Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2006, Az. VII ZR 151/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 922

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 9. November 2006 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 304 Abs. 1; [X.]/B § 2 Nr. 5 und [X.], § 6 [X.] a) Der Erlass eines Grundurteils ist unzulässig, wenn nicht alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind (im [X.] an [X.], Urteil vom 10. März 2005 - [X.], [X.], 1052 = [X.] 2005, 460 = NZBau 2005, 397). b) Setzt sich die Klageforderung aus in einer Schlussrechnung zusammenge-fassten einzelnen Rechnungspositionen zusammen, die auf § 2 Nr. 5 und [X.] sowie § 6 [X.] [X.]/B gestützt werden, gehört die Prüfung, ob die Tat-bestandsvoraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sind, zum Grund des Anspruchs. [X.], Urteil vom 9. November 2006 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2006 durch [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n werden das Grundurteil vom 19. Mai 2005 sowie das Ergänzungsurteil vom 14. Juli 2005 des 5. Zivilsenats des [X.] aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.]. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin, eine aus drei Bauunternehmen bestehende Arbeitsgemein-schaft, begehrt von dem beklagten Land (im Folgenden: der [X.]) restli-chen Werklohn. 1 Der [X.] beauftragte die Klägerin im Jahr 1994 mit Arbeiten an ei-nem Bauvorhaben. Die [X.]/B war vereinbart. Nach Abschluss der Arbeiten erstellte die Klägerin unter dem 3. April 1997 eine Schlussrechnung. Nachdem es in der Folgezeit zwischen den Parteien zu Streit über die Berechtigung der [X.] gekommen war, erklärte der [X.] mit Schreiben vom 2 - 3 - 15. November 1999, bis zum 31. März 2000 von der Einrede der Verjährung gegenüber der Schlussrechnungsforderung der Klägerin keinen Gebrauch zu machen, in der Folgezeit auch dann nicht, wenn bis zu dem genannten [X.]-punkt Klage erhoben worden sei. Auf Anfrage der Klägerin vom 14. März 2000 erklärte der [X.] im Schreiben vom 20. März 2000, er sehe für einen weite-ren Verzicht auf die Einrede der Verjährung über den 31. März 2000 hinaus keinerlei Anlass. Unter dem 23. März 2000 reichte die Klägerin einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gegen den [X.]n über einen Betrag von 5.824.481,03 [X.] beim Amtsgericht ein. Gegen den am 30. März 2000 an den [X.]n zugestellten Mahnbescheid legte dieser unter dem 31. März 2000 Widerspruch ein. Mit am 10. April 2000 bei der Klägerin eingegangenem Schreiben des Amtsgerichts wurde diese zur Einzahlung des weiteren [X.] aufgefordert. Die Klägerin zahlte die weiteren [X.] am 5. April 2002 ein. Am 10. April 2002 wurde der Rechtsstreit von dem Amtsgericht an das [X.] abgegeben. Mit Schreiben vom 17. April 2002, bei dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingegangen am 19. April 2002, wurde die Klägerin zur Begründung des Anspruchs aufgefordert. Am 10. Juni 2003 ging die [X.] vom 4. Juni 2003 bei [X.] ein. Die Klägerin hat zuletzt beantragt, den [X.]n zur Zahlung von 3.026.371,48 [X.] (= 1.547.359,17 •) an sie zu verurteilen. Die Klageforderung setzt sich aus 49 Einzelpositionen der Schlussrechnung vom 3. April 1997 zu-sammen. Das [X.] hat die Klage wegen Verjährung der geltend ge-machten Forderung abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] in einem Grundurteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und in einem Ergänzungsurteil die landgerichtliche Entscheidung [X.]. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, die beide ge-3 - 4 - nannte Urteile erfasst, möchte der [X.] die Wiederherstellung des erstin-stanzlichen Urteils erreichen. Entscheidungsgründe: 4 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 5 Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Der Senat hat nach Anhörung der Parteien das Rubrum dahingehend be-richtigt, dass die als [X.] anzusehende Arbeitsge-meinschaft Klägerin ist, nicht ihre ursprünglich als Klägerinnen bezeichneten Mitglieder. Eine solche Rubrumsberichtigung ist auch im Fall einer nach der Rechtsprechungsänderung zur Rechtsnatur der [X.] erhobenen Klage zulässig (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 14. September 2005 - [X.]I ZR 117/04, NJW-RR 2006, 42). 6 I. Das Berufungsgericht meint, der [X.] könne die Einrede der [X.] nicht erheben, weil er auf diese dauerhaft verzichtet habe. In diesem Sinne sei seine Erklärung in dem Schreiben vom 15. November 1999 zu verstehen. 7 Es sei durch Grundurteil festzustellen, dass der [X.] dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Der Klägerin stehe der Höhe nach ein Anspruch aus dem streitgegenständlichen Bauvorhaben zu. Denn Titel 5 Pos. 2 der Schlussrechnung in Höhe von 978,92 [X.] sei unstreitig. 8 - 5 - II. 9 Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 10 1. Die Zulassung der Revision ist nicht gerechtfertigt. Das Berufungsge-richt selbst hat nicht begründet, warum es die Revision zugelassen hat. [X.] sind auch nicht ersichtlich, jedoch ist der Senat gemäß § 543 Abs. 2 ZPO an die Zulassung gebunden. 2. Der Erlass eines Grundurteils ist nach den bisher vom Berufungsge-richt getroffenen Feststellungen unzulässig. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe be-steht ([X.], Urteil vom 10. März 2005 - [X.], [X.], 1052, 1053 = [X.] 2005, 460 = NZBau 2005, 397). Diese Voraussetzungen sind bisher nicht erfüllt. Das Berufungsgericht hat nicht alle Fragen, die zum Grund des [X.] gehören, erledigt. 11 Ein einheitlicher Anspruchsgrund für die mit der Klage geltend gemach-ten Ansprüche kann nicht allein darin gesehen werden, dass diese aus [X.] resultieren und die entsprechenden Rechnungsposten innerhalb einer Schlussrechnung zusammengefasst sind. 12 a) Hinsichtlich eines [X.]s, der sich aus mehreren Einzelpo-sitionen zusammensetzt, kann ein Grundurteil ergehen, wenn der geltend ge-machte [X.] auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht und das Gericht diesen festgestellt hat ([X.], Urteil vom 2. Mai 1961 - [X.], [X.], 732, 733). 13 - 6 - Ein einheitlicher Grund in diesem Sinne kann gegeben sein, wenn sich die einzelnen in eine Gesamtforderung eingestellten Rechnungspositionen auf dieselben Anspruchsvoraussetzungen gründen lassen, deren Vorliegen sich aus demselben Lebenssachverhalt ergibt, und sie daher lediglich Einzelposten eines einheitlichen Schuldverhältnisses sind (vgl. hierzu auch [X.], Urteil vom 4. Dezember 1997 - [X.], [X.], 332 = [X.] 1998, 144; [X.], Urteil vom 7. Dezember 1995 - [X.] ZR 112/95, [X.], 427, 428 = [X.] 1996, 137). 14 Eine solche Fallgestaltung folgt nicht schon daraus, daß verschiedene Rechnungspositionen in eine einheitliche Schlussrechnung eines Einheitspreis-vertrages eingestellt sind. Zwar sind die für die verschiedenen Leistungen an-gesetzten Beträge in Bezug auf den [X.] lediglich als Rech-nungsposten anzusehen ([X.], Urteil vom 22. Oktober 1998 - [X.] ZR 167/97, [X.], 251, 252 = [X.] 1999, 94 = NJW 1999, 417). Im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit eines Grundurteils ist aber auch hier entscheidend, ob die für die Rechtfertigung der geltend gemachten Einzelpositionen bereits dem Grunde nach zu erfüllenden Anspruchsvoraussetzungen identisch sind und auf demselben Sachverhalt beruhen. Das kann bei Rechnungspositionen, die auf [X.], gestützt etwa auf § 2 Nr. 5, [X.] [X.]/B, oder auf [X.] im Sinne des § 6 [X.] [X.]