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Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Begriff des Mitsichführens einer Waffe
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. September 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Das [X.] hat den Angeklagten wegen "Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen sonstiger Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind," in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Seine dagegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s warf der Angeklagte vor einer unmittelbar bevorstehenden Durchsuchung seiner Wohnung einen Beutel mit 243 Gramm Amphetamin (mit einem Wirkstoffanteil von 15 Gramm) aus dem Fenster in einen Innenhof. Das Amphetamin hatte er gewinnbringend verkaufen wollen. Außerdem lagerte er 102 Gramm Marihuana (mit einem Wirkstoffanteil von 18 Gramm) in einer unter einem Kissen auf der Bettcouch versteckten Tüte. Das Marihuana war für seinen Eigenkonsum bestimmt ([X.], 7 f., 9). In einem Staufach der Bettcouch verwahrte der Angeklagte eine geladene Schreckschusspistole; an der Wand direkt hinter der Bettcouch befand sich in einer über dem versteckten Marihuana aufgehängten Jacke ein funktionsbereites Elektroimpulsgerät in seiner geöffneten Originalverpackung.
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) nicht.
Der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus, dass der Täter eine Schusswaffe oder einen sonstigen Gegenstand im Sinne dieser Vorschrift gerade beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit sich führt. Dies kann den Feststellungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden.
a) Das [X.] hat freilich hinsichtlich beider Gegenstände zutreffend angenommen, dass diese grundsätzlich zur Erfüllung der Qualifikation geeignet sind. Das Elektroimpulsgerät ist eine Waffe im technischen Sinn (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG i.V.m. Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2, tragbare Gegenstände 1.2.1), bei der es zur subjektiven Zweckbestimmung des [X.] keiner weiteren Feststellungen bedarf (vgl. [X.], Urteile vom 24. Juni 2003 - 1 StR 25/03, [X.], 111, 112, und vom 22. August 2012 - 2 StR 235/12, [X.], 150, 151). Die geladene Schreckschusspistole kann durch den Senat ungeachtet fehlender Feststellungen zur Bauart aufgrund ihrer Typenbezeichnung ([X.]) wegen Allgemeinkundigkeit (vgl. [X.], Beschluss vom 11. November 2014 - 3 StR 451/14 mwN) als Schusswaffe im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG eingestuft werden, da bei ihr der [X.] nach vorne austritt (vgl. [X.], Urteil vom 12. Oktober 2005 - 2 [X.], [X.], 73, 74; siehe - zu § 250 Abs. 2 StGB - auch Beschluss vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, [X.], 390).
b) Ein Mitsichführen liegt jedoch nur dann vor, wenn der Täter die Waffe bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann (vgl. [X.], Urteil vom 21. September 2011 - 2 StR 286/11, [X.], 340 mwN; Beschluss vom 18. April 2007 - 3 [X.], [X.], 533). Hierfür genügt, wenn sie sich in Griffweite befindet. Dies ist regelmäßig jedoch nicht der Fall, wenn sich die Waffe in einem Behältnis und in einem anderen Raum als die Betäubungsmittel befindet (st. Rspr., vgl. [X.], Urteile vom 21. März 2000 - 1 StR 441/99, [X.], 433, und vom 13. August 2009 - 3 [X.]; Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - 2 [X.], [X.], 99 f., und vom 15. Januar 2013 - 2 StR 589/12, [X.], 663 f.). Die [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen, wie die räumlichen Verhältnisse im Einzelnen waren und wo der Angeklagte innerhalb seiner Wohnung das Amphetamin lagerte, das allein gewinnbringend weiterverkauft werden sollte. Somit ist bezüglich seines Umgangs mit diesem Betäubungsmittel nicht konkret dargelegt, dass sich der Angeklagte jederzeit der Schreckschusspistole oder des [X.] hätte bedienen können.
3. Diese [X.] der Feststellungen führt ungeachtet der moderaten Strafe zur [X.]. Die Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Hinblick auf das von ihm zum Eigenkonsum verwahrte Marihuana bleibt von dem Rechtsfehler zwar unberührt; dieses Delikt steht aber in Tateinheit mit dem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, so dass der Senat das Urteil auch insoweit aufheben muss.
[X.]
[X.]
Meta
10.02.2015
Bundesgerichtshof 5. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Saarbrücken, 4. September 2014, Az: 4 KLs 13/14
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.02.2015, Az. 5 StR 594/14 (REWIS RS 2015, 15783)
Papierfundstellen: REWIS RS 2015, 15783
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
5 StR 594/14 (Bundesgerichtshof)
3 StR 159/24 (Bundesgerichtshof)
7 KLs - 502 Js 27118/17 (Landgericht Gießen)
3 StR 433/19 (Bundesgerichtshof)
Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Räumliche Nähe von Betäubungsmitteln und Waffe
6 StR 164/24 (Bundesgerichtshof)