Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.01.2008, Az. VI ZR 70/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5864

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[X.]IM NAMEN DES VOL[X.]ES [X.]/07 Verkündet am: 29. Januar 2008 [X.], Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] § 110 Bei einem Rückgriff gemäß § 110 [X.] trägt der Sozialversicherungsträger die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Höhe des fiktiven zivilrechtli-chen Schadensersatzanspruchs des Geschädigten gegen den nach §§ 104 ff. [X.] haftungsprivilegierten Schädiger. [X.], Urteil vom 29. Januar 2008 - [X.]/07 - OLG [X.]arlsruhe

LG Heidelberg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision der [X.]lägerin gegen das Urteil des [X.] des [X.] vom 14. Februar 2007 wird auf ihre [X.]osten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die klagende Berufsgenossenschaft nimmt den Beklagten wegen eines Arbeitsunfalls ihres Versicherten gemäß § 110 [X.] in Anspruch. 1 Der bei dem Beklagten beschäftigte Versicherte stürzte am 27. April 1999 aus einer Höhe von 5,5 m von einem Gerüst in eine Baugrube und ver-letzte sich schwer. Aus Anlass dieses Unfalls erbrachte die [X.]lägerin Leistun-gen, von denen sie 36.577,03 • von dem Beklagten ersetzt verlangt. Die [X.] sind sich einig, dass die grundsätzlichen Voraussetzungen für einen [X.] nach § 110 [X.] wegen einer groben Fahrlässigkeit auf Beklagten-seite vorliegen. 2 Das [X.] hat die [X.]lage abgewiesen, weil die [X.]lägerin einen zivil-rechtlichen Schadensersatzanspruch des Geschädigten nicht dargelegt habe 3 - 3 - und sie auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Versicherten nicht zu-rückgreifen könne. Die dagegen gerichtete Berufung hatte zum Teil Erfolg. Das [X.] hat den Beklagten zur Zahlung von 25.000 • verurteilt und dem Feststellungsbegehren hinsichtlich weiterer Aufwendungen der [X.]lägerin - bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs des Versicherten - entsprochen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die [X.]lägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen [X.]. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 260 veröffentlicht ist, folgt der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteil [X.] 168, 161, 163 ff.), wonach der Sozialversicherungsträger wegen der von ihm er-brachten Aufwendungen beim Rückgriff nach § 110 [X.] grundsätzlich auch auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten gegen den nach den §§ 104 ff. [X.] haftungsprivilegierten Schädiger zurückgreifen kann. Aufgrund der unfallbedingten Verletzungen des Geschädigten sei dessen fikti-ver Schmerzensgeldanspruch mit 25.000 • zu bemessen. Mit diesem Betrag seien die Rentenzahlungen der [X.]lägerin für 1999/2000, 2001 und 2002 (insge-samt 19.844,90 •), ihr im Jahre 2002 entstandene Gutachterkosten von 436,23 • sowie ihre Rentenzahlungen für 2003 in Höhe von 4.718,87 • ausge-glichen. Dass dem Geschädigten über den Schmerzensgeldanspruch hinaus ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zustehe, [X.] die [X.]lägerin, die insoweit jedenfalls eine sekundäre Darlegungslast treffe, nicht dargelegt. Bei einem Rückgriff gemäß § 110 [X.] trage der [X.] - 4 - sicherungsträger die Beweislast hinsichtlich der Höhe des zivilrechtlichen [X.]. I[X.] 5 Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. 1. Das Berufungsgericht geht davon aus, die [X.]lägerin habe nicht darge-legt, dass dem Geschädigten über seinen - von beiden Parteien nach Grund und Höhe nicht in Zweifel gezogenen - Schmerzensgeldanspruch hinaus ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch zustehe. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen. 6 2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe die Grundsätze der sogenannten sekundären Darlegungslast verkannt. Es habe erwogen, dass der Beklagte als Schädiger die Höhe des zivilrechtlichen [X.] darzulegen und zu beweisen habe und die [X.]lägerin inso-weit eine gesteigerte, sogenannte sekundäre Darlegungslast treffe. Das [X.] habe dabei aber übersehen, dass die Annahme einer sekundären Darlegungslast vorliegend den - wenn auch allgemein gehaltenen - Vortrag des Beklagten voraussetze, dass dem Verletzten kein weiterer zivilrechtlicher Scha-densersatzanspruch zustehe. Eine entsprechende Behauptung habe der [X.] jedoch nicht aufgestellt. Dies trifft nicht zu. Wie die Revision selbst gel-tend macht, kann sich derjenige, der im Rechtsstreit eine negative Tatsache darlegen und beweisen muss, zunächst auf deren schlichte Behauptung be-schränken ([X.], Beschluss vom 21. Dezember 2006 - [X.] - GRUR 2007, 629, 630). Vorliegend ist dem Vortrag des Beklagten zur Darlegungs- und 7 - 5 - Beweislast hinsichtlich der Anspruchshöhe in Verbindung mit seinem Antrag auf [X.]lageabweisung die Behauptung zu entnehmen, dass es an einem weiteren zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Versicherten fehle. Auch hat das Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass der [X.] seine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit über die bereits bezahlten Beträge hinaus bestritten habe. Dieses Vorbringen genügt grundsätzlich zur Behauptung des Nichtbestehens eines weitergehenden Anspruchs. 3. Entgegen der Auffassung der Revision trifft die [X.]lägerin im [X.] nicht nur eine sekundäre Darlegungslast, sondern die primäre [X.] und Beweislast. 8 a) Die Frage, wer bei einem Rückgriff des Sozialversicherungsträgers nach § 110 [X.] die Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs darlegen und beweisen muss, ist streitig. In der Literatur wird teilweise die [X.] vertreten, der Sozialversicherungsträger könne über § 110 [X.] seine Aufwendungen in voller Höhe geltend machen, während der Schädiger darlegen müsse, dass der (fiktive) zivilrechtliche Schadensersatzanspruch des Geschädigten niedriger sei ([X.]ass[X.]omm-Ricke, § 110 [X.] [Stand: [X.] 2006], Rn. 8; [X.] in LP[X.]-[X.], § 110, Rn. 23; Wannagat, [X.], § 110 [Stand: April 2007], Rn. 7; [X.], [X.], § 110, Rn. 13; AR-Blattei SD [[X.]], 870.1 [Stand: August 2003], Rn. 155; [X.]ater/[X.], [X.], § 110, Rn. 15; Lehmacher, [X.], 63, 65; [X.], [X.] 2006, 309, 316 f.; Walter-mann, NJW 1997, 3401, 3404; ebenso: [X.], Urteil vom 30. Mai 2005 - 21 U 22/04, juris, Rn. 29, insoweit in [X.], 306 f. nicht abgedruckt; [X.], [X.] 2003, 1699, 1701 f.; offen gelassen: [X.], [X.] 1996, 201, 202; zweifelnd: [X.], Unfallversicherung [X.], 4. Aufl., § 110 [Stand Mai 2005], Rn. 14; [X.]/[X.], [X.], 408, 412). Demgegenüber sieht die Gegenmeinung die Darlegungs- und Beweislast auf Seiten des [X.] (Bereiter/[X.], Gesetzliche Unfallversicherung, § 110 [X.] [Stand: März 2007], Rn. 7.2; [X.]/[X.], Handbuch der Sozi-alversicherung, [X.], Gesetzliche Unfallversicherung, § 110 [Stand: Juli 2007], Rn. 15; [X.]/[X.], [X.], [X.] § 110 [Stand: April 2005], Rn. 19; [X.]/[X.], [X.], 25. Aufl., [X.]ap. 32, Rn. 29; [X.], Haf-tungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 32, Rn. 137; [X.]üppersbusch, Ersatz-ansprüche bei Personenschaden, 9. Aufl., Rn. 563; [X.]