Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2013, Az. IX ZB 9/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 88

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB
9/12

vom

19. Dezember 2013

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 63 Abs. 1 Satz 2; [X.] § 1 Abs. 1 Satz 1, § 6
[X.] zwischen dem Schlusstermin und dem Vollzug der [X.] erhöhen die Berechnungsgrundlage der Vergütung des Insolvenzverwalters. Konnten sie bei der bereits erfolgten Festsetzung der Vergütung noch nicht berücksichtigt werden, ist die Festsetzung zu ergänzen.

[X.], Beschluss vom 19. Dezember 2013 -
IX ZB 9/12 -
LG Münster

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser,
[X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin Möhring

am
19. Dezember 2013
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der [X.] der 5. Zivilkammer des [X.] vom [X.] aufgehoben.

Die Sache
wird
zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 6.325,92

festgesetzt.

Gründe:

I.

Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem am 18. Juni 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Unter dem [X.] legte er den Schlussbericht, die Schlussrechnung, das Verteilungsver-zeichnis und seinen Vergütungsantrag vor. Das Insolvenzgericht setzte die 1
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Höhe des 1,32-fachen Regelsatzes fest. Am 12. März
2007
fand der Schluss-termin statt. Zu einer [X.] und zur Aufhebung des [X.] kam es in der Folgezeit nicht, weil der weitere Beteiligte Steuererstat-tungen abwartete sowie
Nachzahlungen des Schuldners
auf die pfändbaren
Anteile eines erst jetzt bekannt gewordenen, in der Vergangenheit erzielten
Einkommens. Außerdem zog der weitere Beteiligte die pfändbaren Anteile des laufenden Einkommens zur Masse. Im August 2011 beantragte er mit der [X.], die Berechnungsgrundlage habe sich seit seinem ersten [X.] weiteren, nach den §§
1 bis
3 [X.] berechneten Vß-lich Auslagen und Umsatzsteuer. Das Insolvenzgericht setzte mit Beschluss vom 23. September 2011 als Entgelt für die [X.] nach §
6 [X.] 13.
Oktober 2011 die [X.] bezüglich der nach dem Schlusster-min realisierten und noch zu erwartenden [X.] an.

Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten gegen die [X.] vom 23. September 2011 hat das [X.]. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte seinen
Vergütungsantrag weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 64 Abs. 3 [X.], § 574 Abs.
1 Satz
1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der 2
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angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Be-schwerdegericht.

1. Das Beschwerdegericht hat
ausgeführt, die Festsetzung der Vergü-tung des Insolvenzverwalters könne nachträglich ergänzt werden, wenn es zwi-schen der Einreichung der Schlussrechnung und dem Schlusstermin zu Masse-zuflüssen komme, die bei der ursprünglichen Festsetzung noch nicht berück-sichtigt worden seien. Für [X.] nach dem Schlusstermin
sehe das Gesetz das Verfahren der [X.] vor. Solche [X.] sei-en deshalb vergütungsrechtlich nach den Grundsätzen der [X.] zu behandeln. Eine gesonderte Vergütung könne nur im Falle der Anordnung einer [X.] festgesetzt werden und sei nach § 6 [X.] zu be-messen. Dies gelte auch dann, wenn das Insolvenzverfahren noch nicht aufge-hoben sei. Die Vorschrift des § 63 Abs. 1 Satz 2 [X.], nach der der Regelsatz der Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse zur [X.] der Beendigung des Insolvenzverfahrens berechnet werde, stehe dieser Beurteilung nicht entgegen.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichts, mit dem über den ursprünglichen Vergütungsantrag des weiteren Beteiligten entschieden wurde, steht der beantragten Festsetzung einer ergänzenden Vergütung nicht entgegen. Die Festsetzung der [X.] im Insolvenzverfahren ent-faltet materielle Rechtskraft für den Vergütungsanspruch als solchen und sei-nen Umfang; die Berechnungsgrundlage und der Vergütungssatz nehmen als Vorfragen an der Rechtskraft nicht teil. Ein Zweitverfahren über die Festsetzung der [X.] kann nicht auf Umstände gestützt werden, die bereits im Erstverfahren geltend gemacht worden sind oder hätten geltend gemacht 4
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werden können ([X.], Beschluss vom 20. Mai 2010 -
IX ZB 11/07, [X.]Z 185, 353 Rn. 8 ff). [X.] nach Einreichung der Schlussrechnung des [X.], die -
wie hier
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nicht sicher zu erwarten waren, stellen allerdings neue Tatsachen dar, die zu einer ergänzenden Vergütungsfestsetzung führen können ([X.], Beschluss vom 6. Oktober 2011 -
IX ZB 12/11,
ZIP 2011, 2115 Rn.
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f mwN).

b) Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob [X.] nach [X.] der Schlussrechnung die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters erhöhen und, wenn die Vergütung bereits festgesetzt [X.], zu einer ergänzenden Festsetzung führen können, ist die Regelung in §
63 Abs.
1 Satz 2 [X.]
([X.], Beschluss vom 25. Oktober 2007 -
IX ZB 147/06, [X.], 81 Rn. 5 mwN; vom 6. Oktober 2011, aaO
Rn. 8). Danach wird der [X.] der Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse zur [X.] der [X.] berechnet. Diese Regelung kann allerdings nicht streng wortgetreu ausgelegt werden, weil zum [X.]punkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens, also nach Vollzug der [X.] (§ 200 Abs.
1 [X.]), eine Insolvenzmasse nicht mehr vorhanden ist, auf welche sich der [X.] der [X.] beziehen könnte. Nach der [X.] sollte durch die Regelung an das Recht zur Konkursverwaltervergütung angeknüpft werden, nach welcher die Vergütung des Konkursverwalters nach der Teilungsmasse berechnet wurde, auf die
sich die Schlussrechnung bezog

1 Abs. 1, § 8 Abs. 1 [X.], vgl. BT-Drucks. 12/2443 [X.] zu § 74 RegE-[X.]). Insoweit wird in § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] ein offenkundiges
Redaktions-versehen des Gesetzgebers dahin klargestellt, dass die Vergütung des [X.] nach dem
Wert der Insolvenzmasse berechnet wird, auf welche sich die Schlussrechnung bezieht ([X.], Beschluss vom 15. November 2012
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IX ZB 88/09, [X.]Z 195,
322 Rn. 26; vom 15. November 2012 -
IX [X.], [X.]Z 195, 336 Rn. 20).

aa) Gegenstand der Schlussrechnung ist allerdings nicht nur
die zum [X.]punkt ihrer Erstellung vorhandene Masse. Die Schlussrechnung hat viel-mehr auf den [X.]punkt der Beendigung
des Verfahrens abzustellen ([X.], [X.] vom 26. Januar 2006 -
IX ZB 183/04, [X.], 486 Rn. 15). Deshalb sind spätere [X.], die bei Einreichung der Schlussrechnung schon mit Sicherheit feststehen, bereits bei der Schlussrechnung und der darauf ge-stützten Vergütungsfestsetzung durch eine Einbeziehung in die [X.] der Vergütung zu berücksichtigen
([X.], Beschluss vom 26. Januar 2006, aaO Rn. 17; vom 5. Juli 2007 -
IX [X.], [X.], 1958 Rn. 9; vom 25.
Oktober 2007, aaO Rn. 6; vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 8).

bb) Kommt es zu [X.]n, die bei Einreichung der Schlussrech-nung noch nicht vorhersehbar oder nicht sicher zu erwarten
waren und deshalb bei der Festsetzung der Vergütung nicht berücksichtigt werden konnten, kann die Festsetzung der Vergütung
nach Maßgabe der erhöhten [X.] nachträglich ergänzt werden. Nach der Rechtsprechung des [X.]s gilt dies jedenfalls für [X.] im [X.]raum zwischen der Einreichung der Schlussrechnung und dem Schlusstermin ([X.], Beschluss vom 26. Januar
2006, aaO). Ob auch [X.] im [X.]raum zwischen dem Schlusstermin und der Aufhebung des Verfahrens zu einer Ergänzung der Vergütungsfestset-zung führen können, hat der [X.] bisher offen gelassen; bei Zuflüssen nach der Aufhebung des Verfahrens scheidet eine Ergänzung der Festsetzung jeden-falls
aus ([X.], Beschluss vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 11).

