Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2010, Az. IX ZB 11/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6407

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[X.]BESCHLUSS [X.] vom 20. Mai 2010 in dem [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja[X.] § 64 [X.]bs. 1; [X.] § 8 [X.]bs. 1 und 2; [X.] § 6 a) Die Festsetzung der [X.] im Insolvenz- oder Gesamtvollstre-ckungsverfahren entfaltet materielle Rechtskraft für den Vergütungsanspruch als solchen und seinen Umfang; die Berechnungsgrundlage und der Vergütungssatz einschließlich der hierbei bejahten oder verneinten [X.]u- oder [X.]bschläge nehmen als Vorfragen an der Rechtskraft nicht teil. b) Ein [X.]weitverfahren über die Festsetzung der [X.] kann nicht auf Umstände gestützt werden, die bereits im Erstverfahren geltend gemacht worden sind oder hätten geltend gemacht werden können. [X.], [X.]uss vom 20. Mai 2010 - [X.] - [X.] Chemnitz - 2 - Der [X.]. [X.]ivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], Raebel, die Richterin [X.], [X.] Pape und [X.] am 20. Mai 2010 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss der 3. [X.]ivilkammer des [X.] vom 8. Januar 2007 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 40.331,12 • festgesetzt. Gründe: [X.] Nach rechtskräftiger Festsetzung seiner Vergütung als Gesamtvollstre-ckungsverwalter beantragte der weitere Beteiligte die Festsetzung einer zusätz-lichen [X.] einschließlich Erstattung von Umsatzsteuern in Höhe von 71.355,04 •. Der Verwalter stützte sich zur Begründung dieser Nachforde-rung auf Umstände, die teils bei der [X.] seiner [X.]nsicht nach nicht konkret beschieden, teils in seinem ersten Festsetzungsantrag nicht gesondert erwähnt worden waren. Das [X.]mtsgericht gewährte dem weiteren Beteiligten daraufhin einen weiteren [X.]uschlag für den Erhalt von 30 [X.]rbeitsplätzen im [X.]uge 1 - 3 - einer übertragenden Sanierung. Weitere beanspruchte [X.]uschläge für [X.], hier aufgrund der [X.]nordnung von Kurzarbeit, der Durchführung einer Differenzlohnberechnung sowie des [X.]bschlusses und der Vorfinanzierung eines Sozialplanes, für die Sanierung von [X.] und für lange Verfahrensdauer lehnte das [X.]mtsgericht unter Verweisung auf die rechtskräftige [X.] ab. [X.]uf die sofortige Beschwerde des Verwalters gewährte ihm das [X.] einen weiteren [X.]uschlag für die überlange Verfahrensdauer von insgesamt zwölf Jahren. Im Übrigen bestätigte es die versagende amtsgerichtliche [X.]weit-festsetzung. Hiergegen wendet sich der Verwalter mit seiner vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit welcher er seine Beschwer von 40.331,12 • vollen Umfanges angreift. 2 I[X.] Die nach [X.]ulassung gemäß § 574 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]PO statthafte Rechtsbeschwerde (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Januar 2004 - [X.] [X.]B 62/03, [X.], 1072; v. 26. Januar 2006 - [X.] [X.]B 183/04, [X.], 203 Rn. 6) ist un-begründet. Die Rechtskraft der [X.] stand im Beschwerdefall dem Nachforderungsverlangen des Verwalters entgegen, welches auf keine neuen Tatsachen gestützt ist. 3 1. Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf die im vergütungsrechtlichen Schrifttum wohl allgemein vertretene [X.]nsicht, dass die materielle Rechtskraft des [X.] nur die einzelnen Berechnungsposten des [X.] ergreift, nicht jedoch dessen Gesamtumfang, so dass in ei-4 - 4 - ner [X.]weitfestsetzung Erhöhungsgründe nachgeschoben werden können, [X.] in die [X.] nicht einbezogen waren (vgl. [X.]/[X.], 5. [X.]ufl. § 8 [X.] Rn. 10; [X.]/[X.], [X.] 13. [X.]ufl. § 64 Rn. 13; [X.]/[X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.] § 8 [X.] Rn. 27; MünchKomm-[X.]/[X.], 2. [X.]ufl. § 64 Rn. 16; HmbKomm-[X.]/[X.], 3. [X.]ufl. § 64 Rn. 17; FK-[X.]/[X.], 5. [X.]ufl. § 8 [X.] Rn. 28; [X.]/Wutzke/[X.], [X.] 4. [X.]ufl. § 8 Rn. 31; [X.], Vergütung im Insolvenzverfahren von [X.] bis [X.] Rn. 179 f; [X.] EWiR 2000, 587, 588 unter 3. 2). Das Rechtsmittel gibt dem [X.] erstmals Gelegenheit, zu dieser Rechtsfrage Stellung zu nehmen. Seine vereinzelt zugunsten der vorstehend wiedergegebenen [X.]nsicht zitierten [X.]üsse vom 10. November 2005 ([X.] [X.]B 168/04, [X.]IP 2006, 93 f) und vom 26. Januar 2006 (aaO) betreffen andere Fälle. Dort ging es jeweils um Massezuflüsse nach abschließender Rechnungslegung des Verwalters, verfah-rensrechtlich mithin um neue Tatsachen (so ausdrücklich der [X.]uss vom 26. Januar 2006, aaO [X.] Rn. 18 und 27). Ähnlich verhielt es sich bei den im Schrifttum zitierten Entscheidungen des [X.] ([X.][X.] 2000, 410) und des [X.] ([X.], 1915). [X.]llein der [X.]uss des [X.]G Potsdam vom 27. Oktober 1999 ([X.]IP 2000, 630) betraf eine erweiterte Berechnungsgrundlage der Sequestervergütung, die bereits bei der [X.] hätte berücksichtigt werden können. Die [X.]nsicht des Schrifttums geht anscheinend zurück auf [X.] ([X.] 1. [X.]ufl. § 6 Rn. 25), der eine [X.]nalogie zur Rechtskraftwirkung bei [X.] nach den §§ 103 ff [X.]PO befürwortete. Den Grund hierfür sah er darin, dass die [X.] sich wie das [X.] aus Einzelpositionen zusammensetze, die jeweils einer [X.] rechtlichen Würdigung bedürfen. Diesem [X.]rgument (noch heute [X.]/[X.], aaO) folgen von den oben genannten [X.]utoren ausdrücklich [X.] - 5 - wak (aaO) und [X.]/Wutzke/[X.] (aaO). Die rechtliche Prüfung er-weist diese [X.]nsicht als in Begründung und Ergebnis unzutreffend. 2. Für das Wiederaufgreifen eines rechtskräftig abgeschlossenen [X.] gemäß § 64 [X.]bs. 1 [X.], § 8 [X.]bs. 1 und 2 [X.] oder § 6 [X.] sind die Vorschriften der [X.]ivilprozessordnung über die Wie-deraufnahme des Verfahrens nicht unmittelbar anzuwenden. Das Festset-zungsverfahren über die Verfahrenskosten gemäß § 54 Nr. 2 [X.] ist kein Rechtsstreit; sonst wäre nach [X.]rt. 92 GG schon seine Übertragung auf den Rechtspfleger (§ 3 Nr. 2 Buchst. e, § 18 [X.]bs. 1 [X.]) verfassungswidrig. Ein Parteienstreit zwischen dem vergütungsberechtigten Insolvenzverwalter und der mit der Vergütungspflicht belasteten, vom Insolvenzverwalter selbst reprä-sentierten Masse kann nicht stattfinden. Es handelt sich vielmehr um ein be-sonderes Rechtspflegeverfahren, für welches eigene Grundsätze über das Wiederaufgreifen nach rechtskräftigem [X.]bschluss gelten. Deshalb hat der [X.] in seinen [X.]