Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.01.2010, Az. 3 AZR 191/08

3. Senat | REWIS RS 2010, 10265

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Gegenstand

Arbeitgeberdarlehen - Verzicht auf die Verjährungseinrede


Leitsatz

1. Die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB dient der Klarstellung, welche Fristen auf bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits entstandene, jedoch noch nicht verjährte Ansprüche Anwendung finden, wann der Lauf der Fristen beginnt und auf welche Weise der Fristablauf unterbrochen oder gehemmt werden kann. Für diesen Anwendungsbereich stellt Art. 229 § 6 EGBGB im Verhältnis zu Art. 229 § 5 EGBGB, der eine allgemeine Überleitungsvorschrift zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz enthält, die speziellere Überleitungsvorschrift dar.

2. Art. 229 § 6 EGBGB findet keine Anwendung auf Vorschriften, die die Erleichterung oder Erschwerung der Verjährung oder den Verzicht auf die Einrede der Verjährung betreffen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Januar 2008 - 19 [X.] 1398/07 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Juli 2007 - 4 Ca 399/07 - abgeändert.

3. Die Klage wird abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt den [X.]eklagten aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung eines Arbeitgeberdarlehens in Anspruch.

2

Der [X.]eklagte hatte von seiner früheren Arbeitgeberin, der [X.], [X.]. [X.], ein Arbeitgeberdarlehen erhalten. Zur Rückzahlung trafen [X.] und der [X.]eklagte am 8. August 1998 eine [X.]ereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„1.

Herr [X.]e erkennt an, [X.] per 29.07.1998 einen [X.]etrag von insgesamt DM 43.484,31 zu schulden. Diese Summe resultiert aus einzelnen Darlehensbeträgen, die beiden Parteien bekannt sind.

        
                 

Der vorstehende [X.]etrag wird von beiden Parteien als Darlehen mit unbefristeter Dauer anerkannt.

        
                 

Herr [X.]e erkennt an, daß [X.] den vorstehenden [X.]etrag in einer Summe zu fordern berechtigt wäre. [X.] verzichtet indes auf die Geltendmachung des vorgenannten [X.]etrages in einer Summe und erklärt sich damit einverstanden, daß der [X.]etrag nach den nachfolgenden [X.]estimmungen getilgt wird.

        
        

2.   

Herr [X.]e ist damit einverstanden, daß die [X.], [X.]. [X.], ungeachtet anderer [X.]erpflichtungen des Herrn [X.]e vom Arbeitslohn des Herrn [X.]e monatlich DM 500,-- einbehalten und an [X.] abführen darf.

        
        

…       

        
        

4.   

Für den Fall des [X.]eginns eines neuen Arbeitsverhältnisses bei einer anderen Firma verpflichtet sich Herr [X.]e, diese [X.]ereinbarung dem neuen Arbeitgeber vorzulegen und dafür Sorge zu tragen, daß auch dieser monatlich DM 500,-- vom Arbeitslohn einbehält und direkt an [X.] überweist.

        

5.   

Kommt Herr [X.]e mit der [X.]ezahlung von drei aufeinanderfolgenden Raten oder einem [X.]etrag von insgesamt DM 1.500,-- in [X.]erzug, wobei es einer Mahnung nicht bedarf, ist [X.] berechtigt, den dann noch offenen [X.]etrag in einer Summe zuzüglich der Zinsen zu fordern.

        

6.   

Herr [X.]e verzichtet hinsichtlich des vorstehend bezifferten Darlehensbetrages auf die Einrede der [X.]erjährung und auf alle sonstigen Einwendungen. Insbesondere wird Herr [X.]e gegenüber [X.] auf die Anwendung der [X.] verzichten.

                 
        

7.   

Herr [X.]e übernimmt die bei [X.] angefallenen Gebühren und Auslagen für das Anfertigen dieser [X.]ereinbarung. Die Kosten werden dem unter 1. genannten [X.]etrag hinzuaddiert und von [X.] an [X.] überwiesen.

                 
                 

…       

                 
        

9.   