/B gegründet sind, nicht bejaht werden; anderes mag bei einer Forderung nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 [X.]/B gelten, da die dort zusätzlich zu erfüllenden Voraussetzungen nur die Anspruchshöhe betreffen. 15 b) Die in der Schlussrechnung der Klägerin vom 3. April 1997 zusam-mengefassten 49 Rechnungspositionen beruhen danach nicht auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund im Sinne der Zulässigkeitsvoraussetzun-gen für ein Grundurteil. 16 - 7 - Nach der Klagebegründung sollen die eingeklagten [X.] sich als vertragliche Ansprüche unter anderem auf der Grundlage des § 2 Nr. 5, [X.] sowie des § 6 [X.] [X.]/B rechtfertigen. Bei dieser Sachlage darf ein Grundurteil nur erlassen werden, wenn das Gericht für jeden der Einzelpos-ten nach der für diesen festzustellenden Tatsachengrundlage in Anwendung der maßgeblichen Klauseln der [X.]/B einen Anspruch dem Grunde nach [X.] und für wahrscheinlich erachtet, dass er in irgendeiner Höhe besteht. Denn nur dann ist für das weitere Verfahren der jeweilige Grund des Anspruchs dem Streit der Parteien abschließend entzogen und kann das Grundurteil seine Funktion sinnvoll erfüllen, eine wesentliche Vorentscheidung des Rechtsstreits zu sichern (vgl. [X.], Urteil vom 11. Januar 1974 - [X.], [X.] 1974, 558, 559). 17 Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht zu allen streiti-gen Positionen nicht getroffen, diese vielmehr auf einen einzigen unstreitigen Rechnungsposten beschränkt. Das Grundurteil und das Ergänzungsurteil [X.] daher keinen Bestand haben. 18 III. Nach der Zurückverweisung wird das Berufungsgericht auch die [X.]sfrage einer erneuten Prüfung zu unterziehen haben. Insoweit weist der Senat auf Folgendes hin: 19 Der von dem [X.]n erklärte [X.] vermochte, unab-hängig von der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung durch das Berufungsgericht, diesen nicht vertraglich zu binden. Denn der Verzicht auf die Erhebung der [X.] war nach § 225 Satz 1 BGB a.F. unwirk-sam. Ein derartiger Verzicht hatte lediglich zur Folge, daß der Schuldner mit der 20 - 8 - Erhebung der Einrede gegen [X.] und Glauben verstieß, solange er beim Gläubiger den Eindruck erweckte oder aufrecht erhielt, dessen Ansprüche zu befriedigen oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen zu wollen, und solange er den Gläubiger dadurch von der rechtzeitigen Erhebung einer Klage abhielt (vgl. [X.], Urteil vom 4. November 1997 - [X.], [X.], 902, 903). Fallen diese Voraussetzungen weg, erklärt insbesondere der Schuldner, sich nicht mehr an den erklärten Verzicht halten zu wollen, muss der Gläubiger innerhalb einer angemessenen Frist seinen Anspruch gerichtlich gel-tend machen, wobei in der Regel von einer Frist von etwa einem Monat auszu-gehen ist. Feststellungen dazu, daß der [X.] unter Berücksichtigung dieser Grundsätze mit der [X.] gegen [X.] und Glauben verstoßen, insbesondere, ob er für die [X.] nach seinem Schreiben vom 20. März 2000 noch den Eindruck aufrechterhalten hat, sich für unbestimmte [X.], ohne [X.] auf den weiteren Verlauf des eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens, nicht 21 - 9 - auf einen Verjährungseintritt berufen zu wollen, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Dies wird es nachzuholen haben, nachdem es den Parteien [X.] gegeben hat, zu diesen Fragen Stellung zu nehmen. Dressler [X.] Kuffer [X.]

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 29.07.2004 - 3 O 87/02 - [X.], Entscheidung vom 19.05.2005 - 5 U 171/04 -

Meta

VII ZR 151/05

09.11.2006

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2006, Az. VII ZR 151/05 (REWIS RS 2006, 922)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 922

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