Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.11.2020, Az. V R 22/19

5. Senat | REWIS RS 2020, 3641

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Gegenstand

Vorabgewinn als umsatzsteuerbares Sonderentgelt; Regelsteuersatz für die Überlassung von Vieheinheiten


Leitsatz

1. Die Überlassung von Vieheinheiten durch einen Gesellschafter an eine Personengesellschaft unter gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung eines Vorabgewinns erfolgt gegen Entgelt, wenn der Gesellschafter mit der Zahlung rechnen kann.

2. Die Umsätze aus der Überlassung von Vieheinheiten unterliegen nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG, sondern dem Regelsteuersatz.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 19.01.2018 - 1 K 1018/16 U wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorabgewinnanteile für die Überlassung von sog. [X.] in den Jahren 2011 bis 2013 (Streitjahre) umsatzsteuerbar sind und der [X.] für land- und forstwirtschaftliche Betriebe unterliegen.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Land- und Forstwirt mit abweichendem Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. des Folgejahres tätig; die im Rahmen seines Betriebs ausgeführten Umsätze werden nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) besteuert.

3

Daneben ist der Kläger mit einem Kapitalanteil von 97 % Komplementär der Kommanditgesellschaft "… [X.]" ([X.]); Kommanditist mit einem Kapitalanteil von 3 % ist [X.] Die [X.] betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Schwerpunkt Ferkelaufzucht in Form einer sog. Tierhaltungskooperation gemäß § 51a des Bewertungsgesetzes ([X.]).

4

Zur Nutzungsüberlassung durch die [X.]er und zur Gewinn- und [X.] regelt der [X.]svertrag der [X.] vom 28.10.2010 Folgendes:

 

"§ 5 Nutzungsüberlassungen der [X.]er

 

1. Der Komplementär stellt der [X.]

 

a) im Pachtwege einen neu auf der Parzelle (...) errichteten Ferkelaufzuchtstall zur Verfügung. Die Anpachtungsmodalitäten (...) werden in einem Pachtvertrag gesondert geregelt.

 

b) gem. § 51a [X.] [X.] zur Nutzung zur Verfügung.

 

2. Der Kommanditist stellt der [X.] gemäß § 51a [X.]

 

380 [X.] zur Verfügung.

    
 

§ 10 Gewinn- und [X.]

 

1. Die Gewinn- und [X.] erfolgt nach folgenden Grundsätzen und auch in folgender Reihenfolge:

 

a) Kapitalkontenverzinsung:

 

Die [X.]er erhalten sofern der Gewinn hierfür ausreicht als Vorabgewinn die Kapitalkontenverzinsung gemäß § 9 Abs. 4.

 

b) [X.]:

 

Die [X.]er erhalten für die Überlassung der [X.] einen weiteren Vorabgewinn von 5.- € je überlassener Vieheinheit.

 

Im Innenverhältnis der [X.]er wird dieser Vorabgewinn untereinander nicht als Aufwand behandelt und stellt auch keine Betriebsausgabe der [X.] dar.

 

Hinsichtlich der vorstehenden [X.] (§ 10 Abs. 1 a - 1 b) wird grundsätzlich vereinbart, dass diese nur gezahlt werden, sofern entsprechende Gewinne vorhanden sind. Reicht der Gewinn dazu nicht aus, erfolgt eine prozentuale und gleichmäßige Kürzung in der vorstehenden Reihenfolge, beginnend mit § 10 Abs. 1 b dieses Vertrages.

 

c) [X.]:

 

Die Verteilung des [X.] oder eines Verlustes erfolgt im Verhältnis der festen Kapitalanteile (Kläger: 97% / Kommanditist: 3%) (…)".

5

Für die Überlassung der [X.] an die [X.] flossen dem Kläger, der nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) versteuert, in den Streitjahren 545 € (2011), 650 € (2012) und 600 € (2013) zu.

6

Nachdem die Umsatzsteuer der Streitjahre zunächst antragsgemäß --ohne Berücksichtigung der Entgelte für die Überlassung der [X.]-- festgesetzt worden war, ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) davon aus, dass auch diese Vergütung der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei und erhöhte in geänderten Umsatzsteuerbescheiden die dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätze um die für die Überlassung der [X.] zugeflossenen Beträge.

7

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren vor dem Finanzgericht ([X.]) erhobene Klage hatte nur insoweit Erfolg, als die im Zusammenhang mit der Überlassung der [X.] angefallenen Vorsteuern steuermindernd berücksichtigt wurden. Im Übrigen wies das [X.] die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2019, 1629 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Die Überlassung der [X.] an die [X.] gegen Zahlung des [X.] erfolge im Rahmen eines steuerbaren [X.] und unterliege der Besteuerung mit dem Regelsteuersatz.

