Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.01.2023, Az. 3 AZR 220/22

3. Senat | REWIS RS 2023, 530

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Gegenstand

Betriebliche Altersversorgung - Kapitalwahlrecht - Ersetzung


Leitsatz

Ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Versorgungsschuldners geregeltes Recht, nach seiner Entscheidung anstelle der Zahlung laufender Renten eine einmalige Kapitalzahlung zu leisten, ist mit § 308 Nr. 4 BGB unvereinbar und unwirksam, wenn die Kapitalleistung nicht mindestens dem versicherungsmathematisch ermittelten Barwert der laufenden Renten entspricht.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 6. April 2022 - 12 [X.] 1068/21 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger berechtigt ist, anstelle einer laufenden Altersrente eine einmalige Kapitalzahlung zu erbringen.

2

Die 1956 geborene Beklagte war vom 1. Oktober 1994 bis zum 30. November 2019 beim Kläger, der einen Pflegedienst betreibt, als Krankenpflegehelferin beschäftigt. Im Dezember 2000 erhielt sie ein an sie gerichtetes Schreiben der [X.] (im Folgenden [X.]), das auszugsweise lautet:

        

„A. BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG

        

Die [X.] (nachstehend ‚Unternehmen‘ genannt), hat über uns (im folgenden ‚Versorgungskasse‘ genannt) eine betriebliche Altersversorgung eingerichtet. Dafür gelten die folgenden Grundsätze und der nachstehende [X.].

                 
        

B. LEISTUNGSPLAN

        

1. [X.] DER BEGÜNSTIGTEN

        

Jeder Arbeitnehmer vom 30. Lebensjahr bis zum vollendeten 50. Lebensjahr kann zum 1. Dezember eines Jahres Leistungsanwärter werden.

                 
        

2. ART UND HÖHE DER VERSORGUNG

        

Die Kasse gewährt Altersrenten. Alle Renten werden monatlich im voraus gezahlt. Altersrente erhält ein Begünstigter ab dem [X.], der der Vollendung des 65. Lebensjahres folgt. Die [X.] beträgt 761,42 DM und erhöht sich um eine Anwartschaftsdynamik von 5 % pro künftiges Dienstjahr.

        

Die Versorgungskasse behält sich vor, anstelle einer laufenden Rente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der 10-fachen Jahresrente zu zahlen.

        

…       

        

C. GRUNDSÄTZE

        

1. LEISTUNGEN DER KASSE

        

Die Leistungsempfänger erhalten die Leistung von der Kasse. Satzungsgemäß muß die Kasse ihre Leistungen jedoch einstellen, wenn das Unternehmen die erforderlichen Finanzierungsmittel der Kasse nicht bzw. nicht mehr zur Verfügung stellt. Sollte dem Mitarbeiter in diesem Falle trotz der grundsätzlichen Freiwilligkeit der Leistung ein Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen zustehen, so richtet sich der Anspruch nicht gegen die Kasse, sondern nur gegen das Unternehmen.“

3

Entsprechende Schreiben der [X.] erhielten auch andere vom Kläger dort angemeldete Arbeitnehmer. Bei der [X.] handelt es sich um eine Gruppenunterstützungskasse, die in der [X.] die von den Arbeitgebern zu leistenden Beiträge wieder an diese als verzinsliche Darlehen ausgibt.

4

Mit Schreiben vom 19. Februar 2021 beantragte die Beklagte beim Kläger und bei der [X.] ihre betriebliche Altersrente. Mit Schreiben vom 26. Februar 2021 wandte sich der Kläger an die [X.] und teilte dieser mit, dass er beabsichtige, die Rentenzahlung an die Beklagte durch die einmalige Zahlung in Höhe der zehnfachen Jahresrente abzugelten. Der Kläger bat um Bestätigung des mitgeteilten Betrags und Erläuterung, ua. wie die Kapitalabfindung durchgeführt werde.

5

Bei einem Leistungsbeginn im April 2021 belief sich die nach dem [X.] der [X.] geschuldete monatliche Altersrente auf 1.030,41 Euro brutto, der zehnfache Jahresbetrag folglich auf 123.649,20 Euro brutto. Letzterer Betrag ist niedriger als der versicherungsmathematische Barwert der monatlichen Altersrente.