Die Unwirksamkeit einzelner der vorstehenden [X.]ereinbarungen betrifft nicht die Wirksamkeit des [X.]ertrages im übrigen. An Stelle der unwirksamen [X.]ereinbarung treffen die Parteien dann eine [X.]estimmung, die der unwirksamen [X.]ereinbarung am nächsten kommt. …“

                 

3

Aufgrund der [X.]ereinbarung wären 94 Raten à 500,00 DM für die Zeit von August 1998 bis Mai 2006 sowie eine Restrate iHv. 41,22 DM im Juni 2006 zu zahlen gewesen. Im Jahre 2001 zahlte der [X.]eklagte die vereinbarten Raten nur für die Monate Januar, März und Mai bis September. Danach stellte er die Ratenzahlungen gänzlich ein. Die [X.] beläuft sich unstreitig auf 14.854,85 Euro.

4

Mit Schreiben vom 24. Juni 2002 wandte sich [X.] an den [X.]eklagten. Dieses hat folgenden [X.]alt:

        

„… mit meinem Schreiben vom [X.] habe ich Ihnen mitgeteilt, dass ab Monat Oktober 01 die Rückzahlung in Höhe von DM 500,00 von Ihnen vorgenommen werden muß, da Sie ja eine andere Arbeitsstelle haben.

        

[X.]itte geben Sie [X.] umgehend [X.]escheid, ab wann Sie wieder Zahlungen an [X.] leisten. Ich bin dringend auf die Ratenzahlung angewiesen. Die Höhe Ihres Darlehens beträgt derzeit DM 29.041,22.

        

Ich bitte dringend um Nachricht ...“

5

Die Klägerin, an welche der Anspruch auf Rückzahlung des Arbeitgeberdarlehens abgetreten worden war, beantragte am 26. November 2002 den Erlass eines Mahnbescheides ua. über den [X.]etrag von 14.854,85 Euro gegen den [X.]eklagten. Dieser Mahnbescheid konnte dem [X.]eklagten, der ausweislich des an die Klägerin gerichteten Schreibens der Stadt S vom 28. Januar 2003 „unbekannt verzogen“ war und dessen Adresse zunächst ermittelt werden musste, erst am 20. Januar 2006 zugestellt werden. Am 25. Januar 2006 ging der Widerspruch des [X.]eklagten gegen den Mahnbescheid ein, dem eine handschriftliche Stellungnahme des [X.]eklagten vom 23. Januar 2006 beigefügt war. In dieser handschriftlichen Stellungnahme heißt es:

        

„… hiermit reagiere ich auf Ihren Mahnbescheid, in dem es um eine Darlehensrückforderung … geht. Irrtümlicherweise war ich bis jetzt in dem Glauben, dass meine ehemaligen Freundinnen das geliehene Geld von meinem damaligen Lohn an [X.] zurückgezahlt haben. Dieser Mahnbescheid ist das Erste, was ich von dieser Sache höre, sonst hätte ich schon früher reagiert. Ich würde [X.] das geliehene Geld gerne zurückzahlen, bin aber auf Grund meiner finanziellen Situation nicht in der Lage, den [X.]etrag auf einmal zu zahlen. Ich würde daher gerne mit [X.] oder der [X.] über eine Möglichkeit der Ratenzahlung sprechen. Ich teile Ihnen hiermit meine neue Adresse mit …“