üssen vom 10. November 2005 (aaO) und 26. Januar 2006 (aaO) einen [X.]weitantrag im Festsetzungsverfahren trotz Rechtskraft der Erst-festsetzung für zulässig erachtet, wenn sich durch neue Tatsachen - dort nach-trägliche Massezuflüsse, die den Vergütungsberechtigten zuzurechnen waren - die Sachlage nach der [X.] zugunsten der [X.]ntragssteller geändert hatte. 6 3. Um eine andere Frage handelt es sich bei der [X.]nnahme, dass auf die [X.] die entsprechenden Grundsätze für [X.] zu übertragen seien. Der [X.] hat bereits klargestellt, dass das Verfahren der Vergütungsfestsetzung einem Kostenfest-setzungsverfahren nach der [X.]ivilprozessordnung nicht gleichsteht (vgl. [X.] 7 - 6 - 175, 48, 50 Rn. 9). Die Begriffsähnlichkeit, die aus § 54 Nr. 2 [X.] abgeleitet werden kann, ist für die behandelte Frage unerheblich. Nach der Grundsatzentscheidung der Vereinigten [X.]ivilsenate des [X.] vom 9. Februar 1899 (RG[X.] 27, 402 f) kommt es im hier erörter-ten [X.]usammenhang auf die Rechtsnatur des prozessualen Kostenerstattungs-anspruchs einerseits und des Vergütungsanspruchs für Konkurs-, Gesamt-vollstreckungs- oder Insolvenzverwalter andererseits an. Das [X.] hat zutreffend danach unterschieden, ob Gegenstand der Entscheidung der [X.] einer Partei auf die gesamte [X.] sei, für welche die einzelnen Posten nur die rechnerische Grundlage bildeten. Unter dieser Vor-aussetzung umfasse die richterliche Festsetzung wenigstens alle die Kosten, welche der die Kostenfestsetzung [X.] bei seinem Festsetzungsge-such geltend zu machen in der Lage war. Diese Voraussetzung hat das [X.] für die Festsetzung des [X.] verneint, weil er sich aus einer [X.]neinanderreihung selbständiger Einzelansprüche sum-miere. Es liegt nach dieser Sichtweise nur eine gegenständlich begrenzte Häu-fung von Einzelansprüchen vor, wenn in einem Kostenfestsetzungsgesuch ein bestimmter Gebührentatbestand fehlt und der [X.]ntragsteller auf weitergehende Erstattung nicht verzichtet hat. Insoweit besteht die Möglichkeit, die Festset-zung dieser Gebühr nachzuholen, selbst wenn die [X.] rechtskräftig geworden ist. Für den Kostenerstattungsanspruch nach der [X.]ivilprozessord-nung hat diese Sichtweise wegen der einzelnen Gebühren- und [X.]uslagentatbe-stände, aus denen sich die erstattungsfähigen gerichtlichen und außergerichtli-chen Kosten zusammensetzen, zumindest vieles für sich. 8 Die Unterscheidung zwischen selbständigen Einzelansprüchen und un-selbständigen Berechnungsposten eines einheitlichen [X.]nspruchs führt jedoch 9 - 7 - bei der Vergütung des Insolvenz- oder [X.] zu ei-nem anderen Ergebnis. Hier erbringt die Masse ihre Leistung aufgrund eines einheitlichen [X.]nspruchs, dessen Höhe sich nach unselbständigen Berech-nungsfaktoren bestimmt. Der Vergütungsanspruch des Verwalters umfasst kei-ne [X.]neinanderreihung von Gebührentatbeständen, sondern stellt ein Produkt aus der Berechnungsgrundlage (§ 1 [X.]; §§ 1, 2 [X.]) und dem durch [X.]u- und [X.]bschläge (§ 3 [X.]; § 4 [X.]) erhöhten oder verminderten Regelsatz (§ 2 [X.]; § 3 [X.]) dar. [X.]u- und [X.]bschläge beim Vergütungssatz können zwar zunächst der Höhe nach einzeln bewertet werden. Dies ist jedoch nicht notwendig. Es genügt die Prüfung dem Grunde nach, so dass anschließend in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen und einer auf das Ganze bezogenen [X.]ngemessenheitsbetrachtung der Gesamtzuschlag oder [X.] bestimmt werden kann ([X.], [X.]