6

Unter dem 17. März 2021 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er beabsichtige ihren Versorgungsanspruch durch die Zahlung einer zehnfachen Jahresrente abzugelten und die Auszahlung mit den Entgeltabrechnungen Ende April/Anfang Mai 2021 vorzunehmen.

7

Mit Schreiben vom 28. April 2021 lehnte die Beklagte die vom Kläger angekündigte Kapitalzahlung ab und verlangte eine monatliche Rentenzahlung.

8

Am 30. April 2021 führte der Kläger Lohn- und Kirchensteuer iHv. 17.172,95 Euro an das Finanzamt ab und zahlte an die Beklagte 106.476,25 Euro netto aus. Die Beklagte zahlte diesen Betrag umgehend an den Kläger zurück.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er nach dem [X.] der [X.] berechtigt sei, den Versorgungsanspruch der Beklagten durch die einmalige Zahlung des zehnfachen [X.] zu erfüllen.

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass er durch einmalige Kapitalleistung vom 30. April 2021 über 123.649,20 Euro brutto den Anspruch der Beklagten aus der [X.] erfüllt hat und keine Ansprüche aus Versorgungszusage von Dezember 2000 mehr bestehen;

        

hilfsweise festzustellen, dass er die Versorgungszusage aus Dezember 2000 gegenüber der Beklagten durch Zahlung einer zehnfachen Jahresrente erfüllen darf.

Die Beklagte hat Klageabweisung und widerklagend beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an sie eine monatliche Rente iHv. 1.030,41 Euro beginnend ab dem 1. April 2021 zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage entsprochen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat keinen [X.]rfolg. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das die Klage abweisende und der Widerklage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet, wohingegen die zulässige Widerklage begründet ist.

I. Die Klage ist im Hauptantrag in der gebotenen Auslegung zulässig.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche [X.]ntscheidung alsbald festgestellt wird.

Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass zwischen ihm und der Beklagten kein [X.] mehr besteht und verfolgt damit einen zulässigen negativen Feststellungsantrag.

2. Zu Recht hat das [X.] das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO bejaht und erkannt, dass der Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage nicht entgegensteht, dass die Beklagte bereits im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens eine bezifferte Widerklage auf die monatliche Rentenzahlung ab April 2021 erhoben hat (vgl. [X.] 22. Januar 1987 - I [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.]Z 99, 340). Der negative Feststellungsantrag des [X.] reicht weiter als die bezifferte Widerklage der Beklagten, denn es soll mit ihm über das [X.] insgesamt bzw. dessen Nicht(mehr)bestehen entschieden werden und nicht lediglich über die Pflicht zur Zahlung der monatlichen Ausgangsrente ab April 2021.

II. Der Hauptantrag ist unbegründet. [X.]s kann zugunsten des [X.] unterstellt werden, dass das im [X.] der [X.] geregelte Recht, anstelle der zugesagten Altersrente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der zehnfachen Jahresrente zu zahlen, auch ihm zusteht. Die Klausel enthält jedoch keine Wahlschuld iSv. § 262 [X.], sondern bestimmt eine [X.]rsetzungsbefugnis. Diese ist, da es sich bei dem [X.] der [X.] um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. [X.] handelt, ua. an § 308 Nr. 4 [X.] zu messen und ist mangels Wertgleichheit der Kapitalabfindung unwirksam. [X.]ine grundsätzlich denkbare ergänzende Vertragsauslegung kann der Klage ebenfalls nicht zum [X.]rfolg verhelfen.

1. Der Kläger hat der Beklagten eine Versorgungszusage erteilt, die über die [X.] - eine Unterstützungskasse iSv. § 1b Abs. 4 [X.] - durchgeführt wird und deren Inhalt sich durch den [X.] der [X.] bestimmt. Davon gehen die Parteien übereinstimmend zu Recht aus. Zwar existiert keine ausdrückliche Zusage des [X.] an die Beklagte. Indem der Kläger die Beklagte mit ihrem Wissen bei der [X.] angemeldet hat, hat er ihr jedoch konkludent ein [X.] Versorgungsversprechen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] erteilt (vgl. [X.] 3. Juni 2020 - 3 [X.] - Rn. 40 mwN). Das Wissen der Beklagten ergibt sich daraus, dass ihr die [X.] mit Schreiben aus Dezember 2000 mitgeteilt hat, der Kläger habe über sie, die [X.], eine betriebliche Altersversorgung eingerichtet, für die die dort genannten Grundsätze und der darin mitgeteilte [X.] gölten. Dies konnte die Beklagte nur so verstehen, dass ihr der Kläger eine Versorgungszusage erteilt hatte.