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, jedenfalls die Ansprüche auf Ratenzahlung für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis Juni 2006 iHv. 10.502,56 Euro seien auch nach neuem Recht nicht verjährt. Dem stehe Nr. 5 der unter dem 8. August 1998 geschlossenen [X.]ereinbarung nicht entgegen. [X.] habe von der Möglichkeit der Fälligstellung der [X.] keinen Gebrauch gemacht. Im Gegenteil, sie habe den [X.]eklagten mit Schreiben vom 24. Juni 2002 zur weiteren Ratenzahlung aufgefordert. Zu dem Zeitpunkt sei der [X.]eklagte mit der Zahlung von elf Raten iHv. insgesamt 5.500,00 DM in Rückstand gewesen. Ein Rückgriff auf § 199 [X.]G[X.] aF scheide bereits deshalb aus, weil hinsichtlich der einzelnen Raten kalendermäßige Fälligkeiten vereinbart worden seien. Im Übrigen habe der [X.]eklagte unter Nr. 6 der [X.]ereinbarung wirksam auf die Einrede der [X.]erjährung verzichtet. Die Wirksamkeit dieses [X.]erzichts sei nach § 202 [X.]G[X.] nF zu beurteilen. Des ungeachtet handele der [X.]eklagte rechtsmissbräuchlich, wenn er sich auf den Eintritt der [X.]erjährung berufe. Die Zustellung des Mahnbescheides im Jahre 2002 sei allein deshalb gescheitert, weil der [X.]eklagte unbekannt verzogen gewesen sei. Er habe den Wohnsitzwechsel bewusst nicht angezeigt, um sich seinen [X.]erpflichtungen zu entziehen.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

den [X.]eklagten zu verurteilen, an sie 14.854,85 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. Juli 2006 zu zahlen.

8

Der [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Einrede der [X.]erjährung erhoben und die Auffassung vertreten, der gesamte Rückforderungsbetrag sei bereits im Oktober 2001 fällig gewesen. Dies folge aus Nr. 5 der [X.]ereinbarung vom 8. August 1998. Selbst wenn von einem Kündigungserfordernis auszugehen sei, sei die Forderung dennoch verjährt, da [X.] spätestens im Oktober 2001 zur Kündigung berechtigt gewesen sei. Der unter Nr. 6 der [X.]ereinbarung getroffene [X.]erzicht auf die Einrede der [X.]erjährung sei nach § 225 [X.]G[X.] aF unwirksam. Das neue Recht sei diesbezüglich nicht anwendbar. Die [X.]erufung auf den Eintritt der [X.]erjährung sei ihm schließlich auch nicht nach § 242 [X.]G[X.] verwehrt. Die Klägerin selbst habe es unterlassen, die vorhandenen Rechtsschutzmöglichkeiten auszuschöpfen. Schließlich liege in seinem Schreiben vom 23. Januar 2006 kein [X.]erzicht auf die Einrede der [X.]erjährung, der nach neuem Recht zu beurteilen wäre. Ein wirksamer [X.]erzicht setze voraus, dass der [X.]erpflichtete wisse oder zumindest mit der Möglichkeit rechne, dass [X.]erjährung eingetreten ist. Dies sei nicht der Fall gewesen.

9

Arbeitsgericht und [X.] haben der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der [X.]eklagte sein [X.]egehren nach Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der [X.] iHv. 14.854,85 Euro war spätestens am 31. Dezember 2005, also noch vor Zustellung des Mahnbescheides verjährt. [X.] vom 23. Januar 2006 ändert hieran nichts. Der Beklagte ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gehindert, die Einrede der Verjährung zu erheben.

I. Die Klageforderung war spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2005, also noch vor Zustellung des Mahnbescheides am 20. Januar 2006 verjährt.

1. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin war der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens am 1. November 2001 in vollem Umfang entstanden, dh. fällig; einer Kündigung der [X.] bedurfte es nicht. Dies ergibt eine Auslegung der unter dem 8. August 1998 geschlossenen Vereinbarung. Auf die Fälligkeit der einzelnen Rückzahlungsraten kommt es demnach nicht mehr an.

a) Die Vereinbarung vom 8. August 1998 enthält keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. [X.]. Ausweislich ihrer Nr. 7 hatte Rechtsanwalt K diese Vereinbarung ausschließlich zur Regelung der [X.] des Beklagten gegenüber der [X.] und damit nicht für eine Vielzahl von Verträgen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 [X.] entworfen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung um von einem Dritten, nämlich Rechtsanwalt K, für die Arbeitgeberin, [X.], vorformulierte Vertragsbedingungen, die - weil arbeitsvertragliche [X.] sind (vgl. [X.] 25. Mai 2005 - 5 [X.] - [X.], 19) - unter § 310 Abs. 3 [X.] fallen.