8

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und macht Verfahrensfehler geltend.

9

Entgegen dem Urteil des [X.] sei die Überlassung der [X.] nicht im Rahmen eines [X.] erfolgt. Steuerbar seien nur fest vereinbarte [X.]erleistungen, also solche Leistungen, die nicht von einem variablen Moment wie dem wirtschaftlichen Ergebnis (Gewinn) abhingen. Vorliegend hänge die Gegenleistung für die Überlassung von [X.] vom Zufall ab, da sie nur dann gezahlt werde, wenn entsprechende Gewinne vorhanden seien. Die [X.] stünden mit dem wirtschaftlichen Ergebnis der [X.] in direktem und untrennbarem Zusammenhang. Wie das [X.] Münster im Urteil vom 27.03.2018 - 5 K 3718/17 U ([X.] --MwStR-- 2018, 721) zu Recht entschieden habe, sei entscheidend, dass die Zahlungen nur dann in vollem Umfang erbracht werden sollten, wenn der Gewinn hierzu ausreiche. Die hiervon abweichende Würdigung des [X.] sei nicht (mehr) möglich und widerspreche den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Selbst wenn die Überlassung im Rahmen eines [X.] erfolge, lägen der [X.] unterfallende Umsätze vor.

Hilfsweise rügt der Kläger die Verletzung von Sachaufklärungspflichten. Entgegen seinem Vortrag habe das [X.] nicht die unterschiedliche Erwartung hinsichtlich der Vergütung für die Überlassung der Stallanlage und für die Überlassung der [X.] berücksichtigt. Anders als bei der Verpachtung der Stallanlage sei er, der Kläger, für die Überlassung der [X.] bereit gewesen, eine vom wirtschaftlichen Ergebnis abhängige Vergütung zu erhalten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] Düsseldorf vom 19.01.2018 - 1 K 1018/16 U aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide der Streitjahre unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 01.03.2016 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsätze aus der Überlassung von [X.] an die [X.] nicht der Umsatzsteuer unterliegen,
hilfsweise beantragt er,
die Umsätze der [X.] zu unterwerfen.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Überlassung der [X.] und die Zahlung der Vergütung stünden in einem Austauschverhältnis. Der Vorabgewinn sei dazu bestimmt, den unterschiedlichen Leistungsbeitrag abzugelten. Die Entgelterwartungsabsicht bleibe auch bei nicht ausreichendem Gewinn bestehen, da lediglich eine prozentuale und gleichmäßige Kürzung der Beträge erfolge. Mit einer Kürzung des [X.] sei nicht zu rechnen gewesen und eine solche Kürzung auch zu keinem Zeitpunkt eingetreten: Bereits im [X.] (2011) habe die [X.] einen Gewinn von 8.774 € erzielt, der in 2012 auf über 25.000 € und in 2013 auf über 45.000 € gesteigert worden sei.

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das [X.] hat ohne Rechtsfehler entschieden, dass die Überlassung der [X.] an die [X.] steuerbar ist (unter 1.) und mit dem Regelsteuersatz der Umsatzsteuer unterliegt (unter 2.). Der gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor (unter 3.).

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer u.a. die sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

a) Entgeltliche Leistungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist ([X.]surteile vom 04.07.2013 - V R 33/11, [X.], 280, [X.], 937; vom 15.04.2010 - V R 10/08, [X.], 406, [X.], 879, Rz 19, sowie vom 05.12.2007 - V R 60/05, [X.], 455, [X.], 486, unter [X.]a).

Der unmittelbare Zusammenhang und damit ein steuerbarer Leistungsaustausch liegen nicht vor, wenn die [X.]er für ihre [X.] Leistungen erbringen, die als [X.]erbeitrag nur im Rahmen der allgemeinen Gewinnverteilung vergütet werden. Diese allgemeine Gewinnbeteiligung ist weder Entgelt für das Halten der Beteiligung noch Entgelt für Tätigkeiten des [X.]ers (Urteil des Gerichtshofs der [X.] --[X.]- Heerma vom 27.01.2000 - [X.]/98, [X.]:[X.], [X.] --[X.]-- 2000, 316, Rz 13). Denn die Gewinnentstehung hängt nicht unmittelbar mit der Leistungserbringung zusammen, sondern ist von einer Vielzahl von Faktoren und damit zumindest teilweise vom "Zufall" abhängig ([X.], [X.] vom 14.11.2000 - [X.], [X.]:[X.], [X.], Rz 23, sowie [X.] vom 27.09.2001 - [X.]/00, [X.]:C:2001:495, [X.] 2001, 1213, Rz 43). Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Leistungserbringung liegt dagegen vor, wenn die Leistung nach ihrem Umfang oder ihrer Menge abgegolten wird ([X.]surteile vom [X.] - V R 66/99, [X.], 458, [X.], 310; vom 07.12.1967 - V 45/65, [X.], 448, [X.] 1968, 398; vom 10.05.1990 - V R 47/86, [X.], 185, [X.] 1990, 757; Urteile des [X.] --[X.]-- vom 16.03.1993 - XI R 44/90, [X.], 114, [X.] 1993, 529, und XI R 45/90, [X.], 122, [X.] 1993, 530).

