Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 19.04.2021, Az. 1 BvR 343/21

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2021, 6825

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Ablehnung eines Antrags auf Auslagenerstattung - Keine Auslagenerstattung nach Abhilfeentscheidung des Fachgerichts im Anhörungsrügeverfahren und damit verbundenem Unzulässigwerden der Verfassungsbeschwerde


Tenor

Der Antrag der Beschwerdeführer auf Anordnung der Erstattung ihrer notwendigen Auslagen wird abgelehnt.

Gründe

1

Über die von den Beschwerdeführern eingelegte Verfassungsbeschwerde ist in der Sache nicht mehr zu entscheiden, weil die Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde für erledigt erklärt haben. Eines besonderen gerichtlichen Ausspruchs hierüber bedarf es nicht (vgl. [X.] 7, 75 <76>; 85, 109 <113>). Demnach ist lediglich über den Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen zu beschließen.

2

Dieser Antrag hat keinen Erfolg. Nach § 34a Abs. 3 [X.] ist im Falle der Erledigung der Verfassungsbeschwerde über die Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers nach billigem Ermessen zu entscheiden (vgl. [X.] 85, 109 <114>). Danach ist die Erstattung der notwendigen Auslagen nicht anzuordnen.

3

1. Grundlage einer Billigkeitsentscheidung nach § 34a Abs. 3 [X.] ist eine Gesamtwürdigung aller bekannter Umstände, wobei es auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde regelmäßig nicht ankommt (vgl. [X.] 33, 247 <264 f.>; 85, 109 <115>; 87, 394 <398>). Im Hinblick auf Funktion und Tragweite der Entscheidungen des [X.] kommt eine Erstattung von Auslagen jedoch dann in Frage, wenn die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde offensichtlich war und unterstellt werden kann, oder wenn die verfassungsrechtliche Lage - etwa durch eine Entscheidung des [X.] in einem gleich gelagerten Fall - geklärt worden ist (vgl. [X.] 85, 109 <114 ff.>). Grundsätzlich kommt eine Anordnung der Auslagenerstattung auch dann in Betracht, wenn der verantwortliche Hoheitsträger die mit der Verfassungsbeschwerde gerügte Beschwer beseitigt oder der Verfassungsbeschwerde auf andere Weise abgeholfen hat, und diesem Verhalten entnommen werden kann, dass der Hoheitsträger selbst davon ausgeht, dass das Anliegen des Beschwerdeführers berechtigt gewesen sei (vgl. [X.] 85, 109 <114 f.>; 87, 394 <397>; 91, 146 <147>).

4

2. Nach diesen Maßstäben ist die Anordnung der Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführer im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach § 34a Abs. 3 [X.] nicht veranlasst. In dem vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren hat das Sozialgericht der Anhörungsrüge zwar abgeholfen und den angegriffenen Beschluss aufgehoben. Zum Zeitpunkt der Einlegung der Verfassungsbeschwerde war das fachgerichtliche [X.] nach § 178a SGG aber noch nicht abgeschlossen. Die Entscheidung des [X.] über die Anhörungsrüge stand noch aus. Die Verfassungsbeschwerde wurde zunächst in das Allgemeine Register eingetragen. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] gehört die fachgerichtliche Anhörungsrüge dann zum Rechtsweg, der gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] erschöpft sein muss, wenn der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde (auch) einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügt und diese Rüge zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde noch aufrechterhalten ist (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11 -).

5

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde brachten die Beschwerdeführer unter anderem vor, dass die angegriffene Entscheidung gegen die Gewährleistung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG verstieße. Zum Rechtsweg gehörte damit auch die Erhebung einer Anhörungsrüge. Demgemäß war der Rechtsweg zum Zeitpunkt der Einlegung der Verfassungsbeschwerde noch nicht erschöpft. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Ausnahmesituation im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 2 [X.] sind nicht ersichtlich. Mit der im [X.] erlassenen Abhilfeentscheidung des [X.] ist die Beschwer der Beschwerdeführer sodann entfallen. Die Verfassungsbeschwerde ist endgültig unzulässig geworden (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 11. Juli 2002 - 1 BvR 226/02 -, Rn. 8; Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. April 2008 - 1 BvR 206/08 -, Rn. 4 f.). Sie war damit zu keinem Zeitpunkt zulässig.

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 343/21

19.04.2021

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend SG Berlin, 16. März 2018, Az: S 185 AS 2667/18 ER, Beschluss

§ 34a Abs 3 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 178a SGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 19.04.2021, Az. 1 BvR 343/21 (REWIS RS 2021, 6825)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6825

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1 BvR 3057/11

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