b) Nach welchen Maßstäben eine vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung von für einen Einzelfall entworfenen Vertragsbedingungen revisionsgerichtlich zu überprüfen ist, kann dahinstehen; hat nämlich - wie hier - das [X.] eine gebotene Auslegung unterlassen, darf das Revisionsgericht auch atypische Verträge und Willenserklärungen selbst auslegen, wenn es - wie hier - um die Auslegung einer Urkunde geht und für deren Auslegung außerhalb der Urkunde liegende Umstände nicht in Betracht kommen (vgl. [X.] 28. Februar 1990 - 7 [X.] - [X.]E 64, 220).

c) Ebenso kann offenbleiben, ob die Vereinbarung vom 8. August 1998, weil sie ausschließlich zur Regelung der [X.] des Beklagten gegenüber der [X.] entworfen wurde und auch nur in diesem Fall zur Verwendung gekommen ist, wie eine Individualvereinbarung, oder ob sie als [X.] iSd. § 310 Abs. 3, 4 [X.] wie Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen ist. In beiden Fällen führt die Auslegung bereits deshalb zu demselben Ergebnis, weil individuelle Umstände, insbesondere solche außerhalb der Urkunde von den Parteien nicht vorgebracht wurden und auch sonst nicht ersichtlich sind.

d) Die Auslegung der unter dem 8. August 1998 geschlossenen Vereinbarung ergibt, dass die in Nr. 5 enthaltene Regelung, wonach „[X.] berechtigt“ ist, „den dann noch offenen Betrag in einer Summe zuzüglich der Zinsen zu fordern“, als Fälligkeitsabrede zu verstehen ist.

Die streitgegenständliche Vereinbarung enthält keine Abrede über die erstmalige Gewährung eines Darlehens und regelt nicht erstmalig Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, sondern nimmt Bezug auf bereits in der Vergangenheit ausgezahlte [X.]. Der Beklagte hat eine Rückzahlungsverpflichtung per 29. Juli 1998 iHv. insgesamt 43.484,31 DM anerkannt. Ferner hat er anerkannt, dass [X.] berechtigt sein sollte, den Betrag in einer Summe zu fordern. Die Vertragsparteien haben darunter die Befugnis zur „Geltendmachung“ des Betrages in einer Summe verstanden, was Fälligkeit voraussetzt. Für dieses Verständnis spricht auch der weitere Satz der Vereinbarung, in welchem [X.] auf die Geltendmachung des Betrages in einer Summe verzichtet und sich damit einverstanden erklärt hat, dass der Betrag entsprechend den unter Nr. 2 bis 4 getroffenen Vereinbarungen getilgt wird.

Unter Nr. 5 enthält die Vereinbarung sodann eine Regelung darüber, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn der Beklagte mit der Bezahlung von drei aufeinanderfolgenden Raten oder einem Betrag iHv. insgesamt 1.500,00 DM in Rückstand gerät. Dann soll [X.] - wieder wie bei Abschluss der Vereinbarung - berechtigt sein, den dann noch offenen Betrag in einer Summe [X.] der Zinsen zu fordern. Der dann noch offene Betrag soll von [X.] geltend gemacht werden können, also fällig sein, und zwar, ohne dass es irgendeiner Erklärung zur Fälligstellung bzw. einer Kündigung bedarf. Von einer Kündigung ist an keiner Stelle der Vereinbarung eine Rede; [X.] sollte dann zur Rückforderung des gesamten noch offenen Betrages berechtigt sein, wenn der Beklagte mit der Bezahlung von drei aufeinanderfolgenden Raten oder einem Betrag iHv. insgesamt 1.500,00 DM in Rückstand geriet, ein „Inverzugsetzen“ durch Mahnung war nicht erforderlich.

e) Da der Beklagte die monatlichen Raten iHv. 500,00 DM für die Monate Februar, April und Oktober 2001 nicht gezahlt hatte, war er zu Beginn des Monats November 2001 mit der Zahlung von insgesamt 1.500,00 DM in Rückstand geraten. Damit war der gesamte dann noch offene Betrag iHv. 14.854,85 Euro mit Beginn des Monats November 2001 insgesamt zur Rückzahlung fällig geworden.

