Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2003, Az. IX ZR 222/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 369

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:4. Dezember 2003PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja [X.] § 50 Abs. 1, § 167 Abs. 1 Satz 1Verlangt der Vermieter des insolventen Mieters [X.] über die seinemVermieterpfandrecht unterliegenden Sachen, kann der [X.] auch dann verpflichtet sein, wenn die Sachen unter der Verantwortungseines Amtsvorgängers von dem vermieteten Grundstück entfernt wurden.[X.] § 209 Abs. 2 Nr. 3Soweit der Insolvenzverwalter die Mietsache noch nach Anzeige der [X.] nutzt, ist der Vermieter mit seiner [X.]forderung [X.].[X.], Urteil vom 4. Dezember 2003 - [X.]/02 -OLG [X.] [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] Kreft und [X.] Dr. [X.], [X.], Villfür Recht erkannt:Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 12. Zivilsenatsdes [X.]s [X.] vom 23. August 2002 wird [X.].Auf die Anschlußrevision der Klägerin wird das Urteil aufgehoben,soweit der Antrag auf Zahlung von [X.] in Höhe von45.766,06 -.+(/Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über [X.] der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.von Rechts [X.]:Die Klägerin vermietete Grundstücke an die [X.]GmbH & Co KG (im folgenden: Schuldnerin) zum Betrieb eines Möbeleinzel-handels. Die Schuldnerin übertrug im Jahr 1997 sämtliche in den Mieträumenbefindliche Ware durch Raumsicherungsübereignung auf ein Kreditinstitut. [X.] Juni 1999 wurde Rechtsanwalt [X.] , der frühere Beklagte, zum vorläufigenVerwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der- 3 -Schuldnerin bestellt. Ein [X.] wurde dieser nicht auferlegt.Daraufhin machte die Klägerin mit Schreiben vom 21. Juni 1999 ihr [X.] geltend. Am 1. September 1999 wurde das Insolvenzverfahren [X.] und Rechtsanwalt [X.] zum Insolvenzverwalter ernannt. Dieser kündigteam 12. Oktober 1999 das Mietverhältnis zum 31. Januar 2000. Mit an demsel-ben Tag beim Insolvenzgericht eingegangenem Schreiben vom 19. [X.] zeigte er die Masseunzulänglichkeit an.Im Wege der Stufenklage hat die Klägerein den damaligen Insolvenz-verwalter, Rechtsanwalt [X.] , auf Erteilung von Auskünften über den [X.] am 24. Juni 1999, über den [X.] zwischen dem 24. Juni unddem 31. August 1999, über den Warenbestand am 1. September 1999 und den[X.] zwischen dem 1. September und dem 31. Oktober 1999, auf dieeidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der erteilten Auskünfte und [X.] in einer nach deren Erteilung noch zu bestimmenden Höhe in [X.] genommen. Ferner hat die Klägerin unter anderem beantragt, den [X.] zur Zahlung des [X.]es für die Monate September und [X.] - jeweils 231.235,95 DM, insgesamt 462.471,90 DM - zu verurteilen. [X.] hat dem [X.]sbegehren stattgegeben. Hinsichtlich des [X.] hat es den Beklagten nicht zur Zahlung verurteilt, sondern lediglich [X.] festgestellt, daß der Beklagte zur Zahlung des genannten [X.] verpflichtet ist.Während des Berufungsverfahrens ist Rechtsanwalt [X.] als Insolvenz-verwalter entlassen worden. Zum neuen Insolvenzverwalter wurde der [X.] Beklagte bestellt. Das [X.] hat die Berufung des Beklagten,der weiter die Klageabweisung begehrte, mit der Maßgabe zurückgewiesen,daß er verpflichtet ist, bei der [X.] eine (Alt-)Masseforderung der- 4 -Klägerin in Höhe von 462.471,90 DM nebst Zinsen zu berücksichtigen. [X.] der Klägerin, die den Zahlungsanspruch hinsichtlich des[X.]es weiterverfolgte, hat das [X.] zurückgewiesen. Mit [X.] zugelassener Revision und einer Anschlußrevision verfolgendie Parteien ihre [X.] weiter.