., [X.], 393, 396 ff.; [X.], NZS 2004, 68, 75; [X.], [X.], 221, 228 ff.; [X.], [X.], 307, 308). Diese Auffassung trifft zu. b) Hierfür sprechen sowohl der Wortlaut der Vorschrift als auch die Sys-tematik der gesetzlichen Regelung. § 110 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmt, dass haftungsprivilegierte Personen, die den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen haften, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Daraus folgt, dass der Rückgriffsanspruch des Sozialversicherungsträgers von vornherein nur in Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs besteht (Bereiter/[X.], aaO; [X.]/[X.], aaO; [X.], aaO). Zwar nimmt die Vorschrift zur Frage der Darlegungslast und der dieser grundsätzlich folgenden Beweislast nicht ausdrücklich Stellung, doch gilt als Grundregel, dass jede Partei die Vor-aussetzungen einer ihr günstigen Norm darzulegen und zu beweisen hat. [X.] ist es grundsätzlich Sache des Anspruchstellers, diejenigen Umstände vor-zutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die seine Vorstellungen zur Scha-denshöhe rechtfertigen (vgl. Senatsurteile vom 14. Februar 2006 - [X.] ZR 126/05 - [X.], 669, 670 und vom 13. November 2007 - [X.] ZR 89/07 - [X.], 134, 135; [X.]/[X.], Handbuch der Beweislast im [X.], Bd. 1, 2. Aufl., § 249, Rn. 1). 10 - 7 - Dieser Gesetzesauslegung steht nicht entgegen, dass die im zweiten Halbsatz der Vorschrift geregelte Begrenzung des Anspruchs mit dem Wort "[X.]" eingeleitet wird. Dieser Formulierung lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die Begrenzung der Haf-tung auf die Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs als Ausnah-mefall ausgestaltet hat, dessen Voraussetzungen der Schädiger darzulegen und zu beweisen hätte (vgl. Münch[X.]ommZPO/Prütting, 3. Aufl., § 286, Rn. 108 ff.; [X.], 2. Aufl., § 286, Rn. 58). Eine solche Beurteilung könnte etwa dann geboten sein, wenn der Gesetzgeber statt des Wortes "[X.]" eine Formulierung wie "es sei denn" gewählt hätte und deswegen auf das Bestehen eines Regel/[X.] geschlossen werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. An[X.] als nach § 640 RVO gibt es nach heute geltender Rechtslage keine allgemeine Regel des Inhalts, dass der Sozialversi-cherungsträger grundsätzlich einen Anspruch auf vollen Ersatz seiner Aufwen-dungen hätte. Insoweit unterscheidet sich die in § 110 Abs. 1 Satz 1 [X.] getroffene Regelung von der Bestimmung des § 640 RVO a.F., wonach der Regressanspruch von der Höhe des zivilrechtlichen Anspruchs des Geschädig-ten unabhängig war und dementsprechend über diesen hinausgehen konnte ([X.], BB 1996, 2090, 2092 f.; [X.], r+s 2002, 309, 311 f.). Dass der Unternehmer danach bei grob fahrlässiger Verursachung eines Unfalls seines Arbeitnehmers gegenüber dem von ihm mitfinanzierten [X.] in größerem Umfang haften konnte als gegenüber seinem Arbeitnehmer nach Zivilrecht und zudem ohne die Möglichkeit, ein Mitverschulden einzuwen-den, wurde allgemein als unbillig empfunden. Deshalb ist durch die in § 110 Abs. 1 Satz 1 [X.] getroffene Neuregelung die Haftung des Verpflichteten auf den Umfang des Schadensersatzes beschränkt worden, den er zivilrechtlich hätte leisten müssen (vgl. Senatsurteil [X.] 168, 161, 165 m.w.N.; BT-Drucks. 11 - 8 - 13/2204, [X.]), und der auch geringer sein kann als die Aufwendungen des Sozialversicherers. 12 Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Haftungsbegrenzung auch nicht allein deshalb stets von dem Anspruchsgegner darzulegen, weil sie für diesen günstig ist. So ist [X.] die Haftungsbegrenzung des § 12 StVG ([X.]) nicht vom Anspruchsgegner darzulegen bzw. einzuwenden, sondern schon von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. [X.], [X.], 505, 508; [X.]