Hieran ändert sich auch nichts durch das Schreiben der [X.] an den Beklagten vom 24. Juni 2002. In diesem Schreiben könnte allenfalls das Angebot auf Abschluss einer Stundungsvereinbarung oder auf Abschluss eines Stillhalteabkommens gesehen werden, was vom Beklagten allerdings nicht angenommen wurde. Dieser hat sich weder auf dieses Schreiben hin geäußert noch weitere Raten gezahlt.

2. Die Rückzahlungsforderung der Klägerin unterlag der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 [X.] nF. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.], wonach die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tage bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung finden.

a) Obgleich es sich bei der den Anspruch begründenden Vereinbarung vom 8. August 1998 um ein Dauerschuldverhältnis handelt, beantwortet sich die Frage danach, ob die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung oder in der Fassung Anwendung finden, die das [X.] durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz für die [X.] ab dem 1. Januar 2002 gefunden hat, nach Art. 229 § 6 EG[X.] und nicht nach Art. 229 § 5 Satz 2 EG[X.]. Die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EG[X.] dient der Klarstellung, welche Fristen auf bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits entstandene, jedoch noch nicht verjährte Ansprüche Anwendung finden, wann der Lauf der Fristen beginnt und auf welche Weise der Fristablauf unterbrochen oder gehemmt werden kann (vgl. [X.] 16. Mai 2007 - 8 [X.] - Rn. 44, [X.]E 122, 304). Art. 229 § 6 EG[X.] stellt damit für diesen Anwendungsbereich im Verhältnis zu Art. 229 § 5 EG[X.], der eine allgemeine Überleitungsvorschrift zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz enthält, die speziellere Überleitungsvorschrift dar.

b) Da der Gesamtbetrag - wie ausgeführt - am 1. November 2001 zur Rückzahlung fällig war, also iSd. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] bestand, konnte er - unabhängig davon, zu welchem [X.]punkt die Verjährungsfrist zu laufen begann - in keinem Fall vor dem 1. Januar 2002 verjähren.

3. Die Verjährung der Klageforderung ist spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2005 eingetreten.

a) Für den Beginn der Verjährung verweist Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EG[X.] grundsätzlich auf altes Recht und damit auf § 198 [X.] aF, wonach die Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs beginnt. Dabei entsteht ein Anspruch iSd. § 198 [X.] aF, sobald er fällig wird und notfalls eingeklagt werden kann ([X.] 21. November 1996 - [X.] - zu I der Gründe, NJW 1997, 516). Dies war am 1. November 2001 der Fall.

b) Da die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 [X.] nF drei Jahre beträgt und nach § 195 [X.] aF 30 Jahre betrug, ist nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EG[X.] die kürzere Frist maßgeblich. Diese wird von dem 1. Januar 2002 an berechnet, soweit der Verjährungsbeginn nicht gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] infolge späterer Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Anspruchsinhaberin verschoben worden ist ([X.] 23. Januar 2007 - [X.]/06 - Rn. 18, [X.]Z 171, 1).

c) Vorliegend kann offenbleiben, ob die Klägerin bereits am 1. Januar 2002 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Tatsachen, nämlich vom Rückstand des Beklagten mit einem Betrag von 1.500,00 DM hatte, und ob ihr ggf. die Kenntnis der [X.] zuzurechnen wäre; die Klägerin hat die erforderliche Kenntnis spätestens zum [X.]punkt der Beantragung des Mahnbescheides gehabt. Dies war der 26. November 2002, so dass die Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] spätestens am 31. Dezember 2002 begann. Damit war die Klageforderung spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2005 verjährt.

