Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.07.2015, Az. 9 BN 1/15

9. Senat | REWIS RS 2015, 8140

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Ungeschriebene Gerichtspraxis im Widerspruch zu Geschäftsverteilungsplan; Straßenreinigungspflicht der Anlieger


Leitsatz

Mängel bei der Auslegung und Anwendung eines Geschäftsverteilungsplans begründen einen Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) nur, wenn sie auf unvertretbaren, mithin sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruhen. Zu einer aus sich heraus eindeutigen Regelung des Geschäftsverteilungsplans darf sich eine ungeschriebene Gerichtspraxis aber nicht in Widerspruch setzen.

Gründe

1

Die zulässige [X.]eschwerde ist begründet. Zwar rechtfertigt das [X.]eschwerdevorbringen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache (1) oder wegen Divergenz (2). Die [X.]eschwerde macht jedoch erfolgreich einen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel geltend (3). Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz (§ 133 Abs. 6 VwGO).

2

1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Frage des revisiblen Rechts von [X.]edeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der [X.]eschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

3

a) [X.] geklärt wissen,

ob die Gesetzgebungskompetenz für die Übertragung der [X.] nebst Gehwegreinigungspflicht auf Anlieger in [X.] und [X.] Art und Weise beim [X.] liegt.

4

Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, denn sie würde sich in dieser Form in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Es liegt auf der Hand und bedarf nicht revisionsgerichtlicher Klärung, dass der [X.] im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für den Straßenverkehr (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) keine Regelungen getroffen hat, die landesrechtliche [X.]estimmungen über eine im Rahmen der Zumutbarkeit den Anliegern auferlegte Straßenreinigungspflicht ausschließen.

5

Das [X.]esverwaltungsgericht hat im [X.]eschluss vom 18. Juni 2015 - 9 [X.] 3.15 - hierzu ausgeführt:

"Nach § 25 Abs. 1 [X.] muss, wer zu Fuß geht, die Gehwege benutzen. Auf der Fahrbahn darf nur gegangen werden, wenn die Straße weder einen Gehweg noch einen Seitenstreifen hat. Wird die Fahrbahn benutzt, muss innerhalb geschlossener Ortschaften am rechten oder linken Fahrbahnrand gegangen werden. Für das Überqueren der Straße gilt, dass die Fahrbahn unter [X.]eachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten ist (§ 25 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Diese [X.]estimmungen richten sich an 'Fußgänger', also an Verkehrsteilnehmer, die sich zu Fuß von einem Ort an einen anderen bewegen.

Demgegenüber sind Personen, die sich zum Zweck der Straßenreinigung auf der Fahrbahn aufhalten, keine Fußgänger im Sinne des § 25 [X.] (a.[X.]/[X.], [X.] 2013, 546). Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortsinn, sondern mittelbar auch aus der Sonderregelung des § 35 Abs. 6 Satz 1 und 4 [X.], wonach Personen, die unter anderem bei der Reinigung von Straßen eingesetzt sind, bei ihrer Arbeit außerhalb von Gehwegen und Absperrungen auffällige Warnkleidung zu tragen haben. Diese [X.]estimmung setzt erkennbar voraus, dass die Fahrbahnen von Straßen zu [X.] betreten werden dürfen. Das Oberverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang überzeugend auf die Entstehungsgeschichte des geltenden § 35 Abs. 6 [X.] verwiesen. So hatte § 46 Abs. 1 Satz 2 [X.] vom 29. März 1956 ([X.]G[X.]l. I S. 271, 327) in der Fassung der Verordnung vom 7. Juli 1960 ([X.]G[X.]l. I S. 485) ausdrücklich vorgesehen, dass für Personen, die unter anderem bei der Reinigung der Straßen tätig sind, 'nicht die Vorschriften dieser Verordnung (gelten), soweit diese die [X.]enutzung der Straße durch Fußgänger beschränken'. Mit der Neuregelung in § 35 Abs. 6 [X.], die auf die Straßenverkehrsordnung vom 16. November 1970 ([X.]G[X.]l. I S. 1565) zurückgeht, war keine sachliche Änderung der früheren Rechtslage beabsichtigt. Vielmehr war aus Sicht des Verordnungsgebers für die Personen, die die dort genannten Arbeiten verrichten, schon wegen ihres [X.] klar, dass sie sich unabhängig von den für Fußgänger geltenden [X.]eschränkungen auch auf der Fahrbahn bewegen dürfen (s. amtl. [X.]egründung, Vk[X.]l. 1970, 797 <816 f.>).

