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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - rechtliches Gehör - Entscheidung nach Klageantrag entgegen dem eingeholten Sachverständigengutachten - keine Überraschungsentscheidung - Schwerbehindertenrecht - GdB-Feststellung - Kleinwuchs bei Kindern - Aufgabe des Tatsachenrichters - Darlegungsanforderungen
Die Beschwerde des beklagten [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.]sozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. September 2015 wird als unzulässig verworfen.
Das beklagte Land hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
I. In der Hauptsache ist unter den [X.]eteiligten noch streitig, ob bei dem kleinwüchsigen Kläger ein [X.]rad der [X.]ehinderung ([X.]d[X.]) von 80 festgestellt werden kann. [X.]ei dem 2004 geborenen Kläger war anfänglich wegen einer angeborenen Knorpelerkrankung mit Wachstumsstörung und motorischer Retardierung ein [X.]d[X.] von 50 festgestellt, ferner die Voraussetzungen für [X.], [X.] und [X.] eines [X.]d[X.] von 80 und Merkzeichen a[X.] lehnte das beklagte Land ab. Im anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren erklärte sich der [X.]eklagte durch - angenommenes - Teilanerkenntnis bereit, einen [X.]d[X.] von 60 festzustellen. Die darüber hinausgehende Klage hat das S[X.] abgewiesen (Urteil vom [X.]). Im [X.]erufungsverfahren hat das LS[X.] ein pädiatrisches [X.]utachten eingeholt, dass die Funktionseinschränkungen des [X.] mit einem [X.]d[X.] von 70 bewertete und die Voraussetzungen für Merkzeichen a[X.] verneinte. Daraufhin hat sich der [X.]eklagte zu einem Teilanerkenntnis über einen [X.]d[X.] von 70 bereit erklärt, der Kläger die [X.]erufung wegen Merkzeichen a[X.] zurückgenommen und seinen streitigen Antrag in der Hauptsache im Übrigen weiterhin auf die Feststellung eines [X.]d[X.] von 80 gerichtet, das LS[X.] anschließend der [X.]erufung stattgegeben und zur [X.]egründung ua ausgeführt, entgegen dem Sachverständigengutachten sei nicht Teil [X.] Nr 18.7 Anlage zur [X.] ([X.]) für die [X.]ewertung der Funktionseinschränkungen einschlägig, weil der Anwendungsbereich auf kleinwüchsige Erwachsene beschränkt sei. Der [X.]d[X.] beim 11-jährigen Kläger sei vielmehr unter [X.]eachtung der besonderen [X.]egebenheiten nach Teil A Nr 2 [X.]uchst d und Teil [X.] Nr 1 [X.]uchst b [X.] zu bemessen. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen im Vergleich zu seinen nicht behinderten Altersgenossen in seinem [X.]ehvermögen und seiner Mobilität besonders betroffen sei. Allein für die Funktionsstörungen an den unteren [X.]liedmaßen sei ein [X.]d[X.] von 80 festzustellen (Urteil vom [X.]).
[X.]egen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LS[X.] wendet sich das beklagte Land mit der [X.]eschwerde und rügt eine Verletzung rechtlichen [X.]ehörs.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.]eklagten ist unzulässig. Die [X.]egründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des [X.] nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 S[X.][X.]).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie im Fall des [X.]eklagten - darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 S[X.][X.]), so müssen bei der [X.]ezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 S 3 S[X.][X.]) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. [X.]emäß § 160 Abs 2 [X.] S[X.][X.] kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 S[X.][X.] und auf eine Verletzung des § 103 S[X.][X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen [X.]eweisantrag bezieht, dem das LS[X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist.
