Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2007, Az. XI ZB 29/06

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 776

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[X.] [X.] vom 20. November 2007 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] h.c. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Ellenberger und Prof. Dr. [X.] am 20. November 2007 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Be-schluss des 8. Zivilsenats des [X.] vom 8. September 2006 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert beträgt 157.765,87 •.
Gründe: [X.] Mit [X.] ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17. Juli 2006 (einem Montag) legten die Beklagten Berufung gegen das ihnen am Freitag, dem 16. Juni 2006 zugestellte Urteil des [X.] ein, mit dem der Schadensersatzklage der Kläger stattgegeben worden war. Als Empfänger wies der [X.] das [X.] aus, enthielt jedoch im Adressfeld nicht dessen Telefaxnummer, sondern die des [X.], an die die Berufungsschrift am selben Tag gefaxt 1 - 3 - wurde und dort um 15:15 Uhr einging. Das Original der Berufungsschrift ging am 19. Juli 2006 beim [X.] ein, das Fax vom 17. Juli 2006 wurde dem [X.] auf Anforderung am 31. August 2006 übermittelt. 2 Nach Hinweis der Vorsitzenden Richterin am [X.] vom 17. August 2006, dass die Berufung beim [X.] nach Fristablauf eingegangen sei, haben die Beklagten am 22. August 2006 gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den [X.] beantragt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, die Beru-fungsschrift sei versehentlich per Fax an das Landgericht versandt [X.], da die - ansonsten zuverlässige - Mitarbeiterin ihrer [X.] die Telefaxnummer versehentlich aus einer bei den erstin-stanzlichen Akten befindlichen Verfügung des [X.] übernommen habe. Diese Verfahrensweise habe den im Büro ihrer [X.] bestehenden Anweisungen widersprochen, nach welchen die Telefaxnummern grundsätzlich aus der jeweils aktuellen Fassung der Kanzleisoftware —[X.] zu entnehmen gewesen seien. Außerdem habe die Anweisung bestanden, die Nummer des [X.] mit dem letzten gerichtlichen Schreiben zu vergleichen. Ein solches habe es hier vom [X.] allerdings noch nicht gegeben, da die zweite In-stanz mit der Berufungseinlegung erst habe eröffnet werden sollen. Es hätten lediglich gerichtliche Schreiben des [X.] vorgelegen, was letztlich zu dem Versehen geführt habe. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag als unbe-gründet zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Berufungsfrist sei durch ein [X.] - 4 - tionsverschulden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten versäumt worden, das diese sich zurechnen lassen müssten. Die bloße Kontrolle, ob die aus dem Sendebericht ersichtliche Nummer mit der des letzten gerichtlichen Schreibens übereinstimme, genüge als Ausgangskontrolle für durch Fax übermittelte Schriftsätze nicht. Eine wirksame Ausgangs-kontrolle setze vielmehr den Abgleich anhand des zuvor verwendeten oder eines anderen, ebenso zuverlässigen Verzeichnisses voraus, um nicht nur Fehler bei der Eingabe, sondern auch schon bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können.
I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechts-beschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Be-schluss gewahrt sein müssen (vgl. Senat, [X.], 86, 87 m.w.Nachw.), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung ei-ner einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht erfor-derlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs vor noch beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem Verstoß gegen den Anspruch der Beklagten auf Gewährung recht-lichen Gehörs (Art. 103 GG i.V. mit § 139 ZPO) noch verletzt sie den [X.] auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. [X.] 77, 275, 284; [X.] NJW 2003, 281). 4 - 5 - 5 Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde weicht die angegrif-fene Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des [X.] zum Verschulden eines Prozessbevollmächtigten bei der Ausgangs-kontrolle von [X.] ab. Danach ist ein Anwalt grundsätzlich verpflichtet, für eine Büroorganisation zu sorgen, die eine Überprüfung der durch Telefax übermittelten fristgebundenen Schriftsätze auch auf die Verwendung der zutreffenden [X.] hin gewährleistet. Dies bedeutet, dass bei der erforderlichen Ausgangskontrolle in der [X.] ein Sendebericht ausgedruckt und entsprechend - d.h. auch auf die Richtigkeit der verwendeten [X.] - überprüft werden muss (vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 1. März 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 862, vom 10. Mai 2006 - [X.]I ZB 267/04, [X.], 2412, 2413, [X.]. 7 sowie Senatsbeschluss vom 17. April 2007 - [X.] ZB 39/06, [X.], 1095 f., [X.]. 5). Von diesem Grundsatz ist auch das [X.] ausgegangen. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, das Be-rufungsgericht habe verkannt, dass nach der Entscheidung des Bundes-gerichtshofs vom 10. Mai 2006 (aaO) nicht in jedem Fall der Abgleich anhand eines Verzeichnisses erfolgen müsse, sondern nur dann, wenn sich die Faxnummer des Gerichts nicht aus der Handakte ergebe, führt das schon deshalb nicht weiter, weil sich die Faxnummer des Oberlan-desgerichts im Streitfall gerade nicht aus der Handakte ergab. Eine [X.]ung, die sich auf den Abgleich mit den Handakten beschränkte, war - wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat - daher nicht ausrei-chend. Notwendig war vielmehr eine Regelung, die anhand des [X.] die nochmalige selbstständige Prüfung der zutreffenden [X.] - 6 - gernummer vorsah (vgl. [X.], Beschluss vom 1. März 2005 aaO m.w.Nachw.). Die Rechtsbeschwerde zeigt keinen Vortrag der Beklagten vor dem Tatrichter dazu auf, dass eine solche Regelung bei ihren Pro-zessbevollmächtigten bestanden hat. Der vor dem Tatrichter gehaltene Vortrag zum Abgleich der im Fax eingesetzten Nummer mit Verfügungen des Gerichts aus der Handakte ist in Fällen, in denen zuvor mit dem [X.] - wie hier - noch nicht korrespondiert worden ist, ersichtlich nicht ausreichend.
Das sieht auch die Rechtsbeschwerde zutreffend, beruft sich aber darauf, eine Entscheidung des [X.] sei [X.], weil sich das Berufungsgericht unter Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) und gegen bestehende [X.] auf die im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht veröffentlichte und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten daher noch nicht be-kannte Entscheidung des [X.] vom 10. Mai 2006 ([X.]I ZB 267/04, [X.], 2412) gestützt habe, ohne den Beklagten Gelegen-heit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben. Ein gerichtlicher Hinweis habe auch erteilt werden müssen, weil erkennbar gewesen sei, dass der Vortrag der Beklagten in der Begründung des [X.] zum Abgleich der Nummer in dem Sendebericht unklar und ergänzungs-bedürftig gewesen sei. Für den Fall eines solchen Hinweises hätten die Beklagten ihren Vortrag dahin ergänzt, die allgemeine Anweisung sei auch dahin gegangen, auf das Verzeichnis der [X.] —[X.] nicht nur zur Ermittlung der Telefaxnummer, sondern auch zum Abgleich mit der Telefaxnummer im Sendebericht zurückzugreifen. 7 - 7 - Hiermit kann die Rechtsbeschwerde nicht durchdringen. Auf ihren erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzten Vortrag kommt es nicht an, weil das Berufungsgericht weder Hinweispflichten noch den [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs und wirkungs-vollen Rechtsschutzes verletzt hat. 8 Die Rechtsbeschwerde verkennt bereits, dass es sich bei dem Be-schluss des [X.] vom 10. Mai 2006 nicht um eine neue Rechtsprechung handelt, die den Prozessbevollmächtigten der Beklagten noch nicht bekannt sein musste. Es entspricht vielmehr langjähriger und ständiger Rechtsprechung des [X.], dass ein Anwalt grundsätzlich verpflichtet ist, für eine Büroorganisation zu sorgen, die eine Überprüfung der durch Telefax übermittelten fristgebundenen Schriftsätze auch auf die Verwendung der zutreffenden Empfängernum-mer hin gewährleistet. Dabei muss zur erforderlichen Ausgangskontrolle in der Regel ein Sendebericht ausgedruckt und entsprechend überprüft werden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18. Oktober 1995 - [X.]I ZB 123/95, [X.], 778, vom 20. Dezember 1999 - [X.], [X.], 1043, vom 10. Januar 2000 - [X.], [X.], 1043, 1044, vom 12. März 2002 - [X.], [X.], 1577, vom 24. April 2002 - [X.] 7/01, [X.]. 2002, 171 und vom 18. Mai 2004 - [X.], [X.], 1275 f.). Dass es insoweit einer Abschlusskontrolle bedarf, bei der nicht nur die Vollständigkeit der Übermittlung, sondern auch die Richtigkeit der [X.] grundsätzlich anhand eines Verzeich-nisses abschließend und selbstständig zu prüfen ist, ist ebenfalls nicht erst seit dem Beschluss vom 10. Mai 2006 Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs (vgl. etwa zuvor bereits [X.], Beschluss vom 1. März 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 862 m.w.Nachw.). Eines Hinweises des 9 - 8 - Berufungsgerichts auf diese Rechtsprechung, die den [X.] der Beklagten hätte bekannt sein müssen, bedurfte es daher schon aus diesem Grund nicht. 10 Eine Hinweispflicht des Berufungsgerichts ergab sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht daraus, dass der Vortrag der Beklagten in ihrem Wiedereinsetzungsgesuch zu den in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten getroffenen Anordnungen zur Kontrolle der Faxnummer anhand des [X.] etwa unklar oder erkennbar er-gänzungsbedürftig gewesen wäre. Die Beklagten hatten dort ausdrück-lich zu den bei ihren Prozessbevollmächtigten getroffenen Anweisungen für die Kontrolle der Faxnummern anhand des [X.] vorgetra-gen. Dass die dort geschilderten Anweisungen gerade für Fälle der vor-liegenden Art erkennbar nicht tauglich und nach der Rechtsprechung des - 9 - [X.] daher nicht ausreichend waren, ist kein Grund für eine Hinweispflicht des Gerichts. 11 [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
[X.] Joeres [X.] Ellenberger [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.06.2006 - 2 O 598/04 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 8 U 160/06 -

Meta

XI ZB 29/06

20.11.2007

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2007, Az. XI ZB 29/06 (REWIS RS 2007, 776)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 776

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