Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.03.2015, Az. 5 AZR 874/12

5. Senat | REWIS RS 2015, 13458

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Gegenstand

Vergütung für höherwertige Vertretungstätigkeit - Feststellungsinteresse


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 7. August 2012 - 2 [X.]/12 [X.] - aufgehoben.

2. Auf die [X.]erufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 30. November 2011 - 7 [X.] 1032/11 [X.] - abgeändert:

[X.]s wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger für die [X.] vom 1. Februar 2009 bis zum 13. Dezember 2012 entsprechend der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.][X.]esO in der für [X.]eamte des beklagten [X.] in diesem [X.]raum jeweils geltenden Höhe zu vergüten.

3. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des beklagten [X.], dem Kläger für die Dauer der vertretungsweisen Wahrnehmung der Geschäfte eines Abteilungsleiters eine höhere als die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung zu zahlen.

2

Der 1954 geborene Kläger ist seit 1991 Angestellter des beklagten [X.]. Im Arbeitsvertrag vom 16. Dezember 1991 vereinbarten die Parteien ua.:

        

„§1     

        

Herr/Frau

T       

        

wird ab

01.10.1991

        

(x)     

als vollbeschäftigte/r Angestellte/r

        

…       

        
        

(x)     

auf unbestimmte [X.]

        

…       

        
        

beschäftigt.

        
        

In dringenden Fällen hat der/die Angestellte auf Anordnung des Arbeitgebers darüber hinaus Arbeit zu leisten.

        

§ 2     

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem [X.] und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den [X.]ereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ([X.]) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.

        

…       

        

§ 4     

        

Die Eingruppierung und die Vergütung richten sich

        

(x)     

nach der Vergütungsordnung (Anlagen 1a und 1b zum [X.])

        

…       

        
        

Der/Die Angestellte ist danach eingruppiert in die Vergütungsgruppe I [X.]-W (§ 22 Abs. 3 [X.]).“

3

Die Parteien änderten mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 § 4 Arbeitsvertrag dahingehend ab, dass der Kläger „eine außertarifliche Vergütung entsprechend der [X.]esoldungsgruppe [X.] der [X.]undesbesoldungsordnung ([X.])“ erhält.

4

Mit Schreiben vom 11. März 2005 wies das beklagte Land dem Kläger den Dienstposten des Leiters des Referats 41 im [X.] zu und übertrug ihm „für die [X.]“ die Funktion eines stellvertretenden Leiters der Abteilung 4. Der damalige Abteilungsleiter trat mit Ablauf des 31. Januar 2009 in den Ruhestand. Das [X.] schrieb den Dienstposten der Abteilungsleitung im Dezember 2008 aus mit dem Hinweis, der Dienstposten sei mit der [X.]esoldungsgruppe [X.] [X.] bewertet. Im Januar 2009 beauftragte es den Kläger mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Leiters der Abteilung 4 zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Referatsleiter. Aufgrund einer Konkurrentenklage verzögerte sich die [X.]esetzung der Abteilungsleitung.

5

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 14. Mai 2009 und 10. September 2009 hat der Kläger mit der am 11. April 2011 eingereichten Klage unter [X.]erufung auf § 612 Abs. 1 [X.]G[X.] verlangt, ihn für die Dauer der vertretungsweisen Wahrnehmung der Geschäfte eines Abteilungsleiters entsprechend der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.] zu vergüten.

6

Der Kläger hat in den Vorinstanzen beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, ihn entsprechend der [X.]eamtenbesoldung nach der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.] zu vergüten und rückwirkend seit dem 1. Februar 2009 die Differenz zwischen einer Vergütung nach der [X.]esoldungsgruppe [X.] [X.] und der tatsächlich gezahlten [X.]esoldung gemäß [X.]esoldungsgruppe [X.] 2 [X.] zu zahlen, jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz aus den monatlichen Differenzen seit dem Letzten eines jeden Monats, beginnend mit dem Februar 2009.

7

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, für das Verlangen des [X.] bestehe keine Anspruchsgrundlage. Auch [X.]eamte seinen verpflichtet, ohne zusätzliche [X.]esoldung höherwertige Vertretungstätigkeit zu übernehmen. Jedenfalls sei ein eventueller Anspruch für den Monat Februar 2009 wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 TV-L verfallen.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage als unbegründet abgewiesen. Mit der vom [X.]arbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Nachdem im Laufe des Revisionsverfahrens der Kläger mit Wirkung vom 14. Dezember 2012 zum Abteilungsleiter befördert worden ist, konkretisiert er seinen Sachantrag nunmehr dahingehend

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger für die [X.] vom 1. Februar 2009 bis zum 13. Dezember 2012 entsprechend der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.] in der für [X.]eamte des beklagten [X.] in diesem [X.]raum jeweils geltenden Höhe zu vergüten.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] hat die [X.]erufung des [X.] gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung als Elementenfeststellungsklage - nach der [X.]eförderung des [X.] zum Abteilungsleiter zuletzt gerichtet auf die Feststellung, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger für die [X.] vom 1. Februar 2009 bis zum 13. Dezember 2012 entsprechend der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.][X.]esO in der für [X.]eamte des beklagten [X.] in diesem [X.]raum jeweils geltenden Höhe zu vergüten - zulässig.