Für das Ergebnis, dass Personen, die die Straße zu [X.] betreten, keine Fußgänger im Sinne des § 25 [X.] sind, kommt es entgegen der Auffassung der [X.]eschwerde nicht entscheidend darauf an, ob sich das Gebot, auffällige Warnkleidung zu tragen (§ 35 Abs. 6 Satz 4 [X.]), auch an reinigungspflichtige Straßenanlieger oder nur an berufsmäßig tätige Personen richtet. Für die letztere Annahme mag der Wortlaut der Norm ('die hierbei eingesetzt sind') ebenso sprechen wie ihr systematischer Zusammenhang mit § 35 Abs. 6 Satz 1 [X.] ('Fahrzeuge, die dem [X.]au, der Unterhaltung oder Reinigung der Straßen und Anlagen im Straßenraum oder der Müllabfuhr dienen'; s. [X.], in: [X.]/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 35 [X.] Rn. 14). Verstärkt wird dies durch die Überlegung, dass Anlieger - anders als berufsmäßige Reinigungskräfte - nicht nur nach der hier einschlägigen landesrechtlichen Regelung (§ 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]bgStrG), sondern auch wegen des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes zur Reinigung von Fahrbahnen nur verpflichtet werden können, soweit und solange dies unter [X.]erücksichtigung der Verkehrsverhältnisse ohne eigene Gefährdung zumutbar ist.

Sollten Privatpersonen, die ihre satzungsrechtliche Kehrpflicht erfüllen, nicht in den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 6 [X.] fallen, unterliegen sie unbeschadet dessen nicht den für Fußgänger geltenden Einschränkungen des § 25 [X.]. Unter dieser Prämisse ist anzunehmen, dass das Straßenverkehrsrecht, welches im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des [X.]es (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs gewährleisten und auf ihn einwirkenden Gefahren begegnen will (s. zuletzt [X.]VerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 3 [X.] 6.13 - juris Rn. 27 m.w.[X.]), insoweit wegen der [X.]egrenzungen, denen die Straßenreinigungspflicht der Anlieger ohnehin unterworfen ist, keinen spezifischen Regelungsbedarf sieht."

6

Daran hält der Senat fest.

7

b) Die Frage,

"Ist die mittelbare bzw. konkludente Auferlegung von [X.] mit dem Maßstab zu messen, welchen das [X.]esverfassungsgericht für die Auferlegung von unmittelbaren [X.] (z.[X.]. Steuern) entwickelt hat?"

ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig. Die Auferlegung einer Geldleistungspflicht stellt nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]esverfassungsgerichts einen Eingriff in die Freiheitsrechte des [X.]etroffenen und seine persönliche Freiheitsentfaltung im vermögensrechtlichen [X.]ereich dar, der nur gerechtfertigt ist, wenn er sich als verhältnismäßig erweist (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 15. Januar 2014 - 1 [X.]vR 1656/09 - [X.]VerfGE 135, 126 Rn. 42). Die gleichen Grundsätze müssen gelten, wenn eine finanzielle [X.]elastung unvermeidbare Folge einer Pflicht zur Erbringung einer tatsächlichen Leistung ist. Was die umstrittene Straßenreinigungspflicht angeht, ist dabei zu berücksichtigen, dass sie nach der den Senat bindenden Auslegung des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht unter dem Vorbehalt der persönlichen und sachlichen Zumutbarkeit steht. Insbesondere ergibt sich danach aus § 51 Abs. 1 [X.] nur eine Verpflichtung zur normalen und regelmäßigen Reinigung, nicht hingegen eine Pflicht zur [X.]eseitigung besonderer Verunreinigungen.

8

c) Soweit der Kläger für klärungsbedürftig hält,

ob bei der Prüfung der [X.]estimmtheit von Normen auf deren unmittelbare Wirkung (konkrete Normregelung) oder auf deren Auswirkung in Gesamtheit (inklusive der mittelbaren Auswirkungen) abzustellen ist,