2. [X.]s kann zugunsten des [X.] angenommen werden, dass das im [X.] der [X.] geregelte Recht, anstelle der zugesagten Altersrente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der zehnfachen Jahresrente zu zahlen, auch ihm zusteht und von ihm ausgeübt werden kann. Die Klausel enthält jedoch keine Wahlschuld iSv. § 262 [X.], sondern bestimmt eine [X.]rsetzungsbefugnis. Das ergibt die Auslegung des [X.]s der [X.] nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Regeln.

a) Bei den im [X.] der [X.] getroffenen Abreden handelt es sich nach den Feststellungen des [X.]s um vom Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 [X.].

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischem Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von rechtsunkundigen, verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., zB [X.] 30. Januar 2019 - 5 [X.] - Rn. 26 mwN, [X.][X.] 165, 205; [X.] 14. Juli 2004 - [X.]/03 - Rn. 14). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der uneingeschränkten Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. [X.] 9. Februar 2022 - 5 [X.] - Rn. 14).

c) Zutreffend hat das [X.] erkannt, dass es sich bei dem im [X.] formulierten Vorbehalt, anstelle einer laufende Altersrente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der zehnfachen Jahresrente zu zahlen, um eine [X.]rsetzungsbefugnis und nicht um eine Wahlschuld iSv. § 262 [X.] handelt.

aa) [X.]ine Wahlschuld liegt vor, wenn mehrere verschiedene Leistungen, die als spezifizierte [X.]inzelleistungen gedacht sind, in der Weise geschuldet werden, dass nach späterer Wahl des Schuldners oder Gläubigers nur eine, die gewählte, zu bewirken ist. Der Schuldner ist nur zu einer Leistung verpflichtet, der Gläubiger hat nur eine Forderung. Die schuldrechtliche Bindung umfasst zunächst alle [X.]inzelleistungen, zu erbringen ist jedoch nur die gewählte; diese gilt nach der Wahl als die von Anfang an allein geschuldete, § 263 Abs. 2 [X.] (vgl. statt vieler nur MüKo[X.]/[X.] 9. Aufl. § 262 Rn. 2 mwN). Das [X.] ist daher ein einheitliches Schuldverhältnis mit zunächst relativ unbestimmtem, aber bestimmbarem Inhalt. Die Wahlschuld konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst nach der Ausübung dieses Wahlrechts ([X.] 15. Juli 2020 - 10 [X.] - Rn. 26, [X.][X.] 171, 280).

bb) Der Kläger schuldet nach der Versorgungszusage nicht „mehrere Leistungen“ iSv. § 262 [X.]. Die Versorgungszusage verleiht dem Kläger vielmehr das Recht, die vertraglich vereinbarte Zahlung monatlicher Altersrenten durch die Zahlung einer einmaligen Kapitalabfindung zu ersetzen. [X.]s ist bereits eine bestimmte Leistung vereinbart, nämlich die Zahlung einer Rente, ohne dass es zuvor der Ausübung eines Wahlrechts bedürfte. Beim Vorbehalt, eine einmalige Kapitalabfindung statt der Rente zu zahlen, handelt es sich um eine sog. [X.]rsetzungsbefugnis (facultas alternativa), die im Gesetz nicht geregelt, als Rechtsfigur indes anerkannt ist. [X.] bedeutet die [X.]rsetzungsbefugnis das Recht, ein bestimmtes Schuldverhältnis nachträglich inhaltlich zu ändern (vgl. MüKo[X.]/[X.] 9. Aufl. § 262 Rn. 8 mwN). Im Unterschied zur Wahlschuld ist bei der [X.]rsetzungsbefugnis das Schuldverhältnis von Anfang an bestimmt. Die Leistungspflicht des Schuldners ist konkret festgelegt; nur eine Leistung wird geschuldet, nicht mehrere dem Schuldner zur Wahl gestellte Leistungen. Allerdings ist dem Schuldner - durch Vertrag oder Gesetz - das Recht eingeräumt, die geschuldete Leistung durch eine andere zu ersetzen und sich so von seiner Verbindlichkeit zu befreien (vgl. [X.] 22. Dezember 2009 - 3 [X.] 814/07 - Rn. 31, [X.][X.] 133, 50; 17. Januar 1995 - 3 [X.] 399/94 - zu II 2 a der Gründe, [X.][X.] 79, 104; MüKo[X.]/[X.] 9. Aufl. § 262 Rn. 8 f.; [X.]/[X.] 82. Aufl. § 262 Rn. 6 ff.; [X.]/[X.]/[X.] [2019] § 262 Rn. 11).