1. Allerdings lässt - wovon das Arbeitsgericht ausgegangen ist - der Wortlaut des in den Vorinstanzen formulierten Klageantrags ein Verständnis als Leistungsantrag zu. Ein solcher bedarf aber, wie das beklagte Land in der [X.]erufungsbegründung zu Recht gerügt hat, stets der [X.]ezifferung, ansonsten er nicht hinreichend bestimmt ist, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Daran fehlt es im Streitfall. Der Klageantrag wäre deshalb als Leistungsantrag unzulässig, unabhängig davon, dass er in den Vorinstanzen - wegen der andauernden Stellenvakanz notwendigerweise - auch auf künftige Leistung gerichtet gewesen wäre, ohne die Anforderungen des § 259 ZPO zu erfüllen (vgl. [X.]AG 22. Oktober 2014 - 5 [X.] 731/12 - Rn. 40 ff. mwN).

2. Die Gerichte sind gehalten, Anträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass hierdurch eine vom Kläger erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird ([X.]AG 27. August 2014 - 4 [X.] 518/12 - Rn. 15 mwN). Das [X.] hat deshalb zu Recht den Klageantrag als Feststellungsantrag ausgelegt. Dieser Auslegung ist der Kläger mit der Konkretisierung seines [X.] in der Revisionsinstanz gefolgt.

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des [X.]estehens oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne [X.]edingungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage ([X.]Rspr., vgl. nur [X.]AG 22. Oktober 2008 - 4 [X.] 784/07 - Rn. 11 mwN, [X.]AGE 128, 165; 27. August 2014 - 4 [X.] 518/12 - Rn. 13).

Eine Feststellungsklage setzt nach § 256 Abs. 1 ZPO weiterhin ein rechtliches Interesse des [X.] voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Dieses besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen ([X.]Rspr., z[X.] [X.]AG 17. Oktober 2007 - 4 [X.] 1005/06 - Rn. 14, [X.]AGE 124, 240).

Ein solches Feststellungsinteresse ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt wird. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Das setzt bei einem auf die Feststellung der Rechtsgrundlage der Vergütung gerichteten Antrag voraus, dass über weitere Faktoren, die die Vergütungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete [X.]ezifferung dann lediglich eine Rechenaufgabe ist, die von den Parteien ebenso unstreitig durchgeführt werden kann wie die Umsetzung der weiteren Zahlungsmodalitäten ([X.]AG 27. August 2014 - 4 [X.] 518/12 - Rn. 15 mwN).

b) Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend das Feststellungsinteresse gegeben. Denn der Streit der Parteien geht ausschließlich darum, ob dem Kläger durchgehend nur die vereinbarte Vergütung nach der [X.]esoldungsgruppe [X.] 2 [X.][X.]esO oder für die - nach Ende der Stellenvakanz - datumsmäßig bestimmte [X.] der Vertretung der Abteilungsleitung Vergütung nach der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.][X.]esO zusteht. Die konkrete [X.]ezifferung des Differenzbetrages ist für das beklagte Land lediglich eine Rechenaufgabe. Desgleichen ist zu erwarten, dass das beklagte Land als juristische Person des öffentlichen Rechts einer rechtskräftig festgestellten Zahlungsverpflichtung nachkommen wird, ohne dass eine zusätzliche Leistungsklage erforderlich wäre.

c) § 256 Abs. 1 ZPO verlangt zudem ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Erforderlich ist deshalb grundsätzlich, dass es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt. Wird ein Antrag auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, ist dieser nur zulässig, wenn sich aus der Entscheidung noch Rechtsfolgen für die Zukunft ergeben ([X.]AG 16. November 2011 - 4 [X.] 839/09 - Rn. 24 mwN). Diese Voraussetzung ist erfüllt, denn es geht - wenn auch für einen vergangenen [X.]raum - um eine Verpflichtung des beklagten [X.] aus einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis.

d) Das Feststellungsinteresse ist nicht durch die in der Revisionsinstanz erfolgte zeitliche Konkretisierung des Antrags durch einen Endtermin der festzustellenden Verpflichtung, die erst mit dem Ende der Stellenvakanz möglich war, entfallen. Der mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit begründete Vorrang der Leistungsklage steht dem nicht entgegen. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus ([X.]AG 12. Oktober 1961 - 5 [X.] 294/60 - zu II der Gründe, [X.]AGE 11, 312). Da der Kläger in den Tatsacheninstanzen eine nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsklage erhoben hatte, war er nicht verpflichtet, aufgrund eines „überholenden Ereignisses“ in der Revisionsinstanz - der [X.]esetzung der vakanten Stelle der Abteilungsleitung mit dem Kläger und dem damit einhergehenden Abschluss eines [X.] zum Arbeitsvertrag - zur Leistungsklage überzugehen (vgl. [X.]AG 22. Februar 2012 - 4 [X.] 580/10 - Rn. 20 mwN).

