im wesentlichen flachen Rückseite (12), dadurch gekennzeichnet,

dass er aus einem Elastomer besteht, der Vorderbereich (14) eine konisch sich verjüngende Spitze (10) und der [X.] (11) einen gegenüber dem Vorderbereich (14) deutlich vergrößerten Durchmesser aufweist.“

Bis auf den Werkstoff, aus dem der Stopfen besteht, sind die im geltenden Anspruch 1 enthaltenen Merkmale den [X.] vom 12.03.2008 zu entnehmen. Der Werkstoff „Elastomer“ ist in den [X.] nicht offenbart. Dort gibt es zwar auf der ersten Seite der ursprünglich eingereichten Unterlagen einen Hinweis „Die Brandschutz elastische M… ist feuerfest rauchdicht wasserfest“, aber ob der Stopfen oder nur Teile davon elastisch sein sollen, ist eindeutig den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen. Die [X.]“, [X.], ergibt sich erstmalig und eindeutig aus den Unterlagen mit Anmeldetag, 09.03.2009, (vgl. [X.]). Stopfen aus Elastomer sind aus der [X.] 20 2008 012 973 U, veröffentlicht am [X.], bekannt (vgl. [X.], 11).

Die EP 0 288 583 [X.] zeigt in den Figuren 1 und 4 einen Stopfen 8 zum Verschluss von Öffnungen in [X.] A mit einem in die Öffnung einzutreibenden Vorderbereich und einem [X.] mit einer im wesentlichen flachen Rückseite. Der Vorderbereich hat eine konisch sich verjüngende Spitze, und der [X.] hat einen gegenüber dem Vorderbereich deutlich vergrößerten Durchmesser. Die dort beschriebenen Stopfen bestehen aus einem Kunstharz (vgl. S. 6, Abs. 1) mit in [X.] 13 angeordneten, in Wasser quellenden Dichtungsringen 7, die, wie auf Seite 6, Abs. 2 bis Seite 10, Abs. 1 beschrieben, aus elastomeren Stoffen bestehen. Damit ergeben sich aus der EP 0 288 583 [X.] bereits Hinweise auf Werkstoffe für Stopfen, die eine elastische Ausgestaltung des Stopfens aus Elastomer nahelegen.

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 wird durch die beiden im Verfahren befindlichen Druckschriften nahegelegt; er beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Der geltende Anspruch 1 wird daher nach wie vor nicht als gewährbar angesehen.

3.) Termin zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung wird von Amts wegen bestimmt werden.

Meta

10 W (pat) 70/14

08.03.2016

Bundespatentgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.03.2016, Az. 10 W (pat) 70/14 (REWIS RS 2016, 14959)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14959

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