ist die Frage in dieser Allgemeinheit nicht klärungsfähig. Sie zielt letztlich darauf, ob die angegriffene Straßenreinigungssatzung hinreichend bestimmt ist und damit auf die Auslegung einer landesrechtlichen Norm, die das [X.]esverwaltungsgericht nicht überprüft (§ 137 Abs. 1 VwGO). Soweit der Kläger den verfassungsrechtlichen Grundsatz der [X.]estimmbarkeit einer Norm, die [X.]elastungen auferlegt, geklärt wissen will, ist nicht hinreichend dargelegt, inwiefern die bisher durch die Rechtsprechung erfolgte Klärung weiterer Ausgestaltung bedarf. Geklärt ist, dass das in Art. 20 Abs. 3 GG und in Art. 28 Abs. 1 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip die hinreichende [X.]estimmtheit der Gesetze fordert. Danach sind gesetzliche Tatbestände so zu fassen, dass die [X.]etroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 7. Mai 2001 - 2 [X.]vK 1/00 - [X.]VerfGE 103, 332 <384>; [X.]VerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 [X.] 9.12 - [X.]VerwGE 147, 292 Rn. 19 f.). Welche Anforderungen an die [X.]estimmtheit zu stellen sind, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des [X.] und von der Eigenart des Regelungsgegenstands und dem Zweck der betroffenen Norm ab ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 17. Juli 2003 - 2 [X.]vL 1/99 u.a. - [X.]VerfGE 108, 186 <234 ff.>). Welchen über diese Grundsätze und Maßstäbe hinausgehenden Klärungsbedarf der vorliegende Fall aufzeigen soll, legt die [X.]eschwerde nicht dar.

9

2. Die vom Kläger behauptete Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor.

a) Das Oberverwaltungsgericht setzt sich mit seinem Rechtssatz, dem Allgemeininteresse sei dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass den Straßenanliegern die Reinigung der [X.] nicht auferlegt wurde, sondern allein die Reinigung und Räumung der Gehwege, nicht in Widerspruch zum Urteil des [X.]esverwaltungsgerichts vom 7. April 1989 - 8 [X.] 90.87 - ([X.]uchholz 401.84 [X.]enutzungsgebühren Nr. 65). Das [X.]esverwaltungsgericht hat entschieden, dass Kosten einer Straßenreinigung für Straßen, die auch dem Allgemeininteresse dienen, nicht allein den Anliegern aufgebürdet werden dürfen. Vielmehr müssen die Anlieger von dem [X.] entlastet werden, der auf das Allgemeininteresse an der Straßenreinigung entfällt. Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall nicht über eine Gebührenregelung zu entscheiden ist und schon deshalb das Oberverwaltungsgericht nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vom selben Rechtssatz des [X.]esverwaltungsgerichts abweicht, hat es auch festgestellt, dass in der Satzung der Antragsgegnerin das Allgemeininteresse an der Straßenreinigung hinreichend berücksichtigt ist. Soweit die [X.]eschwerde dies bestreitet, kritisiert sie die Anwendung dieses Rechtssatzes auf den konkreten Fall, die eine Divergenz nicht begründen kann.

b) Die von der [X.]eschwerde für den Fall, dass eine Divergenz nicht vorliegt, als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage,

"Ist es für die Wahrung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG erforderlich, dass eine Rechtsnorm explizit zwischen dem Allgemeininteresse und dem [X.] differenziert oder ist eine bloße dahingehende Auslegungsfähigkeit ausreichend?"

bedarf keiner Klärung im Revisionsverfahren. Zum einen ist sie zu allgemein gehalten, weil die Frage, in welcher Weise Art. 3 Abs. 1 GG bei der Auslegung und Anwendung einer Norm zu berücksichtigen ist, von der jeweiligen Norm und dem jeweiligen Sachverhalt abhängt. Soweit es der [X.]eschwerde um die Auslegung und Anwendung einer landesrechtlichen Norm, des § 51 Abs. 5 [X.], geht, hat sie das [X.]esverwaltungsgericht nicht zu überprüfen (§ 137 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen hat das [X.]esverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 7. April 1989 - 8 [X.] 90.87 - auch entschieden, dass der Gleichheitssatz für die [X.]ewertung des Allgemeininteresses dem Ortsgesetzgeber eine weitgehende Entscheidungsfreiheit belässt. Inwiefern über die bisher von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 GG hinausgehender Klärungsbedarf besteht, ist von der [X.]eschwerde weder dargelegt noch erkennbar.

3. Das [X.]erufungsurteil beruht aber auf einem Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, denn das erkennende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt (§ 138 Nr. 1 VwGO).