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel des Beklagten hat keinen Erfolg. Demgegenüber [X.] teilweise zur Aufhebung und Zurückverweisung.A. Zur Revision des [X.] hat ausgeführt, der Klägerin stehe [X.] Vermieterpfandrecht zu. Sie habe Forderungen aus dem Mietverhältnis, undin den Mieträumen hätten sich der Schuldnerin gehörende Sachen befunden.Das Vermieterpfandrecht gewähre der Klägerin in der Insolvenz der Schuldne-rin ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 50 Abs. 1 [X.]). Die Klägerinhabe einen Anspruch auf [X.] über den Zustand der dem [X.] unterliegenden Sachen (§ 167 Abs. 1, § 166 [X.]). Die [X.]serteilungsei dem Beklagten weder unmöglich noch unzumutbar. Auch ein während deslaufenden Verfahrens neu bestellter Insolvenzverwalter müsse sich den Besitzder Massegegenstände verschaffen, sich Geschäftsunterlagen herausgebenlassen und sich informieren, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Notfalls- 5 -müsse er fehlende Informationen vom Schuldner einholen, der zur [X.]verpflichtet sei (§§ 97, 98 [X.]).II.Demgegenüber rügt die Revision, die Verurteilung zur [X.] sei aufeine unmögliche Leistung gerichtet, weil der Beklagte von den früheren [X.] keine Kenntnis habe. Der Insolvenzverwalter der ebenfalls insolventen"Auffanggesellschaft" [X.] habe sämtliche Unterlagen aus den Ge-schäftsräumen der Schuldnerin in Besitz genommen und entfernt. Ein gegendiesen Insolvenzverwalter gerichtetes [X.]sverlangen sei aussichtslos. [X.] könne somit den früheren Warenbestand weder für die genannten[X.]punkte feststellen noch danach aufgliedern, ob die Waren dem [X.] unterfielen oder nicht. In dem Warenbestand hätten sich "mit [X.]" auch unpfändbare und somit nicht dem Vermieterpfandrecht [X.]n befunden. Jetzt seien keine Waren mehr vorhanden; durch de-ren Entfernung aus den Gewerberäumen mit Einverständnis der Klägerin seiein etwaiges Vermieterpfandrecht erloschen. Für die vom Berufungsgerichtgetroffene Feststellung fehle es an einer konkreten Grundlage, weil der Wertdes Vermieterpfandrechts nicht bestimmt werden könne.Diesen Angriffen ist der Erfolg zu versagen.1. Die Klägerin hat einen [X.]sanspruch gegen den Beklagten. [X.] aus § 167 Abs. 1 Satz 1 [X.] folgt, wie das Berufungsgericht (im [X.] an MünchKomm-[X.]/[X.], § 167 Rn. 23; ebenso [X.], [X.]12. Aufl. § 167 Rn. 5) gemeint hat, kann dahin stehen. Falls der Ansicht des- 6 -[X.]s zu folgen wäre, wonach der Anspruch aus § 167 [X.] voraus-setzt, daß der Absonderungsberechtigte die dem Absonderungsrecht [X.] kennt und nur deren Zustand in Erfahrung bringen möchte (ähn-lich FK-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 167 Rn. 2; [X.]/[X.], [X.] § 167Rn. 5), würde sich der [X.]sanspruch der Klägerin als Nebenrecht ihresAbsonderungsrechts aus § 50 [X.] ergeben (vgl. MünchKomm-[X.]/Ganter,vor §§ 49 bis 52 Rn. 130). Die Ansicht der Revision, der [X.]sanspruch [X.] auf "Pfandrechtsermittlung" gerichtet, geht fehl. Wenn nach den der Klä-gerin bekannten Umständen ein Absonderungs- oder Ersatzabsonderungsrechtaufgrund eines Vermieterpfandrechts an Sachen, über die der Beklagte verfü-gen kann oder über die er oder sein Amtsvorgänger verfügen konnte, [X.] und die weitere Frage, ob es wirklich besteht und gegebenenfalls in wel-chem Umfang, von Umständen abhängt, über die nur der Beklagte und/[X.] Amtsvorgänger Kenntnis haben, schuldet er die von der Klägerin