II. [X.] vom 23. Januar 2006 ändert hieran nichts.

Es kann offenbleiben, ob hierin überhaupt das Anerkenntnis der Klageforderung gesehen werden kann; selbst ein Anerkenntnis würde die Verjährung nämlich nicht beseitigen. Zwar heißt es in § 212 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nF, dass die Verjährung „erneut beginnt“, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt; allerdings wurde im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung mit dem Begriff des „Neubeginns“ lediglich der Begriff der „Unterbrechung“ iSd. § 208 [X.] aF ersetzt. Im Hinblick auf § 208 [X.] aF war indes in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein nach Ablauf der Verjährungsfrist abgegebenes Anerkenntnis die Verjährung nicht mehr unterbrechen kann ([X.] 21. November 1996 - [X.] - zu II 2 der Gründe, NJW 1997, 516).

In dem Schreiben des Beklagten vom 23. Januar 2006 kann auch nicht ein neuerlicher Verzicht auf die Erhebung der [X.] gesehen werden. Der Beklagte hat in dem zuvor bezeichneten Schreiben nicht ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichtet, sondern nur zum Ausdruck gebracht, dass er [X.] das geliehene Geld gerne zurückzahlen würde, aufgrund seiner finanziellen Situation aber nicht in der Lage sei, den Betrag auf einmal zu zahlen und deshalb mit [X.] bzw. der Klägerin über die Möglichkeit einer Ratenzahlung sprechen wolle. Damit könnte er allenfalls konkludent einen entsprechenden Verzicht erklärt haben. Ein stillschweigender Verzicht setzt jedoch einen rechtsgeschäftlichen Aufgabewillen voraus, der im Allgemeinen nicht zu vermuten ist; aus diesem Grunde ist ein derartiger Verzicht regelmäßig ausgeschlossen, wenn es sich um Rechte handelt, die dem Erklärenden unbekannt sind und mit deren Bestehen er nicht rechnet. Dementsprechend setzt ein konkludenter Verzicht auf die [X.] in der Regel voraus, dass der Schuldner bei Abgabe seiner Erklärung den Eintritt der Verjährung gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat. Dies ist von keiner der Parteien behauptet worden (vgl. [X.] 21. November 1996 - [X.] - zu III der Gründe, NJW 1997, 516).

Damit konnte die Klägerin das Schreiben des Beklagten vom 23. Januar 2006 allenfalls dahingehend verstehen, dass dieser Bereitschaft zeigte, sich auf die Verlängerung einer noch laufenden Verjährungsfrist einzulassen. Wenn sich aber die Erklärung lediglich auf die „Verlängerung“ einer noch laufenden Verjährungsfrist bezog, so war sie schon aus tatsächlichen Gründen gegenstandslos, weil die Verjährung spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2005 eingetreten war.

III. Der Beklagte war auch nicht aufgrund des unter Nr. 6 der Vereinbarung vom 8. August 1998 erklärten Verzichts an der Erhebung der Einrede der Verjährung gehindert.

1. Der in der Vereinbarung erklärte Verzicht auf die [X.] ist nach § 225 Satz 1 [X.] aF unwirksam. Nach dieser Bestimmung kann die Verjährung durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden. Deshalb kann auf die Einrede der Verjährung nicht von vornherein bzw. vor Ablauf der Verjährungsfrist wirksam verzichtet werden. Ein Verzicht auf die [X.], der - wie hier - vorher ausgesprochen wurde, ist ungültig, und zwar auch dann, wenn die Wirkungen des Verzichts erst nach Vollendung der Verjährung eintreten sollen ([X.] 4. November 1997 - VI ZR 375/96 - zu II 3 b bb der Gründe, NJW 1998, 902; 6. Dezember 1990 - [X.]/90 - zu II 1 der Gründe, NJW 1991, 974).

2. [X.] beurteilt sich gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EG[X.] nach § 225 Satz 1 [X.] aF.