Dies gilt auch bei einer Leistungserbringung gegen [X.]. Nach dem [X.]surteil vom 17.03.1994 - V R 39/92 ([X.], 268, [X.] 1994, 538) kann ein (pachtähnlicher) Leistungsaustausch gegen [X.] vorliegen, wenn die [X.]er einer GbR ihre land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gegen einen von vornherein feststehenden und jährlich gleichbleibenden "[X.]" zur Nutzung überlassen. Maßgebend hierfür war, dass sich der [X.] von vornherein nach den Leistungen richtete, die die [X.]er an die [X.] erbrachten. Der Unterschied zu einer Gewinnverteilungsabrede lag in dem für die Nutzungsüberlassung angestrebten (besonderen), von vornherein feststehenden Entgelt ([X.]surteil in [X.], 268, [X.] 1994, 538, unter II.2.b).

b) Im Streitfall ist das [X.] unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung anhand einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass die Überlassung der [X.] an die [X.] steuerbar ist.

aa) Das [X.] hat § 10 Abs. 1b Satz 1 des [X.]svertrages ausgelegt und dahingehend gewürdigt, dass hierdurch ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des [X.] (Überlassung von [X.]) und der hierfür von der [X.] zu zahlenden Gegenleistung (5 € je [X.]) hergestellt wird, indem die Gegenleistung ausdrücklich vom Umfang des jeweiligen [X.] abhängig ist: Der Kläger solle für seine [X.]erleistung grundsätzlich einen "[X.]" von 700 € pro Wirtschaftsjahr erhalten.

Dass dieser [X.] im Innenverhältnis der [X.]er untereinander nicht als Aufwand behandelt wird und auch keine Betriebsausgabe der [X.] darstelle (§ 10 Abs. 1b des Vertrages), stand dem nicht entgegen. Denn die Gewinnverteilung beruhte nicht auf vermuteten [X.]erbeiträgen aufgrund einer Chancen- und Risikogemeinschaft ("Leistungsvereinigung"), sondern auf tatsächlich erbrachten Beiträgen. Die erhaltenen Zahlungen seien nicht Ausfluss einer allgemeinen Gewinnbeteiligung, sondern beruhten auf tatsächlich erbrachten [X.]erbeiträgen.

Schließlich sei die gesellschaftsvertragliche Regelung zum Wegfall des [X.]s nicht derart zu gewichten, dass die bewusst geschaffene Abhängigkeit zwischen [X.]erleistung und Entgeltzahlung ([X.]) wieder entfalle und die Überlassung der [X.] insgesamt als nicht steuerbarer [X.]erbeitrag gewürdigt werden müsse. Soweit sich die Entgelterwartung des [X.] tatsächlich nicht erfülle, weil die [X.] nicht ausreichend Gewinne erwirtschafte, habe sich der Kläger von vornherein mit einer Minderung des Entgelts einverstanden erklärt. Im Übrigen entspreche die Kürzung des [X.]s auch dem Interesse des [X.] als Komplementär der [X.]. Denn im Hinblick auf das geringe [X.]skapital bei Gründung (5.000 €) könne die [X.] die von vornherein geschuldeten Zahlungen für die Überlassung der [X.] von insgesamt 2.600 € ohne den teilweisen Entgeltsverzicht nur im ersten Wirtschaftsjahr leisten und wäre danach zahlungsunfähig.