II. Die Klage ist begründet. [X.] ist nach § 612 Abs. 1 [X.]G[X.] verpflichtet, den Kläger für die Ausübung der Tätigkeit eines Abteilungsleiters während der Stellenvakanz entsprechend der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.][X.]esO in der für [X.]eamte des beklagten [X.] in diesem [X.]raum jeweils geltenden Höhe zu vergüten.

1. Die Vertretung der Abteilungsleitung während einer Stellenvakanz ist nicht von der arbeitsvertraglichen [X.] mit umfasst. Denn nach § 611 Abs. 1 [X.]G[X.] schuldet der Arbeitnehmer für die vereinbarte Vergütung nur die vereinbarte Tätigkeit.

a) Die [X.] - „als vollbeschäftigte/r Angestellte/r“ - in § 1 Arbeitsvertrag ist mitsamt den sie konkretisierenden Weisungen wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 - 309 [X.]G[X.] zu beurteilen. Denn das beklagte Land hat unter Verwendung eines vor der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst üblichen Formulars den Arbeitsvertrag vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung handelt (§ 305 Abs. 1 [X.]G[X.]), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 [X.]G[X.] (vgl. [X.]AG 19. Mai 2010 - 5 [X.] 253/09 - Rn. 20; 27. Juni 2012 - 5 [X.] 530/11 - Rn. 14). Auf die vorformulierte Tätigkeitsbeschreibung und die sie ausfüllenden Schreiben des beklagten [X.] konnte der Kläger keinen Einfluss nehmen.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht ([X.]Rspr., vgl. z[X.] [X.]AG 13. Februar 2013 - 5 [X.] 2/12 - Rn. 15 mwN).

b) Danach haben die Parteien eine rahmenmäßig umschriebene Tätigkeit als Angestellter vereinbart, die das beklagte Land zuletzt mit Organisationsverfügung vom 11. März 2005 dahingehend konkretisiert hat, dass dem Kläger die Leitung des Referats 41 zugewiesen und ihm „für die [X.] der Abwesenheit der Abteilungsleitung“ die Funktion eines stellvertretenden Leiters der Abteilung 4 übertragen wurde. Letzteres darf der durchschnittliche Arbeitnehmer so verstehen, dass damit die üblichen Abwesenheiten wie Urlaub, Krankheit, Dienstreise uä. gemeint sind. Wenn die Konkretisierung der [X.] auch eine - noch dazu mehrjährige - Stellenvakanz erfassen soll, hätte dies klar und deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 [X.]G[X.]). Somit unterfällt die streitgegenständliche Vertretungstätigkeit nicht der [X.] der Parteien.

2. § 612 Abs. 1 [X.]G[X.] umfasst neben der quantitativen Mehrarbeit auch die qualitative Mehrleistung, also das Erbringen höherwertiger Leistungen als die vertraglich geschuldeten (st. Rspr., vgl. nur [X.]AG 3. September 1997 - 5 [X.] 428/96 - zu [X.], [X.]AGE 86, 261; 10. Februar 2015 - 9 [X.] 289/13 - Rn. 14, jeweils mwN). Dabei geht es nicht darum, ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, eine höherwertige Tätigkeit als die arbeitsvertraglich vereinbarte auszuüben (vgl. aber [X.]AG 4. Oktober 1972 - 4 [X.] 475/71 - [X.]AGE 24, 452; 16. Februar 1978 - 3 [X.] 723/76 - zu [X.]). § 612 Abs. 1 [X.]G[X.] regelt sowohl den Fall, dass der Arbeitnehmer - unabhängig davon, ob er hierzu rechtlich verpflichtet ist - auf Veranlassung des Arbeitgebers quantitativ mehr arbeitet als von der [X.] erfasst, als auch den, dass der Arbeitnehmer eine qualitativ höherwertige Tätigkeit als die nach der [X.] geschuldete erbringt. Dabei setzt die Norm stets voraus, dass die Leistung „den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist“.

