Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2008, Az. XII ZB 225/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3981

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[X.][X.]/06 vom 14. Mai 2008 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja BGB § 1684 Abs. 1 Das Recht auf Umgang mit seinen Eltern steht dem Kind als höchstpersönliches Recht zu und kann deswegen auch nur von ihm, vertreten durch den [X.] Elternteil oder, im Falle eines Interessenkonflikts, durch einen Verfahrenspfleger, nicht aber von dem sorgeberechtigten Elternteil im eigenen Namen gerichtlich gel-tend gemacht werden (im [X.] an [X.] Urteil vom 1. April 2008 - 1 BvR 1620/04 - [X.], 845). [X.], Beschluss vom 14. Mai 2008 - [X.]/06 - [X.]

AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 14. Mai 2008 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats und [X.] des Oberlan-desgerichts Nürnberg vom 16. November 2006 wird auf ihre Kos-ten zurückgewiesen. Wert: 3.000 • Gründe: [X.] Die Parteien streiten um die Umgangspflicht des Antragsgegners mit dem am 30. November 2001 geborenen gemeinsamen Kind [X.] 1 Der Antragsgegner ist verheiratet und hat außerdem zwei ehelich gebo-rene Kinder. Aus seiner außerehelichen Beziehung mit der Antragstellerin ist das Kind [X.] hervorgegangen. Die Beziehung der Parteien endete schon vor der Geburt des Kindes. Jedenfalls seit August 2002 hat der Antragsgegner keinen Kontakt mehr zu dem Kind. 2 - 3 - Die Antragstellerin hat beantragt, den Antragsgegner zu einem regelmä-ßigen Kontakt mit dem gemeinsamen Kind zu verpflichten. Der Antragsgegner lehnt einen solchen Umgang nachdrücklich ab. 3 4 Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 12. April 2006 zum Umgang mit seinem Sohn [X.] verpflichtet und die Anbahnung des Umgangs sowie die Begleitung durch eine Familienberatungsstelle im [X.] geregelt. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesge-richt den Umgangsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom [X.] zugelassene - Rechtsbeschwerde der Antrag-stellerin. I[X.] 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat (§ 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Daran ist das Rechtsbeschwerde-gericht gebunden (§ 621 e Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. i.V.m. § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig. 5 2. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist jedoch unbegründet. Denn das Berufungsgericht hat ihren Antrag, den Antragsgegner zu einem Um-gang mit dem gemeinsamen Kind [X.] zu verpflichten, im Ergebnis zu Recht zu-rückgewiesen. 6 a) Zwar sieht § 1684 Abs. 1 BGB ein subjektives Recht des Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil und entsprechend auch die Verpflichtung jedes Elternteils zum Umgang mit seinem Kind vor. Damit entspricht die Vorschrift Art. 9 Abs. 3 der [X.], wonach die Vertragsstaaten das 7 - 4 - Recht des Kindes zu regelmäßigen persönlichen Beziehungen und unmittelba-ren Kontakten zu beiden Elternteilen zu achten haben, und konkretisiert zugleich die Elternverantwortung aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in verfassungs-rechtlich nicht zu beanstandender Weise. Erst eine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht eines sich dem Umgang verweigernden Elternteils, wozu allerdings schon die Androhung eines Zwangsmittels nach § 33 [X.] zählt, ist regelmäßig nicht mehr geeignet, dem Kindeswohl zu dienen und rechtfertigt den damit verbundenen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Elternteils dann nicht. § 33 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 [X.] sind deshalb dahingehend verfas-sungskonform auszulegen, dass eine zwangsweise Durchsetzung der Um-gangspflicht eines den Umgang mit seinem Kind verweigernden Elternteils zu unterbleiben hat, es sei denn, es gäbe im konkreten Einzelfall hinreichende [X.], die darauf schließen lassen, dass dies dem Kindeswohl dienen wird ([X.] [X.], 845, 848 ff.). Danach greift die hier beantragte und vom Amtsgericht ausgesprochene Umgangspflicht des [X.] mit seinem Kind als solche noch nicht in dessen Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein. Eine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht oder deren An-drohung, die grundsätzlich in unzulässiger Weise in die verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit des Antragsgegners eingreifen [X.], wurde bislang weder beantragt noch ausgesprochen. 8 b) Gleichwohl hat das Beschwerdegericht hier zu Recht schon den [X.] auf Verpflichtung des [X.] zum regelmäßigen Umgang zu-rückgewiesen. 