Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.05.2017, Az. B 9 SB 52/16 B

9. Senat | REWIS RS 2017, 10973

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Behindertenrecht - GdB-Feststellung - Versorgungsmedizinische Grundsätze - Zöliakie und Glutenunverträglichkeit - gleicher GdB für Kinder und Erwachsene - Verfassungsmäßigkeit - Gleichheitssatz - Differenzierungsgrund - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 4. Juli 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. In der Hauptsache begehrt die am 10.8.2009 geborene Klägerin wegen der bei ihr bestehenden [X.] die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mehr als 20. Die beklagte Stadt lehnte die Höherbewertung ab (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 16.12.2014). Das [X.] hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, nach dem Gutachten des Sachverständigen [X.] sei die [X.] unter diätetischer Therapie ohne wesentliche Folgeerscheinungen. Hierfür [X.] die Versorgungsmedizinischen Grundsätze der Anlage zu § 2 VersMedV ([X.]) einheitlich einen GdB von 20 vor (Urteil vom 16.11.2015). Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen und ergänzend auf die gebotene Gleichbehandlung verwiesen (Urteil vom [X.]).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.] und macht den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung geltend.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 [X.]G).

4

1. Die Klägerin hat keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G) dargetan. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl B[X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.] mwN).

5

Die Klägerin wirft zwar die Frage auf, inwieweit die Versorgungsmedizinischen Grundsätze Teil [X.] mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 [X.]) vereinbar sind, insoweit sie anordnen, den GdB bei [X.] und Glutenunverträglichkeit von Kindern und Erwachsenen gleich zu behandeln. Die Beschwerdebegründung zeigt allerdings den Klärungsbedarf nicht auf. Dieser ist ua dann nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (B[X.] [X.] 1500 § 160 [X.]; B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.] und 65) oder wenn sich für die Antwort in höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (B[X.] [X.] 3-1500 § 146 [X.] und § 160 [X.] 8). Wer sich auf die Verfassungswidrigkeit einer Regelung beruft, darf sich nicht auf die Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] und des B[X.] darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl zB B[X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.] 11; B[X.] Beschlüsse vom 4.4.2006 - B 12 RA 16/05 B - Juris und vom 16.2.2009 - B 1 KR 87/08 B - Juris ). Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des [X.] dargelegt werden. Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.

6

Sie berücksichtigt schon nicht, dass der Normgeber der [X.] Differenzierungen im Kontext der Hilflosigkeit (Teil A [X.] 5 Buchst d Doppelbuchst ss) - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - durchaus im Blickfeld hat. Hiervon ausgehend hätte sich die Beschwerdebegründung umso mehr damit beschäftigen müssen, dass die [X.] ua Grundsätze für die medizinische Bewertung des maßgeblich an den Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ausgerichteten (vgl § 69 Abs 1 S 4 [X.]B IX; vgl hierzu ua B[X.] Urteil vom [X.] - B 9 SB 3/08 R - mwN - Juris) GdB regeln (jetzt § 70 Abs 2 [X.]B IX). Hiervon ausgehend hätte sie schlüssig aufzeigen müssen, wieso die von ihr geltend gemachte Abhängigkeit eines (mindestens bis zum Abschluss der 2. Klasse) leseunkundigen Kindes von seinen Eltern bei der Wahl seiner Nahrungsmittel ein verfassungsrechtlich gebotenes Differenzierungskriterium gerade bei der Bewertung der [X.] darstellt, die einheitliche Bewertung nach den Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie gemessen am Regelungszweck also insoweit kein sachlicher Grund sein könnte. Die bloße Behauptung des Fehlens eines vernünftigen Grundes ersetzt die Darlegung des Klärungsbedarfs nicht. Dass die Klägerin die Vorgaben zur Bewertung des GdB bei [X.] für falsch hält, weil sie bei ihr nach den mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen des L[X.] (§ 163 [X.]G) nicht vorliegen, begründet keinen Zulassungsgrund (B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 7).

7

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

8

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 [X.]G).

9

4. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.]G.

Meta

B 9 SB 52/16 B

15.05.2017

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SB

vorgehend SG Detmold, 16. November 2015, Az: S 10 SB 31/15, Urteil

Anlage Teil B Nr 10.2.2 VersMedV, § 2 VersMedV, § 69 Abs 1 S 1 SGB 9, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 15.05.2017, Az. B 9 SB 52/16 B (REWIS RS 2017, 10973)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10973

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