Zwar handelt es sich bei der Vereinbarung vom 8. August 1998 um ein Dauerschuldverhältnis, auf das an sich gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EG[X.] seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden ist. Dies gilt jedoch nicht für vor dem 1. Januar 2003 beendete Dauerschuldverhältnisse und nicht für Ansprüche aus einem am 1. Januar 2003 fortbestehenden Dauerschuldverhältnis, die - wie hier aufgrund der am 1. November 2001 eingetretenen Fälligkeit - vor Ablauf dieses Tages zu erfüllen waren. Insoweit trifft der Sinn von Art. 229 § 5 Satz 2 EG[X.], das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner Fassung durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz auf zuvor begründete Dauerschuldverhältnisse anwendbar zu machen und den Parteien eine Frist zur Anpassung der laufenden Pflichten aus einem Dauerschuldverhältnis auf die am 1. Januar 2002 in [X.] getretene Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzuräumen, nicht zu ([X.] 13. Juli 2007 - [X.]/06 - Rn. 9, NJW-RR 2008, 172).

Art. 229 § 5 EG[X.] wird auch nicht durch die in Art. 229 § 6 EG[X.] für die Verjährung getroffene Sonderregelung, bei deren Anwendbarkeit sich die Wirksamkeit des Verzichts nach § 202 [X.] nF beurteilen würde, verdrängt. Die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EG[X.] dient allein der Klarstellung, welche Fristen auf bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits entstandene, jedoch noch nicht verjährte Ansprüche Anwendung finden, wann der Lauf der Fristen beginnt und auf welche Weise der Fristablauf unterbrochen oder gehemmt werden kann. Dass dabei die Frage, welches Recht zur Kontrolle von Vereinbarungen über die Verjährung wann Anwendung findet, bedacht wurde, ist nicht erkennbar und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien (vgl. [X.] 16. Mai 2007 - 8 [X.] - Rn. 44, [X.]E 122, 304). Zudem werden Vorschriften, die die Erleichterung oder Erschwerung der Verjährung oder gar den Verzicht auf die Verjährung betreffen, in Art. 229 § 6 EG[X.] nicht erwähnt. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/6040 S. 273) ist zu entnehmen, dass diese Vorschrift auch für die Kontrolle von Vereinbarungen über die Verjährung Anwendung finden sollte. Solche Vereinbarungen sollen demnach gemäß der hinter Art. 229 § 5 Satz 2 EG[X.] stehenden gesetzgeberischen Überlegung den Gestaltungsmöglichkeiten der Vertragsparteien überlassen werden ([X.] 30. Oktober 2008 - 8 [X.] - Rn. 18, [X.] § 4 Ausschlussfristen Nr. 192). Art. 229 § 6 EG[X.] stellt damit nur für seinen Regelungsbereich im Verhältnis zu Art. 229 § 5 EG[X.], der eine allgemeine Überleitungsvorschrift zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz enthält, die speziellere Überleitungsvorschrift dar (vgl. auch [X.] 24. November 2009 - [X.]/08 - Rn. 16 f., NJW 2010, 602).

3. [X.] ist auch nicht später, insbesondere nicht durch das Schreiben des Beklagten vom 23. Januar 2006 gem. § 141 Abs. 1 [X.] bestätigt worden. Eine Bestätigung gem. § 141 Abs. 1 [X.] setzt voraus, dass die bestätigenden Vertragsparteien den Grund der Nichtigkeit kennen oder zumindest Zweifel an der Rechtsbeständigkeit der Vereinbarung haben ([X.] 10. Mai 1995 - VIII ZR 264/94 - zu II 1 c aa der Gründe, [X.]Z 129, 371). Dafür, dass diese Voraussetzungen vorgelegen haben, bietet der vorliegende Fall keinerlei Anhaltspunkte. Abweichendes wurde von den Parteien auch nicht vorgetragen.

4. Dem Beklagten ist es auch nicht aufgrund § 242 [X.] nach [X.] und Glauben verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.