/[X.], Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 12 StVG, Rn. 1). Soll eine Haftungsbegrenzung nur greifen, wenn der Anspruchsgegner sich auf sie beruft, hat der Gesetzgeber dies - an[X.] als bei § 110 [X.] - [X.] in den §§ 1990 oder 1629a [X.]B oder im früheren § 419 [X.]B a.F. explizit im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gebracht. c) Gegen die hier vertretene Auslegung spricht auch nicht die Entste-hungsgeschichte der Vorschrift des § 110 [X.]. Ein entgegenstehender Wil-le des Gesetzgebers lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. In der amtlichen Begründung zum "Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch ([X.] - [X.])" vom 7. August 1996 ([X.]Bl I 1996, 1254) heißt es dazu (BT-Drucks. 13/2204, [X.]): "Die Haftung wird auf den Umfang des Schadensersatzes beschränkt, den der Verpflichtete zivilrechtlich hätte leisten müssen; es ist Sache des Schädigers, den Umfang seiner zivil-rechtlichen Haftung darzulegen." Soweit daraus der Wille des Gesetzgebers abgeleitet wird, der Schädiger müsse ein den Umfang seiner Haftung mindern-des Mitverschulden des Geschädigten darlegen, entspricht dies allgemeinen Grundsätzen, denn für die Voraussetzungen des § 254 [X.]B ist regelmäßig der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig (Münch[X.]omm[X.]B/[X.], 5. Aufl., § 254 Rn. 145; Meyke, Darlegen und Beweisen im Zivilprozess, 2. Aufl., 13 - 9 - Rn. 413). Dass dies im Gesetzgebungsverfahren dennoch ausdrücklich erwähnt wurde, mag damit zu erklären sein, dass nach früherer Rechtslage der [X.] gegenüber dem Regressanspruch nach § 640 RVO ein Mitverschulden des Geschädigten gerade nicht einwenden konnte (vgl. Senatsurteil [X.] 168, 161, 165 f.). Aus der Formulierung der Gesetzesbegründung kann darüber hin-aus aber nicht gefolgert werden, dass der Schädiger mit dem "Umfang seiner zivilrechtlichen Haftung" auch die Höhe des Schadensersatzanspruchs des [X.] darlegen müsse. Die weitere Gesetzesbegründung bringt vielmehr deutlich zum Ausdruck, dass durch § 110 Abs. 1 Satz 1 [X.] im Gegensatz zum früheren § 640 RVO die Haftung des Verpflichteten auf den Umfang des Schadensersatzes beschränkt werden sollte, den er zivilrechtlich hätte leisten müssen (BT-Drucks. 13/2204, [X.]). Damit sollte er so gestellt werden, wie er ohne die Privilegierung nach den §§ 104 ff. [X.] stünde (Senatsurteil [X.] 168, 161, 166). Ohne Haftungsprivilegierung aber obläge es nicht ihm, die Höhe des [X.] darzulegen, sondern dem Geschädigten, also dem [X.]steller. Wäre dies im Rahmen von § 110 [X.] an[X.], stünde der Schädiger eben nicht so wie ohne die Privilegierung nach den §§ 104 ff. [X.], sondern prozessual schlechter, sodass die beabsichtigte Besserstellung gegenüber § 640 RVO häufig leerliefe ([X.]/[X.], aaO, [X.]ap. 32, Rn. 29; [X.]üppersbusch, [X.], 393, 397). d) Auch Sinn und Zweck der Regelung des § 110 Abs. 1 Satz 1 [X.] sowie die Interessenlage sprechen dafür, die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des (fiktiven) zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs des Geschä-digten dem Sozialversicherungsträger aufzuerlegen. An[X.] als dieser ist der Schädiger nämlich in der Regel nicht - jedenfalls nicht ohne Mitwirkung des [X.] - in der Lage, die Höhe des Schadens des Geschädigten darzule-gen. Dazu müsste er Fakten ausforschen, die nicht in seiner Sphäre liegen, und die ihm daher meist nicht bekannt und für ihn kaum feststellbar sind ([X.]