Die [X.]eschwerde macht geltend, es habe ein nach dem Geschäftsverteilungsplan des [X.] offensichtlich [X.] entschieden. Eine Zuständigkeit des 5. Senats lasse sich dem Geschäftsverteilungsplan unter keinem Gesichtspunkt entnehmen, denn zuständig für das [X.] sei der 1. Senat. Die nicht nachvollziehbare Abweichung vom Geschäftsverteilungsplan verletze den Anspruch auf [X.]. Dem ist zu folgen. Auch in Anbetracht der dienstlichen Erklärung des amtierenden Senatsvorsitzenden, wonach bei dem Oberverwaltungsgericht die ungeschriebene Praxis besteht, fehlerhaft zugeteilte Verfahren nicht dem nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Senat zu überweisen, wenn sich der Fehler erst nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung herausstellt, greift die [X.]esetzungsrüge durch.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]esverwaltungsgerichts ist das Gericht vorschriftswidrig besetzt, wenn in einem Verstoß gegen den Geschäftsverteilungsplan zugleich ein Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) liegt. Mängel bei der Auslegung und Anwendung eines [X.] begründen einen solchen Verfassungsverstoß zwar nur, wenn sie auf unvertretbaren, mithin sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruhen (vgl. etwa [X.]VerwG, Urteil vom 26. April 1974 - 7 [X.] 77.72 - [X.]uchholz 310 § 133 VwGO Nr. 11 S. 9 f.; [X.]eschlüsse vom 2. Juli 1987 - 9 [X.][X.] 7.87 - [X.]uchholz 310 § 133 VwGO Nr. 70 S. 2, vom 28. Juli 1998 - 11 [X.] 20.98 - juris Rn. 2 und vom 22. Januar 2014 - 4 [X.] 53.13 - juris Rn. 2). Für die Auslegung von gerichtlichen Geschäftsverteilungsplänen kommt einer gewachsenen Übung maßgebende [X.]edeutung zu ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 22. Januar 2014 a.a.[X.] Rn. 3 m.w.[X.]). Zu einer aus sich heraus eindeutigen Regelung des [X.], dessen Aufgabe gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darin besteht, [X.] im Voraus zu bezeichnen ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 8. April 1997 - 1 P[X.]vU 1/95 - [X.]VerfGE 95, 322 <327 ff.>), darf sich eine ungeschriebene Gerichtspraxis aber nicht in Widerspruch setzen. Eine solche Praxis kann den Geschäftsverteilungsplan immer nur ergänzen, nicht aber ganz oder teilweise verdrängen und ersetzen.

Daran gemessen beruht das angefochtene Urteil auf dem geltend gemachten [X.]esetzungsfehler. Nach dem im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des [X.] maßgeblichen Geschäftsverteilungsplan für das [X.] war das [X.] ausnahmslos dem 1. Senat zugewiesen. Für "Zweifel über die Zuständigkeit", die eine Zuteilung im Einvernehmen der Vorsitzenden der in [X.]etracht kommenden Senate hätte veranlassen können (Abschnitt [X.] Nr. 6 Satz 1 des [X.]), gab es keinen sachlichen Anhaltspunkt. Der hier vorliegende Fall, dass sich die Unzuständigkeit des Senats, dem die Sache zugeteilt war, erst nachträglich herausstellt, war im Geschäftsverteilungsplan eindeutig geregelt. In diesem Fall hatte der Vorsitzende dieses Senats die Sache dem zuständigen Senat im Einvernehmen mit dessen Vorsitzendem zu überweisen; bei fehlendem Einvernehmen hatte das Präsidium zu entscheiden (Abschnitt [X.] Nr. 6 Satz 2 und 3 des [X.]). Eine Einschränkung des Inhalts, dass ein Verfahren nach der [X.]estimmung eines Verhandlungstermins in die Zuständigkeit des Senats übergeht, der die Terminsbestimmung veranlasst hat, war in dem hier maßgeblichen Geschäftsverteilungsplan - anders als in den Geschäftsverteilungsplänen anderer Oberverwaltungsgerichte - weder ausdrücklich noch sinngemäß geregelt. Für die in der dienstlichen Erklärung des amtierenden Senatsvorsitzenden beschriebene Gerichtspraxis fehlte es daher an einer tragfähigen Grundlage.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

9 BN 1/15

15.07.2015

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 21. März 2014, Az: 5 C 27/12, Urteil

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 25 StVO 2013, § 36 Abs 6 StVO 2013, § 21e GVG, § 138 Nr 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.07.2015, Az. 9 BN 1/15 (REWIS RS 2015, 8140)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8140

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

9 BN 1/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Straßenreinigungspflicht für mittelbare Anlieger; erfolglose Nichtzulassungsbeschwerde


9 B 88/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Straßenreinigungspflicht der Anlieger und Betreten der Fahrbahn


9 B 3/15 (Bundesverwaltungsgericht)

Straßenreinigungspflicht der Anlieger nicht durch § 25 StVO eingeschränkt


Au 6 K 14.1771 (VG Augsburg)

Befreiung von der Straßenreinigungspflicht


8 B 15.2552 (VGH München)

Reinigungspflicht für Gehwege


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 1656/09

2 BvK 1/00

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.