Dass der Beklagte nach § 225 [X.] aF vor Ablauf der Verjährungsfrist nicht wirksam auf die Einrede der Verjährung verzichten konnte, bedeutet zwar nicht, dass seinem Verzicht überhaupt keine rechtliche Bedeutung zukäme. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] verstößt bei Vereinbarung eines solchen Verzichts der Schuldner mit einer Berufung auf den Eintritt der Verjährung gegen [X.] und Glauben, solange er bei dem Gläubiger den Eindruck erweckt oder aufrechterhält, dessen Ansprüche befriedigen oder doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen zu wollen, und solange er den Gläubiger dadurch von der rechtzeitigen Erhebung einer Klage abhält (4. November 1997 - VI ZR 375/96 - zu II 3 b cc der Gründe, NJW 1998, 902; 18. September 2007 - [X.]7/06 - Rn. 19 f., [X.], 2206; zum Verstoß gegen [X.] und Glauben bei der Berufung auf den [X.] allgemein vgl. [X.] 7. November 2007 - 5 [X.] - Rn. 17, AP [X.] § 196 Nr. 23 = EzA [X.] 2002 § 242 Rechtsmissbrauch Nr. 4).

Nach einhelliger Auffassung ist der auf einem Einredeverzicht beruhende Vertrauensschutz des Gläubigers darauf, dass sein Anspruch nicht an der Verjährung scheitert, jedoch nur solange gerechtfertigt, wie die den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begründenden Umstände andauern. Entfallen sie, erklärt insbesondere der Schuldner, sich nicht mehr an den Verzicht halten zu wollen, so muss der Gläubiger innerhalb einer angemessenen und ihrerseits nach [X.] und Glauben zu bestimmenden Frist seinen Anspruch gerichtlich geltend machen, wobei diese Frist von ihrem Zweck her kurz zu bemessen ist ([X.] 4. November 1997 - VI ZR 375/96 - zu II 3 [X.] der Gründe, NJW 1998, 902; 6. Dezember 1990 - [X.]/90 - zu II 4 der Gründe, NJW 1991, 974).

Vorliegend reichte der aus § 242 [X.] abzuleitende Vertrauensschutz für die Klägerin nur bis zu dem [X.]punkt, als diese, nachdem der Mahnbescheid nicht zugestellt werden konnte, auf ihre Anfrage vom 24. Januar 2003 durch das Schreiben der [X.] vom 28. Januar 2003 erfuhr, dass der Beklagte unbekannt verzogen war. Ab diesem [X.]punkt musste sie damit rechnen, dass der Beklagte sich seinen Verpflichtungen entziehen und auch nicht weiter an seinem Verzicht auf die Einrede der Verjährung festhalten lassen wollte. Dies hat die Klägerin im Übrigen auch selbst so gesehen; sie hat vorgetragen, der Beklagte habe den Wohnsitzwechsel bewusst nicht angezeigt, um sich seinen Verpflichtungen zu entziehen. Dann hätte sie sich aber nicht auf das [X.] des Mahnverfahrens beschränken dürfen, sondern, da eine öffentliche Zustellung des Mahnbescheides, die den Eintritt der Verjährung hätte verhindern können, nach § 688 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht vorgesehen ist, direkt Klage einreichen und diese ggf. öffentlich zustellen lassen müssen. Aus diesem Grunde kann die Klägerin auch aus ihrem weiteren Vorbringen, es sei im Rahmen des § 242 [X.] zu berücksichtigen, dass der Beklagte lange [X.] als unbekannt verzogen gegolten habe, nichts zu ihren Gunsten ableiten.

        

    [X.]    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Oberhofer    

        

    Schmidt    

        

        

Meta

3 AZR 191/08

19.01.2010

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamm, 12. Juli 2007, Az: 4 Ca 399/07, Urteil

§ 195 BGB, § 195 BGB vom 01.01.1964, § 199 Abs 1 Nr 2 BGB, § 202 BGB, § 208 BGB vom 01.01.1964, § 212 Abs 1 Nr 1 BGB, § 225 BGB vom 01.01.1964, § 242 BGB, § 141 Abs 1 BGB, Art 229 § 5 BGBEG, Art 229 § 6 BGBEG, § 888 Abs 2 Nr 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.01.2010, Az. 3 AZR 191/08 (REWIS RS 2010, 10265)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10265

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Referenzen
Wird zitiert von

4 Ca 2167/11

14 Sa 280/12

17 Sa 1001/11

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