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cc) Im Streitfall erfolgten die [X.] nach dem Schlusstermin, aber noch vor dem Vollzug der [X.]. Nach richtiger Ansicht kön-nen auch solche [X.] in die Berechnungsgrundlage der Verwalter-vergütung einbezogen werden und nach bereits erfolgter Festsetzung der Ver-gütung
für das Insolvenzverfahren
zur Festsetzung einer ergänzenden Vergü-tung führen
(MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 1 [X.] Rn. 6;
Prasser, [X.], 487, 488). Dies folgt aus der Regelung in § 63 Abs. 1 Satz 2 [X.], die auch die Auslegung von § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmt. Die Bezugnahme auf die Schlussrechnung in dieser Norm
soll lediglich gewährleisten, dass die gesamte im Verfahren verwaltete Masse nach näherer Maßgabe des § 1 Abs. 2 [X.] Eingang in die Berechnungsgrundlage der Vergütung findet. Eine Be-grenzung auf die zum [X.]punkt der Schlussrechnung
oder des Schlusstermins
vorhandene Masse und ein Ausschluss von späteren [X.]n kann der Regelung hingegen nicht entnommen werden. Einen sachlichen Grund, Masse-zuflüsse im [X.]raum zwischen dem Schlusstermin und der Aufhebung des [X.] nur in die Berechnungsgrundlage der Vergütung einzubeziehen,
wenn sie vorhersehbar und sicher zu erwarten sind, bei zunächst nicht
vorhersehba-ren
oder nicht sicher feststehenden, gleichwohl später erfolgenden
Zuflüssen eine entsprechende Ergänzung der Festsetzung aber zu versagen, gibt es nicht.

dd) Auch die Regelungen über die [X.] rechtfertigen eine solche Unterscheidung nicht. Nach § 203 Abs. 1 [X.] kann eine Nachtragsver-teilung
angeordnet werden, wenn nach dem Schlusstermin zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden,
aus der Insolvenzmasse gezahlte Beträ-ge
zurückfließen oder
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
Der Wortlaut gestattet somit die Anordnung einer [X.] ab dem Schlusstermin.
[X.] ist eine [X.] aber
erst nach der [X.] 10
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veranlasst
(vgl. [X.], Beschluss vom 26. Januar 2006, aaO Rn. 14; [X.], [X.] 2009, 199, 204). Solange die [X.] nicht vollzogen ist, können neue [X.] noch in diese einbezogen werden. Einer Nachtragsvertei-lung bedarf es in diesen Fällen nicht
([X.]/[X.]/[X.], Insolvenzrecht, 7.
Aufl., Rn. 1727). Deshalb steht der Gesichtspunkt, dass sich die Vergütung des Verwalters bei Anordnung einer [X.] in der Regel aus-schließlich nach der Sonderregelung des § 6 [X.] richtet ([X.], Beschluss vom 12. Oktober 2006 -
IX [X.], [X.], 2131 Rn. 4; vom 22. Oktober 2009 -
IX ZB 78/08, [X.], 259 Rn. 2 f; vom 6. Oktober 2011, aaO Rn.
15), der Festsetzung einer ergänzenden Vergütung nach Maßgabe der um die [X.] erhöhten Berechnungsgrundlage hier nicht entgegen.
Im Übrigen zeigt auch die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 2 [X.], dass es Fälle gibt, in denen trotz Anordnung einer [X.] die davon betroffene Tätigkeit des Verwalters mit der allgemeinen Vergütungsfestsetzung abgegolten wird und nicht durch eine gesonderte Vergütung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt Satz 1 nicht, wenn die [X.] voraus-sehbar war und schon bei der Festsetzung der
Vergütung für das Insolvenzver-fahren berücksichtigt worden ist.

III.

Die angefochtene Entscheidung war danach aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung kann der [X.] nicht treffen, weil die Sache nicht zur En-dentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO). Das Beschwerdegericht wird auf den Antrag des weiteren Beteiligten eine ergänzende Vergütung festzusetzen und dabei die nachträglichen [X.] in die Berechnungsgrundlage
einzube-12
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ziehen haben. Dem konkreten Umfang und der Schwierigkeit der durch die [X.] veranlassten Tätigkeit des weiteren Beteiligten ist in [X.] Würdigung bei der Entscheidung über die beantragten Zuschläge nach §
3 Abs.
1 [X.] (zum Zuschlag wegen langer Verfahrensdauer vgl. [X.], [X.] vom 16. September 2010 -
IX [X.], [X.], 2056 Rn. 7 f; vom 7.
Oktober 2010 -
IX [X.], Z[X.] 2010, 2409 Rn. 8; zum Zuschlag wegen der Bearbeitung von [X.] vgl. [X.], Beschluss vom
8. März 2012 -
IX [X.], [X.], 682), erforderlichenfalls auch
durch Vornahme eines Abschlags nach § 3 Abs. 2 [X.],
Rechnung zu tragen
(§ 63 Abs.
1 Satz
3 [X.]).

Kayser
[X.]
Pape

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.09.2011 -
80 IN 68/04 -

LG Münster, Entscheidung vom 05.01.2012 -
5 [X.] -

Meta

IX ZB 9/12

19.12.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2013, Az. IX ZB 9/12 (REWIS RS 2013, 88)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 88

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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