begehrte[X.].a) Der Vermieter hat in der Insolvenz des Mieters ein Recht zur abge-sonderten Befriedigung (§ 50 Abs. 1 [X.]) an den dem Vermieterpfandrechtunterliegenden Sachen des Mieters (§ 559 BGB a.F.). Nach den [X.] Berufungsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen werden, bestandzwischen der Klägerin als Vermieterin und der Schuldnerin als Mieterin [X.]; die Klägerin hat Forderungen aus dem Mietverhältnis, und [X.] hat Sachen in die gemieteten Räume eingebracht.aa) Der Hinweis der Revision, in dem Warenbestand der Schuldnerinseien "mit Sicherheit" auch verkaufsbereite Sachen vorhanden gewesen, [X.] § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbar gewesen seien und daher nach § 559Satz 3 BGB a.F. nicht dem Vermieterpfandrecht unterlegen hätten, ist zum- 7 -einen unerheblich und zum andern unzutreffend. Selbst wenn sich in dem Wa-renbestand auch unpfändbare Sachen befunden hätten, wäre es [X.] des Beklagten, der Klägerin insoweit Auskünfte zu erteilen. Denn diesekann nicht wissen, welche Lagerbestandteile unpfändbar waren und welchenicht. Im übrigen fällt das Warenlager eines größeren Möbeleinzelhändlers- auch und gerade die verkaufsbereiten Sachen - nicht unter § 811 Abs. 1 Nr. 5ZPO (vgl. [X.]/Schilken, § 811 Rn. 30, 57; [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 811 Rn. 27 und 28 Stichwort "Waren"; Musielak/[X.], ZPO [X.] 811 Rn. 20). Für das Gegenteil beruft sich die Revision zu Unrecht auf dieEntscheidung des [X.] vom 5. November 1992 ([X.]91,NJW 1993, 921, 922). Diese Entscheidung befaßte sich nur mit den für [X.] der Erwerbstätigkeit eines Leichentransportunternehmers erforder-lichen Gegenständen.bb) Soweit die von der Schuldnerin eingebrachten Sachen ihr unter Ei-gentumsvorbehalt geliefert worden waren, ging das Vermieterpfandrecht zwarins Leere (vgl. [X.]Z 87, 274, 280). Indes hat der Beklagte selbst vorgetragen,daß in den angemieteten Räumen "freie" Ware vorhanden war. Dies kann, weildie Raumsicherungsübereignung umfassend war, nur bedeuten, daß insoweitEigentumsvorbehalte der Lieferanten nicht bestanden.cc) [X.] steht dem [X.] entgegen. Soweit die Ware im [X.]punkt der Sicherungsübereignung be-reits eingebracht war, ließ diese das bereits bestehende Pfandrecht unberührt.Auch in bezug auf Ware, die erst nach der Sicherungsübereignung dem Wa-renlager zugeführt wurde, hat das Vermieterpfandrecht den Vorrang (vgl. [X.]Z117, 200, 207; MünchKomm-[X.]/Ganter, § 50 Rn. 89).- 8 -dd) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, durch Entfernung der [X.] den gemieteten Räumen mit Einverständnis der Klägerin sei deren [X.] untergegangen. Im Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings,daß das Pfandrecht des Vermieters mit der Entfernung der Sachen von [X.] erlischt, es sei denn, daß die Entfernung ohne Wissen oder [X.] erfolgt (§ 560 BGB a.F.). Dabei ist aber danach zuunterscheiden, ob die Entfernung vor oder nach Insolvenzeröffnung erfolgt ist.(1) Vor Insolvenzeröffnung wurden dem Vermieterpfandrecht [X.]n zwar teilweise mit Wissen der Klägerin von dem Grundstückentfernt. Nach den tatrichterlichen Feststellungen teilte die Klägerin mit [X.] vom 23. Juni 1999 dem früheren Beklagten mit, man sei unterder Voraussetzung, daß dies nachvollziehbar dokumentiert werde, mit demvorläufigen Abverkauf von Ware in den Mieträumen bis zum 28. Juni 1999 ein-verstanden. Ein derartiger "Abverkauf" fand dann auch statt. Dadurch [X.] an den veräußerten Waren etwa bestehendes Vermieterpfandrecht jedochnicht. Es