3. Die im [X.] enthaltene Klausel mit der [X.]rsetzungsbefugnis unterliegt der [X.] nach § 308 Nr. 4 [X.]. Sie ist für die Beklagte unzumutbar und daher unwirksam.

a) Nach § 308 Nr. 4 [X.] ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. § 308 Nr. 4 [X.] erfasst Leistungsänderungs- und Leistungsabweichungsvorbehalte des Verwenders und damit nur Vorbehalte des Arbeitgebers, die sich auf eine Änderung oder Abweichung, nicht aber eine bloße Konkretisierung der Leistung beziehen ([X.]/[X.] 2. Aufl. [X.] § 308 Rn. 46). Der Begriff der Zumutbarkeit in § 308 Nr. 4 [X.] verlangt eine Abwägung zwischen den Interessen des Klauselverwenders an der Möglichkeit einer Änderung seiner Leistung und denen des anderen Vertragsteils an deren Unveränderlichkeit. Die Zumutbarkeit einer Leistungsänderungsklausel ist zu bejahen, wenn die Interessen des Verwenders die für das jeweilige Geschäft typischen Interessen des anderen Vertragsteils überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind ([X.] 18. Mai 2017 - 2 [X.] 721/16 - Rn. 27 mwN, [X.][X.] 159, 148; [X.] 21. September 2005 - [X.]/04 - zu II 1 b der Gründe).

b) Danach ist die Klausel im [X.], wonach anstelle einer lebenslangen Altersrente eine Kapitalleistung in Höhe der zehnfachen Jahresrente geleistet werden kann, für die Beklagte unzumutbar iSv. § 308 Nr. 4 [X.]. Die durch die [X.]rsetzung der laufenden Altersrenten zu zahlende Kapitalleistung bleibt nach den Feststellungen des [X.]s hinter dem Barwert der zugesagten Altersrente zurück. Das bedeutet, dass der Versorgungsempfänger nicht eine andere - gleichwertige - Leistung, sondern eine andere geringerwertige Leistung erhalten soll. [X.]ine solche Klausel, die eine [X.]rsetzung durch eine nicht mindestens (bar)wertgleiche Kapitalleistung, sondern eine geringere Kapitalleistung vorsieht, ist für den Versorgungsempfänger unzumutbar. Damit würde dem Versorgungsempfänger bereits erdientes [X.]ntgelt im Nachhinein, nämlich kurz vor [X.]intritt des [X.], zumindest teilweise wieder entzogen, obschon er seine Gegenleistungen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses bereits vollständig erbracht hat. Betriebliche Altersversorgung hat Versorgungs-, aber auch [X.]ntgeltcharakter, sie stellt eine Gegenleistung für die Beschäftigungszeit dar und damit auch für die während der Beschäftigung erbrachte Tätigkeit des Arbeitnehmers ([X.] 23. Februar 2021 - 3 [X.] 618/19 - Rn. 50, [X.][X.] 174, 116).

[X.]s sind keine Interessen des [X.] ersichtlich, außer dem Interesse an einer Reduzierung der von ihm zugesagten Versorgungsleistungen, die dem Interesse der Beklagten am [X.]rhalt des Wertes der zugesagten Versorgungsleistungen gleichwertig wären oder dieses überwiegen könnten.