a) Diese nach § 612 Abs. 1 [X.]G[X.] erforderliche objektive Vergütungserwartung ist - ohne dass es weiterer Darlegungen des Anspruchstellers bedürfte - bei der qualitativen Mehrleistung gegeben, wenn im betreffenden Wirtschaftszweig oder der betreffenden Verwaltung Tarifverträge gelten, die für eine vorübergehend und/oder vertretungsweise ausgeübte höherwertige Tätigkeit eine zusätzliche Vergütung vorsehen (vgl. - zur quantitativen Mehrarbeit - [X.]AG 17. August 2011 - 5 [X.] 406/10 - Rn. 20, [X.]AGE 139, 44; 27. Juni 2012 - 5 [X.] 530/11 - Rn. 19 mwN).

b) Das ist vorliegend der Fall. Denn das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich trotz der im Änderungsvertrag vom 21. Oktober 1996 vereinbarten übertariflichen Vergütung gemäß § 2 Arbeitsvertrag vom 16. Dezember 1991 nach dem [X.]AT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den [X.]ereich der [X.] ([X.]) jeweils geltenden Fassung. Nachdem bereits § 24 Abs. 2 [X.]AT unter bestimmten Voraussetzungen eine zusätzliche Vergütung für eine vertretungsweise ausgeübte höherwertige Tätigkeit vorsah, sieht seit der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst der Länder am 1. November 2006 § 14 Abs. 1 [X.] vor, dass der [X.]eschäftigte, dem vorübergehend eine andere Tätigkeit übertragen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren [X.] entspricht, und diese Tätigkeit mindestens einen Monat ausgeübt wird, für die Dauer der Ausübung eine persönliche Zulage rückwirkend ab dem ersten Tag der Übertragung der Tätigkeit erhält. Diese bemisst sich grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zu dem [X.]etrag, der sich für den [X.]eschäftigten bei dauerhafter Übertragung der höherwertigen Tätigkeit ergeben hätte, § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] Dazu haben die Tarifvertragsparteien in der Niederschriftserklärung zu § 14 Abs. 1 [X.] klargestellt, dass die vertretungsweise Übertragung der höherwertigen Tätigkeit ein Unterfall der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist.

Mithin war aufgrund des im Streitzeitraum arbeitsvertraglich in [X.]ezug genommenen [X.] eine objektive Vergütungserwartung für die Vertretung des Abteilungsleiters während der Stellenvakanz gegeben.

3. Die Höhe der zusätzlichen Vergütung bemisst sich nach § 612 Abs. 2 [X.]G[X.]. „Übliche Vergütung“ iSd. Norm ist bei einer vorübergehenden höherwertigen Vertretungstätigkeit die Vergütung, die der Vertretene üblicherweise beim in Anspruch genommenen Arbeitgeber erhält. Das ist im Streitfall eine Vergütung nach der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5. Unabhängig davon, dass sich dies für Abteilungsleiter in Ministerien des beklagten [X.] schon aus der [X.] [X.]esoldungsordnung ergibt, war die Stelle der Abteilungsleitung in der Abteilung 4 mit „[X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.]undesbesoldungsordnung“ ausgeschrieben. Dementsprechend erhält der Kläger nach seiner [X.]eförderung zum Abteilungsleiter ab der dauerhaften Übertragung der Führungsfunktion außertarifliches Entgelt in Höhe der [X.]esoldung eines vergleichbaren [X.]eamten des [X.] Sachsen-Anhalt der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.][X.]esO. Zudem hat das [X.] festgestellt, dass eine im Angestelltenverhältnis beschäftigte Abteilungsleiterin im [X.] eine entsprechende Vergütung erhält.

4. Die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 Satz 1 [X.] hat der Kläger auch für den Monat Februar 2009 gewahrt. Aus seinem Schreiben vom 14. Mai 2009 wird hinreichend deutlich, dass er für die Vertretung der vakanten Abteilungsleitung eine zusätzliche Vergütung in Höhe der Differenz der gezahlten Vergütung zu einer solchen nach der [X.]esoldungsgruppe [X.] 5 [X.][X.]esO begehrt. In diesem Sinne hat das beklagte Land - wie insbesondere das Antwortschreiben des [X.] belegt - das Petitum des [X.] auch verstanden.

III. [X.] hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    [X.]iebl    

        

    Weber    

        

        

        

    [X.]uschmann    

        

    [X.]    

                 

Meta

5 AZR 874/12

25.03.2015

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Magdeburg, 30. November 2011, Az: 7 Ca 1032/11 E, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, § 612 Abs 1 BGB, § 612 Abs 2 BGB, § 256 Abs 1 ZPO, § 14 Abs 1 TV-L, § 14 Abs 3 S 1 TV-L

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.03.2015, Az. 5 AZR 874/12 (REWIS RS 2015, 13458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13458

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