9 aa) § 1684 Abs. 1 BGB räumt lediglich dem Kind ein höchstpersönliches Recht zum Umgang mit jedem Elternteil ein. Denn Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ga-10 - 5 - rantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihres Kindes, macht ih-nen diese Aufgabe aber zugleich zu einer zuvörderst ihnen obliegenden Pflicht. Die in § 1684 Abs. 1 BGB gesetzlich statuierte Pflicht eines Elternteils zum Um-gang mit seinem Kind ist eine zulässige Konkretisierung dieser den Eltern grundrechtlich zugewiesenen Verantwortung für ihr Kind. Damit hat der [X.] die Umgangspflicht eines Elternteils als höchstpersönliches Recht des Kindes, nicht aber als Recht der Mutter ausgestaltet (so im Ergebnis auch [X.], [X.] geschiedener oder getrennt lebender Eltern 2. Aufl. [X.]. 145 f., [X.], Neues Kindschaftsrecht [X.]. 327 f., [X.]/ [X.]/Jaeger, Eherecht 4. Aufl. § 1684 BGB [X.]. 33 [unter [X.] auf BT-Drucks. 13/8511 S. 74], [X.]/Motzer, Handbuch des [X.]. Teil [X.]; [X.]/von [X.]/[X.], Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 6. Aufl. [X.]. [X.]. 443 f.; Weinreich/[X.]/[X.], [X.] Familienrecht 3. Aufl. § 1684 [X.]. 4; [X.]/ Heidel/Ring/Peschel-Gutzeit, [X.] 4 Familienrecht § 1684 [X.]. 10; [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 1684 [X.]. 2 und wohl auch [X.]/[X.] [X.] Anwalts-handbuch Familienrecht 2. Aufl. § 14 [X.]. 8). Während der ursprüngliche Gesetzentwurf zum Kindschaftsreformgesetz in § 1684 Abs. 1 BGB noch keine Pflicht der Eltern zum Umgang mit dem Kind vorsah, hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme eine Klarstellung gefor-dert, nach der das Kind nicht Objekt eines fremden Rechts ist, sondern selbst das Recht hat, bei einer Trennung von seinen Eltern regelmäßige persönliche und unmittelbare Kontakte zu ihnen zu pflegen (BT-Drucks. 13/4899 [X.]). Auf die Empfehlung des Rechtsausschusses des [X.], "ein eigenes Umgangsrecht des Kindes vorzusehen und deutlich zu machen, dass jeder El-ternteil nicht nur zum Umgang mit dem Kind berechtigt, sondern hierzu auch verpflichtet ist" (BT-Drucks. 13/8511 [X.]), ist der Entwurf geändert und die 11 - 6 - gegenwärtige Gesetzeslage geschaffen worden. Entsprechend weist auch das [X.] darauf hin, dass die Interessen des (antragstellen-den) Kindes mit denen seines ihn vertretenden Elternteils im Einzelfall in [X.] stehen können, was die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 50 [X.] erfordern kann. 12 [X.]) Um dem - ordnungsgemäß vertretenen - Kind die Disposition über sein Recht zu belassen, ist das Recht im Antragsverfahren der freiwilligen Ge-richtsbarkeit durchzusetzen (vgl. insoweit [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Frei-willige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 12 [X.]. 9 ff.). Zwar ist der [X.] Sachverhalt auch in diesem Verfahren nach § 12 [X.] von Amts we-gen aufzuklären. Der verfahrenseinleitende Antrag muss aber erkennen lassen, wer Antragsteller ist und das Umgangsrecht des Kindes geltend macht. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist die Durch-setzung eines fremden materiellen Rechts im eigenen Namen ([X.]) stets für unzulässig gehalten worden, wenn das [X.] Recht höchstpersönlichen Charakter hat und mit dem Rechtsinhaber, in dessen Person es entstanden ist, so eng verknüpft ist, dass die Möglichkeit, seine gerichtliche Geltendmachung einem Dritten im eigenen Namen zu über-lassen, dazu im Widerspruch stünde ([X.] Urteil vom 17. Februar 1983 - I ZR 194/80 - NJW 1983, 1559, 1561). Dem schließt sich der Senat für das Recht des Kindes zum Umgang mit einem Elternteil nach § 1684 Abs. 1 BGB an. Auch dieses Recht kann deswegen nur durch das Kind - vertreten durch den (hier nach § 1626 a Abs. 2 BGB) sorgeberechtigten Elternteil oder, im Falle ei-nes Interessenkonflikts, durch einen zu bestellenden Verfahrenspfleger - gel-tend gemacht werden. 13 - 7 - cc) Im vorliegenden Rechtsstreit ist die Antragstellerin - worauf die Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht hinweist - stets im eigenen Namen aufgetreten und aus eigenem Recht vorgegangen. Entsprechend haben die Instanzgerichte auch sie persönlich als "Antragstellerin" behandelt. Auf ihren Antrag und nach dem Inhalt ihrer Erklärung über die persönlichen und wirt-schaftlichen Verhältnisse ist der Antragstellerin persönlich und nicht etwa dem durch sie vertretenen Kind Prozesskostenhilfe bewilligt worden (zur Ausnahme der Prozessstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB vgl. Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - [X.] ZB 242/03 - FamRZ 2005, 1164, 1166 f.). 14 [X.]) Weil der Antragstellerin das von ihr geltend gemachte Recht auf Um-gang des Antragsgegners mit seinem Kind aber nicht persönlich zusteht und sie das höchstpersönliche Recht des Kindes auch nicht in Prozessstandschaft für das Kind geltend machen kann, hat das Beschwerdegericht ihren Antrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. 15 Hahne [X.] [X.]

[X.]: AG [X.], Entscheidung vom [X.] - 205 F 1218/05 - [X.], Entscheidung vom 16.11.2006 - 10 UF 638/06 -

Meta

XII ZB 225/06

14.05.2008

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2008, Az. XII ZB 225/06 (REWIS RS 2008, 3981)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3981

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