bb) Diese Würdigung des [X.] ist aufgrund der o.g. Rechtsprechung des [X.] möglich, entspricht den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze (vgl. hierzu allgemein [X.]surteile vom 18.01.2005 - V R 17/02, [X.]/NV 2005, 1394; vom 16.05.2002 - V R 4/01, [X.]/NV 2002, 1347, unter [X.], sowie in [X.], 185, [X.] 1990, 757, unter [X.]; [X.]-Urteile vom 06.09.2016 - IX R 44/14, [X.]E 255, 148, [X.] 2018, 323, Rz 28, sowie vom 10.08.2016 - XI R 41/14, [X.]E 255, 300, [X.] 2017, 590, Rz 38). Auch wenn bei einer Vergütung der erbrachten Leistung durch Beteiligung am Gewinn der [X.] die Annahme eines nicht steuerbaren [X.]erbeitrags grundsätzlich nahe liegt, gilt nach den vom [X.] festgestellten Umständen im Streitfall etwas anderes. Aufgrund der niedrigen Kapitalverzinsung konnte der Kläger fest davon ausgehen, für die von ihm überlassenen [X.] die vereinbarte und jährlich gleichbleibende Vergütung zu erhalten. Wie zwischen den Beteiligten unstrittig ist, kam es in keinem der Streitjahre zu einer Kürzung der Vergütung, so dass die getroffene Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt wurde.

cc) Entgegen der Ansicht des [X.] ist die Würdigung des [X.] auch nicht im Hinblick auf das Urteil des [X.] Münster in [X.] 2018, 721 zu beanstanden. Das [X.] Münster hat in seinem Urteil unter 1.c der Gründe (vgl. Rz 32) eine andere Auslegung dann für möglich gehalten, wenn sich eine Gewinnabhängigkeit der Vergütung aus den sonstigen Regelungen des Vertrages oder dessen tatsächlicher Durchführung ergebe. Dabei sind die Unterschiede zwischen dem Streitfall und dem des [X.] Münster zu beachten, die sich daraus ergeben, dass die [X.]sverträge eine unterschiedliche Vergütung pro [X.] (Streitfall: 5 €, [X.] Münster: 10 €) sowie im Streitfall eine Kapitalverzinsung von lediglich 250 € (5 % von 5.000 €) vorsahen. Die [X.] hatte im Streitfall daneben nur die Pacht für einen Ferkelaufzuchtstall (ca. 22.000 €) zu zahlen, während die [X.] im Fall des [X.] Münster einen Hof für ca. 70.000 € pachtete, so dass ein Verlust der [X.] nicht nur möglich war, sondern in einem der Streitjahre auch tatsächlich eintrat.

c) Konnte der Kläger nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des [X.] davon ausgehen, die vereinbarte Vergütung jährlich zu erhalten, entfällt der Leistungsaustausch auch nicht dadurch, dass der Erhalt der Vergütung im Sinne der [X.] und [X.]-Rechtsprechung ([X.]Urteil Baštová vom 10.11.2016 - [X.]/15, [X.]:C:2016:855, [X.] 2017, 82, Rz 40; [X.]-Urteil vom 30.08.2017 - XI R 37/14, [X.]E 259, 175, [X.] 2019, 336, und vom 10.06.2020 - XI R 25/18, [X.], 2240, [X.]E 270, 181) ganz oder teilweise vom Zufall abhängig wäre. Im Übrigen steht dem steuerbaren Leistungsaustausch auch nicht entgegen, dass das zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht auf schuldrechtlichen Vereinbarungen beruht, sondern in einem [X.]svertrag geregelt wurde (s. allgemein [X.]surteile vom 08.11.2007 - V R 20/05, [X.], 403, [X.], 483, und in [X.], 455, [X.], 486).

2. Das [X.] hat auch rechtsfehlerfrei entschieden, dass die steuerbaren Umsätze des [X.] nicht der [X.], sondern dem Regelsteuersatz unterliegen.

a) Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird die Steuer für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen, bei denen es sich nicht um die in Satz 1 dieser Vorschrift näher bezeichneten Lieferungen von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Leistungen mit Getränken handelt, auf 10,7 % festgesetzt.

§ 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] richtlinienkonform entsprechend Art. 295 ff. der MwStSystRL auszulegen (vgl. [X.]surteile vom 08.02.2018 - V R 55/16, [X.]E 261, 181, Rz 21, und vom 24.01.2013 - V R 34/11, [X.]E 239, 552, [X.], 460, Rz 22; [X.]-Urteil vom 21.01.2015 - XI R 13/13, [X.]E 248, 462, [X.] 2015, 730, Rz 17). Danach finden die sog. Pauschalausgleich-Prozentsätze gemäß Art. 300 f. der MwStSystRL auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und Dienstleistungen Anwendung.

b) Die hier streitige Überlassung von [X.] betrifft keine in landwirtschaftlichen Betrieben erzeugten Gegenstände i.S. des Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 der MwStSystRL.

c) Es liegen auch keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen vor.

aa) Landwirtschaftliche Dienstleistungen sind "Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen Ausrüstung seines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, und zwar insbesondere die in Anhang [X.] aufgeführten Dienstleistungen" (Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL).