. v. 24. Juli 2003 - [X.] [X.]B 607/02, [X.]IP 2003, 1757, 1758 f unter I[X.] 2. b; v. 23. März 2006 - [X.] [X.]B 20/05, [X.]IP 2006, 858, 859 Rn. 5; v. 11. Mai 2006 - [X.] [X.]B 249/04, [X.], 642, 643 Rn. 12; v. 26. [X.]pril 2007 - [X.] [X.]B 160/06, [X.]IP 2007, 1330, 1332 Rn. 16). Die [X.]u- und [X.]bschlagsgründe der Verordnung (§ 3 [X.]bs. 1 Buchst. a bis c [X.]bs. 2 Buchst. d [X.]; § 4 [X.]bs. 2 Buchst. a und b, [X.]bs. 3 Buchst. d [X.]) stehen überdies in engem [X.]usammenhang mit Umfang und Entwicklung der Masse, so dass der Vergütungssatz auch nicht unabhängig von der Berech-nungsgrundlage bestimmt werden kann (vgl. [X.], [X.]. v. 22. Februar 2007 - [X.] [X.]B 106/06, [X.]IP 2007, 784, 786 Rn. 19; v. 24. Januar 2008 - [X.] [X.]B 120/07, [X.]IP 2008, 514 Rn. 7, 8). Deshalb ist es möglich, dass bei nachträglichem Mas-sezufluss in einer [X.]weitfestsetzung bisher gewährte [X.]uschläge modifiziert wer-den (offengelassen in [X.], [X.]. v. 26. Januar 2006, aaO [X.] Rn. 27). - 8 - Beim Vergütungsanspruch des Insolvenz- oder Gesamtvollstreckungs-verwalters liegt es also nicht anders als bei sonstigen Vergütungsansprüchen, die sich, wie etwa das [X.]rchitektenhonorar (vgl. dazu [X.] 45, 223, 230 unter [X.], [X.]), trotz Ermittlung aus komplexen Bemessungsfaktoren nicht in selb-ständige Einzelansprüche aufspalten lassen. Über eine solche einheitliche Ver-gütung kann entgegen der [X.]nsicht des insolvenzrechtlichen Schrifttums vorbe-haltlich einer Teilklage oder Teilfestsetzung nur als einheitlicher [X.]nspruch ent-schieden werden. [X.]uf ihn und seinen Umfang allein bezieht sich die materielle Rechtskraft der Festsetzung gemäß § 64 [X.]bs. 1, § 8 [X.]bs. 1 und 2 [X.], § 6 [X.]. Die [X.]usführungen des Gerichts zur Berechnungsgrundlage und zum Vergütungssatz einschließlich der hierfür bejahten oder verneinten [X.]u- oder [X.]bschläge nehmen als bloße Vorfragen nach allgemeinen Grundsätzen an der materiellen Rechtskraft der Vergütungsfestsetzung nicht teil. Nach der vom [X.] (aaO) für einen Gesamtanspruch genannten Regel umfasst der [X.] folglich alle Tatsachen, die der [X.]ntragsteller im [X.] geltend machen konnte. Die Berufung auf sol-che Tatsachen ist nicht geeignet, ihm ein [X.]weitverfahren zu eröffnen. 10 - 9 - 4. Nach diesen Grundsätzen war das [X.]weitverfahren im Beschwerdefall unzulässig; denn der [X.] hat sich ausschließlich auf [X.] gestützt, die er schon im Erstverfahren geltend gemacht hat oder hätte geltend machen können. [X.] Raebel [X.]

Pape [X.]

Vorinstanzen: [X.]G Chemnitz, Entscheidung vom 18.04.2006 - [X.][X.], Entscheidung vom 08.01.2007 - 3 [X.]/06 -

Meta

IX ZB 11/07

20.05.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2010, Az. IX ZB 11/07 (REWIS RS 2010, 6407)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6407

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