Der [X.]eklagte führt an, das Urteil des LS[X.] sei eine Überraschungsentscheidung. Das LS[X.] habe es in der mündlichen Verhandlung unterlassen, einen Hinweis zu erteilen, dass es von der Einschätzung des gerichtlich bestellten Sachverständigen habe abweichen wollen. Auch wenn mit dem LS[X.] nicht von Teilhabebeeinträchtigungen von Erwachsenen ausgegangen werde, sei der [X.]d[X.] nach den gutachterlich festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lediglich mit 70 anzusetzen. Der damit behauptete Verfahrensmangel in [X.]estalt einer [X.]ehörsverletzung ( Art 103 Abs 1 [X.][X.] , § 62 S[X.][X.] ; Art 47 Abs 2 S 1 Charta der [X.]rundrechte der Europäischen Union, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) ist nicht hinreichend dargelegt.
Der Anspruch der [X.]eteiligten auf rechtliches [X.]ehör verpflichtet das Prozessgericht grundsätzlich nicht, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden [X.]esichtspunkte vorher mit den [X.]eteiligten zu erörtern (vgl [X.]S[X.] SozR 3-1500 § 112 [X.] mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das [X.]ericht seine Entscheidung auf einen (rechtlichen) [X.]esichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger [X.] selbst unter [X.]erücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl [X.]Verf[X.]E 86, 133, 144 f). Der [X.]eklagte zeigt in seiner [X.]eschwerdebegründung nicht auf, wieso er angesichts des Alters des [X.], der Einschätzung eines [X.]d[X.] von 80 durch den behandelnden Orthopäden im Klageverfahren, des auf a[X.] beschränkten Hinweises des Vorsitzenden zur Erfolglosigkeit der [X.]erufung in der mündlichen Verhandlung und des weitergehenden Antrags des [X.] auf Feststellung eines [X.]d[X.] von 80 keinesfalls damit rechnen brauchte, dass das LS[X.] sich nicht von Teil [X.] Nr 18.7 [X.], sondern Teil A Nr 2 [X.]uchst d [X.] und Teil [X.] Nr 1 [X.]uchst b [X.] bei der [X.]emessung des [X.]d[X.] leiten lassen und besondere [X.]egebenheiten antragsgemäß würdigen würde. Der [X.]eklagte beanstandet dies letztlich auch nicht, sondern vertritt die Auffassung, dass auch ausgehend von Teil A Nr 2 [X.]uchst d und Teil [X.] Nr 1 [X.]uchst b [X.] die Feststellungen des Sachverständigen keinen höheren [X.]d[X.] als 70 gerechtfertigt hätten. Indes ist die [X.]emessung des [X.]d[X.] nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]S[X.] grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (vgl z[X.] [X.]S[X.] Urteil vom [X.] - [X.] 9 S[X.] 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 [X.] RdNr 23 mwN). [X.]ei der rechtlichen [X.]ewertung dieser Auswirkungen sind die [X.]erichte an die Vorschläge der von ihnen gehörten Sachverständigen nicht gebunden. Damit wendet sich der [X.]eklagte gegen die [X.]eweiswürdigung durch das LS[X.], die nicht [X.]egenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist ( § 128 Abs 1 S 1 S[X.][X.] ). Dies gilt auch, soweit der [X.]eklagte zudem die Entscheidung des LS[X.] in der Sache für falsch hält (vgl [X.]S[X.] SozR 1500 § 160a [X.]).
2. Die [X.]eschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 S[X.][X.]).
3. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 S[X.][X.]).
4. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 S[X.][X.].
Meta
21.03.2016
Beschluss
Sachgebiet: SB
vorgehend SG Potsdam, 8. April 2014, Az: S 5 SB 48/11, Urteil
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 62 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, Art 103 Abs 1 GG, § 69 Abs 1 SGB 9, § 402 ZPO, §§ 402ff ZPO, § 2 VersMedV, Anlage Teil B Nr 18.7 VersMedV, Anlage Teil A Nr 2 Buchst d VersMedV, Anlage Teil B Nr 1 Buchst b VersMedV
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 21.03.2016, Az. B 9 SB 81/15 B (REWIS RS 2016, 14148)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 14148
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