üppers-14 - 10 - busch, [X.], 393, 396 f.). Sein [X.]ontakt zum Geschädigten wird wegen der nach den §§ 104 ff. [X.] gegebenen Haftungsprivilegierung nach dem Schadensereignis oftmals beeinträchtigt sein. Regelmäßig werden ihm die [X.] Verletzungen im Einzelnen und die weitere gesundheitliche Ent-wicklung ebenso wenig bekannt sein wie die sich aus dem Unfall ergebenden materiellen [X.]osten des Geschädigten. Dagegen spricht auch nicht, dass er, etwa wenn er - wie vorliegend - der Arbeitgeber des Geschädigten ist, über dessen Verdienstausfall informiert sein kann (vgl. [X.], [X.] 2006, 309, 317). In vielen anderen Fallkonstellationen wird ihm diese [X.]enntnis nämlich fehlen. Hinzu kommt, dass es dem Schädiger regelmäßig auch nicht möglich sein wird, sich die notwendigen Informationen zu beschaffen, denn der Geschädigte ist ihm gegenüber nicht auskunftspflichtig. Andererseits muss der [X.] im Rahmen der Regulierung ohnehin die für die [X.] maßgeblichen Faktoren von sich aus klären, weil sie häufig Grundlage für die zu erbringenden Sozialleistungen sind. Auch kann er sich die notwendigen Informationen leichter beschaffen, denn der Sozialversicherungsträger steht mit dem Geschädigten in einem öffentlich-rechtlichen Sozialleistungsverhältnis und hat gegen ihn einen Auskunfts- und Mitwirkungsanspruch (§§ 60 ff. [X.]; vgl. [X.] 45, 119, 123; [X.]ass[X.]omm-Seewald, § 60 [X.] [Stand: September 2007], Rn. 13 ff.; [X.]ass[X.]omm-[X.]ater, § 116 [X.] [Stand: März 2007], Rn. 161). Zudem hat er die Möglichkeit, Auskünfte bei anderen [X.]n, Ärzten und Arbeitgebern anzufordern ([X.], [X.], 221, 228 f.). e) Dagegen sind Gründe, die für eine Darlegungslast des Schädigers sprechen, nicht ersichtlich. Das Argument, eine Darlegungs- und Beweislast des Schädigers füge sich nahtlos in die Systematik der Beweiserleichterungen bei schweren Fehlern ein ([X.], [X.] 2006, 309, 317), überzeugt nicht. Be-son[X.] grobes Verschulden des Schädigers - wie im Falle des § 110 [X.] 15 - 11 - vorausgesetzt - ist regelmäßig kein Grund für Erleichterungen bei der [X.] und Beweislast des Geschädigten. Deshalb verfängt auch nicht der Hinweis darauf, dass § 110 [X.] wie seine Vorgängernorm § 640 RVO er-zieherische bzw. präventive Gründe habe (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 1988 - [X.] ZR 15/88 - NJW-RR 1989, 339, 340 f.). Erleichterungen bei der [X.] und Beweislast dienen nicht der Sanktion, sondern sind regelmäßig nur dann gerechtfertigt, wenn der Geschädigte außerstande ist, den objektiven Geschehensablauf zu überblicken und diese Tatsachen schlüssig darzulegen, wie dies etwa bei der Produzentenhaftung oder bei der Arzthaftung im Falle einer durch einen groben Behandlungsfehler zulasten des Patienten [X.] gegeben sein kann (vgl. [X.], aaO, Rn. 70 f. m.w.N.). Im Rahmen des § 110 [X.] verschlechtert aber ein gro-bes Verschulden des Schädigers die Beweissituation nicht. Das Problem, den Schaden einer nicht am Verfahren beteiligten Person (des Geschädigten) dar-legen zu müssen, stellt sich bei § 110 [X.] grundsätzlich sowohl für den Anspruchsteller als auch den Anspruchsgegner. Bei dieser Sachlage ist eine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz, wonach der Anspruchsteller nicht - 12 - nur den Grund, sondern auch die Höhe des von ihm geltend gemachten [X.]s darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, nicht gerechtfertigt. II[X.] 16 Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. [X.] [X.]

[X.] Pauge Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.05.2006 - 1 O 102/05 - OLG [X.]arlsruhe, Entscheidung vom 14.02.2007 - 7 U 135/06 -

Meta

VI ZR 70/07

29.01.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.01.2008, Az. VI ZR 70/07 (REWIS RS 2008, 5864)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5864

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