setzte sich vielmehr an dem entsprechenden Erlös fort. Denn die zwi-schen der Klägerin und dem früheren Beklagten getroffene Vereinbarung [X.] dahin auszulegen, daß mit dem "Abverkauf", soweit er mit dem [X.] belastete Ware betraf, eine Verwertung zugunsten der Kläge-rin stattfinden sollte. Zu dieser Auslegung ist der [X.] befugt, weil sie in [X.] unterblieben und nicht erkennbar ist, daß zu dem betreffendenVorgang noch vorgetragen werden könnte.Am 16. Juli 1999 - also ebenfalls noch vor Insolvenzeröffnung - wurdensämtliche Orientteppiche abtransportiert. Dies führte nicht zu einem Erlöschendes Vermieterpfandrechts der Klägerin gemäß § 560 Satz 1 BGB a.F. Denn [X.] geschah ohne ihr Wissen. [X.] festgestellt ist, daß die- 9 -Klägerin davon erst am 21. Juli 1999 erfuhr. Das Pfandrecht an den [X.] erlosch auch nicht gemäß § 561 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. Danach erlischtdas Vermieterpfandrecht, wenn die Sache ohne Wissen oder unter [X.] Vermieters entfernt worden ist, falls nicht binnen eines Monats nach Kennt-niserlangung von der Entfernung der Herausgabeanspruch nach § 561 Abs. 2Satz 1 BGB a.F. gerichtlich geltend gemacht wird. Zwar muß davon ausgegan-gen werden, daß die Klägerin ab dem 21. Juli 1999 die in dieser Vorschrift vor-ausgesetzte Kenntnis hatte. Denn in der ihr übergebenen Bestandsliste für [X.] war "Orient-/Chinaware" im Wert von 920.866,10 DM als freier Bestandangegeben gewesen. Indes ist das [X.] in einem von der Klägerin ein-geleiteten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon ausgegangen, daßdiese der Entfernung der Gegenstände widersprochen und binnen Monatsfristab Kenntniserlangung den Rückgabeanspruch gerichtlich geltend gemachthabe. Etwas abweichendes ist im vorliegenden Verfahren weder festgestelltnoch vorgetragen worden.Soweit der frühere Beklagte vor Insolvenzeröffnung durch unerlaubteEntfernung von dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Waren wirklich [X.] zum Erlöschen gebracht hat, kommt ein Ersatzabsonde-rungsrecht analog § 48 Satz 2 [X.] in Betracht. Die in diesem Zusammenhangvon dem Beklagten herangezogene Rechtsprechung zu § 46 KO ist überholt.Danach stand dem Vermieter kein Ersatzabsonderungsrecht zu, wenn der Se-quester Sachen des Gemeinschuldners, die einem Vermieterpfandrecht unter-lagen, veräußerte und der Erlös vor Konkurseröffnung in das [X.] gelangte. Die [X.] hat insoweit die Rechte der [X.] und-absonderungsberechtigten erweitert. Sie können die Gegenleistung aus [X.] verlangen oder in die Gegenleistung vollstrecken, soweit sie inder Insolvenzmasse noch unterscheidbar vorhanden ist, auch wenn die [X.] 10 -genleistung schon vor Insolvenzeröffnung vom Schuldner eingezogen wordenist. Insoweit ist die Klägerin ebenfalls auf die vom Beklagten zu erteilende [X.] angewiesen. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] geäu-ßerte Ansicht der Revision, ein Ersatzabsonderungsrecht sei in den [X.] eingeführt worden, liegt neben der Sache. Ein Ersatzabsonderungsrechtist aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts von Amts wegen zu prüfen, [X.] sich dabei um einen Bestandteil der rechtlichen Würdigung [X.]) Der größte Teil des [X.] ist nach Insolvenzeröffnung ab-transportiert worden. Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat ein Räu-mungsverkauf stattgefunden. Dieser hat nach dem eigenen Vorbringen [X.] erst nach der Gläubigerversammlung am 7. Oktober 1999 [X.] praktisch zur Leerung der gemieteten Räume von verkaufsfähiger [X.]