4. [X.]s kann dahinstehen, ob vorliegend eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommt (vgl. [X.] 2. Dezember 2021 - 3 [X.] 123/21 - Rn. 72 f. mwN), denn eine solche würde dem negativen Feststellungsantrag nicht zum [X.]rfolg verhelfen können.

a) [X.]ine ergänzende Auslegung des [X.]s, die eine [X.]rsetzung der Rentenleistung durch die Kapitalleistung in Höhe des zehnfachen [X.] zum Gegenstand hat, ist ausgeschlossen. Die Kapitalleistung in dieser Höhe ist gerade nicht (bar)wertgleich. Da die Klage im Hauptantrag aber darauf gerichtet ist festzustellen, dass das [X.] durch die Zahlung des zehnfachen [X.] erloschen ist, kann sie auch nach einer ergänzenden Vertragsauslegung keinen [X.]rfolg haben. [X.]ine ergänzende Auslegung der Vertragsklausel mit einer fehlenden Wertgleichheit, scheidet von vornherein aus. Die fehlende (Bar)Wertgleichheit führt gerade zur Unzumutbarkeit der Klausel für die Beklagte. Sie kann folglich auch nicht durch eine ergänzende Auslegung doch noch wirksam werden.

b) [X.]ine ergänzende Auslegung der Klausel dahingehend, dass die [X.]rsetzung der monatlichen Altersrente durch eine einmalige Kapitalleistung in der Höhe des [X.] erfolgen kann, führte ebenfalls nicht zum [X.]rfolg der negativen Feststellungsklage. [X.]in solcher Vorbehalt wurde vor dem [X.]intritt des [X.] weder erklärt noch ausgeübt. [X.]in Kapitalwahlrecht kann jedoch nur bis zum Beginn des [X.] ausgeübt werden. Andernfalls handelte es sich um eine Abfindung bereits laufender Rentenleistungen, so dass die Voraussetzungen von § 3 [X.] erfüllt sein müssten. [X.]in durch die Versorgungsregelung vorgesehenes Kapitalwahlrecht des Arbeitgebers ist in § 3 [X.] indes nicht privilegiert ([X.] in Tschöpe Arbeitsrecht 12. Aufl. Teil 2 [X.] Rn. 389).

III. Der wegen der Unbegründetheit des [X.] dem Senat zur [X.]ntscheidung anfallende Hilfsantrag, mit dem der Kläger festgestellt wissen will, dass er die Versorgungszusage durch Zahlung eines Betrags in Höhe der zehnfachen Jahresrente erfüllen darf, ist zulässig. Mit ihm festgestellt werden, dass dem Kläger die [X.]rfüllung der Versorgungszusage durch eine solche Zahlung möglich ist. Dieser Antrag erfüllt zwar die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO. Allerdings ist er nach dem zum Hauptantrag Gesagten ebenfalls unbegründet, denn durch die Zahlung eines Betrags in Höhe der zehnfachen Jahresrente kann die Versorgungszusage nicht erfüllt werden.

IV. Die als Klage auf wiederkehrende Leistungen nach § 258 ZPO zulässige Widerklage ist begründet. Der Beklagten und Widerklägerin steht gegen den Kläger nach der Versorgungszusage iVm. dem [X.] und § 1 Abs. 1 Satz 3 [X.] ein Anspruch auf eine monatliche Altersrente ab dem 1. April 2021 in der von ihr verlangten - und zwischen den Parteien auch nicht umstrittenen - Höhe von 1.030,41 [X.]uro brutto zu.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Rachor    

        

    [X.]    

        

    Spinner    

        

        

        

    P. Schlaffke    

        

    Kemper    

                 

Meta

3 AZR 220/22

17.01.2023

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Essen, 21. Oktober 2021, Az: 1 Ca 1065/21, Urteil

§ 1b Abs 4 BetrAVG, § 3 BetrAVG, § 262 BGB, § 263 Abs 2 BGB, § 305 Abs 1 S 1 BGB, § 308 Nr 4 BGB, § 256 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.01.2023, Az. 3 AZR 220/22 (REWIS RS 2023, 530)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 530

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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