Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.08.2013, Az. XI B 79/12

11. Senat | REWIS RS 2013, 3133

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Gegenstand

Umsatzsteuertarif bei Abgabe von frisch zubereiteten Kaffeegetränken an einem Imbissstand


Leitsatz

NV: Die Abgabe frisch zubereiteter Kaffeegetränke an einem Imbissstand unterliegt dem allgemeinen Steuersatz .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb in den Streitjahren 2003 bis 2006 einen Imbissstand. Sie bot ihren Gästen belegte Brötchen, Frühstück, einen Mittagstisch und darüber hinaus alle üblichen Speisen und Getränke eines Imbisses an.

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) folgte zunächst den Umsatzsteuerjahreserklärungen der Klägerin und hob für die Streitjahre 2003 und 2004 den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Im Zuge einer Außenprüfung führte der Prüfer für 2006 eine Kalkulation durch und ermittelte die im Betrieb der Klägerin veräußerten Getränke anhand des [X.] bzw. nach dem Einkauf des gemahlenen Kaffees. Durch seine Kalkulation hielt der Prüfer die Vermutung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen für erschüttert und schätzte die begünstigten Umsätze der Klägerin mit 40 % der Gesamtumsätze. Dementsprechend erließ das [X.] am 29. Januar 2009 für die Streitjahre geänderte Umsatzsteuerbescheide. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.

3

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage hinsichtlich der Streitjahre 2003 und 2004 statt, da das Ergebnis der Kalkulation für 2006 keine neue steuerrelevante Tatsache sei, die auf die Streitjahre 2003 und 2004 zurückwirke. Die Klage wegen Umsatzsteuer 2005 und 2006 wies es als unbegründet ab, da die Kalkulation des Prüfers das Ergebnis der Buchführung erschüttert habe; das [X.] habe von seiner Schätzungsbefugnis zutreffend Gebrauch gemacht. Die Klägerin könne für den Verkauf von [X.] nicht den ermäßigten Steuersatz beanspruchen. Begünstigt sei nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) die Lieferung der in der Anlage 2 zum Gesetz bezeichneten Gegenstände, wo unter der lfd. Nr. 12 auch Kaffee aufgeführt sei. Die Klägerin liefere ihren Gästen jedoch keinen Kaffee, sondern erbringe durch die Herstellung eines heißen Kaffeegetränks an den jeweiligen Gast in einem von ihr zur Verfügung gestellten "[X.]" eine Dienstleistung, für die der allgemeine Steuersatz des § 12 Abs. 1 UStG gelte.

4

Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) sowie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] ([X.]) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O) geltend.

Entscheidungsgründe

5

II. 1. Auch wenn die Klage wegen Umsatzsteuer 2003 und 2004 vor dem [X.] Erfolg hatte, kann die Beschwerde nicht dahin ausgelegt werden, dass sie lediglich das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2005 und 2006 betrifft. Denn sie richtet sich ausdrücklich gegen das [X.]-Urteil wegen Umsatzsteuer 2003 bis 2006, wie sich auch die von der Klägerin nach Ergehen des [X.]-Urteils erteilte [X.] auf alle vier Streitjahre erstreckt.

6

2. Die Beschwerde wegen Umsatzsteuer 2003 und 2004 ist unzulässig. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist, dass der Rechtsmittelführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 115 Rz 12; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.] --[X.]--, Vor §§ 115-134 [X.]O Rz 16). Eine Beschwer der Klägerin ist jedoch nicht ersichtlich, soweit das [X.] der Klage wegen Umsatzsteuer 2003 und 2004 stattgegeben hat.

7

3. Die Beschwerde wegen Umsatzsteuer 2005 und 2006 ist unbegründet. Soweit den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O entsprechend Zulassungsgründe dargelegt wurden, liegen diese nicht vor.

8

a) Eine von der Klägerin begehrte Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O wegen Divergenz setzt voraus, dass das [X.] bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als ein anderes Gericht oder ein anderer Spruchkörper desselben Gerichts; die Entscheidung des [X.] muss auf der Abweichung beruhen (vgl. z.B. [X.] vom 2. März 2011 IV B 139/09, [X.], 1125; [X.] in [X.], § 115 [X.]O Rz 176, 185). Dies ist hier nicht der Fall.

9

aa) Die Klägerin ist der Auffassung, die Vorentscheidung weiche von den durch das Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 10. März 2011 [X.]/09, [X.]/09, [X.]/09 und [X.]/09 --Bog [X.] (Slg. 2011, [X.], [X.] 2011, 272) aufgestellten Grundsätzen zur Abgrenzung von Restaurationsdienstleistungen und der Lieferung von Nahrungsmitteln ab. Der [X.] komme zu dem Ergebnis, dass die Lieferung von Nahrungsmitteln zum sofortigen Verzehr ohne größeren Dienstleistungsanteil dem ermäßigten Steuersatz unterliege, wohingegen das [X.] die Zubereitung eines heißen Kaffeegetränks und die Zurverfügungstellung desselben in einem "Pott" als eine dem Regelsteuersatz unterliegende Dienstleistung ansehe.

bb) Die Frage, ob es sich bei der Abgabe frisch zubereiteter Kaffeegetränke zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder -wagen um eine Lieferung von Gegenständen handelt, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die [X.], die der Lieferung der Kaffeegetränke voraus- und mit ihr einhergehen, nicht überwiegen, ist nicht entscheidungserheblich.

Denn die Abgabe eines Kaffeegetränks unterliegt dem allgemeinen Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG und weder nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 lfd. Nr. 12 noch nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 lfd. Nr. 33 (Verschiedene Lebensmittelzubereitungen) dem ermäßigten Steuersatz; der zubereitete Kaffee ist als nichtalkoholhaltiges Getränk i.S. des Zolltarifs Pos. 2202 nicht begünstigt (vgl. [X.] in [X.]/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 1 Rz 58; [X.] in [X.]/Söhn/[X.], § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG Rz 239; [X.] in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Rz 377; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]r, UStG § 12 Rz 446; [X.] in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 12 Rz 72; Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 738).

b) Mangels Entscheidungserheblichkeit ist die Frage, ob die Abgabe von Kaffeegetränken eine Lieferung oder bei Überwiegen der [X.] eine sonstige Leistung darstellt, auch weder eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) noch eine solche, die zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O).

Meta

XI B 79/12

29.08.2013

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 10. Mai 2012, Az: 16 K 433/09, Urteil

§ 12 Abs 1 UStG 1999, § 12 Abs 2 Nr 1 UStG 1999, § 40 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 12 Abs 1 UStG 2005, § 12 Abs 2 Nr 1 UStG 2005, UStG VZ 2005, UStG VZ 2006, § 3 Abs 1 UStG 2005, § 3 Abs 1 UStG 1999, § 3 Abs 9 UStG 2005, § 3 Abs 9 UStG 1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.08.2013, Az. XI B 79/12 (REWIS RS 2013, 3133)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3133

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