. Das [X.] ist davon ausgegangen, daß der Geschäftsbetrieb inden gemieteten Räumlichkeiten nach Abschluß des [X.] eingestellt worden ist. Danach seien dort nur noch "wertloseGegenstände und [X.]" verblieben. Gegenteilige [X.] hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Somit konnte die Klägerin einemals Verwertungsmaßnahme gedachten Räumungsverkauf nicht [X.] Widerspruch war zur Erhaltung des Absonderungsrechts auch nicht not-wendig (vgl. [X.], Urt. v. 12. Juli 2001 - [X.], [X.], 1628).b) Daß der Beklagte, weil er erst mit Beschluß vom 25. April 2002 zumNachfolger von Rechtsanwalt [X.] als Insolvenzverwalter bestellt worden ist,über geschäftliche Verhältnisse der Schuldnerin im Jahr 1999 nicht aus eigenerAnschauung Kenntnisse haben kann, entbindet ihn nicht von der Verpflichtung,der Klägerin die begehrten Auskünfte zu [X.] 11 -aa) Als neuem Insolvenzverwalter steht dem Beklagten gegen seinenVorgänger, Rechtsanwalt [X.] , seinerseits ein [X.]sanspruch zu.Wird ein Insolvenzverwalter vorzeitig aus dem Amt entlassen (§ 59 [X.])und statt seiner ein neuer Insolvenzverwalter bestellt, hat dieser alle Maßnah-men zu treffen, die im Hinblick auf den Übergang des [X.] (§ 80 Abs. 1 [X.]) erforderlich sind. Umgekehrt ist es eine nach-wirkende Amtspflicht des früheren Insolvenzverwalters, alle in Ausübung desVerwalteramtes erworbenen Gegenstände und Informationen, die der [X.] benötigt, um seiner Funktion gerecht zu werden, diesem zu überlassen. [X.] an den Nachfolger nicht nur die Massegegenstände und verfahrensbezoge-nen Unterlagen herauszugeben (MünchKomm-[X.]/[X.], § 58 Rn. 55 f),sondern diesem - zumindest auf Anfrage - auch Auskünfte zu verfahrensrele-vanten Vorgängen während seiner Amtszeit zu erteilen. Gegebenenfalls umfaßtdie [X.]spflicht auch die [X.] als vorläufiger Insolvenzverwalter. Ob er einvorläufiger Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 22Abs. 1 [X.]) oder ein sogenannter schwacher vorläufiger Insolvenzverwalterwar, bleibt sich gleich. Denn zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters gehörtauch die Erteilung von Auskünften über solche Handlungen des Schuldners, dieden Bestand der Insolvenzmasse berühren (vgl. [X.]Z 49, 11, 16). [X.] auch der frühere Insolvenzverwalter seinem Nachfolger insoweit "[X.]" leisten.bb) Wegen der fehlenden Informationen kann sich der neue Insolvenz-verwalter ferner an den Schuldner wenden, der seinerseits gemäß §§ 97, 98[X.] zur [X.] verpflichtet ist (MünchKomm-[X.]/Ganter, vor §§ 49 bis 52Rn. 130).- 12 -cc) Der mit der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausgestatteteBeklagte ist ferner berechtigt und verpflichtet, Dritte, die sich [X.] angeeignet haben, auf Herausgabe in Anspruch zu nehmen. Der Vortrag,die Unterlagen der Schuldnerin seien durch den Insolvenzverwalter der [X.] gewordenen Auffanggesellschaft [X.] "in [X.] und unbekannt entfernt" worden, ist deshalb unerheblich. Daß [X.] nicht mehr zu beschaffen seien, ist weder festgestellt noch [X.] vorgetragen [X.]) Der in diesem Zusammenhang von dem Beklagten geltend gemachteVerstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG)liegt nicht vor. Das Berufungsgericht mußte dem neuen Beklagten keine Gele-genheit geben, seinen Vortrag in dem nach Schluß der mündlichen Verhand-lung eingereichten Schriftsatz vom 8. August 2002 in das Verfahren einzufüh-ren. Die Revision legt nicht dar, daß dieser Vortrag entscheidungserheblich war.Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen war er es [X.]) Daß der [X.]sanspruch - wie die Revision in der mündlichen Ver-handlung vor dem [X.] geltend gemacht hat - durch eine Negativauskunfterfüllt worden sei, trifft nicht zu. Wer erklärt, die begehrte [X.] sei ihm un-möglich, erteilt keine Negativauskunft.2. Gegen die vom Berufungsgericht ausgesprochene Feststellung bringtdie Revision keine rechtlich durchgreifenden [X.] vor.- 13 -B. Zur Anschlußrevision der KlägerinI.Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin wegen der vondem Insolvenzverwalter angezeigten Masseunzulänglichkeit nur verlangen, daßihre [X.]forderung bei der Verteilung anteilsmäßig bedient wird. Da [X.] nicht feststehe, könne der Beklagte nicht zur Leistung verurteilt werden.II.Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.1. Allerdings hat der [X.] bereits entschieden, daß die Anzeige derMasseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter für das Prozeßgerichtbindend ist und Altmasseverbindlichkeiten danach nicht mehr mit einer Lei-stungsklage verfolgt werden können ([X.], Urt. v. 3. April 2003 - [X.]/02,ZIP 2003, 914, 915, z.[X.]. in [X.]Z). Die Ausführungen der Revision gebendem [X.] keinen Anlaß, hiervon abzuweichen. Die Ansicht der Anschlußrevi-sion, daß ein unredlicher Verwalter die Masseunzulänglichkeit behaupten unddie Gläubigerforderungen mit einer schlichten Erklärung, die keiner gerichtli-chen Überprüfung ausgesetzt sei, "vernichten" könne, trifft nicht zu. [X.] die Altmasseforderungen durch die Anzeige der [X.] gemindert. Sie geraten in einen Nachrang gegenüber den [X.] (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 [X.]). Dadurch entsteht den [X.] jedoch kein Schaden, weil sie voll befriedigt werden, wenn der [X.] Unrecht die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat (HK-[X.]/[X.],- 14 -3. Aufl. § 208 Rn. 7). Als Nachteil verbleibt, daß die Befriedigung der Altmasse-gläubiger zunächst zurückgestellt wird, weil nicht mehr Zahlung, sondern nurnoch Feststellung begehrt werden kann. Die aus § 61 [X.] sich ergebendenHaftungsrisiken verhindern jedoch, daß ein Verwalter die Anzeige derMasseunzulänglichkeit mutwillig abgibt (MünchKomm-[X.]/Hefermehl, § 208Rn. 40). Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit kann allenfalls unter [X.] unverbindlich sein, unter denen eine entsprechende Fest-stellung des Insolvenzgerichts nichtig wäre ([X.], Urt. v. 3. April 2003, aaO).Für eine solche Ausnahme hat die Klägerin nichts [X.] dargetan.Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, der Insolvenzverwalter könne,wenn er die von ihm angezeigte Masseunzulänglichkeit beseitigt habe, beimInsolvenzgericht durch eine "Zulänglichkeitsanzeige" die Rückkehr in das Re-gelinsolvenzverfahren beantragen ([X.] NZI 1999, 442 ff; MünchKomm-[X.]/Hefermehl, § 208 Rn. 55; [X.], [X.] 12. Aufl. § 208 Rn. 31; HK-[X.]/[X.], § 208 Rn. 14; [X.]/Pape, [X.] § 208 Rn. 23 [X.] und zu der weiteren Frage, ob - wie die Anschlußrevision geltendmacht - die Bindung des [X.] an die Anzeige der Masseunzuläng-lichkeit auch dann entfällt, wenn der Insolvenzverwalter mit der tatsächlichenGestaltung des Insolvenzverfahrens die von ihm angezeigte Masseunzuläng-lichkeit "widerlegt" hat, braucht der [X.] nicht Stellung zu nehmen. Denn [X.] hat eine derartige "Widerlegung" nicht festgestellt, und dage-gen ist keine Rüge erhoben [X.] Die mit der Klage geltend gemachten [X.]forderungen sind jedochnicht insgesamt Altmasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3[X.].