Hierzu hat der [X.] im Urteil vom 28.05.2013 - XI R 32/11 ([X.]E 243, 419, [X.] 2014, 411) entschieden, dass die [X.] nicht für solche Leistungen gilt, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeten Mittel beziehen. Demnach gehören zu den landwirtschaftlichen Dienstleistungen weder die Zurverfügungstellung von Flächen zur Durchführung ökologischer Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes ([X.]-Urteil in [X.]E 243, 419, [X.] 2014, 411) noch der Verkauf von sog. Ackerstatusrechten ([X.]surteil in [X.]E 261, 181).

bb) Durch die Überlassung von sog. [X.] an eine Mitunternehmerschaft wird es dieser sowohl einkommensteuerrechtlich als auch umsatzsteuerrechtlich ermöglicht, anstelle von gewerblichen Einkünften (Tierzucht) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 51a [X.]) und die getätigten Umsätze der [X.] zu unterwerfen (§ 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG). Der Kerngehalt der Überlassung von [X.] liegt damit in der Verschaffung von Steuervorteilen bei der Einkommen- und Umsatzsteuer.

Eine derartige Dienstleistung ist nicht im Leistungskatalog enthalten und --bei der unionsrechtlich gebotenen engen Auslegung der [X.] auch den dort genannten Leistungen nicht vergleichbar: Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten insbesondere die in Anhang [X.] der MwStSystRL aufgezählten Dienstleistungen. Die Überlassung von [X.] durch den Kläger fällt weder unter "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh" (Anhang [X.] Nr. 4 zu Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL) noch unter die "Vermietung normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken" (Anhang [X.] Nr. 5 zu Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL). Die Überlassung der [X.] ist auch keiner der aufgeführten Leistungen vergleichbar, denn sie steht in keinem direkten Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion. Während die im Anhang aufgelisteten Dienstleistungen in einem direkten Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion stehen, unterstützt die Überlassung der [X.] den Leistungsempfänger nicht dabei, Tiere zu halten, zu züchten und zu verwerten. Sie dient mithin nicht landwirtschaftlichen Zwecken, sondern steuerlichen Zwecken (vgl. [X.] Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.11.2016 - 4 K 84/14, E[X.] 2017, 259).

3. Die Revision ist auch nicht wegen des geltend gemachten Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) begründet.

a) Der Kläger macht nicht geltend, das [X.] hätte bestimmte Umstände weiter aufklären müssen. Er rügt vielmehr, das [X.] habe es unterlassen, bestimmte Tatsachen (unterschiedliche Erwartungen des [X.] hinsichtlich der Vergütung für die Überlassung der Stallanlage und für die Überlassung von [X.]) bei seiner Gesamtwürdigung, ob die Überlassung der [X.] im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustausches erfolgt, zu berücksichtigen. Damit macht er keinen Verstoß des [X.] gegen die Sachaufklärungspflicht, sondern einen Rechtsfehler des [X.] bei der Gesamtwürdigung des Streitfalls geltend.

b) Insoweit hat der Kläger aber nicht berücksichtigt, dass das Revisionsgericht an die Würdigung des [X.] nach Maßgabe des § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist. Eine Überprüfung dieser Würdigung kann nur daraufhin erfolgen, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang steht. Ist das zu bejahen, so ist die Tatsachenwürdigung selbst dann bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich wäre (z.B. [X.]surteile vom 11.08.2011 - V R 50/09, [X.]E 235, 32, [X.] 2012, 151, Rz 27; vom 04.09.2003 - V R 9, 10/02, [X.]E 203, 389, [X.], 627, unter II.3.). Entgegen der Auffassung des [X.] ist die Tatsachenwürdigung des [X.] nach den Ausführungen unter [X.]b nicht nur möglich, sondern auch zutreffend. Dass der Kläger eine andere Würdigung des Sachverhalts bevorzugt, ist insoweit unerheblich.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 22/19

12.11.2020

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 19. Januar 2018, Az: 1 K 1018/16 U, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 UStG 2005, § 12 Abs 1 UStG 2005, § 24 Abs 1 S 1 UStG 2005, § 24 Abs 2 S 1 Nr 2 UStG 2005, § 51 BewG 1991, § 51a BewG 1991, Art 295 Abs 1 Nr 4 EGRL 112/2006, Art 295 Abs 1 Nr 5 EGRL 112/2006, Art 295 Anh 8 Nr 4 EGRL 112/2006, Art 295 Anh 8 Nr 5 EGRL 112/2006, UStG VZ 2011, UStG VZ 2012, UStG VZ 2013

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.11.2020, Az. V R 22/19 (REWIS RS 2020, 3641)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3641

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