- 15 -a) Der [X.] für die [X.] vom 1. September bis zum 19. Oktober 1999ist eine Altmasseverbindlichkeit. Das Schuldverhältnis war bereits vor der [X.] vom 19. Oktober 1999 erfolgten Anzeige der Masseunzulänglichkeitbegründet worden, und zwar selbst dann, wenn man insoweit auf die Neufor-mulierung des Mietvertrags vom 10. April 1999 abstellt. Die Miete und die Ne-benkosten waren von der Schuldnerin monatlich im voraus zu bezahlen. Dereingeklagte [X.] für September und Oktober 1999 war bereits fällig, als derfrühere Beklagte dem Insolvenzgericht mitteilte, daß [X.]. Gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gelten als Neumasseverbindlichkeitenzwar die Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis für die [X.] nachdem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der [X.] kündigen konnte. Diese Voraussetzung ist hier aber nicht erfüllt.Denn der frühere Beklagte hat das Mietverhältnis am 12. Oktober 1999 zum31. Januar 2000 gekündigt. Dies war gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 [X.] in [X.] mit § 565 Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. der frühestmögliche Termin seit Eröff-nung des Insolvenzverfahrens. Eine erneute Kündigung nach Anzeige der [X.] hätte die Vertragsbeendigung nicht zu beschleunigen [X.]) Für die [X.] zwischen dem 19. und dem 31. Oktober 1999 greift jedoch§ 209 Abs. 2 Nr. 3 [X.] ein. Die Vorschrift setzt voraus, daß der Verwalter nachder Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Gegenleistung aus einem Dauer-schuldverhältnis für die Insolvenzmasse in Anspruch genommen hat. Unter"Inanspruchnahme" ist hierbei ein Verhalten des Insolvenzverwalters zu verste-hen, mit dem er die Gegenleistung nach Anzeige der [X.], obwohl er dies pflichtgemäß hätte verhindern können ([X.], Urt. v.3. April 2003 aaO S. 916). Vorliegend war zwar der frühere Verwalter durch dienoch laufende Kündigungsfrist gebunden. Indes hätte er die Klägerin im [X.] 16 -sammenhang mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit "freistellen" können,indem er ihr die weitere Nutzung der Mietsache anbot (vgl. [X.], Urt. v. 3. [X.] aaO [X.]). Dies hat der frühere Beklagte nicht getan; vielmehr hat er [X.] jedenfalls bis zum Ende des [X.] am 31. [X.] genutzt.3. Reicht die nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu [X.] Insolvenzmasse nicht aus, um alle [X.] voll zu befriedigen,ist auf den Einwand des Insolvenzverwalters hin auch für diese Gläubiger nurnoch eine Feststellungsklage zulässig; die Voraussetzungen sind vom [X.] im Einzelnen darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen ([X.], Urt. v.3. April 2003 aaO S. [X.] hat der Beklagte nicht dargelegt, daß die Insolvenzmasse auchnicht ausreiche, um wenigstens die [X.] zu befriedigen. Da [X.] aber erst durch das - nach Schluß der mündlichen Verhandlung inder Berufungsinstanz ergangene - [X.]surteil vom 3. April 2003 geklärt wurde,muß ihm noch Gelegenheit gegeben werden, diesen Vortrag nachzuholen.4. Der anteilige [X.] für die [X.] vom 20. bis 31. Oktober 1999(12 Tage) beträgt 89.510,64 DM (= 45.766,06 2˝- 17 -in dieser Höhe den [X.] der Klägerin abgewiesen hat, ist das Beru-fungsurteil somit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und [X.] zurückzuverweisen.Kreft [X.] [X.]

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IX ZR 222/02

04.12.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2003, Az. IX ZR 222/02 (REWIS RS 2003, 369)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 369

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